'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Moin zusammen.
Bei meinen Recherchen im friesischen Frühmittelalter bin ich über etwas gestolpert, was mich ins Grübeln bringt.
In der Kirche von Westerwijtwerd findet sich diese Darstellung zweier kämpfender Friesen mit dem vielzitierten 'Irokesenschnitt', dem Sprungspeer und einem eigentümlichen 'Schuppenkittel':
(Quelle: http://nl.wikipedia.org/wiki/Kerk_van_Westerwijtwerd)
Bei diesen Kitteln mag man nun zuerst an Schuppenpanzer oder ähnliches denken. Die Kirche selbst wurde im 13. Jahrhundert errichtet und so datiert auch diese Darstellung wohl frühestens in diese Epoche.
Nun findet sich aber in der Lex Salica diese Illustration zum Vorwort:
(Quelle: http://lexsalica.com/lexsalica/)
Diese Darstellung datiert meines Wissens ins 6./7. Jahrhundert und stellt der Ikonographie nach wohl einen 'Richter' oder 'Rechtsgelehrten' dar.
Die Ähnlichkeiten in der grafischen Darstellung sowie der dargestellten Kleidung sind, wie ich finde, frappierend. Allerdings findet der vorgenannte, angenommene Schuppenpanzer keine Begründung mehr, da kein kriegerischer Kontext.
Die Fragen, welche ich mir nun stelle:
1. Was ist hier für ein Kleidungsstück dargestellt? Eine Art Flickenrock? Oder ein Überrock aus Felltafeln? Eventuell doch Rüstung? Oder eine, wofür auch immer, symbolische Tracht?
2. Wie kommen diese grafischen Ähnlichkeiten mit einem zeitlichen Abstand von 7/8 Jahrhunderten zustande? Datiert die Kirche eventuell - zumindest in Teilen - früher? Wurde für die Wanddekoration aus einem, schon damals alten Buch, abgemalt?
Wäre dankbar, wenn Ihr hierzu irgendwelche Ideen oder Informationen hättet.
Bei meinen Recherchen im friesischen Frühmittelalter bin ich über etwas gestolpert, was mich ins Grübeln bringt.
In der Kirche von Westerwijtwerd findet sich diese Darstellung zweier kämpfender Friesen mit dem vielzitierten 'Irokesenschnitt', dem Sprungspeer und einem eigentümlichen 'Schuppenkittel':
(Quelle: http://nl.wikipedia.org/wiki/Kerk_van_Westerwijtwerd)
Bei diesen Kitteln mag man nun zuerst an Schuppenpanzer oder ähnliches denken. Die Kirche selbst wurde im 13. Jahrhundert errichtet und so datiert auch diese Darstellung wohl frühestens in diese Epoche.
Nun findet sich aber in der Lex Salica diese Illustration zum Vorwort:
(Quelle: http://lexsalica.com/lexsalica/)
Diese Darstellung datiert meines Wissens ins 6./7. Jahrhundert und stellt der Ikonographie nach wohl einen 'Richter' oder 'Rechtsgelehrten' dar.
Die Ähnlichkeiten in der grafischen Darstellung sowie der dargestellten Kleidung sind, wie ich finde, frappierend. Allerdings findet der vorgenannte, angenommene Schuppenpanzer keine Begründung mehr, da kein kriegerischer Kontext.
Die Fragen, welche ich mir nun stelle:
1. Was ist hier für ein Kleidungsstück dargestellt? Eine Art Flickenrock? Oder ein Überrock aus Felltafeln? Eventuell doch Rüstung? Oder eine, wofür auch immer, symbolische Tracht?
2. Wie kommen diese grafischen Ähnlichkeiten mit einem zeitlichen Abstand von 7/8 Jahrhunderten zustande? Datiert die Kirche eventuell - zumindest in Teilen - früher? Wurde für die Wanddekoration aus einem, schon damals alten Buch, abgemalt?
Wäre dankbar, wenn Ihr hierzu irgendwelche Ideen oder Informationen hättet.
