Ötzi und der Pfeil

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Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Aufgrund der Veröffentlichungen von 2007 gehe ich davon aus, dass die Täter Ötzi erreichten. Seine Armhaltung erklärt sich wirklich damit am besten, dass ihn jemand umdrehte, als Ötzi entweder im Sterben lag oder bereits tot war. Jedoch nicht länger nach seinem Tod. Auch nicht erst nachdem die Totenstarre wieder vorbei war.
Da letztlich immer verschiedene Möglichkeiten denkbar sind, bin ich halt immer ein Fan der "einfachsten" Theorie, die mit so wenig Annahmen wie möglich auskommt.

Dass jemand die Leiche oder den sterbenden Ötzi umdrehte ist 99% sicher. Wann dies geschah bleibt ein wenig mit Unsicherheit behaftet. In jedem Fall stellt sich die Frage, warum die Ausrüstung liegen blieb.
(Wobei wir nicht wissen, ob nicht doch bestimmte Dinge mitgenommen wurden).

Ich gehe weiterhin davon aus, dass Ötzi nach einem Handgemenge aus einer grösseren Entfernung von hinten erschossen wurde. Die Täter erreichten ihn, vergewisserten sich dass er im Sterben lag oder bereits tot war. Das Ziel war die Unschädlichmachung von Ötzi, es ging dabei nicht um seine Ausrüstung.
Es muss kein "Krimineller" Akt (im Sinne des neolithischen Rechtsverständnisses) gewesen sein. Ich gehe sogar davon aus, dass dies eher nicht der Fall war.
Der Punkt ist die nicht vorhandene reguläre Bestattung.
Deshalb gehe ich sogar eher davon aus, dass eher der Mann vom Hauslabjoch derjenige war, der ausserhalb der Gesellschaft war, warum auch immer.

Thomas
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Hans T.
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Beitrag von Hans T. »

Die aktuellen Untersuchungen sind zwar interessant, aber ob sie wirklich was zu Tathergang beitragen, weiss ich nicht. Nach allen was ich noch von der Histologie weiss plus etliche Folgen CSI wurde jetzt festgestellt, dass der Pfeil als auch diese kleine stumpfe Verletzung (abgeprallter Pfeil?) ihm zu Lebzeiten zugefügt wurden. Man hat also bewiesen, dass er lebte, bevor er starb....nee, ernsthaft, der Pfeilschuss erfolgte halt nicht post mortem. Das ist eigentlich alles, was bewiesen wurde, eben ein Beweis und nicht mehr nur eine sehr wahrscheinliche Vermutung. Zum Tathergang selber bringt das gar nix.

H
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Ich denke, dass man ihn ausgenommen hätte, wäre er gefunden worden. Es sei denn, man traute sich post-mortem nicht an ihn heran!?

Meine These zu Armhaltung ist die, dass er versuchte, an den Pfeil zu gelangen. Da er mit rechts nicht über die linke Schulter heranlangte hat er seinen linken Arm heben müssen, um mit rechts darunter durch zu gelangen. Hierbei kann er sich durch die Rotation des linken Schulterblattes schwere innere Verletzungen zugefügt haben, welche dann zu einem schnellen Tode geführt haben. Er verliert spontan das Bewusstsein, seine Rechte rutscht seitlich zum Körper, der linke Arm verbleibt in der Position quer über dem Oberkörper.
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Trebron
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Beitrag von Trebron »

Hans :

"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war." :D

Da gibt es meiner Meinung noch viel mehr Ungereimtheiten / Unbewiesenes.
Ich gehe davon aus, dass er den Bogenrohling, das Beil und das Tragegestell selbst abseits hingestellt / abgelegt hat, bevor er umfiel, meinetwegen auf den Rücken ! Das tat ihm aber weh, bei der Verletzung und er hat sich umgewälzt, war aber zu schwach, den Arm unter sich rauszuziehen !
Ich habe das eben probiert, das geht !
Das Rückentragegestell hat er sich ja auch selbst runtergenommen, oder bildet sich jemand ein, das habe der / die anderen getan und haben es an den Felsbrocken gestellt ? Dabei wurde möglicherweise auch der Pfeil, der vermutlich erst durch den Rucksack, durch die Kleidung und dann erst in den Körper ging, herausgerissen.
Vielleicht hat er in vorher schon selbst herausgezogen und weg geworfen, beweise einer das Gegenteil !

Das sind natürlich alles Hypothesen, wie vieles andere eben auch.

