Vor kurzem habe ich begonnen, mich mit der Rekonstruktion von historischen Steinbearbeitungsmethoden auseinanderzusetzen, aber auch eigenen Ideen und Eigenkreationen ein wenig Spielraum zu geben. Dabei interessieren mich vor allem die besonders ursprünglichen Methoden und z.B. die Nachvollziehung der Entwicklungen, die Handwerkezeuge durchgemacht haben.
Zur Zeit beschäftige ich mich mit dem Bau und dem Ausprobieren von Steinhämmern zur Natursteinbearbeitung. Eine für mich wichtige Grundlage, die das ganze Unternehmen für mich auch sehr spannend gestaltet, ist dabei gerade, dass solche Hämmer aus nur den drei folgenden Grundkomponenten entstehen/bestehen sollen:
- Hammerkopf aus gefundenem oder erworbenem Stein: Der Stein soll von Menschenhand möglichst unbearbeitet sein (z.B. Flusskiesel oder Kiesel aus dem Betonwerk); gerade so, wie er sich in der Natur finden lässt. Der Grund für diese Entscheidung besteht in meiner Annahme, dass sich auch mit gänzlich unbearbeiteten Hammerköpfen (d.H. z.B. nicht durch Anarbeiten einer Spitze oder Schneide verbesserten Hammerköpfen) recht gut steinmetztechnisch und auch bildhauerisch arbeiten lässt - wie ja auch bereits bekannt ist (z.B. altes Ägypten, siehe Quelle [1]).
- Schnur bestimmter Stärke und Festigkeit zum Fixieren des Hammerkopfes und ggf. zum Befestigen/Versteifen (und auch Verzieren) des Stiels
-Stiel/e aus Holz; selbstangefertigt
Idealerweise sollen alle Komponenten nach Möglichkeit der Natur entnommen werden und auf historisch nachempfundene / rekonstruierte Art und Weise selbst hergestellt werden.
STEINHAMMER I (mit rundovalem Kieselkopf):
Da es mir z. Zt. Vorrangig um die Belastungserprobung verschieden geformter Hammerköpfe aus verschiedenen Gesteinsarten geht, und ich z.Zt. noch nicht über selbstgemachte Schnur verfüge, bzw. auch des Schnurmachens z.Zt. nicht besonders kundig bin, habe ich für die ersten Versuche mit im Baumarkt erworbener Sisalschnur (Durchmesser 2,4 mm) vorlieb genommen. Auch die Stiele für den folgenden vorgestellten Hammer Nr. I sind noch mit einer konventionellen modernen Handsäge auf Länge zugesägt. Die Rinde der bereits ca. ½ Jahr oder mehr im Garten abgelagerten Weidenhölzer habe ich allerdings bereits mit einem simplen Abschlag von umgangssprachlich auch sogenannten „Hundestein“ (danke an alle Forumsmitglieder, die bei der auch umgangssprachlichen Materialbenennung behilflich waren ) abgeschabt. Das ging selbst mit einem solchen Stückchen Stein sehr gut, da die Nasse Rinde sich bereits im Zustand der Verrottung befand. Die Stiele weisen jedoch noch eine recht hohe Stabilität auf.
Die Stiele des Hammers sind so zusammengefügt, dass der kürzere Astabschnitt sich im Auflagebereich des Hammerkopfes ein wenig von der Achse des längeren Schaftes (Hauptschaft) aus gesehen nach Aussen biegt, was eine verbesserte und stabielere Auflage für den Hammerkopf erzeugt. An die Bestimmung der Gesteinsart des Hammerkopfsteins, den ich jüngst in einem Kieswerk erstanden habe, habe ich mich noch nicht herangemacht. Spätere Abnutzungserscheinungen am Hammerkopf und das Verhalten des Hammerkopfes nach erster Erprobung werden die Bestimmung sicherlich erleichtern.
Wie ich nach der gestrigen Herstellung des Hammers feststellen durfte, ist die Befestigung des Hammerkopfes mittels Schnurwicklung noch zu optimieren in Bezug auf effizienten Schnurverbrauch, Knotentechniken und optisch-gestalterische Wirkung. Ich freue mich jedoch, das mir der Hammer (nach ersten einfachen Versuchen mit anderen Materialien) recht gut gelungen ist, denn der Hammerkopf ist durch die Schnurwicklung sehr stabil mit dem Doppelstiel verbunden.