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Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Hallo Nils, in der Alemannischen Fasnet ( Fasching ) gibt es diese Flickentracht immer noch. Ich denke, dass die da ihren Ursprung haben !
http://alemannische-fasnet-bilder.de/cg ... unt=direkt
http://alemannische-fasnet-bilder.de/cg ... unt=direkt
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Nicht übel nehmen, Trebron, aber das erscheint mir erstmal etwas weit hergeholt und leider völlig unbewiesen. Ich ließe mich vom Gegenteil überzeugen, aber dazu braucht es einen Sinnbezug und Kontinuitätsnachweis
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Germanisch depressiv und bisweilen leicht erkeltet
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Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Nils, ich bin jetzt meine bescheidenen Quellen zum FrüMi durch und finde nichts hilfreiches. Seltsame Darstellung. Ich bin von Karolingisch über Byzantinisch bis ins 11 Jhd alles durch, was ich habe, aber ohne Erfolg. Sorry.
Höchstens ein schönerer Link, der die Zeichnung deutlicher zeigt:
http://www.flickr.com/photos/ana_sudani/443459647/
Vielleicht doch was singuläres da zu dieser Zeit und an diesem Ort? Machart a la Pteryges?
H
Höchstens ein schönerer Link, der die Zeichnung deutlicher zeigt:
http://www.flickr.com/photos/ana_sudani/443459647/
Vielleicht doch was singuläres da zu dieser Zeit und an diesem Ort? Machart a la Pteryges?
H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Eine gewisse Ähnlichkeit kann man bei der Kleidung der beiden Krieger auf dem Totius Frisiae - Siegel (14. Jhd.) erkennen:
Aber fürs FrüMi kenne ich auch nichts.
Ich hatte anfänglich auf Rüstung getippt, da kannte ich aber die Abbildung aus der Lex Salica noch nicht.
Da die Wandmaleri aus der Kirche aufs 13. Jhd. datieren soll, hatte ich das wieder beiseite gelegt. Erst als Nils nun mit dem "Richter" ankam, habe ich mir das genauer angeguckt.
Und nun stecken wir fest: was sollen diese Schuppen darstellen? Ist diese durchaus frappierende Ähnlichkeit nur Zufall?
Aber fürs FrüMi kenne ich auch nichts.
Ich hatte anfänglich auf Rüstung getippt, da kannte ich aber die Abbildung aus der Lex Salica noch nicht.
Da die Wandmaleri aus der Kirche aufs 13. Jhd. datieren soll, hatte ich das wieder beiseite gelegt. Erst als Nils nun mit dem "Richter" ankam, habe ich mir das genauer angeguckt.
Und nun stecken wir fest: was sollen diese Schuppen darstellen? Ist diese durchaus frappierende Ähnlichkeit nur Zufall?
- Bullenwächter
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Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Auf der Trossinger Leider tragen die Krieger ebenfalls knöchellange Gewänder, die Textur der dargestellten Kleidung gibt aber keinen Hinweis auf deren Beschaffenheit. Auch hier könnte man eine schuppenähnliche Struktur hinein interprätieren. Nur sind mir archäologische Nachweise solch einer Kleidung bei Männern nicht bekannt.
The day may be near when we must kill to conserve.
"Dekmalschützer" Giles Cato in der MIDSOMER-MURDERS-Episode The House in the Woods
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Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Zur Frage salfrämkischer Richterrobe geben wenn überhaupt nur entsprechende Rechtsquellen Auskunft.
Schuppenröcke im wahrsten Sinne des Wortes finden sich im Stuttgarter Psalter, 9. Jahrhundert.
Abgebildet sind 3 Krieger mit knielangen Schuppenröcken, bei einem Sinn auch Rockträger zu erkennen. Eine Torso-Panzerung fehlt.
An anderen Stellen im Psalter sind auch zweiteilige Rüstungen aus Brustpanzer und Rock erkennbar.
Adresse des Psalters:
http://dfg-viewer.de/show/?set[image]=1 ... 3070470598
(Eine Verlinkung auf Seite 15 des Online-Psalters ist mir technisch leider nicht möglich.)
