Axt oder Beil ?

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Manu

Beitrag von Manu »

Also, ich danke euch. Tatsächlich ist es jetzt klarer. Sofort habe ich gestern meine neue Kenntniss angebracht (freudig) da meinte eine Besucher in der vordere Reihe ganz ruhig :"Sie meinen eine Axt".

Wir einigten uns auf eine Beil, das aber eine "gefühlte Axt" ist. :wink:

Zukünftig werde ich genau unterscheiden, aber das Problem war mir so einfach noch nicht bewußt gewesen.

Dank sei dem Student in meiner Führung. :oops: :roll: :idea:
Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Vielleicht ziehe ich das Problem jetzt künstlich in die Länge. Aber ich weiß halt aus meinem richtigen Job, wie wichtig Terminologie und Nomenklatur ist.
Thomas, ich bin mir ziemlich sicher, dass 90% der Besucher Dir keine Erläuterung der modernen Begriffe Beil und Axt bringen könnten - die verwechseln das nämlich auch meist.
Vielleicht ist Beil/Axt nicht so 100% das richtige Beispiel, da viele Besucher den Unterschied wirklich nicht kennen. Aber das Problem bleibt.
„Federmesser“ ist auch so ein schönes Beispiel. Eine Bezeichnung für ein kleines, scharfes Steingerät, dass rein assoziativ entstanden ist. (Eine scharfe Klinge zum Schärfen der Schreibfeder ...)

Man muss sich, wenn man es genau nimmt, zwischen den Fachtermini des Faches und denen der modernen Auffassungen hindurchschlängeln.

Bei einer Führung über den „Spinewert“ von Ötzis´ Pfeilen mit einem Bogenfachmann zu diskutieren, ist ebenso schwierig wie „Dolchmesser“, „Wurflanze“ oder „Fußzierfibel“ einfach im Raum stehen zu lassen.

Wir sollten die handelten Menschen der VG dem modernen Betrachter/Besucher näherbringen, um Verständnis für die Belange der Archäologie zu wecken.
Verwenden wir zu viele Fachtermini, entfremden wir das Fach zum einen, zum anderen laufen wir Gefahr, dass die damaligen Menschen falsch eingeschätzt werden. Natürlich konnten sie Äxte, Dechsel, Meisel und Beile unterscheiden, herstellen und sehr fachspezifisch verwenden. Oder hatten gute Lösungen, die wir aber nicht so recht mehr nachvollziehen können (Schuhleistenkeile)

Andererseits sollten postmoderne, sehr spezielle Forderungen und Normen (Spinewerte) aber auch in ein richtiges Licht gestellt werden, ohne dabei Gefahr zu laufen, die damaligen Menschen wieder zu primitiv erscheinen zu lassen.

Ich sehe da bei jeder Führung/Erklärung immer einen schwierigen Spagat.

Thomas
Zuletzt geändert von Thomas Trauner am 30.06.2010 08:41, insgesamt 1-mal geändert.
Andreas K.
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Beitrag von Andreas K. »

Interessant wird die ganze Axt-Beil-Frage dann in der Mittelalterarchäologie. Da gibt es nämlich keine eindeutige Definition und die Begriffe werden wild umhergeworfen ohne jegleiche Tiefenschärfe. Gelegentlich richtet man sich nach der Art des Anschliffes, aber selbst das ist nicht einheitlich geregelt. Schaftlöcher haben die jedenfalls fast alle, somit ist die Definition der UFG nur sehr eingeschränkt verwendbar. Da die Griffe meistens nicht erhalten sind, geht es auch nicht über die Grifflänge oder die ein- und zeihändige Nutzbarkeit.
Geschichte geht durch den Magen
Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Da würde vielleicht einfach die Größe helfen. Entweder vom Nacken zur Schneide gemessen oder die Schneidenlänge.

Ein Dolch ist eine zweischneidige Klinge unter 40 cm. Länge, darüber ist es ein Schwert.

Es ist schwierig, geb ich zu.
Eine in Nürnberg ansässige Bleistiftfirma nannte mal kleine, dicke, für Kinderhände geeignete Stifte "Dickie".
Die Angelsachsen waren entweder amüsiert oder entsetzt :D :shock: :D

Thomas
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LS
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Beitrag von LS »

Moin,
die archäologische Terminologie Axt/ Beil ist geschichtlich gewachsen und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits lexikalisch festgehalten:
http://books.google.com/books?id=e-kBAA ... xt&f=false

Verwirrung würde man dagegen stiften, wenn ein und dasselbe Genre (zum Beispiel Jadeitbeile) nur wegen der großen Streubreite der Längen mal so und mal so genannt werden würden. Ich denke also erstens, dass die Lochhaftigkeit als Trennkriterium gar nicht so schlecht ist und zweitens, dass wir historisch gewachsene Begriffe (z.B. Streitaxt und Streitaxtkultur) auch beibehalten sollten. Das klingt konservativer als ich normalerweise bin, aber an diesen Begriffen sehe ich einfach keinen sinnvollen Änderungsbedarf.

