Hildegard von Bingen hat eigentlich nichts selbst zur Medizin beigetragen. Sie hatte einen regelmäßigen Korrespondenzpartner, der Mediziner an einem anderen Kloster und Professor an einer medizinischen Fakultät war. So konfus, wie ihre Anweisungen teils zusammengestellt sind, schaut es für mich so aus, als hätte sie nur das niedergeschrieben, was kurz vorher in der Diskussion mit diesem Freund besprochen wurde. Außerdem deckt es sich zu mindestens 90% mit den Ansichten, die die damalige "Schulmedizin" vertrat. Igel als Nahrung und Heilmittel sind da keine Ausnahme. Noch im Spätmittelalter gibt es kulinarische und medizinische Rezepte für Igel, Katze, Singvögel und andere Dinge, die wir heute eklig oder moralisch nicht vertretbar finden. Durch die Archäologie ist das Schlachten von Pferden und Hunden nachgeweisen, wenn auch sehr selten.
Wie eine geschätzte Bekannte mal zu mir meinte: "Bei dem schlechten Latein, das Hildegard geschrieben hat, kann sie lange erzählen, dass das alles von Gott kam." Außerdem müsste Gott dann ziemlich verwirrt gewesen sein, da die Niederschrift teils ganz schön zwischen verschiedenen Themen hin und her springt und oft sehr viel später wieder Fäden von weiter vorne aufgreift.
Bei den jüngeren kann ich auch ähnliches beobachten. Wobei da die Bereitschaft mal zu probieren, wenn man die Zutaten nicht im Rohzustand gesehen hat wieder größer ist. Da haben wir glaube ich mal in einem anderen Thema hier philosophiert. Es scheint am Wissen und an der Erfahrung zu fehlen, wie Lebensmittel hergestellt werden und wie sie vor dem Supermarkt aussahen.
Da habe ich vor kurzem was sehr putziges gesehen. Ein kleiner Junge, der mir nur bis zur Hüfte ging trieb sich mindestens eine viertel Stunde vor der Fischtheke herum und glotzte durch die Scheibe. Irgendwann kam dann sein Vater und den versuchte er voller Begeisterung zu überzeugen, dass sie dringend noch Fisch brauchen, weil der so toll aussah wie er auf Eis lag - mit Kopf, Flossen, Haut und allem. Es ist alles im Fluss und scheint sich teils sehr schnell zu ändern.
Nesseleintopf
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Re: Nesseleintopf
Geschichte geht durch den Magen
Re: Nesseleintopf
@ Sylvia: Den Konsum von Igeln kenne ich nur von Roma, Sinti und eventuell von Jenischen, die zur einfachen Entstachelung die Lehmvariante anwendeten. So wie man in unserer Kindheit mit uns verfuhr (Einsperren und Wäsche abnehmen) solltest Du also mit Deinen Igeln verfahren, wenn Fahrende im Anzug sind! Das hat aber nichts mit Bösartigkeit sondern mehr mit Armut zu tun.Die Ächtung von Pferdefleisch in germanischen Ländern ist Folge der Christianisierugn und fand sonst nirgends statt.
Gruß
hugo
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Re: Nesseleintopf
In den Niederlanden ist (war) der Konsum von Pferdenfleich überhaupt nicht ungebräuchlich. Bis in meine Jugend gab es noch richtig Pferdemetzger, die jedoch seit den 1980ern/1990ern fast verschwunden sind. Ein wichtiges Produkt wird noch immer aus Pferdefleisch hergestellt: Rookvlees (Räucherfleisch), sehr magres geräuchertes Fleisch, das in sehr dünnen Scheiben auf Brot gegessen wird. Irgendwie zwischen Bündnerfleisch und Pastrami, aber dann anders.
Übrigens schmeckt Pferd sehr gut, es verliert beim Braten aber deutlich mehr Flüssigkeit als Rind oder Schwein.
Aber jetzt sind wir doch wohl sehr weit von den bronzezeitlichen Booten und Grützenbrei weggekommen.
Übrigens schmeckt Pferd sehr gut, es verliert beim Braten aber deutlich mehr Flüssigkeit als Rind oder Schwein.
Aber jetzt sind wir doch wohl sehr weit von den bronzezeitlichen Booten und Grützenbrei weggekommen.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Karlheinz Deschner