Pfostenlöcher
Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris
Pfostenlöcher
Wir haben heute im Rahmen des Aufbaus der Zeiteninsel mal wieder eine Eiche gefällt, passend zum ersten Haus mit dem Rössener Breitkeil. Dazu der schlaue Gedanke von Keilschwingerin Susanne: Wenn die Pfostenenden doch nun keilförmig sind, warum sind die Standspuren in den Pfostenlöchern unten eckig? Hat jemand dazu Informationen? Sind Pfostenstandspuren - wenn denn überhaupt vorhanden - wirklich unten eckig? Und wenn ja, warum? Haben die Neos die Pfostenenden nochmal 90° abgebeilt? Sind die keilförmigen Spitzen im Laufe der Zeit weggefault?
Für jeden sachdienlichen Hinweis dankbar
ULFR
PS: Der Breitkeil ist absolut unkaputtbar: Nach gefühlten 40.000 - 50.000 Schlägen in Eiche ist die Schneide (nicht nachgeschliffen!) immer noch völlig intakt, der Stiel aus Ulme immer noch ohne Tadel. Wir haben heute für eine 20cm-Eiche netto nicht ganz 40 min gebraucht, jeweils ein/r am Gerät. Scheint so, als ob die Ergersheimer Eichen wirklich aus Eisen sind ...
Für jeden sachdienlichen Hinweis dankbar
ULFR
PS: Der Breitkeil ist absolut unkaputtbar: Nach gefühlten 40.000 - 50.000 Schlägen in Eiche ist die Schneide (nicht nachgeschliffen!) immer noch völlig intakt, der Stiel aus Ulme immer noch ohne Tadel. Wir haben heute für eine 20cm-Eiche netto nicht ganz 40 min gebraucht, jeweils ein/r am Gerät. Scheint so, als ob die Ergersheimer Eichen wirklich aus Eisen sind ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Pfostenlöcher
Vielleicht weckgebrannt beim verkohlen der Enden?
Re: Pfostenlöcher
Gute Frage, ich hab mir die auch schon ein paar Mal gestellt, bin aber noch zu keiner Lösung gekommen. Die Standspuren, die ich meist kenn, zeigen keine Spitze unten.
Weggebrannt, vielleicht...zugehauen, ziemlich aufwendig oder?
Das schreit eigentlich nach ein paar Experimenten. Auch wenn wir eventuell bei den eisenharten Ergersheimer EIchen bleiben müssten
Weggebrannt, vielleicht...zugehauen, ziemlich aufwendig oder?
Das schreit eigentlich nach ein paar Experimenten. Auch wenn wir eventuell bei den eisenharten Ergersheimer EIchen bleiben müssten
Re: Pfostenlöcher
Könnte es sein, dass mit angespitzten Fostenlöcher das Gerüst eines schweren Hauses (Lehmwende, Dach usw.) leichter zusammengesackt wäre?
Re: Pfostenlöcher
Guter Gedanke Zoltan !TZH hat geschrieben:Könnte es sein, dass mit angespitzten Fostenlöcher das Gerüst eines schweren Hauses (Lehmwende, Dach usw.) leichter zusammengesackt eingesunken wäre?
Wenn man nun ziemlich flach gebeilt und eine Art "dickes Brett" unterlegt hätte , ähnlich wie bei den Pfählen der Pfahlbauten ?
Je nach Untergrund vielleicht sinnvoll.
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
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Re: Pfostenlöcher
Ich glaube hier einmal einige Anmerkungen machen zu können:
Ich habe verdammt lange mit Steinbeilen auf Holz eingedroschen, und eine Rechtwinkligkeit wäre durchaus machbar. Aber die Arbeiten sind extrem zeitintensiv, kosten viel Kraft und Geschicklichkeit und sind im Endeffekt Gift für die Beilklinge. Zugegeben habe ich weniger mit Felsgesteinbeilen gearbeitet, aber die Flintbeile dürften speziell bei den Schnittleistungen diesen erheblich überlegen sein (und hierauf kommt es bei dieser Bearbeitung an).
Aus meiner Hausbauerfahrung heraus ist es mir klar geworden, dass es völlig egal ist, wie die Basis des Pfostens ausgearbeitet wurde. Sicherlich wird ein gewisser Druck, der auf dem Pfosten lagert, auf die Basis übertragen, aber ebenso wird ein nicht unerheblicher Teil des Druckes durch die Reibung mit dem umgebenden Materials aufgefangen. Sprich: je mehr und besser ich das Pfostenloch verdichte umso mehr Druck wird seitlich durch die Reibung aufgenommen.