Das mit den vielen Besitztümern an Gelände und Vieh ist in meinen Augen der größte Schwachsinn !
Da will man jemanden glorifizieren, der wie Thomas schreibt, eventuel derjenige war, der außerhalb der Gesellschaft stand.

Trebron
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Über die Körperhaltung - linker Arm unter dem Körper abgewinkelt - hat irgendwo jemand geschrieben (finde es gerade nicht), das sei bei einer Verletzung wie der des Gletschmans eine natürliche Schonhaltung, bei der die Schmerzen am ehesten auszuhalten wären. Das würde aber voraussetzen, dass der Pfeil ihn andernorts traf. Denn wenn er sich den Pfeil selbst aus der Wunde gezogen hat - was ich schon in Anbetracht der menschlichen Anatomie für ziemlich schwierig halte, und um einen Schaft von der angeklebten Spitze incl. Wicklung etc. zu lösen bedarf es eines ziemlichen Kraftaufwands, dabei dürften Schmerzen entstehen, die auch einen hartgesottenen Neollithiker ohnmächtig werden lassen - müsste der Pfeil da irgendwo noch rumgelegen haben. Wenn der/die Täter ihn mitgenommen haben, warum ließen sie dann den Rest dort oben? Um sich nicht zu verraten? Dann hätte ich die Leich irgendwo versteckt, unter einem Haufen Steine oder so. Andererseits hätte dann der sjjnvd und nqäp oder 9erf * schwiirrrr summmmm brabelbrabelbarbel *

Es bleibt rätselhaft und erinnert mich manchmal ein bisschen an die Jugendgrupenabende a la: "Fährt ein blinder Mann mit dem Zug nach München. Auf der Rückfahrt usw. ...."

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Trebron
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Beitrag von Trebron »

ulfr hat geschrieben: "Fährt ein blinder Mann mit dem Zug nach München. Auf der Rückfahrt usw. ...."

ULFR


Als das kenne ich jetzt noch nicht :shock: :?


:D Trebron
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Beitrag von ulfr »

O.T. on:

Ein blinder Mann fährt mit dem Zug von Hamburg nach München. Auf der Rückfahrt ist er überglücklich. Doch auf der Hälfte der Strecke erschiesst er sich. Warum?

O.T. off:

ULFR

Um aufs Thema zurückzukommen: Den Pfeil - er muss ja anscheinend nicht sofort letal gewesen sein - hat mMn der Schütze aus der Wunde gezogen und mitgenommen, denn das Aufwändigste an einem Pfeil ist der Schaft, vor allem die Befiederung.
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Beitrag von Trebron »

ulfr hat geschrieben:O.T. on:

Ein blinder Mann fährt mit dem Zug von Hamburg nach München. Auf der Rückfahrt ist er überglücklich. Doch auf der Hälfte der Strecke erschiesst er sich. Warum?

Das versteh ich immer noch net :? Bin wohl zu alt dafür :cry:

O.T. off:

ULFR

Um aufs Thema zurückzukommen: Den Pfeil - er muss ja anscheinend nicht sofort letal gewesen sein - hat mMn der Schütze aus der Wunde gezogen und mitgenommen, denn das Aufwändigste an einem Pfeil ist der Schaft, vor allem die Befiederung.



Wenn dem Pfeile so viel wert gewesen wären, hätte er auch die vom Ötzi mitgehen lassen, fertig oder unfertig !
mM.

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Beitrag von ulfr »

Vielleicht hatte da der Ötzi die anderen Pfeile ja noch gar nicht bei sich, als der Schütze seinen Pfeilschaft herauszog :|

Die Geschichte mit dem blinden Mann ist eine von vielen, die früher immer als Ratespiel bei den Pfadis oder auf Jugendgruppenabenden usw. gespielt wurden. Eine/r erzählt die Geschichte, die immer etwas rätselhaft ist, und die Zuhörer müssen das Rätsel lösen. Also prä-Privatsender-CSI-X-Faktor-usw. :D

Soo viel älter als wie icke biste doch nu ooch nich...

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Beitrag von Hans T. »

Ulfr, manche sehen halt einfach nie das Licht am Ende des Tunnels... :wink:
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Beitrag von Steve Lenz »

So, wie der Befund "Similaunmann" in den ersten Stunden und Tagen "ergraben" wurde wundert es mich nicht, wenn etwas fehlt! Eine Frau aus der Messner-Entourage (Völkerkundlerin) hat ja einen der Beifunde (Birkenrindengefäß) mitgenommen, unfachmännisch gelagert und erst Monate später abgegeben.

