Kultwagen von Merida - Detail zur Bekleidung

"Kelten"

Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris

Benutzeravatar
Hans T.
Beiträge: 1599
Registriert: 05.12.2005 23:31
Wohnort: Nürnberg

Kultwagen von Merida - Detail zur Bekleidung

Beitrag von Hans T. »

Bild

Irgendwie hab ich im Kopf, dass der Reiter Kniehosen trägt...
Hat jemand einen Tipp? Besseres Bild? Literatur? Irgendwas....

Danke
H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Benutzeravatar
Hans T.
Beiträge: 1599
Registriert: 05.12.2005 23:31
Wohnort: Nürnberg

Beitrag von Hans T. »

Naja, erst suchen, dann fragen... :oops:

Das Museum hat sogar ein Detailbild..
http://www.musee-antiquitesnationales.f ... 5_u1l2.htm
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
magali

Beitrag von magali »

... was meinen die denn mit "justaucorps", eine Art enganliegender body, bzw. leggins???? und dazu Beinlingen/Wadenwickel (?)... wie wäre es mit Tunika, knielange Hose (?) und Wadenwickel, soweit ich erkennen kann


p.s. danke für den Hinweis, ich kannte das Stück nicht :), sehr interessant!
Zuletzt geändert von magali am 19.10.2009 12:27, insgesamt 1-mal geändert.
Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Die Kleidung sieht der vom Gundestrupkessel schon sehr ähnlich....
Ohne jetzt eine Diskussion vom Zaun brechen zu wollen...wg. Zeitstellung und so.
Interessant ist die Verwendung der Lanze zur Jagd. Was ja ein wenig Licht wirft auf die reale Verwendung der Waffen in den Gräbern. Und vielleicht ein kleinen Hinweis auf die Jenseitsvorstellungen....
Th.
Benutzeravatar
Chris
Beiträge: 841
Registriert: 24.04.2006 09:52
Wohnort: Halstenbek

Beitrag von Chris »

die ewige Party im Jenseits - erst zur Jagd, dann gegrilltes Schwein am Spieß und nen großen Kessel Wein dazu - und das alles natürlich nicht allein, sondern in netter Gesellschaft...

:situla:


nette Jenseitsvorstellung, son ewiges Forentreffen :D
Me transmitte sursum, Caledoni!
magali

Beitrag von magali »

Thomas Trauner hat geschrieben:Interessant ist die Verwendung der Lanze zur Jagd. Was ja ein wenig Licht wirft auf die reale Verwendung der Waffen in den Gräbern. Und vielleicht ein kleinen Hinweis auf die Jenseitsvorstellungen....
Th.


Soll die Lanze nicht eine moderne Zutat sein? Oder habe ich da was Falsches gelesen?? Muss mal nachprüfen... :?:
Benutzeravatar
Steve Lenz
Beiträge: 3162
Registriert: 05.12.2005 14:18
Kontaktdaten:

Beitrag von Steve Lenz »

Thomas Trauner hat geschrieben:Die Kleidung sieht der vom Gundestrupkessel schon sehr ähnlich....
Ohne jetzt eine Diskussion vom Zaun brechen zu wollen...wg. Zeitstellung und so.
Interessant ist die Verwendung der Lanze zur Jagd. Was ja ein wenig Licht wirft auf die reale Verwendung der Waffen in den Gräbern. Und vielleicht ein kleinen Hinweis auf die Jenseitsvorstellungen....
Th.


Diese "Schwimmertrikots" auf dem Gundestrup-Kessel finde ich ebenfalls bemerkenswert - in Kombination mit z.B. den Gamaschen vom Riesenferner wird da ein rundes Bild draus. Modulare Bekleidung sozusagen, je nach klima- oder situationsbedingtem Bedürfnis.

Was die Lanze als Jagdgerät anbelangt so gibt es hierfür auch einen Hinweis auf einer Situla, auf welcher zwei Träger eine Hirschkuh aufgebäumt schultern. Einer von beiden trägt eine Lanze.

http://www.keltenmuseum.at/files/elemen ... 757833.jpg
Benutzeravatar
Hans T.
Beiträge: 1599
Registriert: 05.12.2005 23:31
Wohnort: Nürnberg

Beitrag von Hans T. »

Le cavalier porte une tunique et un justaucorps ajustés, des jambières (protections de jambes) laissant les mollets apparents et un casque à boucles ou à écailles. La lance qu'il brandit est une restitution moderne.

So der Text auf der Museumsite. Ich übersetzt mal:

Der Reiter trägt eine Tunika und einen auf Taille gearbeiteten eng anliegenden Anzug, die Beinschoner ( Schutz für die Beine) betonen die Waden, dazu ein Helm mit Locken (?!) oder mit Schuppen. Die Lanze, die er schwingt, ist eine moderne Rekonstruktion.