Archäologisch gesehen ist die Ansprache des Befundes eines Pfosten/Pfostenloches recht schwierig. Ich habe nur sehr selten eigentliche Pfostenstandspuren gesehen. Häufig gehen die Definitionen der beiden Arten bei der Beschreibung recht schnell durcheinander. Ich bin der Meinung, dass die Rechteckigkeit der Pfostenbasis eher als Grubensohle zu sehen ist. Auch die Schnittrichtung mag einen vermeintlichen Konus nicht deutlich aufzuzeigen. Ich gehe hierbei allerdings davon aus, dass die Bäume mit einem Fällkarb ausgestattet sind. Einen Baum im dichten Wald zu fällen, der angespitzt wurde wie ein Bleistift, halte ich völlig absurd, da die Fällrichtung nicht vorhersehbar ist.
Als Letztes sei noch die Verrottung angesprochen. Auf der Grabung von J. Schneeweiß am Kastell auf dem Höhbeck konnte man zwei Beobachtungen machen: Ein Schnitt zeigte verkohlte Hölzer auf, die annähernd ihre Dimensionierung erhalten hatten. Einige Meter weiter war keine Verkohlung mehr zu beobachten, und die Reste der Hölzer bildeten nur einige wenige Millimeter starke, dunkle Schicht aus. Der Befund war allerdings früh mittelalterlich. Bei älteren Befunden könnten diese Schichten völlig ausgewaschen sein, oder sich auf der Grubensohle des Pfostenloches gesammelt haben, da hier eine Dichteveränderung des Bodens vorhanden ist. Entsprechend könnte das eine gerade Basis vorgaukeln.
Aus „experimenteller“ Sicht: 2008, nur 12 Jahre nach der Fertigstellung, mussten wir umfangreiche Reparaturarbeiten am Langhaus III durchführen. Bis auf zwei Pfosten waren alle Anderen derartig geschädigt, dass sie ausgetauscht, repariert, oder umfunktioniert werden mussten. Es konnten vier verschiedene Verrottungsarten festgestellt werden: 1: Verrottung vom Bodenniveau bis ca. 15cm darunter (einfach abgefault; kennt wohl jeder), 2: radiale Verrottung von der Basis her, 3: Konvexe Verrottung der Basis und letztlich konkave Verrottung der Basis. Punkt 1 zeigte uns das irgendetwas mit dem Haus nicht stimmt, einige Pfosten sind einfach umgekippt. Die drei anderen Punkte erklärten, warum Teile des Hauses bis zu 30cm abgesackt waren.
Bei der Radialen Verrottung fällt auf, dass sie sich entlang der Markstrahlen und Trocknungsrisse im Holz ausgebreitet hat.
Konvexe Verrottung
Konvexe Verrottung im Längsschnitt
Konkave Verrottung
Konkave Verrottung im Längsschnitt
Alle Basen waren rechtwinklig abgeschnitten. Warum es etwa gleichmäßig verteilt sowohl konvexe als auch konkave Verrottung vorkam kann ich nicht begründen.
Die letzten drei Positionen wurden durch einen aeroben Pilz hervorgerufen, der auch als Weißfäule bekannt ist. Den Sauerstoff erhielt er auch ca. 80cm unter Niveau durch die Leiterbahnen des Splintholzes sowie durch die Trocknungsrisse. Fehler beim Bau: Keine ausreichende Verdichtung der Pfostenlöcher, Splint dran gelassen und nicht angekohlt (die Kohle verschließt Risse und verhindert den Befall).
Quintessenz: Durch Fäulnis, Auswaschung und Fehlinterpretation kann es zu Problemen kommen, um die Ausformung einer Pfostenbasis richtig zu erkennen.
LG
Kai
Nein, ich bin nicht der Meinung, dass die Neos ihre Pfosten an der Basis rechtwinklig abgebeilt haben.ulfr hat geschrieben:Haben die Neos die Pfostenenden nochmal 90° abgebeilt?
Ich habe verdammt lange mit Steinbeilen auf Holz eingedroschen, und eine Rechtwinkligkeit wäre durchaus machbar. Aber die Arbeiten sind extrem zeitintensiv, kosten viel Kraft und Geschicklichkeit und sind im Endeffekt Gift für die Beilklinge. Zugegeben habe ich weniger mit Felsgesteinbeilen gearbeitet, aber die Flintbeile dürften speziell bei den Schnittleistungen diesen erheblich überlegen sein (und hierauf kommt es bei dieser Bearbeitung an).