DATEN DES HAMMERS I:
Doppelschäftiger Stiel: (Beide Weidenastabschnitte für die Stiele lagen kurz vor Verarbeitung und Wiegung noch im regennassen Garten); wurden mit einem Steinabschlag von mir geschält (sog. „Hundestein“) und mit industriegefertigter Sisalschnur aus dem Handel (Durchmesser 2,4 mm) zusammengewickelt. Die Rinde der Weide war schon vor Schälung teilweise „abgewellt“ durch Quellung und Verrottung. Die Sisalschnur wurde teilweise verknotet und verzierend von mir gewickelt (Fachbegriff für die Art der Wicklung ist mir unbekannt).
Stielschaft 1 (der längere): ca. 55,5 cm; Nassgewicht nach Schälung: 132 g, Durchmesser im Mittel ca. 2,5 cm.
Stielschaft 2 (der kürzere): ca. 44,5 cm; Nassgewicht nach Schälung: 130 g; Durchmesser im Mittel: ca. 2,5 cm.
Stein für Hammerkopf: Von mir unbearbeiteter; ovalrunder Kiesel; Quelle: Kieswerk; relativ trocken gewogenes Gewicht: 936 g.
Gesamtgewicht des Hammers nach Fertigstellung (vor etwa 1 Tag gewogen; ohne Schnur; rechnerisch): 1198 g.
Da der Hammer heute 1230 g wiegt (leichte Gewichtsreduzierung der Stiele und des Steins durch weitere Trocknung durch Heizungsluft nicht berücksichtigend) kann daraus geschlossen werden, dass für die Schnurwicklungen etwas mehr als 30 g Schnur (1230 g – 1198 g = 32 g) verwendet wurden. Die Wägung wurde mit einer herkömmlichen Küchenwaage (Genauigkeit unbekannt) durchgeführt. Laut Wägung entsprechen etwa 30 g der beschriebenen Sisalschnur etwa zwischen 9,5 – 10 Metern Schnur.
Nun bin ich gespannt auf den ersten Einsatz und die Erprobung des Hammers an Naturstein. Zunächst plane ich, den Hammer an Ibbenbürener Sandstein zu erproben. Recherche über noch relevante spezifische Eigenschaften des Ibbenbürener Sandsteins erfolgt unter: Quelle [3]
Herzliche Grüße,
Vinzenz
Quellen:
[1]: deutsche Wikipedia: Artikel: Unvollendeter Obelisk von Assuan; [Version: 30. Juli 2011, 19:14]
[2]: Quelle/Inspiration für den folgenden doppelschäftigen Steinhammer:
http : / / w w w.
mysteria3000.de/2003/experimentalagyptologische-hartgesteinbearbeitung/
- Konstruktionsprinzip für den oben beschriebenen Hammer entnommen / inspiriert durch Abbildungen Goyons: Zitat: "Abb. 1: Goyons Zeichnungen von typischen Werkzeugen des alten Reiches".
[Stand 25. Jan. 2012]
[3]: deutsche Wikipedia: Artikel: Ibbenbürener Sandstein; [Version: 6. Jan. 2012, 17:12]
[Die oben genannten Internet-Adressen verstehen sich NICHT als Linkempfehlungen, sondern lediglich als Quellenangabe. Es versteht sich von selbst: Nutzung der Quellen und Angaben von Internet-Adressen ausschließlich eigenverantwortlich und auf eigenes Risiko. Für sämtliche etwaigen Folgen, die aus der Nutzung des hier angegebenen Links resultieren, wird keinerlei Haftung seitens des Verfassers dieses Beitrags übernommen. Links geben nicht automatisch und zwangsläufig die Meinung des Verfassers dieses Beitrags wieder.]
Steinhämmer: Rekonstruktionen; Eigenkreationen und Erprobung
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Steinhämmer: Rekonstruktionen; Eigenkreationen und Erprobung
- Dateianhänge
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- Hammer I, Komponenten (ohne Schnur)
- Hammer I Komponenten.jpg (13.89 KiB) 11940 mal betrachtet
Re: Steinhämmer: Rekonstruktionen; Eigenkreationen und Erpro
Hallo Vinzenz,
ganz entscheident für dieHaltbarkeit sind zum einen die Zähigkeit des Gesteins und natürlich die Schäftungstechnik. Das Non+Ultra in der Vorgeschichte scheinen die sogenannten "Rillenschlägel" gewesen zu sein, die sehr häufig im Bergbau zur Silex- oder Kupfergewinnung eingesetzt wurden. Sehr ähnlich wie Dein Modell, nur eben mit einer eingepickten Rille, wovon die Dinger auch ihren Namen haben.
