Feuer machen
Moderatoren: Sculpteur, Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris, ulfr
Feuer machen
Hallo Leute,
Ich habe gehoert das man Zuender vom Zuenderschwamm kochen muss in Urin von Pferde.Stimmt das?
Es soll verschiedene Rezepte geben um Zuender herzustellen aus dem Schwamm.Wo kann ich die finden.
Im voraus dankend fuer die Antworten.
groet uit Nederland
John
Ich habe gehoert das man Zuender vom Zuenderschwamm kochen muss in Urin von Pferde.Stimmt das?
Es soll verschiedene Rezepte geben um Zuender herzustellen aus dem Schwamm.Wo kann ich die finden.
Im voraus dankend fuer die Antworten.
groet uit Nederland
John
In dem Forum sind einige interessante Hinweise, mal alles überfliegen und das wichtige rauskopieren !
http://www.tempus-vivit.net/taverne/thema/667/seite
Viel Spaß dabei.
Gruß
Trebron
http://www.tempus-vivit.net/taverne/thema/667/seite
Viel Spaß dabei.
Gruß
Trebron
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Hallo John,
nein, es ist nicht nötig, den Zunder in Pferdeurin zu kochen. Echter Zunderschwamm glimmt ohne jegliche Vorbehandlung.
In allen Publikationen, die mir vorliegen, gibt es keinen Hinweis auf eine Behandlung mit Urin. Hat da jemand was anderes Schriftliches?
Prinzipiell ist es so, dass es natürlich möglich ist, den Zunder (für ein, zwei Monate, beispielsweise in Wasser) einzuweichen. Dabei entstehen durch Verrotten von organischer Materie Nitratverbindungen, die dazu führen, dass der Zunder einen Funken noch besser annimmt. Im Mittelalter und auch noch später wurde der Zunder in Salpeterlauge, Kaliumchloratlauge oder Pottaschelauge eingelegt oder gekocht, um ihn noch zündfähiger zu machen, im Prinzip auch eine Nitrierung, wenn mich mein lückenhaftes Chemiewissen nicht trügt. Wahrscheinlich hat eine Einweichen bzw. Kochen in Urin ebenfalls eine Nitratanreicherung zur Folge.
Was sagen unsere Chemiker?
Der einzige Hinweis auf eine Behandlung mit Fäkalien stammt aus Moldawien, hier werden Zunderschwämme in Jauche vergraben, dann getrocknet und zum Feuermachen verwendet.
Schollian, U. 1996: Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) und seine Nutzung. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 147, 8: 647 -665
Schmid, H./Helfer, W. 1995: Pilze - Wissenswertes aus Ökologie, Geschichte und Mythos. IHW-Verlag
Luschka, N. 1993: Die Pilze des Nationalparks Bayerischer Wald. Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft, Bd. 53, S. 21-23
nein, es ist nicht nötig, den Zunder in Pferdeurin zu kochen. Echter Zunderschwamm glimmt ohne jegliche Vorbehandlung.
In allen Publikationen, die mir vorliegen, gibt es keinen Hinweis auf eine Behandlung mit Urin. Hat da jemand was anderes Schriftliches?
Prinzipiell ist es so, dass es natürlich möglich ist, den Zunder (für ein, zwei Monate, beispielsweise in Wasser) einzuweichen. Dabei entstehen durch Verrotten von organischer Materie Nitratverbindungen, die dazu führen, dass der Zunder einen Funken noch besser annimmt. Im Mittelalter und auch noch später wurde der Zunder in Salpeterlauge, Kaliumchloratlauge oder Pottaschelauge eingelegt oder gekocht, um ihn noch zündfähiger zu machen, im Prinzip auch eine Nitrierung, wenn mich mein lückenhaftes Chemiewissen nicht trügt. Wahrscheinlich hat eine Einweichen bzw. Kochen in Urin ebenfalls eine Nitratanreicherung zur Folge.
Was sagen unsere Chemiker?