Gruß L.
Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Leif, mein Vorschlag bezog sich auf die Mittelaltertermini, da hier die Unterscheidung gelocht / nicht gelocht offenbar nicht funktioniert.

In der VG ist die Fachsprache natürlich sinnvoll und sollte ohne Not auch nicht geändert werden. Fachsprachen sind oft eindeutiger, wenn die Übereinkunft bekannt genug ist.

Das Problem ist lediglich das der Führer/innen. Deren Sprache sollte m.E. die des Nachrichtensprechers oder die einer normalen Tageszeitung sein.
Und es sollte bedacht sein, dass differenzierte Sprache und differenzierte Bezeichnungen differenziertes Denken und Handeln impliziert.
Um eben zu signalisieren, dass wir dem damaligen Menschen solches zutrauen, sollten wir uns auch in der Bezeichnung von Artefakten differenziert ausdrücken, aber eben so, dass es verständlich bleibt.

Äh - jetzt gestichelt: Ist ein gelochtes mesolithisches oder neolithisches Knochengerät mit Schneide jetzt ein Beil oder eine Axt ?
Oder ganz verkniffen: Was war schnell noch mal ein „Celt“ ? Oder das „Hammerbeil greaco-skythischer Prägung“ ? :D :D
Ichhörjaschonauf :D
Thomas
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Das wäre eine Geweihaxt, weil durchlocht.
Bei Veranstaltungen bezeichne ich die präh. Geräte mit der archäologischen Nomenklatur und erkläre dann, warum. Natürlich kann man das übertreiben, aber im Bereich der Vorgeschichte ist das ja recht einfach. Und imho auch wichtig, einheitliche Bezeichnungen fördern die Verständigung.

Für die folgenden Metallzeiten habe ich mir für die meisten Fälle die im Handwerk übliche Terminologie zu eigen gemacht:
Beil = einhändig
Axt = beidhändig

ist aber manchmal schwierig, denn es heißt üblicherweise "Behaubeil", auch wenn es zweihändig geführt wird :roll: :?:

Der Duden gibt auch nicht viel her:


Axt = gemeingermanisch, mhd. ackes, ax[t], ahd. ackus, got. aqizi, hängt mit griech. axine und lat. ascia zusammen, wahrscheinlich ein altes Wanderwort kleinasiatischen Ursprungs

Beil = auf den dt. und niederl. Sprachraum beschränkt, zugrunde liegt die indog. Wurzel *bhei-, *bhi- = "schlagen
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
☪️oe✡️is✝️
Jøran

Beitrag von Jøran »

Ich bin nun verwirrrrttttt...

:bleeep:
Manu

Beitrag von Manu »

Inwiefern?

Mit Loch = Axt
Ohne Loch = Beil

Zunächst mal egal welches Material.
Wenn der wissenschaftliche Begriff `gewachsen`ist, nimmt man lieber den, dann wissen alle Bescheid.

Mit einer Hand zu bedienen = Beil
Mit zwei Händen zu bedienen = Axt.

Deshalb indianische "Kriegsbeile" , wurden nur mit einer Hand geschwungen.

Ist doch jetzt gut zu merken, für´s Grobe.

:D
Mela
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Beitrag von Mela »

Thomas, ich bin da bei Dir - ich schätze es auch sehr, wenn die "richtige" Terminologie verwendet wird und halte es auch bei der Vermittlung für sehr wichtig.

Ich halte mich beim Beilproblem an Ulfrs Methode - das eignet sich nämlich super, um diese Problematik ("Wie gehen wir mit Geräten um, die wir nur annähernd heute so kennen") zu erklären.
Gerade die neolithischen Beilklingen für Flügelholme und Co sind da ein gutes Beispiel - je nach Grösse des Holms würde sich nämlich die Bezeichnung ändern: es gibt die Dinger für den einhändigen und den zweihändigen Gebrauch.

Im Frühmittelalter kenne ich es tatsächlich auch nur sehr ungenau - normalerweise werden Wurfbeile und Arbeitsäxte unterschieden.

Liebe Grüsse

Mela
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enrohs
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Beitrag von enrohs »

Wie ist das bei den Archäologen eigentlich mit den quergeschäfteten Dechselklingen? Fällt das auch unter Beil (ohne Loch) oder Axt (mit Loch) oder ist das eine eigene "Art"? Ich werde öfters korrigiert, wenn ich bandkeramische Dechselklingen (alt: Flachhacken und Schuhleistenkeile) als Beilklinge anspreche.

Liebe Grüße
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Dechsel is ein eigener Werkzeugtyp. Würde höchstens von einem Querbeil reden, nicht "nur" von einem Beil. Aber gerade die hochnackigen LBK-Dechsel sind eher eine geschlossene Sonderform und haben mit Beilen m.E. überhaupt nichts gemein.
Thomas Trauner

Beitrag von Thomas Trauner »

Dechsel. Man/frau erkennt sie (mal rein archäologisch gesprochen) daran, dass die Schneide asymmetrisch ist, d.h. von einer Seite steiler geschliffen ist.
Wird quer geschäftet und dient zur Holzbearbeitung.

Thomas
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