Wie lange Dein Hammer halten wird, wird sich zeigen - wie gesagt, kommt sehr auf das Gestein an (sieht aber auf dem Foto schon nicht schlecht aus und gegen Sandstein sollte das schon eine Zeit lang herhalten). Ich vermute eher, dass Deine Wicklung das Rutschen anfangen wird und sich früher oder später löst, da sich der Kopf ja zu beiden Seiten hin verjüngt.
Viel Erfolg und Spaß beim Kloppen...
Robert
(Bilder aus: 5000 Jahre Feuersteinbergbau, S. 174)
ganz entscheident für dieHaltbarkeit sind zum einen die Zähigkeit des Gesteins und natürlich die Schäftungstechnik. Das Non+Ultra in der Vorgeschichte scheinen die sogenannten "Rillenschlägel" gewesen zu sein, die sehr häufig im Bergbau zur Silex- oder Kupfergewinnung eingesetzt wurden. Sehr ähnlich wie Dein Modell, nur eben mit einer eingepickten Rille, wovon die Dinger auch ihren Namen haben.
Wie lange Dein Hammer halten wird, wird sich zeigen - wie gesagt, kommt sehr auf das Gestein an (sieht aber auf dem Foto schon nicht schlecht aus und gegen Sandstein sollte das schon eine Zeit lang herhalten). Ich vermute eher, dass Deine Wicklung das Rutschen anfangen wird und sich früher oder später löst, da sich der Kopf ja zu beiden Seiten hin verjüngt.
Viel Erfolg und Spaß beim Kloppen...
Robert
(Bilder aus: 5000 Jahre Feuersteinbergbau, S. 174)
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Re: Steinhämmer: Rekonstruktionen; Eigenkreationen und Erpro
Ich kann nicht erkennen, ob Du den Hammerstein durchbohrt hast oder seitlich an den Weidenstock gebunden ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
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Re: Steinhämmer: Rekonstruktionen; Eigenkreationen und Erpro
Hear, hear! Absolut einverstanden. Ich kenne die Teile auch aus bronze- und eisenzeitlichen Siedlungen am Auenrand, wo es weit und breit kein Bergbau gibt. Ich vermute, dass sie dort für das Zerhammern von Quarz für die Magerung von Keramik eingesetzt sind.RobertGraf hat geschrieben:Das Non+Ultra in der Vorgeschichte scheinen die sogenannten "Rillenschlägel" gewesen zu sein, die sehr häufig im Bergbau zur Silex- oder Kupfergewinnung eingesetzt wurden.
Das verwendete Gestein ist fast ausnahmslos Quarzit, das manchmal über beträchtliche Abstände transportiert wurde, wie z.B. in Veaux-Malaucène in Südfrankreich, von wo die durch Robert abgebildeten Funde herkommen.
Übrigens gibt es auch bei den Egyptern eindeutige Abbildungen von Rillenschlägeln, ich befürchte auch, dass der Hammer mit dieser Wicklung kein langes Leben haben wird.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Karlheinz Deschner
Re: Steinhämmer: Rekonstruktionen; Eigenkreationen und Erpro
RobertGraf hat geschrieben: ...ganz entscheident für dieHaltbarkeit sind zum einen die Zähigkeit des Gesteins und natürlich die Schäftungstechnik. Das Non+Ultra in der Vorgeschichte scheinen die sogenannten "Rillenschlägel" gewesen zu sein...
...Wie lange Dein Hammer halten wird, wird sich zeigen - wie gesagt, kommt sehr auf das Gestein an (sieht aber auf dem Foto schon nicht schlecht aus und gegen Sandstein sollte das schon eine Zeit lang herhalten). Ich vermute eher, dass Deine Wicklung das Rutschen anfangen wird und sich früher oder später löst, da sich der Kopf ja zu beiden Seiten hin verjüngt.
FlintSource hat geschrieben: ...Ich kenne die Teile auch aus bronze- und eisenzeitlichen Siedlungen am Auenrand, wo es weit und breit kein Bergbau gibt. Ich vermute, dass sie dort für das Zerhammern von Quarz für die Magerung von Keramik eingesetzt sind.
Das verwendete Gestein ist fast ausnahmslos Quarzit, das manchmal über beträchtliche Abstände transportiert wurde, wie z.B. in Veaux-Malaucène in Südfrankreich, von wo die durch Robert abgebildeten Funde herkommen.
...Übrigens gibt es auch bei den Egyptern eindeutige Abbildungen von Rillenschlägeln, ich befürchte auch, dass der Hammer mit dieser Wicklung kein langes Leben haben wird.
