Umhängetasche aus Stoff (+/- 600Jhd)

Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris

Beate

Beitrag von Beate »

Vladislawa hat geschrieben:Blöde Frage: Aber wofür hättest du die Tasche "damals" denn gebraucht bzw. benutzt? Nur mal so als Denkansatz...


Jepp, das ist genau der Knackpunkt.

Trug die Thüringerin im 6. Jhd. denn Schmicksachen mit sich rum? :wink: :D
Benutzeravatar
Nika E.S.
Site Admin
Beiträge: 1065
Registriert: 05.12.2005 11:35
Wohnort: Altomünster

Beitrag von Nika E.S. »

Kämme?
Fällt mir spontan ein...
Taschenmesser? ok, eher bei Männern - hatte vor kurzen ne Blockbergung in der Hand mit Täschchen und Taschenmesser, Merowingerzeitlich - aber zur Form ist noch nix zu sagen.
Andererseits trugen zumindest die Bajuwarinnen durchaus kleine Messer mit sich rum.
Was gab's sonst noch?
Das Äquivalent zum Hallstattzeitlichen Toilettbesteck?
"Es wäre besser, die Regierung setzte das Volk ab und wählte sich ein Neues."
Bertolt Brecht
Benutzeravatar
Bullenwächter
Beiträge: 1556
Registriert: 05.12.2005 15:23
Wohnort: Halstenbek
Kontaktdaten:

Beitrag von Bullenwächter »

Also zumindest im alamannischen Bereich gab es in Frauengräbern Kämme, Schlüssel und Messer, diese wurden aber höchstwahrscheinlich sichtbar am Gürtelgehänge getragen.
Scheren finden sich dabei eher weniger in Frauengräbern, diese kommen, häufiger bei Männern vor. Toliettbestecke kommen überwiegend in Männergräbern vor.

Ich sehe eigentlich keine große historische Notwendigkeit eine Umhängetasche mit sich tragen zu müssen.

Menschen die weswegen auch immer "auf Reisen" waren hatten sicherlich ein Tragetier bei sich. Für Arbeiten auf oder im Umkreis des Hofes gab es sicher andere Tragebehälter wie Kraxen, Körbe oder ähnliches.
The day may be near when we must kill to conserve.
"Dekmalschützer" Giles Cato in der MIDSOMER-MURDERS-Episode The House in the Woods
Beate

Beitrag von Beate »

Ich brauche auch als moderner Mensch im Hobby nur eine Mini-Täschchen* für genau 1 Tempotaschentuch und ein kleine Dose Niveacreme. :oops: Aber darauf könnte ich eigentlich auch verzichten, wirklich notwendig ist es nicht.

*nur für meine FrüMi-Darstellung: ein klitzekleines Briefkuvert-Täschchen, das hinter den Gürtel geklemmt oder in die Tunika gesteckt wird.
Alsuna

Beitrag von Alsuna »

Ah versteh schon worauf ihr hinaus wollt...
Meine Tasche bräuchte ich ehrlich gesagt dafür beim Lager auf dem Markt was einzukaufen, mein Geld zu verstauen, Kamm etc (nein ich schminke mich nicht auf dem Lager ;) )
Naja diese Situation mit Markt habe ich ja im Frühmittelalter quasi nicht.
Ausser ich kaufe etwas von der Überproduktion im Nachbarhof... aber da tuts ein Korb ja auch.
Eine Frage wäre noch: Wenn die Damen ihre Kleinigkeiten im Normalfall in die Gürteltaschen gesteckt habe, was machen dann die Damen bei denen im Grab keine Gürtelschnalle gefunden wurde?
Benutzeravatar
Steve Lenz
Beiträge: 3162
Registriert: 05.12.2005 14:18
Kontaktdaten:

Beitrag von Steve Lenz »

Eine Frage wäre noch: Wenn die Damen ihre Kleinigkeiten im Normalfall in die Gürteltaschen gesteckt habe, was machen dann die Damen bei denen im Grab keine Gürtelschnalle gefunden wurde?


Einen Knoten.
Benutzeravatar
Chris
Beiträge: 841
Registriert: 24.04.2006 09:52
Wohnort: Halstenbek

Beitrag von Chris »

schön gesagt, Steve :glauberger:
Me transmitte sursum, Caledoni!
Blaubär

Beitrag von Blaubär »

Also ich wiederspreche jetzt mal den Damen und Herren hier, und behaupte einfach, das Umhängetaschen sowohl bei Damen und auch den Herren ihre Notwendigkeit hatten und meiner Meinung auch existent waren.
Ich hasse diese Beispiele, aber: Wenn ich eine Tagesreise zur nächsten Siedlung mache, wegen was auch immer. Dann trag ich meine Brotzeit bestimmt nicht in der Kraxe rum. Funde von Umhängetaschen haben wir (z.B. Gellep), das sich Stofftaschen nicht unbedingt erhalten haben bzw. die Top-Bestattungsbeigabe war ist klar.
Das ich keine Belege habe weiß ich, das mich jetzt alle zerreissen weiß ich auch, ich werd allerdings niemanden zereissen, der sich z.B. im Stil der Gelleptasche eine aus Stoff umhängt.