Der einzige Hinweis auf eine Behandlung mit Fäkalien stammt aus Moldawien, hier werden Zunderschwämme in Jauche vergraben, dann getrocknet und zum Feuermachen verwendet.
Schollian, U. 1996: Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) und seine Nutzung. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 147, 8: 647 -665
Schmid, H./Helfer, W. 1995: Pilze - Wissenswertes aus Ökologie, Geschichte und Mythos. IHW-Verlag
Luschka, N. 1993: Die Pilze des Nationalparks Bayerischer Wald. Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft, Bd. 53, S. 21-23
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Übrigens - der Tempus-Vivit-Thread ist wenig hilfreich, zuviel "ich hab gehört, dass ..." und zuviel Nebulöses - "...der Pilz wird geklopft..."
Das Herstellen von Zunderlappen ist relativ einfach, wenn man es mal mit eigenen Augen gesehen bzw. es von jemandem gezeigt bekommen hat. Allerdings ist die Technik nicht leicht schriftlich zu beschreiben, denn jeder Pilz ist anders, und es kommt sehr viel auf Fingerspitzengefühl an.
Ich könnte anbieten, beim nächsten Forentreffen mal einen Pilz mitzubringen und das fachgerechte Zubereiten zu zeigen.
Das Herstellen von Zunderlappen ist relativ einfach, wenn man es mal mit eigenen Augen gesehen bzw. es von jemandem gezeigt bekommen hat. Allerdings ist die Technik nicht leicht schriftlich zu beschreiben, denn jeder Pilz ist anders, und es kommt sehr viel auf Fingerspitzengefühl an.
Ich könnte anbieten, beim nächsten Forentreffen mal einen Pilz mitzubringen und das fachgerechte Zubereiten zu zeigen.
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Es wird zwar gesagt, dass der Rauch des fomes fomentarius schwindlig machen soll, aber über die Phase des "mal gucken, was reingeht und wieviel" bin ich eigentlich seit Jahrzehnten hinaus Außerdem gibt es da verlässlichere Kandidaten im Reich der Mykologie als den Zunderschwamm ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
deshalb habe ich geschrieben: überfliegen und das WICHTIGE herauskopieren. Das Geschwafel braucht man wirklich nicht .ulfr hat geschrieben:Übrigens - der Tempus-Vivit-Thread ist wenig hilfreich, zuviel "ich hab gehört, dass ..." und zuviel Nebulöses - "...der Pilz wird geklopft..."
Das Herstellen von Zunderlappen ist relativ einfach, wenn man es mal mit eigenen Augen gesehen bzw. es von jemandem gezeigt bekommen hat. Allerdings ist die Technik nicht leicht schriftlich zu beschreiben, denn jeder Pilz ist anders, und es kommt sehr viel auf Fingerspitzengefühl an.
Ich könnte anbieten, beim nächsten Forentreffen mal einen Pilz mitzubringen und das fachgerechte Zubereiten zu zeigen.
Das mit der Vorführung wäre wirklich sehr gut.
Zitat aus einem der Beiträge in TempusV:
"Der Zunderschwamm ist deshalb interessant, weil er, einmal zum Glimmen gebracht, tagelang glimmt, und man so sein "Feuerzeug" immer dabei hat. Diese glimmenden Feuerschwämme wurden in speziellen Dosen mitgeführt.."
Da könnte man sich fragen, ob in dem berühmten Birkenrindengefäß vom Ötzi vll nur glimmender Zunder mitgeführt wurde !
Siehe auch: http://www.archaeoforum.de/viewtopic.php?t=2980
Aber wie dort ULFR schreibt, war: In dem Behälter waren übrigens Holzkohlenreste von 6 verschiedenen Hölzern, unter anderem Ulme und Weide (ebd. S. 116)
Probieren könnte man das mit dem Zunder aber trotzdem.
Trebron
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Oh ja, das wär toll! Ich habe mich zwar schon mal selber dran versucht, für ein "Erstlingswerk" fand ich es auch nicht so schlecht, aber ich hab doch das eine oder andere Loch reingeklopft...ulfr hat geschrieben:Ich könnte anbieten, beim nächsten Forentreffen mal einen Pilz mitzubringen und das fachgerechte Zubereiten zu zeigen.
