Haute Cuisine aus der Steinzeit

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hugo
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von hugo »

Mir ist diese rezente Variante natürlich am liebsten. http://de.wikipedia.org/wiki/Steinbier
Beim Kochen in Pelz oder Haut in der Grube hatten wir nie Probleme, wei das Kochgut stets unter Kontrolle ist. Vermutlich hat Walpurga Antl, Christine Neugebauer-Marech oder Wulf dazu publiziert. Bei Steinzeitveranstaltungen ist es üblich.
Komplizierter stellt sich das Braten im Lehmmantel dar. Ich hab schon erlebt, dass Besserwisser im Höllenfeuer große Rasseln erzeugten. :) :) :)
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FlintSource
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von FlintSource »

Ragnar hat geschrieben:Hätte da mal eine sehr spezielle Frage, was das Kochen mit heißen Steinen angeht: gibt es dazu eine Studie, oder hat jemand Erfahrung, wieviel Stein man braucht, um einen Liter Wasser zu kochen?
Empirisch kann ich dazu wenig beitragen, aber theoretisch kann ich zu mindest mal eine Hausnummer errechnen. Wasser hat eine spezifische Wärmekapazität von 4200 J/kg K, wobei wir K strafenlos in °C umsetzen dürfen, Granit eine spezifische Wärmekapazität von 790 J/kg °C (http://www.engineeringtoolbox.com/speci ... d_391.html), Quarz etwas weniger, Marmor etwas mehr, also für einen Durchschnittsstein können wir hier mal 800 J/kg °C annehmen. Wenn ich wie in Hugos Steinbier-Beispiel (entschuldigung auf der Schnelle habe ich die Werte für Mikrodiorit nicht gefunden) die Steine auf 800 °C erhitze und ich Wasser mit einer Ausgangstemperatur von 20 °C zum Kochen bringen möchte, bräuchte ich für einen Liter Wasser 80° x 4200 J = 336.000 J, Wenn ich meinen Stein um 700° abkühle, müsste er also 700 x 800 x Gewicht in kg = 336.000 Joule abgeben --> 336.000/560.000 = 0,6 kg. Eine Größenordnung die mir nicht unrealistisch vorkommt.
Tatsächlich ein sehr wenig porösen Stein verwenden, nie Kalk oder ähnliches, sicher nicht, wenn man den Stein nach dem ersten Abkühlen wiedererhitzen möchte.
Ich bin jetzt mal gespannt auf praktischen Beispielen.
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Trebron
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von Trebron »

Hmmmm, 800 ° C ist Rotglut ! Das kommt mir persönlich etwas sehr hoch vor !
Wenn du den Stein in einen Suppentopf gibst in dem auch noch Fett ist ???

Prost Mahlzeit

:wut1:
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FlintSource
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von FlintSource »

Hi Trebron,

die Zahlen kann man gerne mal variieren. Die 800 °C habe ich nach Hugos Verweis dem Wikipedia-Artikel zu Steinbier entnommen http://de.wikipedia.org/wiki/Steinbier#Herstellung. Wenn Du die Steine nur auf 400° erhitzt, bräuchtest Du entsprechend mehr Stein und zwar ca. 1,4 kg, um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen.
Wie gesagt: Ich bin neugierig nach Experimenten.

Edit: Das Rechenbeispiel geht von einer idealen Situation aus, wobei der Stein durchgehend erhitzt ist, seine Energie vollständig abgibt und kein Wärmeverlust stattfindet. Dies ist natürlich unrealistisch, es handelt sich nur um eine Größenordnung. Sicherlich wird in der Praxis mehr Steinmaterial benötigt als hier angegeben, wie viel lässt sich nur empirisch feststellen und wird auch sicher den Umständen nach fluktuieren. Aber man wird sicherlich nicht 5 Kilo Stein benötigen, um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen, auch wenn beim Kochen durch den Dampf sehr viel mehr Energie entzogen wird, und so weiter und so fort.
Zuletzt geändert von FlintSource am 27.04.2014 21:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Ragnar
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von Ragnar »

Klasse! Das nenn ich doch mal eine schnelle und umfassende Antwort! :41: Damit kann man arbeiten. @ Trebron: "Auch noch Fett" sollte kein Problem sein, wenn der Hauptbestanteil Wasser ist. Aber die Fritteuse würde ich nicht mit einem glühenden Stein beheizen. :27: Warte jetzt nur noch auf besseres Wetter, damit ich meinen Grill wieder anheizen kann. Würde es mal mit Basalt und Buche(enholzkohle) versuchen.
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FlintSource
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von FlintSource »