Aus meiner Hausbauerfahrung heraus ist es mir klar geworden, dass es völlig egal ist, wie die Basis des Pfostens ausgearbeitet wurde. Sicherlich wird ein gewisser Druck, der auf dem Pfosten lagert, auf die Basis übertragen, aber ebenso wird ein nicht unerheblicher Teil des Druckes durch die Reibung mit dem umgebenden Materials aufgefangen. Sprich: je mehr und besser ich das Pfostenloch verdichte umso mehr Druck wird seitlich durch die Reibung aufgenommen.
Archäologisch gesehen ist die Ansprache des Befundes eines Pfosten/Pfostenloches recht schwierig. Ich habe nur sehr selten eigentliche Pfostenstandspuren gesehen. Häufig gehen die Definitionen der beiden Arten bei der Beschreibung recht schnell durcheinander. Ich bin der Meinung, dass die Rechteckigkeit der Pfostenbasis eher als Grubensohle zu sehen ist. Auch die Schnittrichtung mag einen vermeintlichen Konus nicht deutlich aufzuzeigen. Ich gehe hierbei allerdings davon aus, dass die Bäume mit einem Fällkarb ausgestattet sind. Einen Baum im dichten Wald zu fällen, der angespitzt wurde wie ein Bleistift, halte ich völlig absurd, da die Fällrichtung nicht vorhersehbar ist.
Als Letztes sei noch die Verrottung angesprochen. Auf der Grabung von J. Schneeweiß am Kastell auf dem Höhbeck konnte man zwei Beobachtungen machen: Ein Schnitt zeigte verkohlte Hölzer auf, die annähernd ihre Dimensionierung erhalten hatten. Einige Meter weiter war keine Verkohlung mehr zu beobachten, und die Reste der Hölzer bildeten nur einige wenige Millimeter starke, dunkle Schicht aus. Der Befund war allerdings früh mittelalterlich. Bei älteren Befunden könnten diese Schichten völlig ausgewaschen sein, oder sich auf der Grubensohle des Pfostenloches gesammelt haben, da hier eine Dichteveränderung des Bodens vorhanden ist. Entsprechend könnte das eine gerade Basis vorgaukeln.
Aus „experimenteller“ Sicht: 2008, nur 12 Jahre nach der Fertigstellung, mussten wir umfangreiche Reparaturarbeiten am Langhaus III durchführen. Bis auf zwei Pfosten waren alle Anderen derartig geschädigt, dass sie ausgetauscht, repariert, oder umfunktioniert werden mussten. Es konnten vier verschiedene Verrottungsarten festgestellt werden: 1: Verrottung vom Bodenniveau bis ca. 15cm darunter (einfach abgefault; kennt wohl jeder), 2: radiale Verrottung von der Basis her, 3: Konvexe Verrottung der Basis und letztlich konkave Verrottung der Basis. Punkt 1 zeigte uns das irgendetwas mit dem Haus nicht stimmt, einige Pfosten sind einfach umgekippt. Die drei anderen Punkte erklärten, warum Teile des Hauses bis zu 30cm abgesackt waren.
Bei der Radialen Verrottung fällt auf, dass sie sich entlang der Markstrahlen und Trocknungsrisse im Holz ausgebreitet hat.
Konvexe Verrottung
Konvexe Verrottung im Längsschnitt
Konkave Verrottung
Konkave Verrottung im Längsschnitt
Alle Basen waren rechtwinklig abgeschnitten. Warum es etwa gleichmäßig verteilt sowohl konvexe als auch konkave Verrottung vorkam kann ich nicht begründen.
Die letzten drei Positionen wurden durch einen aeroben Pilz hervorgerufen, der auch als Weißfäule bekannt ist. Den Sauerstoff erhielt er auch ca. 80cm unter Niveau durch die Leiterbahnen des Splintholzes sowie durch die Trocknungsrisse. Fehler beim Bau: Keine ausreichende Verdichtung der Pfostenlöcher, Splint dran gelassen und nicht angekohlt (die Kohle verschließt Risse und verhindert den Befall).
Quintessenz: Durch Fäulnis, Auswaschung und Fehlinterpretation kann es zu Problemen kommen, um die Ausformung einer Pfostenbasis richtig zu erkennen.
LG
Kai
Was kümmert´s eine deutsche Eiche, wenn sich eine Sau an ihr schubbert
Re: Pfostenlöcher
Sehr schöne Zusammenstellung, Kai.
Ich denke auch, die gerade abgetrennt wirkenden Standspuren sind zum Teil Trugbilder, die durch Bodenchemismus entstanden sind. Die kompostierte Pfostenerde führt zu chemischen Ausfällungen, die bis zur Basis des Pfostenlochs durchrutschen. Dadurch entsteht eine vermeintlich horizontale Standspur, auch wenn der Pfosten anders behauen war.