Hallo,
wobei wir wieder beim Birkenrindengefäß sind. Meine Versuche waren ja eher ein Fehlschlag.
Daß der Zunder noch tagelang glimmen soll, wird mir ein ewiges Rätsel sein. Wenn ich Feuer mache, muß ich immer aufpassen, daß das Zunderstück nicht durchglimmt, bevor ich es der Gruppe erklärt habe. Wenn ich dann noch paarmal fest puste, ist der Zunder manchesmal schon "verschwunden". Gut wenn man dann noch ein anderes Glutnästchen auf der Seite hat.
Einziger Verdacht meinerseits ist, daß ein ganzer Schwamm benutzt wurde. Aber wie das dann funktioniert hat, ist mir schleierhaft.
Anfänger lassen wir auch gerne mal Markasitknolle auf Markasitknolle schlagen, dann zeigen sich schnell viele schöne kleine Glutstellen auf dem Zunder.
Wir am See nehmen getrocknete Schilfgrasblüten zum Anblasen. Ohne die bin ich richtig verloren.
Grüssle Manu
wobei wir wieder beim Birkenrindengefäß sind. Meine Versuche waren ja eher ein Fehlschlag.
Daß der Zunder noch tagelang glimmen soll, wird mir ein ewiges Rätsel sein. Wenn ich Feuer mache, muß ich immer aufpassen, daß das Zunderstück nicht durchglimmt, bevor ich es der Gruppe erklärt habe. Wenn ich dann noch paarmal fest puste, ist der Zunder manchesmal schon "verschwunden". Gut wenn man dann noch ein anderes Glutnästchen auf der Seite hat.
Einziger Verdacht meinerseits ist, daß ein ganzer Schwamm benutzt wurde. Aber wie das dann funktioniert hat, ist mir schleierhaft.
Anfänger lassen wir auch gerne mal Markasitknolle auf Markasitknolle schlagen, dann zeigen sich schnell viele schöne kleine Glutstellen auf dem Zunder.
Wir am See nehmen getrocknete Schilfgrasblüten zum Anblasen. Ohne die bin ich richtig verloren.
Grüssle Manu
- Steve Lenz
- Beiträge: 3162
- Registriert: 05.12.2005 14:18
- Kontaktdaten:
Salve, Freunde in fuoco, salve gleichgesinnte Pyromanen!
Zitat Bruder John: "Ich habe gehoert das man Zuender vom Zuenderschwamm kochen muss in Urin von Pferde".
@Bruder John: In dieser Form ist das schlicht blanker Unsinn!
Freilich: Es wird ja - gerade in Internetforen, wie z.B. diesem hier - viel gesagt und geschrieben, aber stimmen muss das noch lange nicht. Also, überleg Dir gut, ob Du mir Glauben schenken willst. Das gilt natürlich auch für alle anderen Mitglieder...
Als weiteres Beispiel für dummes Gerede/Geschreibsel im Zusammenhang mit Schwammzunder sei die schon länger durch das Internet geisternde Behauptung angeführt, Fomes fomentarius (L.:Fr.) Fr. befände sich kurz vor dem Aussterben, stände deshalb "auf der Roten Liste", und man müsse mit drakonischen Strafen rechnen, wenn man Fomes von Bäumen entfernte.
Vor vielen jahren wurde ich das erste Mal mit Zunder(schwamm) in Verbindung mit Urin entweder bei Eskimo (?) oder Tschuktschen konfrontiert (Berichte früher Reisender).
Urkundlich bestens belegt in Form diverser Rezepturen ist die Verbesserung/Vergrösserung der Zünd- und Glimmfähigkeit von Zunderschwamm aus F. f. durch eine Behandlung mit Salpeter.
