Fellschild- Wie wirds gemacht?

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Kreti

Fellschild- Wie wirds gemacht?

Beitrag von Kreti »

Griechisch bzw. Persiche Leichte Infanterie.
Fellschild mit Rohhautüberspanntem Weidengeflecht als Kern.
Was ist denn da vom Material her am authentischten? (Ziegen,Rinder,...?)

Alternativen?

Mit schönen Grüßen
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Nils B.
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Beitrag von Nils B. »

Moin!
Wie genau so etwas gemacht wird weiß ich leider auch (noch!) nicht, aber hier gibt es unter der Rubrik 'Other Troops' zwei nette Ansichtsexemplare, wobei der metallverkleidete Schild wohl skythisch ist.
***
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Nika E.S.
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Beitrag von Nika E.S. »

Jepp, ist skythisch, der obere in Form einer griechischen Pelta als Adaption eines kleineren Rohrschildes und das untere ist wohl nach einer Abbildung auf dem Kamm von Solocha rekonstruiert.
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Godehardt
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Beitrag von Godehardt »

Der obere der beiden Schilde wurde sicher auch von persischen, thrakischen und bis ins 3. Jh. n. Chr. parthischen Kriegern benutzt (Fund aus Dura Europos). Ob Mond-förmig, rechteckig oder fünfeckig, allen Schilden ist gemeinsam, dass Rohr durch Löcher in einer Rohhaud "geflochten" wurde. Michael Bittl hat für mich solche "geflochtenen" Schilde in der fünfeckigen Form gemacht; zu sehen ist ein solches Exemplar wohl noch auf seiner Website www.redhawk-online.com. Diese Schilde sind recht widerstandsfähig gegen Pfeilbeschuss, wie meine Versuche zeigten (siehe den Artikel in B. Molloy: The Cutting Edge). Erst einen Schild aus Rohr flechten und dann das Ganze mit Rohhaut überziehen: das bringt gegenüber Beschuss sehr, sehr wenig, denn die Pfeile dringen zwischen den Rohrspalten praktisch bis zur Befiederung ein. Diese Versuche wurden gemacht, jedoch bisher nicht publiziert (das kommt noch). Diese Schilde bestanden aus Weidengeflecht mit 5-8 mm starken Weidenzweigen, an den Rändern hatten sie eine Verstärkung durch einen umgebogenen Teil wie bei einem Tablett. Alle Versuche fanden im Rahmen des von der DFG finanzierten Projektes Go 490/11-1 statt.
Wenn der Schlussbericht von mir an die DFG gesendet worden sein wird, dann dürfte er auf der Website der DFG auch einsehbar sein (unabhängig von der Tatsache, dass Verlage und auch Herausgeber von Büchern sich das Copyright sichern möchten, denn die Ergebnisse sind Eigentum des Forschers und der finanzierenden Organisation).
Viele Grüße
Erhard Godehardt
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Nils B.
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Beitrag von Nils B. »

Was mich etwas stutzig macht ist der Umstand, daß der untere Schild auf der vorgenannten Seite scheinbar nur aus Längsstreben geflochten ist. Wird da in mehreren Lagen gearbeitet oder genügte eine Schicht engstehender Zweige, um der Einsatzbelastung standzuhalten?
Gibt es überhaupt authentische, erhaltene Fragmente solcher Schilde aus der Antike?
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

In der aktuellen Skythen-Ausstellung in München ist ein ziemlich gut erhaltener Schild aus Rohr (nebenbeinander in Lederbänder geschoben) zu sehen. Der besteht lediglich aus einer Lage. Kantenlänge ca. 400x600mm! Sieht auch nicht aus, als ob da noch eine Schicht drauf war, da die Verbindungen Ziereffekt aufweisen.

Peltafunde hingegen sind mir ad hoc nicht bekannt. Als Abdeckung für eine Reko würde ich zu stark geräucherter Ziegenhaut neigen.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
Kreti

Beitrag von Kreti »

Wo gibts denn geräucherte Ziegenhaut?
Und was für Flechtmaterial? Wo krieg ichs her?

Vielen Dank
Schöne Grüße
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Nils B.
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Beitrag von Nils B. »

Weidenruten gibt's in der Gärtnerei, im guten Baumarkt oder sogar bei einem gewissen schwedischen Möbelhaus als Saisonware (Montag noch gesehen :) ).
Man kann sie auch selber schneiden, ist momentan auch die beste Zeit hierfür, aber dann vorher auf jeden Fall mit dem örtlichen Forstamt oder der entsprechenden Stelle absprechen.
***
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Godehardt
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Beitrag von Godehardt »

Die Schilde für unser Experiment bestehen aus einer Schicht Rohr. Die Stäbe wurden nebeneinander durch Löcher in der feuchten Rohhaut geschoben. Dabei waren die Löcher diagonal zu dem Verlauf der Stäbe in die Haut geschnitten, damit die Rohre dicht nebeneinander liegen konnten. Das Ganze ist ziemlich widerstandsfähig und zusätzlich noch extrem leicht.
Gruß
Erhard Godehardt
Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Erhard, wie kommt es dann zu Querstabilität ? Querleisten ?
Wird das ganze hinten und vorne noch mit einer zusätzlichen Lage Haut versehen ?

Die Konstruktion wäre nämlich auch für einen hallstattzeitlichen Schild interessant. Da gibts einen Fund eines Schildbuckels der hinten eine solche Stabkonstruktion zeigt.

Th.
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Godehardt
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Beitrag von Godehardt »

Thomas,
wir hatten aufgrund der Bilder von zwei Duro Europas-Schilden, die mir Nick Sekunda für unsere Rekonstruktion durch Micahel Bittl zur Verfügung gestellt hatte, keinen Anhalt für Querriegel an den Schildenden. Hier wurde nur dünnes Leder zusätzlich in Form eines Umschlages verleimt. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Querriegel vorhanden waren, sixher gab es auch nicht nur DEN EINEN Typ Duro Europas-Rohrschild. Ohne Querhölzer oben und unten wäre der Schild sehr anfällig für hiebe von oben oder von unten.
Ich habe eine Reihe von bildern von den verschiedenen beschossenen Schilden an Hans geschickt, der sie hier (wahrscheinlich in einem neuen Ordner) einstellen wird. Dort kannst Du den Rohrschild innen und außen genau betrachten, auch die anderen Schilde natürlich.
Viele Grüße
Erhard Godehardt
Micha

Beitrag von Micha »

Ich hab gerade mal schnell bei Simon James "Excavations at Dura Europos 1928-1937. Final Report VII. The Arms and Armour and other Military Equipment", Seite 186f. nachgeguckt.

Die beiden vollständig erhaltenen "Wood and rawhide"-Schilde aus Dura Europos hatten zwei Querstreben, eine oben, eine unten. Ansonsten scheint die Rohhaut für eine gewisse Stabilität gesorgt zu haben.

Oh Mann, weiterer Schild dieser Machart scheint über 1,55m groß gewesen zu sein!

Vale,
Micha
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Klingt wie die Machart eines Tuareg-Schildes.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
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Hans T.
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Beitrag von Hans T. »

Wartet noch etwas ab, ich bearbeite gerade die Bilder und stell sie heut abend ein.

H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
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