Definition(en)

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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

Hier ein schöner link zum Thema:

http://www.experimentarch.ch/downloads/ ... enexpt.pdf

Marquardt
Peter N.

Beitrag von Peter N. »

"ExPerimentarch" ist der Verein in welchem Mela, soviel ich weis, aktiv ist...

P.
pinguin

Re: Definition(en)

Beitrag von pinguin »

Und das ist immer noch lesenswert, obwohl es vor vielen Jahren schon definiert wurde. :D
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FlintSource
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Re: Definition(en)

Beitrag von FlintSource »

Dank des neuesten Beitrags von Pinguin bin ich gerade auf diesen thread gestoßen. Lob an Thomas für die extrem gelungenen Beispiele und Erklärungen. Für 99.X Prozent der Sachen die wir hier machen und vorstellen gilt ‚nix experimentelle Archäologie’. Aber das gilt leider für fast den gleichen Prozentsatz von dem was sich experimentelle Archäologie schimpft: Nicht ausreichend dokumentiert, nicht replizierbar und sogar meistens nicht mal nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang Dank an Blattspitze für den Hinweis auf die ‚Anleitung’ von Kelterborn.

Ich sehe es aber extrem locker. Was wir machen ist bereits durch das Ausprobieren die Mühe wert. Erst so sehen wir in welche Richtung wir gehen sollten (auch wenn belastet durch Vorkenntnisse aus dem 21. Jhd. und häufig in Ermanglung von beurteilbaren Originalen).

Schönes Beispiel ist die Aktion in Ergersheim. Von einem ‚Dechselexperiment’ sensu stricto war da überhaupt nicht die Rede. Genauer gesagt sollten wir das bezeichnen als ‚Geländeversuch mit Nachempfindungen von frühneolithischen Steinklingen in quergestellter Schäftung’. War es lohnenswert? Absolut! Jetzt wissen wir wo es alles schiefgehen kann und was wir zu beachten haben in 2012.
Es hat in der Vergangenheit bereits mächtig viele Dechselschwinger gegeben, ohne das dies irgendwo nachzulesen ist. Bereits durch die Öffentlichkeit des Forums gewinnen die Versuche an Wert. Also mehr mut zum Versagen, ich hoffe ich habe mit meinen Bastteleien (Rechtschreibfehler diesmal intentional) in den vergangenen Wochen auch einen Anstoß gegeben. In diesem Hinsicht auch mehr mut zum Kritik. Nur durch Diskussion und viel nach- und hinterfragen kommen wir weiter.

Rengert
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Manu

Re: Definition(en)

Beitrag von Manu »

Also, das ist schon noch ein Forum zu:
Diskussionsforum zur Vor- und Frühgeschichte mit Schwerpunkt Rekonstruktion nach wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Wir müssen ja nicht nach den Grundsätzten der "Experimentellen Archäologie" arbeiten. Wir sollten unsere "Bastelei" und "Mühe" nur nicht so nennen, habe ich das richtig verstanden?

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, nach denen wir versuchen zu arbeiten, liefern ja die Archäologen :D .
Das heißt, die Wissenschaftler können experimentell arbeiten nach allen vorgegebenen Kriterien, die erfüllt werden müssen. Also, die Wissenschaftler experimentieren und wir rekonstruieren, so gut es geht. Was machen wir eigentlich? :twisted:
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FlintSource
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Re: Definition(en)

Beitrag von FlintSource »

Hallo Manu,
Gute und knappe Zusammenfassung.

Auch Wissenschaftler brauchen nicht immer nach streng wissenschaftlichen Kriterien zu arbeiten, so lange sie es keine 'experimentelle Archäologie' oder Wissenschaft nennen.

Was ich mit den Rindenbenbehälter gemacht habe ist da ein typisches Beispiel. Es basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, es sind jedoch nur Versuche um herauszufinden wie was funktionieren könnte. Erst wenn wir diesen Schritt gemacht haben, können wir darüber nachdenken die nächsten zu machen: Rekonstruktion der Originalfunde mit Originalmitteln und erst dann ein Experiment unter kontrollierten Umständen nach striktem Protokoll.

Um dieses Protokoll entwickeln zu können, braucht es aber unbedingt die beiden ersteren Schritte. Also wenn wir basteln und versuchen ist das eine wichtige Vorarbeit. Aber auch dieser erster Schritt muss öffentlich gemacht werden, damit anderen daraus lernen können und das Rad nicht zum tausendsten Male erfinden müssen. Daher auch mein Aufruf zu mehr Mut zum Scheitern und angeregter Diskussion.

