Mesolithische Kerbreste

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FlintMetz
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Mesolithische Kerbreste

Beitrag von FlintMetz »

Hallo zusammen,

kann mir jemand von den wissenden Steinekloppern bitte einmal erklären, wie um Himmelswillen dieser verdammte "piquant-triédre-Bruch" bei den mesolithischen Kerbresten hergestellt wird? Also, ich meine dieses schräg nach Ventral laufende Bruchnegativ, das auf so vielen Produktionsabfällen zu sehen ist. Ich bekomm langsam die Kriese, denn bei mir haut das einfach nicht hin. Was ich schon Klingen verheizt habe... schade drum. Bei mir knackt die Kiste immer nur platt und gerade weg.

Ich wäre euch echt dankbar, wenn mir da jemand einen Tipp geben kann, denn so langsam bekomme ich schlaflose Nächte wegen Knoten im Hirn...

Vielen Dank jetzt schon mal und schöne Grüße...

Robert
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TZH
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Beitrag von TZH »

Nur ein Idee: Bruchlienie einritzen, wie bei Glas?
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

Du meinst diese (ursprünglich von J. Tixier) rekonstruierte Methode, extrem scharfe Spitzen an Klingen zu erzeugen?:
Bild Quelle Wikimedia
(Aus Linkshändersicht)
Bild

Mit diesem Ergebnis:

Bild Quelle Wikimedia
Wichtig ist es, den Grat auf dem "Amboss" richtig zu platzieren ... aber auch bei mir klappt`s beileibe nicht immer, vielleicht gibt`s da noch einen besonderen Trick.
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FlintMetz
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Beitrag von FlintMetz »

Ja - genau die Technik meinte ich. Ich bekomm das einfach nicht gebacken, egal wie ich positioniere oder breche. Hab "Biegebruch", "Torsionsbruch", mit und ohne Amboskante und alles mögliche sonst noch versucht. Ergebins ist immer die selbe, langweilige, fast 90 Grad-Bruchkante und das meist auch noch ohne anständige Spitze. Ich werd noch wahnsinnig, denn ich versuche das schon seit Monaten zu erzeugen. Aber so langsam gehen mir die Ideen aus, was bei mir falsch laufen könnte...

Schöne Grüße...

Robert
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

Wie, es hat noch nie geklappt?
Wohin (Treffpunkt, Richtung) schlägst, drückst Du?

Edith: Probiers mal so, das du das Stück am Abfallprodukt (Kerbrest="Kernstein") festhältst ?

Nebenbei, Technik oder Methode?
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FlintMetz
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Beitrag von FlintMetz »

Ja, leider.... NIE!!!
Meine Vorgehensweisen waren bis jetzt sehr unterschiedlich, aber auch die in den handelsüblichen Beschreibungen/Zeichnungen vorliegende hat nichts erbracht. Also - Kerbe so tief wie möglich in die Klinge, mit der Dorsalfläche mehr oder weniger spitzwinklig zur Amboskante legen und dann mit Druck entweder gerade nach unten, oder "abdrehen", was ich jetzt mal "Dorsionsbruch" nenne. Das beste, was bei mir passiert, ist eine sehr zarte Lippe, aber noch lange keine schräg nach ventral laufende Bruchfront.
Ich kenne aber im Fundmaterial auch immer wieder Belege dafür, dass es bei den Herrschaften damals auch oft genug in die Hose gegangen ist. Das sieht dann sehr ähnlich aus, wie bei mir :lol: oder (was mir auch schon, wenn auch sehr selten, passiert ist) die Klinge noch nicht mal an der Kerbe bricht, sondern 1 - 2 mm daneben, wo sie eigentlich viel stabiler ist (falscher Auflagepunkt) - man glaubt es einfach nicht :?

Ratlose Grüße...

Robert
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Ich hab schon öfters Kerbreste produziert, ohne die Klinge auf einen Amboss aufzulegen, einfach, indem ich mich mit einem Drücker immer weiter in die Klinge reinknabbere. Hängt sehr vom Winkel ab, in dem der Drücker angesetzt wird.