Und jeder, der einmal versucht hat, mit einem Schlagstahl-Feuerzeug unbehandelten Schwammzunder zum Glimmen zu bringen, weiss, warum diese améliorisation erforderlich war. Dass sie beim Feuermachen mit einem Schwefelkies-Feuerzeug NICHT erforderlich war und ist, hat Wulf ja schon zu recht erwähnt!
Wenn man nun weiss, dass Salpeterkristalle von den Salpeterern aus mit Tierurin getränkter Erde in Ställen "ausgelaugt" worden ist, dann kann eine vergleichbare Behandlung mit Menschenurin nicht weiter wundern. (Der meiste derart gewonnene Salpeter diente zur Schwarzpulverherstellung, ein Teil aber auch zur Zunderverbesserung.)
Vergleicht man aber die Erwähnungen einer Behandlung von Schwammzunder mit Salpeter mit jener mit Menschenurin, dann ist Letztere zu vernachlässigen. Hier aber noch ein Zitat i.d.S.
- Persoon,C.H., Traité sur les champignons comestibles contenant l´indication des espèces nuisibles (Belin-Leprieur, Paris 1819).
Danach vergruben Holzfäller in den Vogesen über eine bestimmte Zeit Zunderschwammscheiben (ganz sicher nur die Trama, na klar!) und tränkten sie mit Urin.
Vielleicht noch dies: Wer sich ernsthaft mit Feuermachen in allen Zeiten befasst oder befassen will, der kommt natürlich am "Zunder" nicht vorbei. Und wenn es um Schwammzunder geht, dann gehört gewiss die ja auch von Wulf bereits zitierte schöne Arbeit von Ursula Scholian aus dem Jahre 1996 zur Pflichtlekture.
Ich möchte aber unbedingt den Blick auf eine weitere Arbeit zu diesem Thema lenken, die ich die Freude hatte nicht nur zu iniziieren, sondern auch zur Publikation zu verhelfen im Rahmen einer während der späten 1980er Jahre noch möglichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Ausgangspunkt war meine damalige Frage, ob es in unserem Teil des Rheinlandes und damit auch der Eifel Fomes f. gibt oder nicht. Dieses Themas hat sich der Urgeschichtler H.-J. Fruth während einer zweijährigen AB-Maßnahme angenommen, die von der damaligen zuständigen Aussenstelle Zülpich des damaligen Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege (J. Weiner) betreut wurde. Ich habe Hermann-Josef seinerzeit meine gesamte Literatur zum Thema als Basis geliehen, und er hat 1991 ein eindrucksvolles Manuskript abgeliefert. Dies wurde später veröffentlicht, und hier ist das volle Zitat:
-Fruth,H.-J., Historische Feuererzeugung und frühe Waldrohstoffgewinnung. Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde 38, 1993, 165-195. Die 104 Anmerkungen und die 156 in der Bibliographie aufgelisteten Arbeiten sprechen für sich. Dieser Aufsatz ist in der Literaturliste bei U. Scholian nicht aufgeführt.
Seit einiger Zeit gibt es noch eine wundschöne kleine, aber sehr, sehr feine Publikation, die sich ausschliesslich mit Schwammzunder befasst und ursprünglich als Begleitheft zu einer Wanderausstellung gedacht war:
- Roussel,B., Rapior,S., Masson,C.-L. & Boutié,P., L´Amadouvier. Grande et petite histoire d´un champignon. Supplément hors-série des Annales de la Société d´Horticulture et d´Histoire Naturelle de l´Hérault (Montpellier 2002). Mein Tipp: für € 10,00 (+ Porto) im Internet erhältlich; unbedingt kaufen!
Abschliessend noch eine weitere - jeglicher Grundlagen entbehrende - Behauptung zum Feuermachen: Das Feuerbohren sei die älteste Methode des Feuermachens. Quatsch mit Sosse! Wer sich hier ein wenig informieren möchte, dem sei folgende Absonderung ans Herz gelegt:
- Weiner,J., Friction vs. Percussion. Some Comments on Firemaking from Old Europe. Bulletin of Primitive Technology 26, 2003, 10-16.