Schuppenröcke im wahrsten Sinne des Wortes finden sich im Stuttgarter Psalter, 9. Jahrhundert.
Abgebildet sind 3 Krieger mit knielangen Schuppenröcken, bei einem Sinn auch Rockträger zu erkennen. Eine Torso-Panzerung fehlt.
An anderen Stellen im Psalter sind auch zweiteilige Rüstungen aus Brustpanzer und Rock erkennbar.
Adresse des Psalters:
http://dfg-viewer.de/show/?set[image]=1 ... 3070470598
(Eine Verlinkung auf Seite 15 des Online-Psalters ist mir technisch leider nicht möglich.)
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Danke für den Hinweis, Stuttgarter Psalter, da hätte ich auch drauf kommen müssen.
Du meinst sicher dieses Bild:
Aber auch fürs Frühmittelalter gibt es keinerlei Hinweise auf Rüstung bei den Friesen.
Bei der Abbildung im Stuttgarter Psalter würde ich aber wieder auf Rüstung tippen, zumal der Krieger auch einen Helm trägt.
Du meinst sicher dieses Bild:
Wie auch auf der Wandmalerei in der Kirche. Hierzu die Anmerkung, dass es schriftliche Quellen (Hoch-/Spätmittelalter) gibt, die besagen, dass die Friesen mit nackten Oberkörper kämpften und dass sie generell keine Rüstung trugen. Ob das jetzt Propaganda ist oder nicht, sei mal dahingestellt.Fredewulf hat geschrieben: Eine Torso-Panzerung fehlt.
Aber auch fürs Frühmittelalter gibt es keinerlei Hinweise auf Rüstung bei den Friesen.
Bei der Abbildung im Stuttgarter Psalter würde ich aber wieder auf Rüstung tippen, zumal der Krieger auch einen Helm trägt.
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Die Abbildung auf S.181 bestärkt mich in meiner Meinung, das es sich um Rüstung handelt. Bitte mal ganz unten gucken, das sind doch zerschlagene Rüstungsteile und ich sehe da 2 solhe Schuppendinger (Oberteil und Rock?):
http://digital.wlb-stuttgart.de/filegro ... 000181.jpg
http://digital.wlb-stuttgart.de/filegro ... 000181.jpg
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Auf dem Teppich von Bayeux http://de.wikipedia.org/wiki/Teppich_von_Bayeux sind auch schuppige Männer abgebildet - das sind wohl recht eindeutig Rüstungen.
Allerdings sind die schuppigen Kleidungen im Psalter und auf dem Teppich fast immer silbrig/gräulich gemalt/gestickt und könnten ja so Metall darstellen.
Hm - die Zeichnung aus der Kirche ist ja fast ausschließlich schwarz/weiß ....
Die schuppige Kleidung aus der Lex Salica ist aber braun.
Allerdings sind die schuppigen Kleidungen im Psalter und auf dem Teppich fast immer silbrig/gräulich gemalt/gestickt und könnten ja so Metall darstellen.
Hm - die Zeichnung aus der Kirche ist ja fast ausschließlich schwarz/weiß ....
Die schuppige Kleidung aus der Lex Salica ist aber braun.
ik nickkööp di to
Maren
Maren
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Hallo,
also spätestens im 14.Jahrhundert gab es nachweislich Plattenpanzer, bestehend aus Brustpanzer und Plattenröcken, Warum nicht auch in Form der dargestellten Schuppenröcke?
hier ein Link zu einem Original, datiert auf 1350.
http://www.hermann-historica.de/auktion ... at52_A.txt
Gruoss
der Uhl
also spätestens im 14.Jahrhundert gab es nachweislich Plattenpanzer, bestehend aus Brustpanzer und Plattenröcken, Warum nicht auch in Form der dargestellten Schuppenröcke?
hier ein Link zu einem Original, datiert auf 1350.
http://www.hermann-historica.de/auktion ... at52_A.txt
Gruoss
der Uhl
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Hallo Nils,
da die Szene eindeutig eine kriegerische Auseinandersetzung zeigt und die Frage ist, über welches Material die Friesen verfügen konnten, liegt für mich eine Rüstung aus Leder nahe (etwa frisisches Bullendickleder?). Gibt es irgendetwas belegtes in Richtung Lederrüstung für diese Region?
