Elfenbein schnitzen ?!
Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris
Elfenbein schnitzen ?!
Hallo alles zusammen,
erstmal eine Frage: hat schon mal jemand von euch Elfenbein geschnitzt?
Ich habe mir bei Ebay ein Stück Mammut-Elfenbein aus Sibirien gekauft und würde gerne eine Aurignacienzeitliche Perle daraus schitzen. Meine erste Erfahrung war, dass das Material echt verdammt hart ist und Feuerstein eher weniger geeignet zu sein scheint als Hornstein.
Wie seht Ihr das?
Würde mich über viele Tips und Erfahrungsberichte freuen.
Vielen Dank schonmal, Markus
erstmal eine Frage: hat schon mal jemand von euch Elfenbein geschnitzt?
Ich habe mir bei Ebay ein Stück Mammut-Elfenbein aus Sibirien gekauft und würde gerne eine Aurignacienzeitliche Perle daraus schitzen. Meine erste Erfahrung war, dass das Material echt verdammt hart ist und Feuerstein eher weniger geeignet zu sein scheint als Hornstein.
Wie seht Ihr das?
Würde mich über viele Tips und Erfahrungsberichte freuen.
Vielen Dank schonmal, Markus
Elfenbein ist sehr hart, lässt sich aber mit Flintgeräten sehr gut bearbeiten. Vor ein paar Jahren hab ich das Vogelherdpferdchen nachgeschnitzt, den Aufsatz dazu findest Du im Kolloquiumsband aus Aurignac. Mein Lieblingsgerät ist der Stichel, damit wird schabend gearbeitet. Zum Raspeln hab ich eine große, lateral rückenretuschierte Klinge benutzt.
Es ist sehr förderlich, das Elfenbein vorm Schnitzen einige Zeit in Wasser einzuweichen, dann gehts wesentlich leichter. Allerdings wird immer nur eine ganz dünne Schicht an der Oberfläche durchweicht und das Collagen gelöst, so dass man vor dem nächsten Arbeitsgang wieder einweichen muss. Unter Umständen funktioniert das nicht bei Mammutelfenbein, denn das wird oft, bevor es in den Handel kommt, mit Kunstharz stabilisiert, dann kannste das Einweichen knicken.
ULFR
Es ist sehr förderlich, das Elfenbein vorm Schnitzen einige Zeit in Wasser einzuweichen, dann gehts wesentlich leichter. Allerdings wird immer nur eine ganz dünne Schicht an der Oberfläche durchweicht und das Collagen gelöst, so dass man vor dem nächsten Arbeitsgang wieder einweichen muss. Unter Umständen funktioniert das nicht bei Mammutelfenbein, denn das wird oft, bevor es in den Handel kommt, mit Kunstharz stabilisiert, dann kannste das Einweichen knicken.
ULFR
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
- Blattspitze
- Beiträge: 2572
- Registriert: 17.11.2007 17:38
- Wohnort: Hamburg
Vielen Dank schon mal, v.a. dir ulfr.
Gut ist, dass ich grad ein Multifunktionswerkzeug mit Stichel, Schaber und Bohrer an Klinge hergestellt hatte. Es ist also doch wirklich sehr schwer das Material zu bearbeiten. Ich dachte nur bei dem bisschen Staub und kleinsten Spänen ich wäre irgendwie unfähig dazu.
Gut ist, dass ich grad ein Multifunktionswerkzeug mit Stichel, Schaber und Bohrer an Klinge hergestellt hatte. Es ist also doch wirklich sehr schwer das Material zu bearbeiten. Ich dachte nur bei dem bisschen Staub und kleinsten Spänen ich wäre irgendwie unfähig dazu.
Es ist genau das Pferdle, relativ gute Infos hier
Kim (Joachim) Hahn hat viel über das Pferd geschrieben, u.a. in "Kraft und Aggression - die Botschaft der Eiszeitkunst im Aurignacien Süddeutschlands?"
Vor drei Jahren gab es in Aurignac, einem kleinen Ort am Westrand der Pyrenäen - namensgebend für die Epoche vor etwa 40.000 - 28.000 Jahren, das Aurignacien - eine Tagung genau zu diesem Thema. Was - wann - wo - wieviele etc. Dazu ist ein Tagungsband mit den gehaltenen lectures entstanden. Den bringe ich zum Flintkloppertreffen mit, Marquardt - wunderschöne Abbildungen z.B. aller im A. als Schmuck verwendeten Muscheln und Schnecken.
ULFR
Kim (Joachim) Hahn hat viel über das Pferd geschrieben, u.a. in "Kraft und Aggression - die Botschaft der Eiszeitkunst im Aurignacien Süddeutschlands?"
Vor drei Jahren gab es in Aurignac, einem kleinen Ort am Westrand der Pyrenäen - namensgebend für die Epoche vor etwa 40.000 - 28.000 Jahren, das Aurignacien - eine Tagung genau zu diesem Thema. Was - wann - wo - wieviele etc. Dazu ist ein Tagungsband mit den gehaltenen lectures entstanden. Den bringe ich zum Flintkloppertreffen mit, Marquardt - wunderschöne Abbildungen z.B. aller im A. als Schmuck verwendeten Muscheln und Schnecken.