Basalt klingt gut, wenig porös und hohe Wärmekapazität. Übrigens vermute ich, dass wenn der Stein vor dem ersten Erhitzen gut trocken war, es problemlos möglich sein sollte das Stück nach dem ersten 'Tauchgang' wieder zu erhitzen. Das Eindringen von Feuchtigkeit sollte aufgrund der hohen Innentemperatur minimal sein. Aber wenn es kleine Risse gibt kann es natürlich zu Komplikationen kommen. Immer aufpassen auf Gesteinsexplosionen.
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Ragnar
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von Ragnar »

Klar! Würde es erstmal in einem Metaltopf versuchen. Hab,wie gesagt, schon etwas Erfahrung mit explodierenden Steinen. Zu kleinen Absplitterungen vom Rand kann es immer kommen, da es dort Haarrisse geben kann. Aber das sollte unproblematisch sein.
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Trebron
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von Trebron »

Ja Rengert, die 800° C habe ich auch aus Hugo`s Link mit dem "Steinbier".
400 ° kann gehen.
@ Ragnar: Hast Du schon eine brennende Fritöse versucht mit Wasser zu löschen ? Im entstehenden Dampf sind Fettpartikel die explosionsartig verpuffen können !!! Also VORSICHT.
http://www.feuerwehr-sgnenndorf.org/the ... C3%B6schen

:mammut2:
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hugo
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von hugo »

Wenn schon Metalltopf, dann sollte er gut isoliert sein um Wärmeabstrahlung zu verhindern.Wie gesagt, das Grubenkochen in der Haut bewährt sich. Falls Steine explodiren sollten, ist das Gefährdungspotential ebenfalls gering. Basalt ist aber risikolos.
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von Andreas K. »

Ich kenne jetzt nicht den aktuellen Stand zu Untersuchungen zum Kochen mit Steinen, mir kam aber der Gedanke, dass man es mal mit einer "Bain-Marie" ausprobieren könnte. D.h. wenn man das Kochgut in einer zweiten Tierhaut mit Wasser in eine Grube voll Wasser einhängt und die Steine nur in die Grube gibt, dürften Ruß, Asche, Gesteinssplitter etc. kein Problem mehr darstellen.

Bei der Berechnung der Steinmenge muss man bedenken, dass Wasser "in freier Wildbahn" seltenst die angenommenen 20°C haben dürfte. Je nach Herkunft eher um die 10 oder weniger.
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von ulfr »

Publikation zum Thema:

Scheer, A. 1995: Fellkochen - Tauchsieder der Eiszeit. In: Eiszeitwerkstatt. Museumsheft 2, Urgeschichtliches Museum Blaubeuren, 78-84

Evtl. erhältlich beim Museum www.urmu.de

Wir haben das schon etliche Male ausprobiert, das Verfahren ist einfach und gefahrlos, wenn man sich an die Regeln hält:

1) Grube im Boden ausheben, ca. 50 cm ø, ca 20 cm tief

2) Grube mit FRISCHEM Fell - Fleischseite nach oben - auskleiden (Ziege geht gut), Fell soll an den Seiten gut überstehen und muss seitlich mit Steinen beschwert werden, es zieht sich beim Kochen etwas zusammen, und dann läuft die gute Rentierbrühe in die Erde, wenn man nicht aufpasst.

3) ca 10 trockene Steine bis zur Rotglut im Feuer erhitzen, sie sollten etwa Kartoffel groß sein. Die besten Resultate haben wir mit Quarzit erreicht, die halten locker 10 und mehr Erhitzungen aus und knallen fast gar nicht.

4) Fellkochtopf etwa zur Hälfte mit Wasser füllen

5) Hälfte der erhitzte Steine nacheinander mit einer Geweihgabel aus dem Feuer nehmen und vorsichtig in das Wasser geben, dabei leicht umrühren - wenn die Steine zu lange an einer Stelle liegen bleiben, kann es sein, dass das Fell durchschmort. Wenns nicht mehr blubbert, Steine ausnehmen und nächste Ladung einfüllen, währenddessen die erste Ladung erneut erhitzen. Für ca. 2 l Liter Wasser braucht man etwa 2-3 Ladungen Steine, Wasser kocht nach ca. 3 - 5 min. Immer gut umrühren (s.o.)

