La-Tene-A-Kelte für das Nat.Hist. Museum Nürnberg
Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris
La-Tene-A-Kelte für das Nat.Hist. Museum Nürnberg
Lebensbild eines keltischen Mannes, ca. 450 v.Chr, La-Tene A1
Grundlage der Darstellung ist ein Fundkomplex aus Weissenbrunn, Gemeinde Leinburg, Nürnberger Land. In den frühen 1960er Jahren wurde hier in einer Art Notbergung der durch Sandbaggerarbeiten angeschnittene Grabhügel innerhalb von nur wenigen Tagen gegraben und dokumentiert. Der Hügel enthielt u.a. ein Kriegergrab, dass sich insbesondere durch die Beigabe eines Schwertes hervorhob. Daneben fand sich ein 'kästchenförmiger Gürtelbeschlag', ein Paar eiserner Ringe und eine Fibel des Certosa-Typs. Die 100%ige Zuweisung zu einzelnen Personen war nicht möglich, jedoch ermöglicht ein Vergleich zeitgleicher Gräber eine 'typische' Zusammensetzung solcher Grabinventare ( zB 'Kriegergrab Franzhausen'). Denkbar wären weitere Beigaben wie eine Lanzenspitze oder ein Schildbuckel sowie insbesondere weitere Ringpaare. Das charakteristische für nordbayerische Ausstattungen ist jedoch eben das Fehlen von Schutzbewaffnung, also Helm oder Schild, was auf ein wenig kriegerisches Bild hinweis, eher darauf, dass das Schwert einen representativen Charakter hat.
Der Bekleidungsschnitt orientiert sich an der bekannten Schwertscheide aus Hallstatt und der berühmten Figurenfibel. Die Diskussion, ob die Schwertscheide nun Beinlinge, Hosen oder Strümpfe zeigt, wurde durch 'Hosen' gelöst. Hintergrund ist dabei die Figurenfibel, es ist kaum vorstellbar, dass dieses gefälltelte Beinbekleidungsstück 'nur' Beinlinge zeigt. Auch der Rock als Oberbekleidung spricht eigentlich dagegen. Allerdings hat die Schneiderin dieses Stück eine interessante Lösung gefunden: Sie hat eine Art Hybrid gewählt, die 'Beinlinge' gehen bis zur Körpermitte, sind quer mit einer Art Latz versehen. Der Latz des einen Beines bedeckt den vorderen Unterleib, der andere das Hinterteil. Ziwschen den Beinen läuft dann ähnlich einer Bruche ein Mittelstück und durch eine Bauchbindung in einem 'Tunnel' des Mittelstücks wird alles fest verbunden. Man sieht dies an der Figurine jedoch nicht, da durch den Rock verdeckt. Ist auch gut so, da es sich wirklich um eine freie Interpretation handelt und kann so gezeigt werden, wenn eine Führung mit kompetenten Kommentar gemacht wird- erspart aber ansonsten die Bildung eines Faktoits.
Das Schwert ist ein absolutes Standardstück. Die Scheide liegt nur in Bruchstücken vor, jedoch sind die entscheidenden Teile vorhanden. Die Klinge ist zwar fast vollständig, es fehlt jedoch Angel und Spitze. Die Gesamtlänge wurde deshalb einem aktuellen Fund aus Eichstätt angeglichen.
Die Befestigung dieser Schwerter am Gürtel ist etwas unklar. Grundsätzlich sind Gräbern dieser Zeitstellung zwei Ringe beigegeben - jedoch auch Gräbern ohne Schwerter und auch Frauengräbern. Andere Gräber mit Schwertern weisen bis zu 3 Paar dieser Ringe auf. Aufgrund des Befundes in Weissenbrunn wurde jedoch eine Darstellung mit nur zwei Ringen gewählt. An der Scheidenrückseite befindet sich ein Durchzug, hie führt ein Lederriemen durch. Dieser Riemen ist wiederum durch die Ringe geschleift und dort durch eine Bindung fixiert - eine lösbare Bindung, um das Schwert abnehmen zu können, ohne auf den Gürtel zu verzichten. Denkbar ist grundsätzlich jedoch auch eine Trageweise des Schwertes an einem über die Schulter führenden Schwertriemen, unabhängig vom Gürtel. Die Ringe bleiben jedoch auf alle Fälle als 'Modeartikel' am Gürtel.
Die Schuhe orientieren sich an Schuhfibeln vom Dürrnberg. Die Schuhe sind voll funktional und getestet. Sie passen hervorragend. Der Mittelriemen (mit Fransen) gewährleistet dabei eine besonders gute Passform.
Der Mantel liegt 'nur' auf der Schulter, zusammengelegt. Die Fibel bleibt jedoch befestigt, der Mann kann einfach hineinschlüpfen wie in einen Poncho.
