Kompositpanzerung (Hortfund Heunischenburg)

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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Danke für?s Feedback, Claudia. Auf die Umzeichnungen bin ich auch reingefallen, aber ich habe ja glücklicher Weise nun tiefere Einsichtsmöglichkeit durch meine Zusammenarbeit mit der Archäologischen Staatssammlung München.

Die Umzeichnung ist - betrachtet man die Funde selbst - schlecht. Sie impliziert, dass man einen geschlossenen Fund betrachtet, was aber keineswegs zutrifft.

Nicht alle Blechteile haben diese gezahnte Umrandung, manche sehen sich ähnlich auf der Zeichnung, sind hingegen im Original anders beschaffen. Wie ich schon schrieb, wählte ich für den Reko-Vorschlag nur die klar zueinander zuweisbaren Fundstücke und ließ alles andere weg.

Stark annehmbar stammen die Beschläge von unterschiedlichen Trägern oder zumindest unterschiedlichen Gesamtstücken.

Frau Dr. Mansel, die sich aktuell intensiv mit den Heunischenburg-Horten befasst ist von meinem Reko-Vorschlag sehr angetan. Sollte ich nach Besichtigung der Originale jedoch andere (abweichende) Eindrücke gewinnen, werde ich diese selbstverständlich in weitere Reko-Vorschläge einfließen lassen und nötigenfalls Änderungen vornehmen. Bis dahin sehe ich den bisherigen als plausibelsten Vorschlag an.

Und was die Funktion der ovalen Bleche anbelangt:

Es gibt einen Helm (SBZ) aus der Tschechischen Republik, welcher eine Reparatur mittels eines solchen Blechs erfahren hat. Also eher Beschlag denn Verbinder weiterer Elemente.
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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Hans T. hat geschrieben:Plausibel, Steve, plausibel. Halt uns auf dem laufenden.

H
Das ging in einigen Wirren damals unter. Ich hatte ja kurz nach dem letzten Posting ja Gelegenheit, den Hort im Original zu sehen. Also lieber spät als nie (und aufgrund neuer Arbeit an meiner UK-Ausstattung gewinnt´s auch wieder an Aktualität):

In der Tat sind alle Umbördelungen der Halbovale und der größeren Elemente relativ großzügig bemessen. Als waren sie um eine Wulst geformt oder sollten Aufnahmen für Durchzüge darstellen, oder beides.

Die Ränder sämtlicher Ovale wurden mittels Meisseln ausgestanzt, bis auf zwei. Deren Ränder sind geglättet und mittels eines stumpfen Meissels wurde die Stanzspur imitiert. Durch den Setzwinkel des Meissels entstand durch die Verformung des Randes eine Versteifung der Bleche.

Materialstärke aller Stücke ist identisch, liegt bei etwa 0,7mm.

Ich legte die Teile adäquat meiner zeichnerischen Rekonstruktion und es ergab sich in der Tat eine Fläche, welche eine durchschnittliche männliche Brust abdeckt und noch genügend Bewegungsfreiheit zuließe. Die Fläche entspricht in etwa den bekannten Cardiophylax-Funden der frühen Villanovakultur, eine rustikale Umsetzung durch einen (die hier behandelten Teile tragen alle die gleiche "Handschrift") lokalen Handwerker ist für mich denkbar.

Durch den in relativer Nähe gefundenen Kappenhelm - dessen Verwandtschaft ebenfalls in der Villanovakultur zu finden ist - zeichnet sich für mich das Bild einer ähnlichen, wenn auch rustikaleren Panoply eines Besatzungsmitgliedes der Heunischenburg vor 3000 Jahren.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
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Dago
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Beitrag von Dago »

Ich hab mir auch mal Gedanken über das Trägermaterial der Beschläge gemacht, währe Verklebtes Leinen ( ähnlich Linothorax) nicht auch eine Möglichkeit. Ev mit einem Rohhautkern. Den Nieten nach müste das Trägermaterial doch relativ dick gewessen sein ( 6 - 7 mm)
Grüsse
Thorsten Seifert
Man kann aus Geschichte nur lernen

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Steve Lenz
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Beitrag von Steve Lenz »

Doppelt gelegtes Leder wäre eine weitere (plausiblere) Lösungsmöglichkeit. Nach meiner Einschätzung waren Linotoracae "trocken" geschichtet und nicht laminiert.
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