Baktrische Kamele bei den Skythen und andere Tierimporte

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Dago
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Baktrische Kamele bei den Skythen und andere Tierimporte

Beitrag von Dago »

Hi

Ich habe hier 2 Befunde vorliege die über Funde von Trampeltierknochen in der Schwarzmeerregion berichen.

In Elisavetovkoje Fund eines Knochens
In Kameskoje Fund eines Knochen

Meine Frage ist gibt es Belege für Kamelhaltung bei den Asiatischen Skythen und wie kann man die Knochen deuten ?

Außerden liegt mir der Fund eines Löwenknochen (Kralle) vor

Meine frage Import des Fells oder wie ich vor Jahren mal gelesen gab es in der Ukraine noch Löwen wie auf dem Balkan?
Zuletzt geändert von Dago am 23.05.2008 08:10, insgesamt 1-mal geändert.
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grafschauenburg

Beitrag von grafschauenburg »

Heißt es nicht "Bakhtrien" :roll: ?
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Fridolin
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Beitrag von Fridolin »

Vladislawa

Beitrag von Vladislawa »

Die Diskussion hatten wir doch schonmal...
ich halte nach wie vor Löwen und Trampeltiere fürs Gebiet der Ukraine für aussergewöhnlich. Man müsste die Funde mal paläozoologisch untersuchen um überhaupt auf alte Spezies zu stoßen (komme da ohne meinen Uni-Zugang grad nicht dran).
Claudia
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Beitrag von Claudia »

Gestern abend kam in einer Tierreportage im Fernsehen (sorry, keine Ahnung, welcher Sender) die Aussage, daß der asiatische Löwe, der heute nur noch mit etwa 300 Exemplaren in Indien existiert, im Altertum über ganz Asien bis in die Krimregion verbreitet war. Vielleicht ist der Fund doch nicht gar so ungewöhnlich.
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Nika E.S.
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Beitrag von Nika E.S. »

Löwen könnten durchaus sein, Kamele eher weniger, ist nicht das richtige Klima für, auch damals nicht.
Aber ich frag mal bei den Paläozoologen nach. :-)

Kamelnachweise gibt es im Altai definitiv. Bei der Schafewolle war meist Kamel mit bei, es gibt Darstellungen. Die hatten definitiv welche... in der Ukraine halte ich es für unwahrscheinlich. - Höchstens einzelne Importe. Mal ein Stück Stoff, ein Fell, eine Knochenschnitzerei?

Aus welchem Kontext stammen die Knochenfunde?
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Dago
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Beitrag von Dago »

Über den Fundzusammenhang steht da leider nichts drin, in dem Kapitel geht es um die nachgewiesen Tierknochen aus Schlachtabfällen in Elisavetoskoje. Es wird aber auch in der Abhandlung angenommen das es sich dabei um einen Import aus dem Wolgagebiet :?: handel.
Aus der Sarmatischen Zeit sind mir aber Gürtelschliessen mit Kamelabildungen aus der Gegend bekannt z. B. aus Donskoj und aus dem Kugan Veselyi bei Rostow
Zuletzt geändert von Dago am 23.05.2008 17:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Nils B.
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Beitrag von Nils B. »

Die Gürtelschließen dürtften keinen Beweis für die Anwesenheit ihrer Vorbilder darstellen. Wenn mich nicht alles täuscht (muß mich für genauere Daten durch meine Bücher fräsen) gibt es sogar aus dem spätantik alamannischen Bereich eine Fibel in Kamelform, höchstwahrscheinlich Importware, deren Trägerin vermutlich niemals lebende Trampeltiere zu Gesicht bekommen haben dürfte.
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Nika E.S.
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Beitrag von Nika E.S. »

Ich stimme Bathanatos zu. Bildmotive gehören zu den beliebtesten Im- und Exportgütern. :-)
und zwei Trampeltierknochen machen noch kein Kamel...

Steht dabei eigentlich wer die Tierknochenuntersucheungen vorgenommen hat, bzw. wie gearbeitet wurde?
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Fredewulf

Beitrag von Fredewulf »

So wie ich das sehe, ist die Sache mit dem Löwen, seine existierenden und ausgestrobenen Unterarten mehr als kryptisch. Ich habe selbst mal versucht mich schlau zu machen. Im Grunde ist alles zweifelhaft.

Bei den Kamelen: Ich habe ja auch die ein oder andere Folge "Länder, Menschen, Abenteuer" zum Thema zeitgenössische Nomaden Zentralsiens konsumiert. Auf jeden Fall interessant ist, dass die Zahl der Nutztiere sehr groß ist. In der Mongolei gibt sogar einen kuriosen Stamm von Rentiernomaden. Warum dieser keine Yaks hält und jener keine Rentiere, eben gerade jene Kamele reitet und der andere Pferde, dieser Schafe jener Kaschmirziege züchtet. Und überhaupt, warum werden Pferde in Deutschland so selten gemolken? :roll:
Im Grunde habe da kein System erkannt. Es hängt nur bedingt mit dem Klima zusammen und scheint eher eine Frage des Geschmacks zu sein. Die Italiener haben ja z.B. auch erst in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass man auch in Europa Wasserbüffel erfolgreich nutzen kann. Warum dies aber erst jetzt geschieht? Interessant ist auch jeden Fall, dass bestimmte Völker Kamele aller Art hielten, andere bei gleichen Bedingungen nicht. Es gibt z.B. auch dem spanischen Festland heute keine Dromedare in Nordafrika und selbst in der Türkei so einige, wenn nicht viele. Es bestimmt kein Zufall, dass die Verbreitungsgebiete der Kamele mit den bestimmter Kulturen und Nationen übereinstimmen.
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Nika E.S.
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Beitrag von Nika E.S. »