Als das erschienen war, fand ich mein e-mail-Postfach einige Zeit verstopft von den vielen entrüsteten us-mails. Sicher, manchmal ist es eben schmerzhaft, sich von liebgewonnenen, aber schlicht falschen Kenntnissen/Gewohnheiten zu trennen.
Und nun wirklich endgültig: Nach wie vor ein Standardwerk zum Thema "Feuer" ist:
- Perlès,C., Préhistorie du feu (Masson, Paris 1977). Gleichermaßen empfehlenswert: Perlès,C., Preistoria del fuoco (Torino 1983).
Die ultimative Arbeit zum Thema liegt allerdings seit wenigen Jahren vor:
Roussel,B., La production du feu par percussion de la pierre. Préhistoire, Ethnographie, Expérimentation.Préhistoires 11 (Montagnac 2005).
Wenn hier grundsätzlich ein "Feuertröööööt" weitergeführt würde, dann würde mich das sehr freuen. Was meine Basis dafür wäre?
- Literaturdatei von momentan 932 Zitaten,
- 4 m Monographien, Zeitschriften u.ä. mit nahezu allen Standardwerken,
- mehrere 100 Artikel in kopierter Form
Herzliche Grüsse
Jürgen
Zitat Bruder John: "Ich habe gehoert das man Zuender vom Zuenderschwamm kochen muss in Urin von Pferde".
@Bruder John: In dieser Form ist das schlicht blanker Unsinn!
Freilich: Es wird ja - gerade in Internetforen, wie z.B. diesem hier - viel gesagt und geschrieben, aber stimmen muss das noch lange nicht. Also, überleg Dir gut, ob Du mir Glauben schenken willst. Das gilt natürlich auch für alle anderen Mitglieder...
Als weiteres Beispiel für dummes Gerede/Geschreibsel im Zusammenhang mit Schwammzunder sei die schon länger durch das Internet geisternde Behauptung angeführt, Fomes fomentarius (L.:Fr.) Fr. befände sich kurz vor dem Aussterben, stände deshalb "auf der Roten Liste", und man müsse mit drakonischen Strafen rechnen, wenn man Fomes von Bäumen entfernte.
Vor vielen jahren wurde ich das erste Mal mit Zunder(schwamm) in Verbindung mit Urin entweder bei Eskimo (?) oder Tschuktschen konfrontiert (Berichte früher Reisender).
Urkundlich bestens belegt in Form diverser Rezepturen ist die Verbesserung/Vergrösserung der Zünd- und Glimmfähigkeit von Zunderschwamm aus F. f. durch eine Behandlung mit Salpeter.
Und jeder, der einmal versucht hat, mit einem Schlagstahl-Feuerzeug unbehandelten Schwammzunder zum Glimmen zu bringen, weiss, warum diese améliorisation erforderlich war. Dass sie beim Feuermachen mit einem Schwefelkies-Feuerzeug NICHT erforderlich war und ist, hat Wulf ja schon zu recht erwähnt!
Wenn man nun weiss, dass Salpeterkristalle von den Salpeterern aus mit Tierurin getränkter Erde in Ställen "ausgelaugt" worden ist, dann kann eine vergleichbare Behandlung mit Menschenurin nicht weiter wundern. (Der meiste derart gewonnene Salpeter diente zur Schwarzpulverherstellung, ein Teil aber auch zur Zunderverbesserung.)
Vergleicht man aber die Erwähnungen einer Behandlung von Schwammzunder mit Salpeter mit jener mit Menschenurin, dann ist Letztere zu vernachlässigen. Hier aber noch ein Zitat i.d.S.
- Persoon,C.H., Traité sur les champignons comestibles contenant l´indication des espèces nuisibles (Belin-Leprieur, Paris 1819).
Danach vergruben Holzfäller in den Vogesen über eine bestimmte Zeit Zunderschwammscheiben (ganz sicher nur die Trama, na klar!) und tränkten sie mit Urin.