Ja, ja, unsere Kunsthistoriker... :D
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Benutzeravatar
Steve Lenz
Beiträge: 3162
Registriert: 05.12.2005 14:18
Kontaktdaten:

Beitrag von Steve Lenz »

Bemerkenswert finde ich, dass das Fell des Ebers in einer Art Fischgratmuster dargestellt ist - was sich auf der Kleidung des Jägers wiederholt. Darstellung von Pelzkleidung vielleicht?!
Benutzeravatar
Hans T.
Beiträge: 1599
Registriert: 05.12.2005 23:31
Wohnort: Nürnberg

Beitrag von Hans T. »

Auch dieses Stilmittel findet sich ebenfalls auf dem Gundestrup-Kessel. Schon bemerkenswert.
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Benutzeravatar
Steve Lenz
Beiträge: 3162
Registriert: 05.12.2005 14:18
Kontaktdaten:

Beitrag von Steve Lenz »

Ich habe gestern in der LMU-Bibliothek ein Bild mit detaillierter Halbrückansicht gefunden ("Art of european iron age"), Ferro hat es mir dankenswerter Weise gleich gescannt.

Ferro, würdest Du´s bitte reinstellen? Danke.
Benutzeravatar
Steve Lenz
Beiträge: 3162
Registriert: 05.12.2005 14:18
Kontaktdaten:

Beitrag von Steve Lenz »

Bild
(Quelle: Art of european iron age)

Die Angabe im Schienbeinbereich würde ich anbetracht der Kontur und schon erwähnten Ähnlichkeit des Fischgratmusters zur Felldarstellung der Beute als kleines Tierfell interpretieren. Da sich Schwarzwild gerne im Unterholz und Dickicht bewegt und insbesondere waidlich sichert sehe ich für derartige Schutzkleidung durchaus Sinn.

Hier u.a. schön zu erkennen: Die relativ kurze Schäftung der Lanze. Ideal für die Bewegung im dichten Bewuchs.
Benutzeravatar
Nils B.
Beiträge: 1003
Registriert: 26.08.2007 11:47
Kontaktdaten:

Beitrag von Nils B. »

Das Stichwort Gundestrup fiel ja auch hier bereits des öfteren. Und in diesem Zusammenhang habe ich mich schon gefragt, ob es sich bei diesen 'Overalls' um eine Art Anaxyrides handeln könnte, wie sie diese Attisststue trägt (siehe Link). Dieses Kleidungsstück ist wohl im voderen Orient anzusiedeln (laut Roland Gschlössl), aber vielleicht hat ein ähnliche - und bei der diskutierten Reiterstatue vereinfacht dargestellte - Mode weitere Verbreitung erfahren. Was sagen die Textil-ExpertInnen dazu?^^

http://www.summagallicana.it/lessico/a/A…20attributi.jpg

Die Darstellung der über dem Torso und Unterleib geöffneten Trageweise ergibt sich hier aus dem kultischen Bezug. Ansonsten werden Anaxyrides wohl verschlossen getragen.
***
Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
magali

Beitrag von magali »

Steve Lenz hat geschrieben:Bild
(Quelle: Art of european iron age)

Hier u.a. schön zu erkennen: Die relativ kurze Schäftung der Lanze. Ideal für die Bewegung im dichten Bewuchs.


Entschuldigt, wenn ich nochmal nerve, aber war nicht gerade die Lanze eine moderne Zutat?? Fehlte das Originalattribut nicht gänzlich, oder habe ich das falsch gelesen??
Benutzeravatar
Nils B.
Beiträge: 1003
Registriert: 26.08.2007 11:47
Kontaktdaten:

Beitrag von Nils B. »

Mal eine andere Interpretation: Trägt der Reiter, wie vielleicht auch die Personen auf dem Gundestrup-Kessel, schlicht ein relativ kurzes Hemd, welches in die Hose gesteckt wurde? Dann wären die 'breiten Gürtel' vielleicht gar keine solchen, sondern umgenähte/angewebte Hosenbünde, über welche die schmalen Ledergürtel zur Befestigung gelegt wurden. Vielleicht durch Schlaufen oder partielle Tunnelzüge gezogen.
Setzt natürlich voraus, daß es sich bei den Beinkleidern definitiv um vollständige Hosen handelt, nicht um Beinlinge.
Ich werde das mal ausprobieren, wird bei meiner Physis allerdings stark nach Obelix aussehen...

Hm, wenn ich mir die Wadenbekleidung so ansehe, komme ich vielleicht doch noch zu meinen 'weißen Socken'...
***
Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
Antworten