Danke euch für die wertvollen Hintergrundinfos und die lohnenden Abbildungen! Einiges davon möchte ich unbedingt baldmöglich mal ausprobieren! Die Rillenschlägel finde ich hochinteressant und möchte bald einmal versuchen, eine solche Rillung herzustellen ohne moderne Hilfsmittel. Für dieses Thema habe ich mir ja vorgenommen, naturbearbeitete Steine für Hammerköpfe unverändert und von mir selbst auch unbearbeitet zu verwenden. Aber für ein Projekt mit einem solchen Rillenschlägel finde ich zwischendurch hoffentlich auch Zeit - um einen Vergleichen zu haben...Ulfr hat geschrieben: Ich kann nicht erkennen, ob Du den Hammerstein durchbohrt hast oder seitlich an den Weidenstock gebunden ...
Ulfr, der Stein ist wegen der Vorgaben (nur "unbehandelte" Steine) nicht gebohrt. Er ist einfach nur auf den Stock aufgewickelt/aufgebunden gewesen, was leider auf den Fotos schlecht zu sehen war.
Inzwischen habe ich den Hammer I ausprobiert. Eure Voraussagen sind zu 100% eingetroffen (ich habe beim Bau auch schon damit gerechnet, wollte diese Wicklung mit einem solchen Stein aber ausprobieren. Der Hammerkopf hat sich nach wenigen Minuten gelockert, der Faden ist teilweise (bei Nutzung der rückwärtigen Hammerseite) verrutscht. Schließlich hat sich der Hammerkopf leicht nach oben weggedrückt und fing auch an, ganz leicht wackelig zu werden. Es ließ sich mit ihm aber dennoch noch relativ ordentlich arbeiten. Wie lange der Hammer das insgesamt mitgemacht hätte ist ungewiss, da ich ihn nach etwa einer halben bis dreiviertel Stunde von seinem bisherigen Kopf befreit habe. Hammerkopf und Wicklung will ich nun optimieren, einen anderen Stein auswählen, vielleicht auch einen andersartigen Griff herstellen, weiter ausprobieren...
Von dem Arbeitsergebnis in der kurzen Zeit aber bin ich absolut begeistert!!!
Der Hammer eignete sich zu Beginn - bei noch sehr fester Wicklung - ganz hervorragend für das Zertrümmern und Bossieren von Ibbenbürener Sandstein und von einer Gehwegplatte aus gelbem Osnabrücker Kalkstein. Bei den dünneren Materialien (erstes Foto links oben im Viererbild) genügte jeweils ein einziger Schlag! Selbst der Bossen Ibbenbürener Sandstein mit einem Querschnitt von etwa 10 x 9,5 cm ließ sich ziemlich bequem spalten mit drei bis vier genau gesetzten Schlägen (Foto rechts oben im Viererbild). Schließlich habe ich damit eine schätzungsweise etwa 7 cm starke Platte Ibbenbürener Sandstein an den Kanten und auch auf den Flächen bearbeitet (siehe große Fotos). Der Abrieb/Die Abnutzung beim Hammerkopf war minimalst bei maximaler Wirkung. Der Hammer war mit diesem Kieselkopf ein wahres Kantentalent! Auf der Fläche machte er sich auch nicht schlecht, obwohl die "Zertrümmer- und Zerbröseltechnik" natürlich entsprechend aufwändig ist. Der Hammer lag leicht und angenehm in der Hand uns ließ sich präzise führen. Das Arbeiten hat großen Spaß gemacht und es war ein tolles Gefühl, mit nur einem schlichten, auf Stöcke gebundenen Kieselstein solche Effekte zu erzielen, die auch vom Zeitaufwand her teilweise mit modernen Handmeisseln und Klüpfeln/Hämmern keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Richtig angewendet - bei vernünftiger Kopfbefestigung - lässt sich mit einem solchen Hammer gefühlsmäßig in vielerlei Hinsicht beinahe genau so zügig arbeiten wie mit modernen Geräten von Hand, auch weil er die heute üblichen Arbeitsschritte in einem einzigen zusammenfasst. Dabei erzeugte der Hammer eine markante und sehr reizvolle Oberflächenstruktur und war auch für die feinere Bearbeitung geeignet (sozusagen "all in one")!
Ich vermisse den Hammer schon und freue mich auf´s weiter ausprobieren. Mal sehen, vielleicht baue ich den Hammer morgen auf andere Art und Weise wieder zusammen - oder nach zeitlicher Möglichkeit auf jeden Fall einen anderen...
Herzliche Grüße und Danke Euch!
Vinzenz