Projekt Keltische Schnabelschuhe
Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Elegante Mode mit dem kurzen Jäckchen.
Schuhe sehen sehr gut aus, aber die Hose unten einhängen ???
Wäre es eine Möglichkeit Sporen zu befestigen, damit sie nich verrutschen, oder sind das permanent angebrachte, kurze Sporen, aber stumpf ?
Nur ne Überlegung
Schuhe sehen sehr gut aus, aber die Hose unten einhängen ???
Wäre es eine Möglichkeit Sporen zu befestigen, damit sie nich verrutschen, oder sind das permanent angebrachte, kurze Sporen, aber stumpf ?
Nur ne Überlegung
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
ist zwar nicht mein Schwerpunkt, aber trotzdem die Frage: Kennt Ihr eigentlich die Keramikschuhleisten aus Mannersdorf, NÖ, die von J.-W. Neugebauer vor ziemlich langer Zeit publiziert wurden? Wenn nicht, such ich das Zitat.
hugo
hugo
Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Tres chique! Saubere Arbeit. Mit welchem Faden hast Du genäht?
Gibt es für die Häkchen an der Hacke alternative Interpretationen?
@Hugo: Keramikschuhleisten sind mir leider nicht bekannt, bist Du sicher, dass es sich nicht um Votivgaben o.ä. handelt? Über ein so sprödes Material zu arbeiten stelle ich mir nicht ganz einfach vor. Ist aber auch nicht meine Spezialstrecke. Ich kennen nur den röm. Schuhleisten von Rottweil, aus Buche und zum auseinandernehmen.
Gibt es für die Häkchen an der Hacke alternative Interpretationen?
@Hugo: Keramikschuhleisten sind mir leider nicht bekannt, bist Du sicher, dass es sich nicht um Votivgaben o.ä. handelt? Über ein so sprödes Material zu arbeiten stelle ich mir nicht ganz einfach vor. Ist aber auch nicht meine Spezialstrecke. Ich kennen nur den röm. Schuhleisten von Rottweil, aus Buche und zum auseinandernehmen.
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Jau, kenn ich. Meine "persönlichen" Schuhe sind in der Form nach diesen gearbeitet.
Ulfr, sie sind völlig unverziert, sehen tatsächlich wie Leisten aus. Ansonsten sind (jüngere) Darstellungen von Schuhen eigentlich immer funktional dargestellt, also mit irgendwelchen Nähten oder Riemen o.ä.
H
Ulfr, sie sind völlig unverziert, sehen tatsächlich wie Leisten aus. Ansonsten sind (jüngere) Darstellungen von Schuhen eigentlich immer funktional dargestellt, also mit irgendwelchen Nähten oder Riemen o.ä.
H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Sind die innen hohl oder massiv? Zum auseinandernehmen?
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Antwort für ulfr: massiv und in einem Stück.
Ein heisser Tipp für Lederarbeiter ist natürlich wieder Gabi Russ-Popa.
Ein heisser Tipp für Lederarbeiter ist natürlich wieder Gabi Russ-Popa.
Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Danke für das Lob.
Als Nachtrag bringe ich noch meine Überlegungen, warum ich manches so gelöst habe - auch die Sache mit den Häkchen an der Ferse.
1) Die flexible Sohle:
Auf den ganzen nordalpinen Frühlatène- Schuhfibeln und Abbildungen von Schnabelschuhen ist die Sohle nach oben hin rund dargestellt und es führt - wo die Abbildung Wert auf Details legt - ein Riemen unter der Sohle durch, was die Mokkassin- Sohle nahelegt. Die Bronzestatuette der Frau, die auf dem Krater von Vix stand, hat ebenfalls Schnabelschuhe an, bei denen eine Linie die hochgezogene Sohle andeutet. Auch die detaillierte Schuhfibel vom Dürrnberg, die am Anfang des Threads ein Bild bekommen hat, zeigt auf einer Abbildung im neuen Dürrnberg- Buch an der Spitze einen charakteristischen Knick in Höhe der hochgezogenen Sohle. Außerdem waren bei der Brandbestattung am Glauberg (Hügel 1, Grab 2) Schuhe beigegeben, wie die erhalten gebliebenen Beschläge zeigen. Das Grab wurde unter Laborbedingungen freigelegt und die Lage der Schuhbeschläge akkurat dokumentiert, was in diesem Fall unter anderem zeigt, dass einer der Schuhe gestaucht war (eingeklemmt zwischen Schwert und Röhrenkanne). Das geht so nur mit flexibler Sohle.
Dame von Vix
2) Einfädelstäbchen
Die Befunde vom Glauberg zeigen für jeden Schuh ein Stäbchen. So habe ich mich entschieden, den Schnürsenkel unten im ersten Loch festzuknoten, vorne das Stäbchen dran und dann jedesmal durchfädeln.