Jenseits der Spekulationen gibt es ja aber in Seeufersiedlungen noch zuhauf erhaltene Pfosten. Besonders viele gibt es z. B. in Concise am Neuenburgersee. Die Pfosten sind sehr "sophisticated" bearbeitet. Wenn man das sieht, kann man sich auch unvernünftigen (unökonomischen) Aufwand vorstellen.
http://www.archaeologie-online.de/magaz ... e/seite-1/
Gruß Leif
Ich denke auch, die gerade abgetrennt wirkenden Standspuren sind zum Teil Trugbilder, die durch Bodenchemismus entstanden sind. Die kompostierte Pfostenerde führt zu chemischen Ausfällungen, die bis zur Basis des Pfostenlochs durchrutschen. Dadurch entsteht eine vermeintlich horizontale Standspur, auch wenn der Pfosten anders behauen war.
Jenseits der Spekulationen gibt es ja aber in Seeufersiedlungen noch zuhauf erhaltene Pfosten. Besonders viele gibt es z. B. in Concise am Neuenburgersee. Die Pfosten sind sehr "sophisticated" bearbeitet. Wenn man das sieht, kann man sich auch unvernünftigen (unökonomischen) Aufwand vorstellen.
http://www.archaeologie-online.de/magaz ... e/seite-1/
Gruß Leif
Re: Pfostenlöcher
Danke Euch allen bis hierher, ich bin zu ähnlichen Schlüssen gekommen. Der Befund aus der Schweiz ist wirklich fantastisch, LS!
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Pfostenlöcher
Nu muss ich doch als Feuchtbodenarchäologe noch was richtigstellen Bei Seeufersiedlungen spricht man von Pfählen, nicht von Pfosten. Der Unterschied liegt darin, dass die Pfähle "einfach" in den Boden gesteckt werden, wogegen bei den Pfosten ein Loch ausgehoben werden muss. (manchmal muss hald jeder mal klugscheißen )
Bei den Pfählen ist die Spitze natürlich von Vorteil. Ein flaches Ende läßt sich nur sehr schwer in Boden drücken. Für Pfosten gilt das ja eher nicht.
Wurden die Pfahlspitzen ausgegraben, kann man meist sehn, dass sie häufig von allen Seiten spitz zugearbeitet wurden. Allerdings sprechen wir hier meist eher von Stämmchen, oder auf Schwäbisch Stämmle, als von einem Stamm.
Ich könnt mir noch vorstellen, dass die Spitze auch bei den Pfosten einen Vorteil hatte. Denn die Spitze selbst ist ja meist das wesentlich härtere und stabilere Kernholz, das vielleicht langsammer verrotttet als der Rest. So wäre dort die Stabilität des Pfosten länger gewährleistet.
Lg Anja
Bei den Pfählen ist die Spitze natürlich von Vorteil. Ein flaches Ende läßt sich nur sehr schwer in Boden drücken. Für Pfosten gilt das ja eher nicht.
Wurden die Pfahlspitzen ausgegraben, kann man meist sehn, dass sie häufig von allen Seiten spitz zugearbeitet wurden. Allerdings sprechen wir hier meist eher von Stämmchen, oder auf Schwäbisch Stämmle, als von einem Stamm.
Ich könnt mir noch vorstellen, dass die Spitze auch bei den Pfosten einen Vorteil hatte. Denn die Spitze selbst ist ja meist das wesentlich härtere und stabilere Kernholz, das vielleicht langsammer verrotttet als der Rest. So wäre dort die Stabilität des Pfosten länger gewährleistet.
Lg Anja
Re: Pfostenlöcher
Hallo Anja,
da haste völlig Recht: Pfahlbauten
Sprachliche Ungenauigkeit. Der Punkt war aber, dass hierbei beträchtlicher Aufwand in die Zurichtung investiert wird. Wenn das in der Pfahlbauregion rund um die Alpen gemacht wurde, werden es die anderen, z. B. Norddeutschen, vermutlich auch gemacht haben.
Gruß Leif
da haste völlig Recht: Pfahlbauten
Sprachliche Ungenauigkeit. Der Punkt war aber, dass hierbei beträchtlicher Aufwand in die Zurichtung investiert wird. Wenn das in der Pfahlbauregion rund um die Alpen gemacht wurde, werden es die anderen, z. B. Norddeutschen, vermutlich auch gemacht haben.
Gruß Leif