Blattspitze, bist Du sicher, dass diese Methode angewendet wurde, um spitze Spitzen herzustellen, die nicht weiter retuschiert wurden? Ich würde vermuten, dass es einfach darum ging, das Proximalende so sauber und materialsparend zu entfernen. Sonst würden diese unmodifizierten Spitzen ja im Fundmaterial auftauchen ...? Stattdessen gibt es tonnenweise langschmale Dreiecke etc., die aber immer durchretuschiert sind. Oder trügt mich mein Gedächtnis?

Wäre auf jeden Fall mal eine schöne Knobelei für unser nächstes Treffen. Das finge allerdings mit Mikrolithenkernen an, und die sollen nur durch Abdrücken erzeugt werden können, mit Punchen hat man da angeblich keine Chance ... Und Chestflaking ist immer für einen Rippenbruch gut :D
:keil:
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

Bzgl. des "Ersteinsatzes" der "Kerbtechnik" im nordeurop. Spätpaläolithikum bei Projektilspitzen siehe hier

http://www.palethnologie.org/telecharge ... e_en_1.pdf

z.B. den Artikel von M. Weber (Fig. 3; S. 115-119). Man hat offensichtlich gern die verbliebene Facette als "Opfer-Erstkontakt" genutzt. Bietet sich ja auch an, oder?

Im Mesolithikum wird als Funktion tatsächlich in erster Linie das Teilen der Klingen angenommen. Über die "richtige" Orientierung von geschäfteten Mikrolithen weiß man allerdings vergleichsweise wenig ...

Zum Drücken der Mikroklingen (wie z.B. von E. Callahan für die Kernsteine mit Handgriff" und von Texier und Pelegrin für andere) rekonstruiert:
Tatsächlich bin ich da auch unsicher. Wenn ich mir die ganzen aufwendigen Brust-Druckstäbe und Kernhalterungs-zwingen und -holzblöcke etc. ansehe, hab ich manchmal Zweifel. Selbstverständlich sind das funktionierende Möglichkeiten, vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, aber es ist so sagenhaft anstrengend (!!!) und bis auf gebogene Geweihsprossen sind mir keinerlei derartige Hilfsmittel aus dem Fundgut bekannt.
Ich stelle mir auch gerne vor, das Mikroklingen durch "Drauftreten und Belasten"(Copyright M. Lund, Exp. in Vorbereitung) ohne große Armkraft einfacher herzustellen sind ....

Edith: Wie seht Ihr das:

http://oldtiden.natmus.dk/udstillingen/ ... nguage/uk/

Zeigen die beiden links auch Kerb-Facetten? Und wie herum sind die wohl als "Pfeilspitzen" eingesetzt worden?
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FlintMetz
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Beitrag von FlintMetz »

Sehr genau - das mit dem "Opfer-Erstkontakt" der verbliebenen Bruchfacette kann ich nur bestädigen. Ich bin gerade wieder berufsmäßig im Frühmesolithikum und hab den ganzen Schreibtisch voll mit Mikrolithen und Konsorten. Auch die kleinen Rückenspitzen haben oft die ersten 2 - 5 mm noch die scharfe Bruchkante, bevor die Retuschen los gehen. Ich denke, das ist nur bei vielen Publikationen falsch gezeichnet, da es rel. schwer darzustellen ist (auch mit einem 0,13mm Rapidographen).

Die Mikroklingen bekomme ich in zwischen ganz gut frei hand geschlagen hin. Meine Restkerngößen gehen bis auf 23mm maximale Kantenlänge runter, ganz ohne blutige Finger. Ich verwende dafür einen sehr weichen, linsenförmigen Schlagstein mit 55mm Durchmesser und davon natürlich die Kante. Die Klingen werden erstaunlich gut - für meine Verhältnisse zumindest. Gerade, rel. regelmäßig und fast keine Schlagfläche oder Bulbus. Und wenn ich mir die ganzen "hießigen" Kerne bei uns ansehe, wüsste ich nichts, was zwingend fürs Drücken sprechen würde. Gerade im Endstadium zeigen die Original-Kerne auch oft diese zerrütteten Kanten, die auch bei mir entstehen, wenns eben zu klein wird und nichts mehr geht, weil der Kern einfach zu wenig Masse hat.