Die Fibel vom Certosa-Typ ermöglicht die genauere Datierung des Grabfundes. Das Original des Fundes in Weissenbrunn war jedoch leider zerbrochen und unvollständig, so dass für diese Kopie ein anderes typgleiches Exemplar aus dem Bestand des Nat.hist. Museums in Nürnberg herangezogen wurde. Das Weissenbrunner Exemplar ist weitgehend identisch, jedoch ca. 1 cm ingesamt kleiner.
Die ausgewählten Stoffe sind reine Wollstoffe für Hose, Rock und Mantel sowie gebleichtes Leinen für das Hemd / Tunika. Die Auswahl erfolgte jedoch bewusst, um absichtlich nicht alle bekannten Klischees zu bedienen. Auf allzu aufdringliche Karomuster etc wurde absichtlich verzichtet.
Die Flechtfrisur stammt von einem in diesem Forum diskutierten Schwertgriff, sie ist noch komplizierter als hier gezeigt, die Flechtstreifen gehen noch tiefer, bis ins Genick, jedoch setzte bei der Figurine das künstliche Haar hier Grenzen bzw. dessen Befestigung.
Die Figur ist für den Abschnitt 'Eisenzeit' der Abteilung Vorgeschichte des Nat.hist. Museums in Nürnberg vorgesehen. Der Abschnitt ist zwar noch nicht fertiggestellt, die Figur ist jedeoch bereits provisorisch zu sehen.
In Arbeit ist eine 'tragbare' Ausstattung für mich selber, mit einfacherer Hosengestaltung und etwas bunteren Stoffen.
Die Metallarbeiten ( Schwert, Gürtelbeschlag) sind in bewährter Weise von Stefan Jaruschinski, die Ringe von Nils Holloh, die Fibel von yours truly unter meisterlicher Aufsicht von Hr. Weigel.
Die Schuhe sind von Caro Holleber. Sie bietet an, den Schnitt als Kopie gegen Gebühr weiterzugeben, auf Bedarf kann man aber die Schuhe fertig zugeschnitten als 'Bausatz' erwerben. Kontakt : http://www.zaumundzuegel.de/
Grüße
Hans
Grundlage der Darstellung ist ein Fundkomplex aus Weissenbrunn, Gemeinde Leinburg, Nürnberger Land. In den frühen 1960er Jahren wurde hier in einer Art Notbergung der durch Sandbaggerarbeiten angeschnittene Grabhügel innerhalb von nur wenigen Tagen gegraben und dokumentiert. Der Hügel enthielt u.a. ein Kriegergrab, dass sich insbesondere durch die Beigabe eines Schwertes hervorhob. Daneben fand sich ein 'kästchenförmiger Gürtelbeschlag', ein Paar eiserner Ringe und eine Fibel des Certosa-Typs. Die 100%ige Zuweisung zu einzelnen Personen war nicht möglich, jedoch ermöglicht ein Vergleich zeitgleicher Gräber eine 'typische' Zusammensetzung solcher Grabinventare ( zB 'Kriegergrab Franzhausen'). Denkbar wären weitere Beigaben wie eine Lanzenspitze oder ein Schildbuckel sowie insbesondere weitere Ringpaare. Das charakteristische für nordbayerische Ausstattungen ist jedoch eben das Fehlen von Schutzbewaffnung, also Helm oder Schild, was auf ein wenig kriegerisches Bild hinweis, eher darauf, dass das Schwert einen representativen Charakter hat.
Der Bekleidungsschnitt orientiert sich an der bekannten Schwertscheide aus Hallstatt und der berühmten Figurenfibel. Die Diskussion, ob die Schwertscheide nun Beinlinge, Hosen oder Strümpfe zeigt, wurde durch 'Hosen' gelöst. Hintergrund ist dabei die Figurenfibel, es ist kaum vorstellbar, dass dieses gefälltelte Beinbekleidungsstück 'nur' Beinlinge zeigt. Auch der Rock als Oberbekleidung spricht eigentlich dagegen. Allerdings hat die Schneiderin dieses Stück eine interessante Lösung gefunden: Sie hat eine Art Hybrid gewählt, die 'Beinlinge' gehen bis zur Körpermitte, sind quer mit einer Art Latz versehen. Der Latz des einen Beines bedeckt den vorderen Unterleib, der andere das Hinterteil. Ziwschen den Beinen läuft dann ähnlich einer Bruche ein Mittelstück und durch eine Bauchbindung in einem 'Tunnel' des Mittelstücks wird alles fest verbunden. Man sieht dies an der Figurine jedoch nicht, da durch den Rock verdeckt. Ist auch gut so, da es sich wirklich um eine freie Interpretation handelt und kann so gezeigt werden, wenn eine Führung mit kompetenten Kommentar gemacht wird- erspart aber ansonsten die Bildung eines Faktoits.