Wenn man richtig kochen will, immer so weitermachen und Fleisch und Kräuter einfüllen. Suppe schmeckt rauchig, Achtung vor kleinen Steinen beim Essen.

In einem in ein Dreibein eingehängtes Fell gehts genauso gut, nur legen wir hier die heißen Steine in ein gut gewässertes Netz aus dickem Leder und senken sie dann so in den frei hängenden "Topf", dass die Steine das Fell nicht berühren, hier ist die Gefahr des Durchschmorens noch viel größer. Die Netzmethode funktioniert auch in der Grube, die Steine lassen sich dann besser rausholen.

Guten Appetit!
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von LS »

Sehr schöne Zusammenfassung, Ulfr...
Kann mich an die "rauchige Suppe" von Stratzing noch gut erinnern :)
Ethnografisch ist es ja auch vielfach belegt, siehe hier
http://www.youtube.com/watch?v=HzIaN-nXYeM

Gruß Leif
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von FlintSource »

Andreas K. hat geschrieben: Bei der Berechnung der Steinmenge muss man bedenken, dass Wasser "in freier Wildbahn" seltenst die angenommenen 20°C haben dürfte. Je nach Herkunft eher um die 10 oder weniger.
Lieber Andreas, Das war eine Magnitudenrechnung, um die ungefähre Größenordnung zu ermitteln, mit allen bereits eingestandenen Fehlerquellen. Wenn wir statt Wasser von 20° solches von 10°C einsetzen, erhöht sich das Steingewicht, unter Beibehaltung von Rotglut = 800°, wie von Ulfr bestätigt, sowie einer Wärmekapazität von 800 J/kg K, von 600 auf 675 g.
ulfr hat geschrieben:Fell soll an den Seiten gut überstehen und muss seitlich mit Steinen beschwert werden, es zieht sich beim Kochen etwas zusammen, und dann läuft die gute Rentierbrühe in die Erde, wenn man nicht aufpasst.

ca 10 trockene Steine bis zur Rotglut im Feuer erhitzen, sie sollten etwa Kartoffel groß sein. Die besten Resultate haben wir mit Quarzit erreicht, die halten locker 10 und mehr Erhitzungen aus und knallen fast gar nicht.

wenn die Steine zu lange an einer Stelle liegen bleiben, kann es sein, dass das Fell durchschmort.

In einem in ein Dreibein eingehängtes Fell gehts genauso gut, nur legen wir hier die heißen Steine in ein gut gewässertes Netz aus dickem Leder und senken sie dann so in den frei hängenden "Topf", dass die Steine das Fell nicht berühren, hier ist die Gefahr des Durchschmorens noch viel größer. Die Netzmethode funktioniert auch in der Grube, die Steine lassen sich dann besser rausholen.
Ulfr, Sehr wertvolle praktische Tipps. Speziell das mit dem Durchschmoren. Angesichts der guten Wärmegeleitung des Wassers sowie der doch recht krassen Temperaturunterschiede hätte ich das nicht vermutet.

Mit Rotglut liegen wir also tatsächlich im Temperaturbereich von etwa 800°. So stark unterscheiden sich Rentierbrühe und Steinbier dann doch nicht.

Für präzisere Dokumentation bräuchten wir dann doch eine genauere und replizierbare Definition von kartoffelgroß.
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von ulfr »

FlintSource hat geschrieben:Für präzisere Dokumentation bräuchten wir dann doch eine genauere und replizierbare Definition von kartoffelgroß.
Wir haben runde Quarzitgerölle von den Äckern der Alb bzw. aus den Schottern von Aach und Neckar verwendet, Durchmesser ca 6-7 cm. Meistens halten die mehrere Erhitzungs- und Abkühlungsvorgänge aus, einige bis zu 10 und mehr. Trotzdem kann es vorkommen, dass sie schon im Feuer springen oder beim Eintauchen ins Wasser, also Vorsicht walten lassen.

Ich frag mal nach Bildern, hab leider nicht selbst fotografiert.
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Re: Haute Cuisine aus der Steinzeit

Beitrag von ulfr »

fellkochtopf.jpg
Hier ein Bild von einem freihängenden Felltopf mit freundlicher Genehmigung von C. Lauxmann.
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