Das Bild vom Link: Tolle Aufnahme und ja - es sieht ganz so aus, als wären die auch mit Kerbbruchfacette an der Spitze. Kann aber auch täuschen und müsste am Original besichtigt werden. Zur Orientierung in der Schäftung: Es gibt einige solcher Spitzen, die leichte Impacts an genau diesen Stellen haben. Also warum nicht so, wie abgebildet? Die Linke vielleicht noch einen Tick schräger...

Schöne Grüße...

Robert
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Beitrag von ulfr »

Seh ich wie Robert. Die ganz linke wäre ein seehr großer Kerbrest, denn es sieht aus, als läge der Bulbus unten. Ergibt aber sicher eine effiziente Spitze, ich würde sie mittig in einen Schlitz im Schaft einkleben.

Die in der Mitte ist ein proximales Bruchstück und glaub ich eher zufällig entstanden - bevor ich sie nicht live gesehen hab...
Einsatz seitlich in Nut?
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

Spitzen oder Schneideneinsätze, das ist hier die Frage.
Zur "Kerbtechnik" hier noch ein Artikel (engl.) zu einem entsprechenden Experiment:
http://www.mtsn.tn.it/pubblicazioni/7/4 ... _miolo.pdf
Die Kollegen hatten auch allerhand "unerwartete" Brüche aber auch Erfolge. Mit Empfehlungen zu Winkeln und den zu verwendenen Grundformen (am besten klappt`s mit im Querschnitt dreieckigen Grundformen)
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Beitrag von FlintMetz »

Klasse Artikel - vielen Dank für den Link! Die Ergebnisse sind schon nicht schlecht - muss wohl doch an meiner eigenen Unfähigkeit liegen :(

Naja - ich geb´s nicht auf und irgendwann wird die Erleuchtung schon kommen.... vielleicht.... Und beim nächsten Pöckertreffen lass ich´s dann "knacken"... :lol:

Schöne Grüße...

Robert
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Beitrag von ulfr »

Was mir gerade auffällt: meint Ihr auch, dass es mit den Kerbresten möglich ist, die Händigkeit des Herstellers/der Herstellerin nachzuvollziehen?
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Beitrag von Blattspitze »

Hmm, nö, glaube ich nicht:
Vermutlich gibt es "die" "Kerbtechnik" mit unveränderten Variablen vom Spätpal. bis Spätmeso. nicht.
Sogar bezogen auf einen Fundplatz, als geschlossener Fund, bin ich auch unsicher:
Auf welcher Seite wurde die Klinge angefasst? Wie Kerbe zum Bearbeiter orientiert?
Ansonsten waren es bestimmt überwiegend Rechtshänder ...
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Beitrag von FlintMetz »

Es kommt schwer darauf an, welcher Teil der Klinge gebraucht wird, bzw. überhaupt brauchbar ist. Ich bin z.B. Linkshänder und es macht keinen Unterschied. Wenn ich die Kerbe anlege, dann ist es natürlich frei wählbar, ob das Distalende der Klinge zu mir hinzeigt (macht Kerbe rechts) oder von mir weg (macht Kerbe links) - wenn man die Klinge mit dem Proximal nach unten abbilden würde, wie dies meist der Fall ist. Und beim Brechen ist´s wohl genau so.
Auch in den Fundkomplexen ist eine Tendenz nicht erkennbar. Das läuft nach Lust und Laune und wie eben die Klinge beschaffen ist. Das ist zwar schade, aber ich denke auch, dass man davon ausgehen kann, dass der Überwiegende Teil der Leute wegen der natürlichen ausprägung der Gehirnhälfen Rechtshänder war, wie das heute auch noch der Fall ist.

Schöne Grüße...

Robert
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