Da ging so ziemlich alles schief, was schiefgehen konnte. Mir schwillt auch heute noch die Schläfe, wenn ich diesen Forensiker sehe, wie er mit Eispickel und Skistock die erste Inaugscheinnahme vornimmt.
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Beitrag von Trebron »

ulfr hat geschrieben:Vielleicht hatte da der Ötzi die anderen Pfeile ja noch gar nicht bei sich, als der Schütze seinen Pfeilschaft herauszog :|

Die Geschichte mit dem blinden Mann ist eine von vielen, die früher immer als Ratespiel bei den Pfadis oder auf Jugendgruppenabenden usw. gespielt wurden. Eine/r erzählt die Geschichte, die immer etwas rätselhaft ist, und die Zuhörer müssen das Rätsel lösen. Also prä-Privatsender-CSI-X-Faktor-usw. :D

Soo viel älter als wie icke biste doch nu ooch nich...

Den Bildern nach, die ich von Dir kenne, könnte ich Dein Vater sein


ULFR


verbleibende Zeit zw. Einschuß und Tod = Min. - Std. !
Hat Ötzi in der Zeit Schößlinge geerntet und die Pfeile vorbereitet, oder wo hatte er sie versteckt ?


Rätsel :oops:

Hans, ich habs glaub ich jetzt kapiert
:D :D
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Beitrag von ulfr »

Hans kennt die Geschichte .... :)

Trebron, dann hättest Du aber recht bald loslegen müssen, ich mach dies Jahr ein halbes Jahrhundert voll. Das jugendliche Aussehen kommt von den Konservierungsstoffen :D

Wir haben uns ob des Ötzis im Kollegenkreis schon nächtelang das Oberstübchen zermartert, das Problem ist, irgendwo widerspricht immer ein Detail dem hypothetischen Gesamtablauf. So sehr man sich auch windet, irgendwo hakt es. Langsam glaube ich auch - wie Hans schon schrieb - dass um diese neuesten Untersuchungsmethoden ein ungerechtfertigter hype losgetreten wird. Letztlich sind das auch alles nur Mutmaßungen, und die Ebene, auf der diskutiert wird, ist so feinstofflich, dass imho die größeren Zusammenhänge dabei leicht außer Sichtweite geraten (können)

So, und jetzt raus an die frische Luft, die Säge juckt, noch ein paar Pfeilschäfte ernten, hab gestern noch ein paar unterständige Schneebälle entdeckt, die seehr vielversprechend aussahen ...

ULFR
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Marcus R.

Beitrag von Marcus R. »

Es muss kein "Krimineller" Akt (im Sinne des neolithischen Rechtsverständnisses) gewesen sein. Ich gehe sogar davon aus, dass dies eher nicht der Fall war.
Der Punkt ist die nicht vorhandene reguläre Bestattung.
Deshalb gehe ich sogar eher davon aus, dass eher der Mann vom Hauslabjoch derjenige war, der ausserhalb der Gesellschaft war, warum auch immer.


Wer weiß schon etwas über das neolithische Rechtsverständnis?

Was wir wissen:
Es kam zu dieser Zeit zu einem Klima-Umbruch mit Bildung des Gletschers, der dann 5300 Jahre Bestand hatte.
Das Geschehen hat im hochalpinen Raum stattgefunden.
Der Fundort liegt auf 3210m Höhe, in solch einer Höhenlage herrschen lebensfeindliche Bedingungen. Wer sich in diesen Regionen auskennt, weiß, dass man dort nicht länger als nötig verweilt.
Selbst die Hochweiden dürften gut 500m tiefer gelegen haben.

Möglicherweise kann eine Bestattung schon deshalb nicht mehr statt gefunden haben, da vermutlich der Winter herein brach. Die Leiche muss relativ schnell vollständig von Schnee bedeckt worden sein, sonst wäre es nie zu einer Mumifizierung gekommen und wir hätten nicht diesen außerordentlich guten Fundzustand.

Marcus
Joze

Beitrag von Joze »

So wie schon oben gasagt wurde: alle Rede darüber (von uns) bleibt nur hypothetisch - war es nur ein Pfeil, oder mehrere, wann/warum/wodurch war der Ötzi Tod, etc .... dabei können tatsächlich nur neue detailierte Forschungen mehr Einblick ins Ötzi's Tod bringen - wenn überhaupt... wenn diese auch nur noch neue Hypothesen sein werden im Sinne: "diese chemische Substanzen auf Ötzi's Haut können dass und dass beweisen"
Und dann nach einigen Jahren werden wieder neue Forschungen was neues dazu bringen.

Joze
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