3) Das Häkchen mit Knopf
Die Befunde vom Glauberg zeigen, dass es hinten am Schuh angebracht war, mit dem Knopf nach unten. Die Rekonstruktion von Monica Bosinski (Denkmalpflege und Kulturgeschichte 3- 2006, S.39) versteht es als Bestandteil der Verschnürung des Schuhs um den Knöchel und befestigt es entsprechend ganz oben. Beim Meditieren über den Befundzeichnungen habe ich gemerkt, dass es viel weiter nach unten an die Ferse gehört.
Nun zeigen alle Abbildungen von Männern in Schnabelschuhen ein Band, das sich von vorne in Knöchelhöhe nach hinten an die Ferse zieht.
Anthropomorphe Fibel von Manetin- Hradek
Schwertscheide Hallstatt Grab 994
Meine Vermutung war, dass dieses Band Bestandteil der Schnürung des Schuhs sei (und die etwas lappige Außenzunge festhält) und hinten mittels Schlaufen um den Knopf des Hakens geschlossen wird. Doch Trageversuche haben gezeigt, dass das Band dann zwansgsläufig in die Fußbeuge rutscht und damit der Winkel viel flacher ist, als auf den Abbildungen.
Der Ansatz des Bandes so hoch am Fuß geht nur, wenn das Band Bestandteil der Hose ist. Dann wird durch das Band (bzw. zwei Schlaufen am hinteren unteren Ende) die (hautenge) Hose an der Ferse eingehängt und bleibt schön unten. Dass zwei Schlaufen eingehängt wurden, zeigen Häkchen mit zwei Knöpfen, die in Baden- Württemberg gefunden wurden (freilich Altfunde ohne Dokumentation). Bei H. Zürn, Hallstattzeitliche Grabfunde in Württemberg und Hohenzollern gibt es, wenn ich recht weiß, zwei solcher Häkchen mit einem Knopf und zwei mit zwei Knöpfen.
4) Die Knöpfe an den Schuhen
Sie sind allerhöchstwahrscheinlich Zierknöpfe, wie die Befunde vom Glauberg zeigen, wo sie so eng und gehäuft nebeneinander liegen, dass damit nichts sinnvolles geknöpft werden konnte. Außerdem erscheinen sie auf verschiedenen Fibeln an verschiedenen Stellen. Ich habe meine von der Form her vom Glauberg und von der Anordnung an die Hradek- Manetin- Fibel angelehnt.
Viele Grüße
Michael
Als Nachtrag bringe ich noch meine Überlegungen, warum ich manches so gelöst habe - auch die Sache mit den Häkchen an der Ferse.
1) Die flexible Sohle:
Auf den ganzen nordalpinen Frühlatène- Schuhfibeln und Abbildungen von Schnabelschuhen ist die Sohle nach oben hin rund dargestellt und es führt - wo die Abbildung Wert auf Details legt - ein Riemen unter der Sohle durch, was die Mokkassin- Sohle nahelegt. Die Bronzestatuette der Frau, die auf dem Krater von Vix stand, hat ebenfalls Schnabelschuhe an, bei denen eine Linie die hochgezogene Sohle andeutet. Auch die detaillierte Schuhfibel vom Dürrnberg, die am Anfang des Threads ein Bild bekommen hat, zeigt auf einer Abbildung im neuen Dürrnberg- Buch an der Spitze einen charakteristischen Knick in Höhe der hochgezogenen Sohle. Außerdem waren bei der Brandbestattung am Glauberg (Hügel 1, Grab 2) Schuhe beigegeben, wie die erhalten gebliebenen Beschläge zeigen. Das Grab wurde unter Laborbedingungen freigelegt und die Lage der Schuhbeschläge akkurat dokumentiert, was in diesem Fall unter anderem zeigt, dass einer der Schuhe gestaucht war (eingeklemmt zwischen Schwert und Röhrenkanne). Das geht so nur mit flexibler Sohle.
Dame von Vix
2) Einfädelstäbchen
Die Befunde vom Glauberg zeigen für jeden Schuh ein Stäbchen. So habe ich mich entschieden, den Schnürsenkel unten im ersten Loch festzuknoten, vorne das Stäbchen dran und dann jedesmal durchfädeln.
3) Das Häkchen mit Knopf
Die Befunde vom Glauberg zeigen, dass es hinten am Schuh angebracht war, mit dem Knopf nach unten. Die Rekonstruktion von Monica Bosinski (Denkmalpflege und Kulturgeschichte 3- 2006, S.39) versteht es als Bestandteil der Verschnürung des Schuhs um den Knöchel und befestigt es entsprechend ganz oben. Beim Meditieren über den Befundzeichnungen habe ich gemerkt, dass es viel weiter nach unten an die Ferse gehört.
Nun zeigen alle Abbildungen von Männern in Schnabelschuhen ein Band, das sich von vorne in Knöchelhöhe nach hinten an die Ferse zieht.
