Heimatbund fordert Archäologischen Park auf der Heuneburg

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Steve Lenz
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Heimatbund fordert Archäologischen Park auf der Heuneburg

Beitrag von Steve Lenz »

Die über Jahre gewachsene Museumslandschaft rund um den einzigartigen keltischen Fürstensitz Heuneburg bei Hundersingen soll ausgrabungstechnisch und finanziell gesichert werden, fordert der Schwäbische Heimatbund. Der 5 500 Mitglieder zählende Verein sieht dabei das Land in der Pflicht. Geschehe weiterhin nichts, sei der Fortbestand eines Teils der Ausgrabungen gefährdet.

Im Jahr 2005 hatten die Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege eine sensationelle Entdeckung gemacht: Die keltische Heuneburg, immerhin die älteste stadtähnliche Siedlung nördlich der Alpen, besaß vor 2600 Jahren ein aus Steinen gemauertes Stadttor. Bereits während der bis Juni 2008 andauernden Ausgrabungen hatten sich Experten Gedanken gemacht, wie die archäologische Sensation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

Schon damals war klar, dass Eile geboten ist. Denn das aus Lehm und Steinen gemauerte Kammertor ist heute zwar wetterfest unter Folien verpackt. Um es dauerhaft zu sichern und zeigen zu können, müsste es von einem Schutzbau vor der Witterung bewahrt werden. Doch geschehen ist bis heute nichts, obwohl das eingepackte Tor aus Expertensicht maximal noch ein Jahr unbeschadet überstehen wird.

Aus Sicht des Schwäbischen Heimatbunds hat das vor allem finanzielle Gründe. Die kleine Gemeinde Hundersingen ist mit dem Betrieb der zwei Museen im Ort bereits heute überlastet. Neben dem Freilichtmuseum auf der Heuneburg existiert in der denkmalgeschützten Zehntscheuer des ehemaligen Klosters Heiligkreuztal das 1985 eingerichtete Heuneburgmuseum. Wegen der getrennten Lage der beiden Museen ist ein doppelter Personalaufwand nötig. Zusammen mit dem Schuldendienst addiert sich der Abmangel der Gemeinde auf knapp 250 000 Euro. Hundersingen hat deshalb die Museumsleiterin als einzige pädagogische und archäologische Angestellte entlassen müssen.


Die Fachleute des Heimatbunds fordern nun, die 2008 von einer Experten-Kommission vorgeschlagene Gesamtkonzeption endlich umzusetzen. Diese sieht vor, ein landwirtschaftliches Anwesen neben der Heuneburg, die Domäne Talhof, zu erwerben und zum Museum auszubauen, in das die Sammlung aus dem Heuneburgmuseum dann umzieht. Der positive Effekt: Die beiden zusammengelegten Museen und der notwendige neue Bau für das Stadttor könnten mit geringerem Personalaufwand betreut werden. Zusammen mit einem gastronomischen Angebot samt Biergarten in der Domäne Talhof würde dadurch die Heuneburg für Touristen und Archäologen noch stärker an Attraktivität gewinnen. Jedes Jahr kommen bereits 25 000 Besucher auf die Heuneburg.

„Die Heuneburg ist von europaweiter Bedeutung. Das Land muss ein Beispiel setzen und darf seine Schätze nicht einfach zugrunde gehen lassen“, heißt es in einer Resolution des Vereins, die allen Landtagsabgeordneten in der vergangenen Woche zugesandt wurde. Wie das Engagement des Landes aussehen könnte, zeigt nach Ansicht des Vereins das Nachbarland Hessen. Dort entsteht beim keltischen Fürstensitz am Glauberg, rund 50 Kilometer nordöstlich von Frankfurt am Main, für mehr als sechs Millionen Euro gerade ein neues Museum.


http://www.suedkurier.de/region/linzgau ... 57,4008213
pinguin

Beitrag von pinguin »

