Die bisherige Annahme, dass Moorleichen schwul gewesen sein müssten, weil sie glatte Hände hatten, also keine Spuren harter körperlicher Arbeit aufwiesen, ist wohl widerlegt:
http://sciencenordic.com/no-evidence-eu ... s-were-gay
Dänischen Archäologen zufolge lösen Moorsäuren die äußerste Schicht der Haut auf, mögliche Schwielen werden also weggeätzt:
"Today, scientists know that the outermost layer of skin that contains the protein keratin is dissolved in acidic environments, says Lynnerup. So, the hands lack the hardened, calloused look that they probably had."
Darüber hinaus gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Moorleichen sich vom Rest der Bevölkerung unterschieden hätten, ebensowenig für die bisher vermuteten Schändungen und Folterungen.
Die Ergebnisse weiterer Untersuchungen stehen noch aus.
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Re: Neue Erkenntnisse zu Moorleichen
Danke Wulf!
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Re: Neue Erkenntnisse zu Moorleichen
Das kannte ich so gar nicht, ich dachte, eine Möglichkeit der Interpretation als damalige Bestrafung homosexueller Handlungen stammt aus der berühmten Textstelle:ulfr hat geschrieben:Die bisherige Annahme, ... schwul gewesen sein müssten, weil sie glatte Hände hatten, also keine Spuren harter körperlicher Arbeit aufwiesen, ist wohl widerlegt:
"... von Tacitus, Germania, Kapitel 12.
Sie wird meistens etwa folgendermaßen übersetzt: Verräter und Überlaufer hängt man an einen Baum; Feigheit, Weichheit und widernatürliche Unzucht wird bestraft, indem man den Schuldigen
mit übergeworfenem Flechtwerk in Morast und Sumpf versenkt. Der Sinn dieser Anwendung zweier
entgegengesetzter Todesarten ist der, das bei der Bestrafung Verbrechen öffentlich gezeigt, Schandtaten verborgen werden müssen. ... "
https://www.schriften.uni-kiel.de/Band% ... _1_1_6.pdf
Und es gab noch die Zusammenfunde zweier jew. männl. Individuen im Moor aus Weerdinge in NL und Hunteburg in Niedersachsen, wobei diese Funde heute auch als Bestattungen interpretiert werden.
"Was an der Unverschämtheit des Heute
gegenüber der Vergangenheit tröstet, ist die
vorhersehbare Unverschämtheit der Zukunft
gegenüber dem Heute." Nicolás Gómez Dávila
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Re: Neue Erkenntnisse zu Moorleichen
Tacitus ist eine etwas unsichere Quelle, was die Beschreibung der Germanen angeht, denn vieles, was er über sie schrieb, betraf im Grunde seine eigenen Landsleute bzw. deren Verweichlichung, die Tacitus dadurch kritisierte, dass er ihnen die Germanen als Kontrapunkt entgegenhielt. Er selbst war nie in Germanien, soll jedoch gute Quellen gehabt haben:Blattspitze hat geschrieben:aus der berühmten Textstelle von Tacitus
http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte ... 90966.html
Auch die Übersetzungen muss man immer im Kontext der Zeit, in der sie geschrieben wurden, sehen.
Vielleicht erkärt diese neue Untersuchung auch, warum die Hände des "Ötzi" ebenfalls glatt und ohne Schwielen waren, obwohl der ja ansonsten nicht wirklich den Eindruck eines soignierten Gentleman macht
Allerdings dürften oben am Tisenjoch die Säuren rar gewesen sein, zumindest in prähistorischer Zeit ...
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Re: Neue Erkenntnisse zu Moorleichen
d`accord, aus archäologischer Sicht sind Dinge und der Befundzusammenhang "neutraler", allerdingsulfr hat geschrieben:unsichere Quelle
fällt diese nahezu einzige zeitgenössische Schriftquelle als Interpretationsmöglichkeit trotzdem nicht aus, auch wenn wir 2000 Jahre später Tacitus eine homophobe Grundtendenz zuschreiben wollen.
Ich hatte dazu mal eine interessante Diskussion mit einem schwulen Bekannten, der war ganz begeistert davon, da dies ja eine Möglichkeit der Sichtbarmachung von Homosexuellen sei, die sonst kaum im Befund zu erkennen seien.
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