Rengert
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Trebron
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Re: Definition(en)

Beitrag von Trebron »

Dieser Tage war ich ja in Herxheim beim "Workshop" ! ( was issen des eigentlich ? )

Ich hatte eigentlich schon lange meine Zweifel, dass die so genannte Knochenahle zum Durchstechen von Leder / Haut gut geeignet ist. Es kommt ja auch auf die Art und Dicke der Haut, sowie die Kraft der Anwenderin, des Anwenders an.
Auch die Spitze bleibt nicht lange spitz genug und muss ständig nachgeschliffen werden. Auch läuft man ständig Gefahr, sich beim Durchstechen die Hand, oder die Beine zu verletzen.

Nun habe ich mir zum Löcher machen, eine Knochenahle nicht spitz, sondern wie einen dünnen Meisel zugeschliffen und das Leder nicht gestochen, sondern auf einem Stammabschnit als Unterlage ( Hirnholz ), durchgeschlagen !
Da wir "Ledertaschen" gemacht haben, Habe ich das Leder gleich doppelt gelegt und mit dem Meiselchen und Geweihhammer mit einem Schlag gelocht.
Je nach dem womit ich nähe, mache ich breitere oder kürzere Löcher.
Das geht jedenfalls schneller und leichter, zumindest für mich und es wird gleichmäßiger.
Natürlich kann ich auch mit einer Nagel spitzen Ahle und Hammer Löcher machen.
In diesem Beitrag geht es mir hauptsächlich um die Technik des Schlagens der Löcher !

Anne hatte ihre Knochenahle gezeigt, Knochen schon vorbereitet zur Verfügung gestellt, damit sich jeder Teilnehmer eine Ahle machen kann, aaaber die waren mE alle unbrauchbar, viel zu stumpf.
Nachdem sie versucht hatten, zu stechen, kammen viele: " kann ich mal den Meisel und den Hammer haben ?" Andere haben ihre Ahle als Meisel, Nagel verwendet.
Bei den Lütten habe ich dann die Löcher geschlagen, sonst wären die nie fertig geworden. Die "Ahle" wurde dann nur zum Durchdrücken des Fadens, der Lederschnur genommen.

Was iss das jetzt :mammut1:

Wenn ich die Bilder bekomme, die dabei gemacht wurden, werde ich sie mal einstellen.
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Manu

Re: Definition(en)

Beitrag von Manu »

trebron:
Was iss das jetzt :mammut1:
... der Unterschied zwischen "Denken" und "Praktischer Arbeit", aber auf jeden Fall nichts "wissenschaftlich Experimentelles", denn Knochenahlen werden ja gefunden. Der Gebrauch zum "Leder durchstechen", also das war mir auch immer zu schwer. Aber eine Knochenahle ist noch für vieles andere gut: Schlehenkerne durchstechen, Fingernägel saubermachen aber auch wenn man mit Lindenbast arbeitet, die Löcher erweitern usw.

Also, wie Rengert sagt, eine Arbeit die zu einem experimentellen Versuch führen kann, wenn sich dafür ein Wissenschaftler interessieren würde. Oder? :doubt:
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ulfr
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Re: Definition(en)

Beitrag von ulfr »

Trebron hat geschrieben:Was iss das jetzt ?
Archäo-Basteln :D

Die Unterschiede zwischen Exp.Arch, Archäotechnik, Kinderbasteln, Besucherbespaßung usw. sind schon oft gezogen worden, stellen sich in der Praxis aber doch immer wieder als fließend heraus. Echte Experimente im wissenschaftlichen Sinn sind indes die absolute Ausnahme, dazu immer wieder sehr lesenswert der grundlegende Beitrag von P. Kelterborn http://www.aeas-gaes.ch/doc/P.Kelterbor ... riment.pdf

Meiner Meinung nach wird aber ein Großteil der Informationen, die zum besseren Verständnis vieler archäologischer Sachverhalte beitragen, genau in dieser fließenden Grauzone zwischen den Extrempolen "hehre Wissenschaft" und "Hobbybasteln" gewonnen, wovon ich mich in der letzten Woche wieder täglich überzeugen konnte. Beim diesjährigen Pöckern hat nicht ein einziger Teilnehmer ein wissenschaftliches Experiment durchgeführt, trotzdem war der Erkenntnisgewinn - individuell natürlich unterschiedlich - enorm groß. Nicht nur dadurch, dass wir wieder mal große Mengen wehrloser Steine zusammengeschlagen haben, sondern noch eher durch die vielen abendlichen Diskussionen darüber. Deshalb schließe ich mich Rengert voll an - weitermachen!! Solange sich unsere Bemühungen um konkete archäologische Funde drehen, ist alles erlaubt und wichtig, es sollte nur nicht als Beweis angesehen oder zur Doktrin erhoben werden.