Das Schwert ist ein absolutes Standardstück. Die Scheide liegt nur in Bruchstücken vor, jedoch sind die entscheidenden Teile vorhanden. Die Klinge ist zwar fast vollständig, es fehlt jedoch Angel und Spitze. Die Gesamtlänge wurde deshalb einem aktuellen Fund aus Eichstätt angeglichen.
Die Befestigung dieser Schwerter am Gürtel ist etwas unklar. Grundsätzlich sind Gräbern dieser Zeitstellung zwei Ringe beigegeben - jedoch auch Gräbern ohne Schwerter und auch Frauengräbern. Andere Gräber mit Schwertern weisen bis zu 3 Paar dieser Ringe auf. Aufgrund des Befundes in Weissenbrunn wurde jedoch eine Darstellung mit nur zwei Ringen gewählt. An der Scheidenrückseite befindet sich ein Durchzug, hie führt ein Lederriemen durch. Dieser Riemen ist wiederum durch die Ringe geschleift und dort durch eine Bindung fixiert - eine lösbare Bindung, um das Schwert abnehmen zu können, ohne auf den Gürtel zu verzichten. Denkbar ist grundsätzlich jedoch auch eine Trageweise des Schwertes an einem über die Schulter führenden Schwertriemen, unabhängig vom Gürtel. Die Ringe bleiben jedoch auf alle Fälle als 'Modeartikel' am Gürtel.
Die Schuhe orientieren sich an Schuhfibeln vom Dürrnberg. Die Schuhe sind voll funktional und getestet. Sie passen hervorragend. Der Mittelriemen (mit Fransen) gewährleistet dabei eine besonders gute Passform.
Der Mantel liegt 'nur' auf der Schulter, zusammengelegt. Die Fibel bleibt jedoch befestigt, der Mann kann einfach hineinschlüpfen wie in einen Poncho.
Die Fibel vom Certosa-Typ ermöglicht die genauere Datierung des Grabfundes. Das Original des Fundes in Weissenbrunn war jedoch leider zerbrochen und unvollständig, so dass für diese Kopie ein anderes typgleiches Exemplar aus dem Bestand des Nat.hist. Museums in Nürnberg herangezogen wurde. Das Weissenbrunner Exemplar ist weitgehend identisch, jedoch ca. 1 cm ingesamt kleiner.
Die ausgewählten Stoffe sind reine Wollstoffe für Hose, Rock und Mantel sowie gebleichtes Leinen für das Hemd / Tunika. Die Auswahl erfolgte jedoch bewusst, um absichtlich nicht alle bekannten Klischees zu bedienen. Auf allzu aufdringliche Karomuster etc wurde absichtlich verzichtet.
Die Flechtfrisur stammt von einem in diesem Forum diskutierten Schwertgriff, sie ist noch komplizierter als hier gezeigt, die Flechtstreifen gehen noch tiefer, bis ins Genick, jedoch setzte bei der Figurine das künstliche Haar hier Grenzen bzw. dessen Befestigung.
Die Figur ist für den Abschnitt 'Eisenzeit' der Abteilung Vorgeschichte des Nat.hist. Museums in Nürnberg vorgesehen. Der Abschnitt ist zwar noch nicht fertiggestellt, die Figur ist jedeoch bereits provisorisch zu sehen.
In Arbeit ist eine 'tragbare' Ausstattung für mich selber, mit einfacherer Hosengestaltung und etwas bunteren Stoffen.
Die Metallarbeiten ( Schwert, Gürtelbeschlag) sind in bewährter Weise von Stefan Jaruschinski, die Ringe von Nils Holloh, die Fibel von yours truly unter meisterlicher Aufsicht von Hr. Weigel.
Die Schuhe sind von Caro Holleber. Sie bietet an, den Schnitt als Kopie gegen Gebühr weiterzugeben, auf Bedarf kann man aber die Schuhe fertig zugeschnitten als 'Bausatz' erwerben. Kontakt : http://www.zaumundzuegel.de/
Grüße
Hans
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
- Steve Lenz
- Beiträge: 3162
- Registriert: 05.12.2005 14:18
- Kontaktdaten:
Die sind sogar voll funktional, Steve, als Muster für meine. Hätte ich nicht gedacht, dass das so geht - und trotzdem sind alle 'Muster' und Linien des Vorbilds drauf - alle mit Sinn. Ich hab Caro zwar schon 'gebrieft', aber ausgefuzzelt hat dann sie alles. Ich war selber begeistert.
H.
H.
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
- Steve Lenz
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- Registriert: 05.12.2005 14:18
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