Also: Warum Tampeltiere um das Schwarze Meer rum nicht natürlich vorkommen hängt sehr wohl mit dem Klima zusammen: Sie sind Schwielensohler und wenn sie in zu feuchten Gegenden rumlaufen löst sich die Sohle ab, das ist nicht gerade angenehm für das Tier. Also so ganz beliebig und Zufällig ist es nicht, wohl auch nicht im Rest der Fälle, aber das ist im einzelnen sicher recht komplizier die jeweiligen Ursachen und Gründe aufzuschlüsseln.
Trotzdem muß ich einen Teil meiner Aussage zurücknehmen: Es gab sie tatsächlich als eingeführte Haustiere. Zwar eben nicht wild, aber dafür seit etwa dem 3. Jt. laut Joris Peters, der auch darüber publiziert hat, aber ich kann es gerade nicht finden, evtl. "Geschichte der Tiermedizin".
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Beitrag von ulfr »

Good old Benecke schreibt, Ort und Zeitpunkt der Domestikation seinen aufgrund der ungüstigen Quellenlage weitgehend unbekannt, weil sich Wildkamel und Hauskamel osteologisch nicht sicher trennen lassen. Außerdem hinterlasen Nomadenkulturen nur wenige archäologisch fassbare Spuren. Die bisher ältesten Hinweise stammen aus Sistan-Baluchestan (Iran), von den Randlagen des Kopetdag-Gebirges (Grenzgebiet zwischen Iran und Turkmenien) sowie aus Oman. Knochenfunde, bildliche Darstellungen und Terrakottafiguren in verschiedenen Fundzusammenhängen belegen eine enger werdende Nutzungsbeziehung zum Kamel ab der zweiten Hälfte des 4. Jt. v. Chr.
Weitere Funde:
Sialk (Kashan, Mitteliran), ebenfalls 2. Hälfte 4.Jt
Khurab (Makran, Südiran) 2600-2400
Turkmenien, Anau und Ulug Depe 3. Jt.
VAE, Umm an-Nar 2700
Industal, Mohendscho-Daro, Harappa, Kalibangan, Ende 3. Jt.
Im Laufe des 2. Jt. Verbreitung in Mittelasien von der unteren Wolga im Westen bis zum Jenisej im Osten
Ende 2. Jt. Ausbreitung der Kamelhaltung über die mongolische Steppe nach China
Mesopotamien Mitte des 2. Jt.
Osteuropa erstmals in der 2. Hälfte des 1. Jt. v.Chr., in den griechischen Kolonien an der Nordküste des Schwarzen Meeres sowie an der mittleren Wolga (Kamenskije Kuntchugury, 5.-3. Jh. v.Chr.) Im mittleren Wolgagebiet auch in frühgeschichtlicher Zeit (Imen?kovskij-Kultur, 5.-7. Jh. n.Chr.) und bei den Wolgabulgaren und in slawischen bzw. mittelalterlichen Siedlungen in der Ukraine (9.-14.Jh.)

Mitteleuropa vor allem in der Röm. Kaiserzeit (Breisach-Münsterberg, Epfach, Isny-Vemania, Wien und Vindonissa) gelegentliches Vorkommen, in Vindonissa in der Arena (Medusa gegen Trampeltier :D , passt aber nicht in die Tiefgarage)

Kurzfassung aus:
Benecke, N. (1994): Der Mensch und seine Haustiere. Theiss, Stuttgart. ISBN 3-8062-1105-1

ULFR
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Dago
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Beitrag von Dago »

Naja, bei den Knochen aus Skythischer/ Sarmatischer Zeit denke ich das es sich um die Überreste von Lasttieren handelt, die ihren Zweck nicht mehr erfüllten.
Die Funde wurden überwiegend in alten Handelsplätzen/ Städten gemacht, die als Start / Endpunkt von Handelsstraßen in die östlich gelegen Regionen anzusehenen sind.
Es sieht so aus als ob hier ev. nicht mehr taugliche Lasttiere einem anderen Zweck zu geführt wurden. Nämlich der Gewinnung von Nahrung.
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Gibt?s diesbezüglich Hinweise an den Knochen? Entfleischungsmarken?
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Nika E.S.
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Beitrag von Nika E.S. »

...oder ein Alter des Tieres?
- zu alte Kamele wird man kaum essen.
(Entfleischungsmarken machen nur unerfahrene Schlachter. *G*)
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