*Noch ganz verpöckert*
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
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Re: Definition(en)

Beitrag von FlintSource »

Hallo Zusammen,
da muss ich Ulfr Recht geben, das mit den Mini-Meißelchen ist Archäobasteln und keine Grundlage für einen späteren Versuch. Grundlage sollten immer die Originalfunde sein. Nun kenne ich jede Menge bandkeramische Knochenahlen, teilweise fast so scharf Tätowiernadel, aber von LBK-Minimeißelchen ist mir bislang nichts bekannt. Das will nicht sagen, dass es sie nicht gegeben hat, aber bis sie gefunden werden, sollten wir doch die bekannten Funde als Ausgangspunkt nehmen.
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Re: Definition(en)

Beitrag von Blattspitze »

Archäobasteln
Ich würd`s ehrlich gesagt nur Basteln nennen, mit Archäo hat`s ohne konkreten archäologischen Bezug zu originalem Fundstoff nix zu tun. Oder?
"Was an der Unverschämtheit des Heute
gegenüber der Vergangenheit tröstet, ist die
vorhersehbare Unverschämtheit der Zukunft
gegenüber dem Heute." Nicolás Gómez Dávila
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Trebron
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Re: Definition(en)

Beitrag von Trebron »

:mammut2: Da ich meine "Konstrukte" ja schon seit eh und je als "Basteleien" bezeichne, liege ich ja nicht falsch :rhino:
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
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Manu

Re: Definition(en)

Beitrag von Manu »

ulfr schreibt:
Solange sich unsere Bemühungen um konkete archäologische Funde drehen, ist alles erlaubt und wichtig, es sollte nur nicht als Beweis angesehen oder zur Doktrin erhoben werden.
So empfinde ich es auch. Wenn du dann an einem Workshop und dazu noch mit Kindern, an eine Grenze kommst, wo du sagst, der Fund ist ja ok, aber ich möchte gerne den heutigen Tag ohne größere Frakturen überstehen, dann kann man denke ich die Ahle auch mal "plattkloppen". Man kann ja dazusagen, dass dies keinem Originalfund entspricht. Wir kochen ja alle nur mit Wasser. :fisch:
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Trebron
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Re: Definition(en)

Beitrag von Trebron »

Danke Manu :mammut2:

Wenn ich geschrieben habe "Meiselchen", dann sieht das Teil immer noch aus wie eine Ahle oder Pfriem, nur dass die Spitze flach ausgeschliffen wurde und eine "Schneidenbreite" von 1,5 mm hat.
Alleine der verwendete Begriff Meisel führt hier offenbar zu Mißverständnissen.
Nach ein paar 1000 Jährchen Lagerung im Erdreich und Reinigung nach der Bergung, interpetiert das jeder Achäologe als abgebrochene Spitze :mammut2: behaupte ich mal.
Ich habe mir mal einige Bilder von so bezeichneten Gegenständen angesehen, da ist nur der Unterschied von uralt und neu.

Zitat aus meinem Beitrag:
"Natürlich kann ich auch mit einer Nagel spitzen Ahle und Hammer Löcher machen.
In diesem Beitrag geht es mir hauptsächlich um die Technik des Schlagens der Löcher !"

Der Pfriem den Anne hatte, hatte einen schönen breiten Kopf, gut zum schlagen geeignet.
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hugo
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Re: Definition(en)

Beitrag von hugo »

Um diesen Thread nicht ganz einschlafen zu lassen, bring ich mal meine vor Jahrzehnten in Aubechies stattgefundene Definition des 1:1 Modelles ins Spiel, die Ahrens schon in einer Vorabpublikation zitierte.
Ich selber stellte sie in der MAGW vor. Meines Erachtens ist dieser Begriff nicht nur auf Hausmodelle anzuwenden sondern sollte auch den Begriff Rekonstruktion dort ersetzen, wo die Basis zu dünn ist.
hugo
Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
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