Hallo Steve,
der Fortgang der Ausgrabungen ist meines Wissens durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gesichert, nicht so die Zukunft des Museumsensembles. Die Museumsleiterin ist betriebsbedingt gekündigt und die Zukunft der Freilichtanlage, entstanden durch ein europäisches leader Projekt ist in der Diskussion. Es zeigt sich wieder einmal, daß europäische Freilichtmuseen auf der grünen Wiese es nach 10 Jahren Betriebsdauer, wenn keine Fördermittel mehr kommen, die Gemeinde und der Heimatverein keine Stütze mehr sein können oder sollen, es schwer haben. Der Ruf nach dem Land ist dann ein Mittel. Es gibt aber in B.-W. inzwischen 1270 Museen, davon 1250 in nichtstaatlicher Trägerschaft, die ähnliche Hilfsaufrufe wegen zurückgehender Mittel stellen könnten. Man muß sicher nicht an den Glauberg nach Hessen gehen. Das Land B.-W. gibt 51 Mio jährlich für 11 staatliche Museen aus und 3.5 Mio für Landesausstellungen. Richtiger wäre es zu überlegen, wie wichtige Museen für ein Land, auch wenn sie nicht in staatlicher Trägerschaft sind über Wasser gehalten werden können. Man könnte sie vielleicht auch besser ausstatten und attraktiver für das Publikum gestalten. Der Schwäbische Heimatbund wird nicht nur bei der Heuneburg sondern auch bei anderen Museen in Zukunft noch um Landeshilfe bitten müssen, wenn er seinen Heimatschutzauftrag in der Fläche gegenüber allen ernst nehmen will.
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Die aktuellen Probleme vieler Museen (oder besser Freilichtanlagen), die in den 90ern errichtet wurden, wären aber bei etwas weniger utopischen Vorstellungen und stattdessen mehr planerischer Weitsicht seitens der Erbauer schon damals vorhersehbar gewesen. Wer davon ausgeht, dass inmitten von strukturschwachen Gebieten die Besucherzahlen die 100.000er-Marke reißen, und das nicht nur im ersten Jahr, wo so etwas vielleicht aufgrund des Reizes des Neuen vielleicht sogar möglich ist, und obendrein beim Berechnen der Kosten nur die Errichtung der Anlage im Auge hat, für die Bespielung aber bestenfalls ehrenamtliche Vierteltagskräfte vorsieht, der darf sich nicht wundern, wenn es (spätestens nach 10 Jahren) Probleme gibt. Was nicht heißen soll, dass die Ehrenamtlichen keinen guten Job machen, aber um dauerhaft Publikum anzuziehen, vor allem wenn man keinen klangvollen und altbekannten Namen im Rücken hat, braucht es etwas mehr als freiwilliges Engagement.
Der Trend, jetzt archäologische Museumsleiter durch Touristikexperten ersetzen zu wollen, die den Karren aus dem Dreck ziehen, wird genausowenig funktionieren, beser wäre es gewesen, solche Experten schon beim Erstellen der Konzepte einzubinden.
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
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Roeland Paardekooper
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Beitrag von Roeland Paardekooper »

Es fallen schon die erste arch. Freilichmuseen um: Peat Moors Centre in England, und Flag Fen wird bedroht, obwohl da der VIP Archaeologe Francis Pryor noch dabei ist. Trelleborg Daenemark wird "in coma" gehen (d.h. nur als Vitrinenmuseum weiterleben), die Historische Werkstatt Giver wird geschlossen und Hjerl Hede (Skansen-Freilichtmusum in Juetland) hat auch Probleme.

Das hat in den Mmeisten Faellen nicht mit ja-oder-nein EU Gelder zu tun. Archaeolink in Schottland hatte EU Gelder und muesste sich Jahr nach Jahr beweisne, hat aber jetzt andere Gelder gefunden, kaempft aber nach 12 - 14 Jahre noch immer.

Wie Ulfr sagt - mann sollte sich am Anfang schon auf mehr als nur Archaeologen trauen und die blauen Augen des Bankdirektors... Es ist aber noch immer leichter 1 Million Euro Projekte zu bedenken als 25.000 Euro Projekte. Und etwas neues bauen bringt leichter Geld im Topf als etwas was schon da war in Ordnung zu kriegen.
Mann kriegt auch leichter Gelder fuer Hardware als fuer Menschen und Prozesse.
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Fridolin
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Beitrag von Fridolin »

Heuneburg wird zum Archäopark

Der keltische Fürstensitz auf der Heuneburg spielt eine Schlüsselrolle in der archäologischen Forschung und hat eine überregionale Bedeutung. Derzeit wird im Regierungspräsidium Tübingen ein Konzept entwickelt, um langfristig einen Archäopark für Wissenschaft, Öffentlichkeit und Tourismus anzulegen. Doch diese Vision braucht viele Partner und somit Zeit.

http://www.szon.de/lokales/sigmaringen/ ... 15408.html
pinguin

Beitrag von pinguin »

Die Nachbesetzung der Heuneburgleitung ist durch eine Touristikfachfrau erfolgt. :?
Die Frage stellt sich - wie zukünftig dieser einzigartige Fundpunkt der Hallstattzeit organisiert werden wird.
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Hans T.
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Beitrag von Hans T. »

Kinderschminken, Stockbrotbacken, Hüpfburg.... :roll: :wink:

Nachbesetzung bei vorheriger betriebsbedingter Kündigung ist auch sehr interessant.....
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

...Billig-und Epigonen-LH...
Jøran

Beitrag von Jøran »

pinguin hat geschrieben:Die Frage stellt sich - wie zukünftig dieser einzigartige Fundpunkt der Hallstattzeit organisiert werden wird.
Sehr kostengünstig und für die erste Zeit gewinnbringend.
Rest wird dann zur Geschichte.

Hilsen

Jøran-N.
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