Interessant finde ich auch die Abbildung des Hundes, offensichtlich als Kampfhund?
Herzliche Grüße,
Vinzenz
da die Szene eindeutig eine kriegerische Auseinandersetzung zeigt und die Frage ist, über welches Material die Friesen verfügen konnten, liegt für mich eine Rüstung aus Leder nahe (etwa frisisches Bullendickleder?). Gibt es irgendetwas belegtes in Richtung Lederrüstung für diese Region?
Interessant finde ich auch die Abbildung des Hundes, offensichtlich als Kampfhund?
Herzliche Grüße,
Vinzenz
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Es gibt zwar Funde von Lederresten, aber was Eindeutiges in Richtung Rüstung mir bis jetzt noch nicht untergekommen.VinzenzMariaHoppe hat geschrieben: Gibt es irgendetwas belegtes in Richtung Lederrüstung für diese Region?
Nicht ganz abwegig.VinzenzMariaHoppe hat geschrieben: Interessant finde ich auch die Abbildung des Hundes, offensichtlich als Kampfhund?
2007 wurde auf der Wurt Jengumkloster ein Hundeskelett mit einer Schulterhöhe von 74 cm ausgegraben. Mehr dazu hier nachlesen (wird hier sonst zu offtopic) ->
http://www.hundekosmos.de/index.php?opt ... &Itemid=76
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Wenn man Rüstung mal außer acht läßt ( mir fehlen einfach die Belege für Schuppe in dieser Zeit und Lederrüstungen... naja, die können nix ), dann fällt mir die Ähnlichkeit mit heraldischen Darstellungen von "Feh" auf. Also Pelz-Kleidung, die aus vielen kleinen ( bei Feh Eichhörnchen) und meist verschiedenfarbigen Fellen zusammengenäht wurde
Re: 'Schuppenröcke' und Kontinuität in der Darstellung
Die Interpretation von Xorx gefällt mit für dass Totius Frisiae-Siegel sehr gut, weil ich Ähnliches aus der Heraldik kenne. Den kostbaren Hermelin sollte man auch nicht ausschließen.
Zum Schuppenrock fällt mir nur ein, dass auch die tapfersten Männer ihre Genitalien im Kampf schützen.
Von der Darstellung erinnert es am ehesten an Schuppen. Textile Stepppanzerung ist aber auch nicht auszuschliessen und wirkungsvoller als Leder. Seidenbandagen kann man mit einer gut geschärften Klinge kaum durchhauen, mit einer schartigen immerhin zerreissen. Aber auch mit fein gewebtem, gepolstertem Leinen ist man ziemlich widerstandsfähig. Leider kenn ich diese Form der Panzerung aber hauptsächlich von Reiternomaden mit dem schönen Beispiel auf dem Krug von Nagyszentmiklos. Sie kam aber auch im präkolumbischen Amerika vor.
Zum Schuppenrock fällt mir nur ein, dass auch die tapfersten Männer ihre Genitalien im Kampf schützen.
Von der Darstellung erinnert es am ehesten an Schuppen. Textile Stepppanzerung ist aber auch nicht auszuschliessen und wirkungsvoller als Leder. Seidenbandagen kann man mit einer gut geschärften Klinge kaum durchhauen, mit einer schartigen immerhin zerreissen. Aber auch mit fein gewebtem, gepolstertem Leinen ist man ziemlich widerstandsfähig. Leider kenn ich diese Form der Panzerung aber hauptsächlich von Reiternomaden mit dem schönen Beispiel auf dem Krug von Nagyszentmiklos. Sie kam aber auch im präkolumbischen Amerika vor.
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