Anthropomorphe Fibel von Manetin- Hradek
Schwertscheide Hallstatt Grab 994
Meine Vermutung war, dass dieses Band Bestandteil der Schnürung des Schuhs sei (und die etwas lappige Außenzunge festhält) und hinten mittels Schlaufen um den Knopf des Hakens geschlossen wird. Doch Trageversuche haben gezeigt, dass das Band dann zwansgsläufig in die Fußbeuge rutscht und damit der Winkel viel flacher ist, als auf den Abbildungen.
Der Ansatz des Bandes so hoch am Fuß geht nur, wenn das Band Bestandteil der Hose ist. Dann wird durch das Band (bzw. zwei Schlaufen am hinteren unteren Ende) die (hautenge) Hose an der Ferse eingehängt und bleibt schön unten. Dass zwei Schlaufen eingehängt wurden, zeigen Häkchen mit zwei Knöpfen, die in Baden- Württemberg gefunden wurden (freilich Altfunde ohne Dokumentation). Bei H. Zürn, Hallstattzeitliche Grabfunde in Württemberg und Hohenzollern gibt es, wenn ich recht weiß, zwei solcher Häkchen mit einem Knopf und zwei mit zwei Knöpfen.
4) Die Knöpfe an den Schuhen
Sie sind allerhöchstwahrscheinlich Zierknöpfe, wie die Befunde vom Glauberg zeigen, wo sie so eng und gehäuft nebeneinander liegen, dass damit nichts sinnvolles geknöpft werden konnte. Außerdem erscheinen sie auf verschiedenen Fibeln an verschiedenen Stellen. Ich habe meine von der Form her vom Glauberg und von der Anordnung an die Hradek- Manetin- Fibel angelehnt.
Viele Grüße
Michael
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
@Ulfr: Massiv, und was noch ein Gag ist: Es ist ein Paar. Also ein Leisten für links und einer für rechts. Diese Unterscheidung kommt eigentlich erst wieder in der Neuzeit....
H
H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
um nicht völlig abzugleiten schick ich mein Kompliment an atroxus, der genial agiert hat. Nicht nur das Ergebnis, auch die Dokumentation dazu sind heraus ragend.
hugo
hugo
Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Bin ebenfalls schwer beeindruckt. Tolle Arbeit in jeder Beziehung! Und eine sehr lehrreiche Diskussion.
***
Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Beinah, auch römische Schuhe sind einballig. Irgendwann in der Spätantike/FMA verliert sich das, zusammen mit den komplexen Aufbau.Hans T. hat geschrieben:@Ulfr: Massiv, und was noch ein Gag ist: Es ist ein Paar. Also ein Leisten für links und einer für rechts. Diese Unterscheidung kommt eigentlich erst wieder in der Neuzeit....
Viele Grüße,
Martin
Martin
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Sorry, ich habe Mannersdorf mit Sommerein verwechselt, bin also schon ein Alzheimeranwärter.
Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
Um der Verwirrung mal ein Ende zu setzen, hier ein Bild der tönernen Leisten von Sommerein.
So wie ich meine Schuhe gemacht habe, geht das aber nicht mit tönernen Leisten, weil ich viel genagelt habe. Jedenfalls sind Holzleisten praktischer. Obwohl - man könnte manches Nageln auch durch (provisorisches) Schnüren ersetzen, wie in einem Bild weiter oben einmal gezeigt.
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für die unbezahlbaren Tips, mit denen Ihr mir am Anfang in der Forschungs- und Planungsphase so viel weitergeholfen habt.
Viele Grüße
Michael
So wie ich meine Schuhe gemacht habe, geht das aber nicht mit tönernen Leisten, weil ich viel genagelt habe. Jedenfalls sind Holzleisten praktischer. Obwohl - man könnte manches Nageln auch durch (provisorisches) Schnüren ersetzen, wie in einem Bild weiter oben einmal gezeigt.
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für die unbezahlbaren Tips, mit denen Ihr mir am Anfang in der Forschungs- und Planungsphase so viel weitergeholfen habt.
Viele Grüße
Michael
Re: Projekt Keltische Schnabelschuhe
hoch- und spätmittelalterliche Schuhe erfordern auch eindeutig linke und rechte Leisten - und die Funde geben das auch her... das mit den Schuhen, die vor der Neuzeit keinen links/rechts Unterschied kennen, ist eine Schustermähr, die einem auf jeder Veranstaltung irgendein Turi mit erhobenem Zeigefinger erzählt. Ich krieg Pickel davonHans T. hat geschrieben:@Ulfr: Massiv, und was noch ein Gag ist: Es ist ein Paar. Also ein Leisten für links und einer für rechts. Diese Unterscheidung kommt eigentlich erst wieder in der Neuzeit....
H
P.S.: Die Schuhe sind sehr schön geworden Michael - wie auch der Rest der Ausstattung. Gefällt mir sehr
Me transmitte sursum, Caledoni!