ULFR
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Elfenbein schnitzen ?!
Eigentlich müsste das Vogelherd-Pferdle wohl so aussehen, denn an beiden Beinstummeln sind Spuren einer Durchbohrung zu erkennen. Möglicherweise wurde die kleine Skulptur an einem Lederband um den Hals getragen und ist irgendwann an dieser "Sollbruchstelle" gebrochen.
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Elfenbein schnitzen ?!
Einfach wunderbar - eine Ausstrahlung, wie man sie mit maschineller Herstellung nie erreichen könnte. Klasse!!!
Für die Löcher braucht man einen beachtlich langen und dünnen Flintbohrer. Hast Du den mit der Hand gedreht, oder gepumpt? Und könnte es nicht sein, dass die Löcher nur zur Begrenzung der Bauchlinie und zum Absetzten der Beine da war?
Schöne Grüße…
Robert
Für die Löcher braucht man einen beachtlich langen und dünnen Flintbohrer. Hast Du den mit der Hand gedreht, oder gepumpt? Und könnte es nicht sein, dass die Löcher nur zur Begrenzung der Bauchlinie und zum Absetzten der Beine da war?
Schöne Grüße…
Robert
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Re: Elfenbein schnitzen ?!
Obacht, Flintmetz, das kleine Hottehü ist, auch wenn es mir schwerfällt, es zu sagen, gedremelt, zumindest die grobe Form. Endbearbeitung erfolgte dann aber wie immer mit Flint. Auch das eine Loch - zwischen den Hinterbeinen - ist mit einem Flintbohrer gebohrt, und zwar von Hand gedreht, dauert etwa 40 min, denn - wie Du richtig schreibst - war der Bohrer sehr lang und dünn (ein Stichelspan, eignet sich hervorragend), weshalb ich nur ganz vorsichtig und langsam bohren konnte. Das Loch zwischen den Vorderbeinen ist maschinell gebohrt.
Dass mit den Löchern die Beine abgesetzt wurden, glaube ich nicht, das hätte man mit einer einfachen Kerbe, die viel leichter mit einer Klinge eingeschnitten werden kann, besser hinbekommen.
Kim Hahn schreibt dazu:
"Beide Extremitäten sind gebrochen. Es ist nicht auszuschließen, dass sie [wie bei der Mammutplastik aus derselben Fundstelle] ringförmig zusammenliefen."
Und weiter unten:
"Die Höhlung zwischen den jeweiligen vorderen und hinteren Gliedmaßen scheint sehr eng gewesen zu sein. Bei der Vorderextremität ist sie schwach kegelförmig, bei der hinteren fast zylindrisch mit einer leichten Erweiterung kranial. Falls die Extremitäten, wie oben angenommen, zusammenliefen und durchbohrt waren, dann handelt es sich um lange feine Durchbohrungen, die nicht die sonst übliche Sanduhrform aufweisen."
Hahn, J. 1986: Kraft und Aggression. Archaeologica venatoria, Band 7, Tübingen, 78 f.
Seltsamerweise scheint das Mammut aus dem Vogelherd, dessen Beine auf dieselbe Art durchbohrt wurden, nicht (lange) um den Hals getragen worden zu sein, denn
"bei beiden Durchbrechungen laufen die Wände der Engstelle spitz zu und sind scharfkantig. Das scheint zu bedeuten, daß die Figur nicht als Anhänger getragen worden ist, zumindest nicht so lange, bis sich eine merkliche Verrundung ausbilden konnte."
Ebd. S 74
Also nächstes Projekt: Mammutli schnitzen, Bohrungen so exakt wie möglich reproduzieren, Viech um den Hals tragen und schauen, wie lange es dauert, bis sich Verrundungen einstellen ...
Dass mit den Löchern die Beine abgesetzt wurden, glaube ich nicht, das hätte man mit einer einfachen Kerbe, die viel leichter mit einer Klinge eingeschnitten werden kann, besser hinbekommen.
Kim Hahn schreibt dazu:
"Beide Extremitäten sind gebrochen. Es ist nicht auszuschließen, dass sie [wie bei der Mammutplastik aus derselben Fundstelle] ringförmig zusammenliefen."
Und weiter unten:
"Die Höhlung zwischen den jeweiligen vorderen und hinteren Gliedmaßen scheint sehr eng gewesen zu sein. Bei der Vorderextremität ist sie schwach kegelförmig, bei der hinteren fast zylindrisch mit einer leichten Erweiterung kranial. Falls die Extremitäten, wie oben angenommen, zusammenliefen und durchbohrt waren, dann handelt es sich um lange feine Durchbohrungen, die nicht die sonst übliche Sanduhrform aufweisen."
Hahn, J. 1986: Kraft und Aggression. Archaeologica venatoria, Band 7, Tübingen, 78 f.