Grüße
Blaubär
Claudia
Beiträge: 531
Registriert: 06.12.2005 10:12
Wohnort: Dresden

Beitrag von Claudia »

Wie wär's damit, die Brotzeit einfach in ein Tuch einzuknoten? Wurde auch im 18. und 19. Jh. noch so gemacht ;-)
Klar, das ist ebensowenig ein Beleg wie die Vermutung der Existenz einer Tasche, aber wenn man sowas nicht ständig braucht, sondern nur mal einen Brotfladen und ein Stück Käse von A nach B tragen will, tuts ein Tuch auch.

Für das Schlendern über Veranstaltungen und dortiges Einkaufen kann man sich einen Korb mitnehmen, den man am Arm trägt und wo notwendige Kleinigkeiten verstaut sind. Den Korb kann man mit einem Tuch abdecken, so daß nicht jeder reingucken kann. Feddich. Geld kann man in ein Tuch einknoten oder in ein Säckchen stecken und das am Korbhenkel innen festbinden, damits nicht einfach so "weggefunden" werden kann. Das sind aber eigentlich alles moderne Probleme, dessen muß man sich bewußt sein.
Benutzeravatar
Turms Kreutzfeldt
Beiträge: 1207
Registriert: 05.12.2005 18:04
Wohnort: Halle / Peißnitz
Kontaktdaten:

Beitrag von Turms Kreutzfeldt »

Die Umhängetaschen, von denen ich weiß, waren auch nicht für die Brotzeit, sondern für die Spielsteine (Schach etc.). Wie Claudia schon sagte, unsere Lösungen sind nicht deren Lösungen...
d.T.
Ich bin der Schleuderer, der stets aufschreit und das mit Recht, denn alles was nicht schleudert, ist wert das es auch untergeht, so ist denn alles, was ihr Schleudern nennt, mein eigentliches Element...
nach Hildegunst von Mythenmetz, Erinnerungen
Benutzeravatar
Nils B.
Beiträge: 1003
Registriert: 26.08.2007 11:47
Kontaktdaten:

Beitrag von Nils B. »

Wenn ich in Klamodde einkaufen gehe, habe ich mein Geld in einem Ledersäckchen unterm Hut... :wink:
***
Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
Blaubär

Beitrag von Blaubär »

Bei dem Thema kann man sich mal wieder totdiskutieren. Meine Meinung ist halt, das es Taschen in versch. Form schon von sehr früh an aus den unterschiedlichsten Materialien gab und auch noch bis in unsere Zeit hinein Verwendung finden. Ich mache daraus niemandem einen Vorwurf, wenn er sich im Stil der Zeit eine Tasche näht und umhängt. Die eigentliche Frage ist doch, wann! Wenn ich nur im Museum sitze und etwas vorführe, brauch ich keine Umhängetasche und da es auch kein regelhafter Befund ist, würde es das Bild verfälschen. Wenn ich in Klamotte eine kleine Wanderung mache, finde ich so eine Tasche praktischer als eine Korb an der Hand oder eine Kraxe auf dem Buckel, dort ist es ok. Unter diesem Gesichtspunkt würde ich das ganze mal betrachten.

Grüße
Blaubär
Beate

Beitrag von Beate »

Ich habe eine Umhängetasche, brauche die aber auf Veranstaltungen fast nie. Ist mehr zum zeigen, dass es sowas gab. :wink:

Beleg dazu ist der Fund mehrerer Taschenbügel (in verschiedenen Größen) in Haithabu.
Benutzeravatar
Bullenwächter
Beiträge: 1556
Registriert: 05.12.2005 15:23
Wohnort: Halstenbek
Kontaktdaten:

Beitrag von Bullenwächter »

Susanne Walter, Christina Peek, Antje Gillich:
Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und Hohenzollern e.V. :
Kleidung im Frühen Mittelalter - Am liebsten schön bunt!
Porträt Archäologie 3
ISBN 978-3-9808926-3-6
Kosten ca. EUR 6,00

Hier ist die Reko einer kleinen Damenhandtasche aus einem Bastgeflecht abgebildet. Hier passt aber auch nur das übliche Kleinzeug hinein. Sie sieht für mich eher aus wie ein Handtäschen für das Abendkleid zur Oper. Leider ist keine genauere Beschreibung oder eine Literaturangabe dazu publiziert. Die weiterführenden Literaturhinweise im Büchlein sind eher allgemeiner Natur.
The day may be near when we must kill to conserve.
"Dekmalschützer" Giles Cato in der MIDSOMER-MURDERS-Episode The House in the Woods
Blaubär

Beitrag von Blaubär »

PS: Noch wegen dem Brotzeit in ein Tuch oder in den Korb: Wenn ich aber keine Lust habe ständig was in der Hand zu tragen?
Antworten