Vielleicht noch dies: Wer sich ernsthaft mit Feuermachen in allen Zeiten befasst oder befassen will, der kommt natürlich am "Zunder" nicht vorbei. Und wenn es um Schwammzunder geht, dann gehört gewiss die ja auch von Wulf bereits zitierte schöne Arbeit von Ursula Scholian aus dem Jahre 1996 zur Pflichtlekture.
Ich möchte aber unbedingt den Blick auf eine weitere Arbeit zu diesem Thema lenken, die ich die Freude hatte nicht nur zu iniziieren, sondern auch zur Publikation zu verhelfen im Rahmen einer während der späten 1980er Jahre noch möglichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Ausgangspunkt war meine damalige Frage, ob es in unserem Teil des Rheinlandes und damit auch der Eifel Fomes f. gibt oder nicht. Dieses Themas hat sich der Urgeschichtler H.-J. Fruth während einer zweijährigen AB-Maßnahme angenommen, die von der damaligen zuständigen Aussenstelle Zülpich des damaligen Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege (J. Weiner) betreut wurde. Ich habe Hermann-Josef seinerzeit meine gesamte Literatur zum Thema als Basis geliehen, und er hat 1991 ein eindrucksvolles Manuskript abgeliefert. Dies wurde später veröffentlicht, und hier ist das volle Zitat:
-Fruth,H.-J., Historische Feuererzeugung und frühe Waldrohstoffgewinnung. Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde 38, 1993, 165-195. Die 104 Anmerkungen und die 156 in der Bibliographie aufgelisteten Arbeiten sprechen für sich. Dieser Aufsatz ist in der Literaturliste bei U. Scholian nicht aufgeführt.
Seit einiger Zeit gibt es noch eine wundschöne kleine, aber sehr, sehr feine Publikation, die sich ausschliesslich mit Schwammzunder befasst und ursprünglich als Begleitheft zu einer Wanderausstellung gedacht war:
- Roussel,B., Rapior,S., Masson,C.-L. & Boutié,P., L´Amadouvier. Grande et petite histoire d´un champignon. Supplément hors-série des Annales de la Société d´Horticulture et d´Histoire Naturelle de l´Hérault (Montpellier 2002). Mein Tipp: für € 10,00 (+ Porto) im Internet erhältlich; unbedingt kaufen!
Abschliessend noch eine weitere - jeglicher Grundlagen entbehrende - Behauptung zum Feuermachen: Das Feuerbohren sei die älteste Methode des Feuermachens. Quatsch mit Sosse! Wer sich hier ein wenig informieren möchte, dem sei folgende Absonderung ans Herz gelegt:
- Weiner,J., Friction vs. Percussion. Some Comments on Firemaking from Old Europe. Bulletin of Primitive Technology 26, 2003, 10-16.
Als das erschienen war, fand ich mein e-mail-Postfach einige Zeit verstopft von den vielen entrüsteten us-mails. Sicher, manchmal ist es eben schmerzhaft, sich von liebgewonnenen, aber schlicht falschen Kenntnissen/Gewohnheiten zu trennen.
Und nun wirklich endgültig: Nach wie vor ein Standardwerk zum Thema "Feuer" ist:
- Perlès,C., Préhistorie du feu (Masson, Paris 1977). Gleichermaßen empfehlenswert: Perlès,C., Preistoria del fuoco (Torino 1983).
Die ultimative Arbeit zum Thema liegt allerdings seit wenigen Jahren vor:
Roussel,B., La production du feu par percussion de la pierre. Préhistoire, Ethnographie, Expérimentation.Préhistoires 11 (Montagnac 2005).
Wenn hier grundsätzlich ein "Feuertröööööt" weitergeführt würde, dann würde mich das sehr freuen. Was meine Basis dafür wäre?
- Literaturdatei von momentan 932 Zitaten,
- 4 m Monographien, Zeitschriften u.ä. mit nahezu allen Standardwerken,
- mehrere 100 Artikel in kopierter Form
Herzliche Grüsse
Jürgen