Seltsamerweise scheint das Mammut aus dem Vogelherd, dessen Beine auf dieselbe Art durchbohrt wurden, nicht (lange) um den Hals getragen worden zu sein, denn
"bei beiden Durchbrechungen laufen die Wände der Engstelle spitz zu und sind scharfkantig. Das scheint zu bedeuten, daß die Figur nicht als Anhänger getragen worden ist, zumindest nicht so lange, bis sich eine merkliche Verrundung ausbilden konnte."
Ebd. S 74
Also nächstes Projekt: Mammutli schnitzen, Bohrungen so exakt wie möglich reproduzieren, Viech um den Hals tragen und schauen, wie lange es dauert, bis sich Verrundungen einstellen ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Elfenbein schnitzen ?!
Wie immer: wunderbar !!!
Hast Du das Material vor der Arbeit gewässert ? Habe gerade in der Bilanz 2013 über die Herstellung der Flöte gelesen, dass die Wässerung eine bessere Bearbeitung mit sich bringen würde, obwohl Du das bei der Herstellung des "Löwenmenschen" so nicht bestätigt hast .
Also ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das Pferdle "überkopf " als Schmuck getragen wurde ! Bei so viel Kunstverständnis in der Herstellung hat man das sicher nicht auf den Kopf gestellt
PS: Wenn der Hals nicht etwas "schwach" wäre, würde ich es an das stumpfe Ende eines Stockes binden und den Kopf als Haken für eine Speerschleuder nutzen auch als Zierde für einen "Spazierstock" des Häuptlings oder "würdigen Alten" geeignet
Hast Du das Material vor der Arbeit gewässert ? Habe gerade in der Bilanz 2013 über die Herstellung der Flöte gelesen, dass die Wässerung eine bessere Bearbeitung mit sich bringen würde, obwohl Du das bei der Herstellung des "Löwenmenschen" so nicht bestätigt hast .
Also ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das Pferdle "überkopf " als Schmuck getragen wurde ! Bei so viel Kunstverständnis in der Herstellung hat man das sicher nicht auf den Kopf gestellt
PS: Wenn der Hals nicht etwas "schwach" wäre, würde ich es an das stumpfe Ende eines Stockes binden und den Kopf als Haken für eine Speerschleuder nutzen auch als Zierde für einen "Spazierstock" des Häuptlings oder "würdigen Alten" geeignet
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Re: Elfenbein schnitzen ?!
Danke danke
@ Trebron: Auf"weichen" mit Wasser im klasischen Sinne funktioniert nicht, das Wasser löst nur eine hauchdünne Schicht an der Oberfläche auf, darunter passiert auch nach Wochen nichts. Das "Anlösen" der Oberfläche erleichtert aber die Abeit. Brauchte ich in diesem Fall jedoch eher nicht, weil es beim Ausarbeiten solch kleiner Details wie Ohren oder Nüstern dazu führt, dass sich der Stoßzahn nicht mehr präzise bearbeiten lässt, weil das Material zu weich wird.
Zum Tragen "über Kopf": Könnte mit Schamanismus zu tun haben. Vielleicht war das Pferd gar nicht dazu gedacht, dass andere Menschen es bewundern, sondern ein Objekt, das dem/r SchamanIn half, sich in Trance zu versetzen. Oft sinkt dabei der Kopf auf die Brust, wodurch man dann das Pferd perfekt und "richtig rum" im Blick hätte. Indische Gurus starren dabei z.B. auf ihren Bauchnabel.
Ähnliches vermutet man bei vielen Frauenstatuetten, deren Kopf oft gesenkt dargestellt ist, es wird sogar angenommen, dass die üppigen Proportionen der Willendorferin eigentlich nur den Körper wiedergeben, so wie man ihn selbst mit gesenktem Kopf wahrnimmt ...
@ Trebron: Auf"weichen" mit Wasser im klasischen Sinne funktioniert nicht, das Wasser löst nur eine hauchdünne Schicht an der Oberfläche auf, darunter passiert auch nach Wochen nichts. Das "Anlösen" der Oberfläche erleichtert aber die Abeit. Brauchte ich in diesem Fall jedoch eher nicht, weil es beim Ausarbeiten solch kleiner Details wie Ohren oder Nüstern dazu führt, dass sich der Stoßzahn nicht mehr präzise bearbeiten lässt, weil das Material zu weich wird.
Zum Tragen "über Kopf": Könnte mit Schamanismus zu tun haben. Vielleicht war das Pferd gar nicht dazu gedacht, dass andere Menschen es bewundern, sondern ein Objekt, das dem/r SchamanIn half, sich in Trance zu versetzen. Oft sinkt dabei der Kopf auf die Brust, wodurch man dann das Pferd perfekt und "richtig rum" im Blick hätte. Indische Gurus starren dabei z.B. auf ihren Bauchnabel.
Ähnliches vermutet man bei vielen Frauenstatuetten, deren Kopf oft gesenkt dargestellt ist, es wird sogar angenommen, dass die üppigen Proportionen der Willendorferin eigentlich nur den Körper wiedergeben, so wie man ihn selbst mit gesenktem Kopf wahrnimmt ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis