Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

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Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Die Fälschungsdiskussion über den Diskos von Phaistos generell ausklammernd, möchte ich im Sinne der Möglichkeiten der experimentellen Archäologie hier aufzeigen, dass sich am Diskos von Phaistos (natürlich nur per Fotoanalyse) potenzielle Indizien dafür finden lassen, wie die Stempelrichtung des Diskos (stellenweise) ermittelt werden kann. Für die folgenden potenziellen Indizien existieren tonwarenverarbeitungstechnisch verschiedene Möglichkeiten, ich möchte hier jedoch aufzeigen, was im Sinne der Herstellung eines in frischen Ton gestempelten Schriftstücks unbedingt Beachtung finden sollte:
Auf dem Diskos befindet sich mindestens ein eingestempeltes Symbol, dessen Kontur nach seiner Einstempelung verformt wurde. Dafür kommen wie gesagt verschiedene Gründe in Betracht, z.B. Unabsichtliche Verformung mit der Hand oder beim Wenden und Ablegen des Tonrohlings und andere. Die Verformung zeigt aber markante Eigenschaften auf, die eben auch auftreten können, wenn gestempelte Symbole in frischem Ton auf engem Raum direkt nebeneinandergesetzt werden:
Das markierte kleinflächige (und für Verformungen aufgrund seiner Machart stark anfällige) Symbol auf festgelegter Seite B des Diskos (siehe Abbildungen) erweckt den Eindruck, dass die Anschließende Stempelung eines wesentlich großflächigeren Symbols (aufgrund der Verdrängung von mehr frischem Ton im Umgebungsbereich der Stempelung) das zuerst gestempelte Symbol verformt haben könnte.
Die Verformung des kleineren Symbols lässt sich aufgrund der ursprünglichen engen parallelen Führung der Kontur des Symbols besonders gut erkennen (im direkten Vergleich mit anderen Stempelungen des gleichen Symbols auf dem Diskos).
Sollte diese Schlussfolgerung richtig sein, lässt sich daraus (mit gewisser Wahrscheinlichkeit) die Stempelrichtung (zumindestens dieser Symbole-Sektion auf dem Diskos) ableiten.
Die Stempelrichtung sagt allerdings nicht automatisch etwas über die Leserichtung des Diskos aus. Es kann sicherlich nicht mit Gewissheit ermittelt werden, ob in Leserichtung oder gegen die Leserichtung gestempelt wurde:
Sollte es sich beim Diskos nicht um eine Art Listung handeln, bei der so gestempelt wurde, wie sich Zusammenhänge der Reihe nach ergeben haben, kann davon ausgegangen werden, dass der ursprüngliche Verfasser sich für die Erstellung des Schriftstücks ein wenig Mühe geben musste, um eine bestimmte Anzahl von Elementen passend und einigermaßen ästhetisch auf einer bestimmten Fläche unterzubringen.
Wenn ein Grabsteinmetz z.B. Bronzebuchstaben auf einen Grabstein aufbringt, werden die Buchstaben i.d.R. auch erst einmal schriftoptisch zueinander ausgerichtet. Anschließend wird i.d.R. eine Bohrschablone erstellt, um die Bohrlochpositionen auf den Grabstein zu übertragen. Erst dann werden die Bohrungen in den Grabstein eingebracht.
Soll heißen: Beim Diskos von Phaistos könnte es eine Vorüberlegung bzw. Vorplanung für die Erstellung gegeben haben im Hinblick auf Arrangierung der Stempelsymbole (was meines Erachtens jedoch kaum zu beweisen ist).
Gegen diese Annahme wiederum spricht allerdings die Tatsache, dass manche der Symbole auf dem Diskos wie entweder nachträglich (weil z.B. zuerst vergessen) eingestempelt wirken, was stellenweise zu einer "zusammengequetschten" Wirkung der Symbolgruppen führt. Es erweckt deshalb auch den Eindruck, dass eine bestimmte Anzahl von Symbolen jeweils in einer bestimmten Sektion auf dem Diskos untergebracht werden mussten.
Letztere Annahme wäre ein möglicher Grund dafür, dass bestimmte Symbolgruppen besonders eng zueinander gestempelt wurden, was zu entsprechend markanten Verformungen benachbarter, bereits gestempleter Symbole geführt haben könnte (Tonmaterialverdrängung).

Das beschriebene Symbol findet sich auf der im Wikipedia-Artikel festgelegten B-Seite des Diskos im 9ten Segment, wenn von innen und gegen den Uhrzeigersinn nach außen abgezählt wird. In dem 9ten Segment in diese Abzählrichtung befinden sich, entgegen des Uhrzeigersinns gelesen 4 Symbole: 1: Schiff, 2: Schlägel (Eigeninterpretation), 3: Insekt, 4: Tierhaut. Das 2te Symbol (Schlägel) weist die beschriebenen starken Verformungen auf.
Siehe zum direkten Vergleich das gleiche Symbol, dass auf der B-Seite des Diskos insgesamt 6 mal vorkommt (alle Angaben ohne Gewähr). Besagtes Symbol findet sich (von Innen gegen den Uhrzeigersinn gelesen) im 2ten Segment als 2tes Symbol des Segments.

Experimental archaeological analysis of the phaistos discos
Excluding the discussion of falsification of the Phaistos discos in general, I would like to show here in the sense of the possibilities of experimental archaeology that potential indications can be found at the Phaistos discos (of course only by photo analysis) as to how the stamp direction of the discos can be determined (in places).
There are various possibilities for the following potential indications in terms of clay processing, but I would like to show here what should definitely be taken into account in the sense of producing a document stamped in fresh clay:
On the discos there is at least one stamped symbol, the contour of which has been deformed after its stamping. As I said, there are various reasons for this, e.g. unintentional deformation with the hand or when turning and laying down the clay blank and others. However, the deformation shows striking properties that can also occur when stamped symbols are placed directly next to each other in a fresh clay in a confined space:
The marked small-area symbol (and highly susceptible to deformation due to its design) on fixed side B of the discos (see illustrations) gives the impression that the subsequent stamping of a much larger symbol (due to the displacement of more fresh clay in the surrounding area of the stamping) could have deformed the first stamped symbol.
The deformation of the smaller symbol can be seen particularly well due to the original close parallel guidance of the contour of the symbol (in direct comparison with other stamps of the same symbol on the clay-disc).
If this conclusion is correct, the stamp direction (at least of this symbol section on the discos) can be derived (with some probability) from it.
However, the stamp direction does not automatically say anything about the reading order of the discos. It is certainly not possible to determine with certainty whether the stamp was in the reading order or against the reading order:
If the discos is not a kind of listing, in which stamping was done in the same way as connections have emerged in sequence, it can be assumed that the original author had to make a little effort to create the document in order to accommodate a certain number of elements appropriately and somewhat aesthetically on a certain surface.
If, for example, a stonemason od stonesculptor applies bronze letters to a gravestone, the letters are usually first aligned with each other in written optics. Subsequently, a drilling template is usually created to transfer the borehole positions to the gravestone. Only then are the boreholes drilled into the graves.
In other words: At the Phaistos discos, there may have been a preliminary consideration or pre-planning for the creation with regard to the arrangement of the stamp symbols (which, in my opinion, can hardly be proven).
Against this assumption, however, speaks the fact that some of the symbols on the discos seem to be stamped as either retrospectively (e.g. because first forgotten), which in places leads to a "squeezed" effect of the symbol groups. It therefore also gives the impression that a certain number of symbols had to be placed in a certain section on the discos.
The latter assumption would be a possible reason why certain symbol groups were stamped particularly tightly, which could have led to correspondingly striking deformations of adjacent, already stilted symbols (clay material displacement).

The symbol described can be found on the B-side of the discos defined in the Wikipedia article in the 9th segment, when counting from the inside and counterclockwise to the outside. In the 9th segment in this counting direction there are 4 symbols: 1: ship, 2: mallet (self-interpretation), 3: insect, 4: animal skin. The 2nd symbol (mallet) has the described strong deformations.
For direct comparison, see the same symbol that occurs on the B-side of the discos a total of 6 times (all informations without guarantee). Said symbol is found (read from the inside counterclockwise) in the 2nd segment as the 2nd symbol of the segment.

QUELLEN / SOURCES:
Seite „Diskos von Phaistos“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. Juni 2022, 21:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223679996 (Abgerufen: 22. Juni 2022, 18:34 UTC)

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https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.en

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me. Vinzenz Maria Hoppe (Bachelor proffessional), Holzbildhauermeister, Steinmetz und Steinbildhauer, Germany 2022

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me. Vinzenz Maria Hoppe (Bachelor proffessional), Master wood sculptor, stonemason and stone sculptor, Germany, 2022
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Diskos von Phaistos Wikipedia 23.06.2022.jpg
Zuletzt geändert von Sculpteur am 25.06.2022 10:07, insgesamt 9-mal geändert.
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Pitassa »

Wow Sculpteur,

diese Verformung wäre mir nie aufgefallen, obwohl sich das Zeichen zu wiederholen scheint. Ich selbst habe mein Augenmerk bei diesem Diskus meist auf den Kopf mit Irokesenschnitt und gemeinsam auftretenden Rundschild gerichtet, welcher sich hier auf der linken B Seite auf 9 Uhr, sowie gemeinsam mit einer Axt (?) rechts gegenüber etwa 1/2 drei Uhr in der zweiten Spiralwindung von außen findet. Meines Erachtens dürfte es sich dabei um einen Philister handeln, weshalb ich die Entstehungszeit dieses minoischen Diskus mit Diodor in die Zeit des Seevölkersturms, um Kurz nach 1200 v. Chr. datieren würde (Heraklidenzeit).

Bei der angenommenen Haartracht könnte es sich natürlich ebenso um einen Federschmuck handeln. Ich halte diesen Diskus für ein sehr wichtiges Artefakt, welches es möglich macht, den chronologischen Zusammenhang zwischen den damals zunächst in der Ägäis, und später um 1178 v. Chr. dann in Ägypten stattgefundenen Ereignissen aufzuzeigen. Die Nordwand von Medinet Habu in Theben z.B. zeigt ja in jener Seeschlacht im kanopischen Nilarm Krieger mit derselben Haartracht.

Verstehst du es, den Text zu interpretieren ? Handelt es sich vielleicht um einen bestimmten Refrain aus einem alten Paian ?

:hirsch:
Zuletzt geändert von Pitassa am 23.06.2022 06:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Hallo Pitassa,

nein, den Text kann ich nicht interpretieren, da ich den sprachlichen Hintergrund nicht besitze.
Ich analysiere den Diskos rein handwerkstechnisch und kryptologisch (mathematisch).
Ich kann mir aber vorstellen, dass es sich (wie bei den Hieroglyphen der Alten Ägypter) um eine Assoziationsschrift handelt, d.H. die dargestellten Objekte sind gemäß dem Fall nicht tatsächlich gemeint, sondern versinnbildlichen einen Lautfolge-Zusammenhang (ich gehe auch davon aus, wie es diskutiert wird, dass es sich um eine Silbenschrift handelt), ich kann mich aber natürlich auch irren.
Zu der Machart und der Abfolge der Arbeitsschritte kann ich gewisse Aussagen treffen, wie gesagt auch zur potenziellen Stempelrichtung; ob die Sektionslinien (Segmente) vor dem Stempeln ausgeführt worden sind (oder umgekehrt). In welche Richtung das Hölzchen geführt wurde um die Trennlinien einzubringen usw.
Von besonderem Interesse ist für mich auch die Machart der Stempel. Die Rekonstruktionsversuche der Stempel würden die Analyse des Diskos wesentlich erhellen.
Aktuell entwickle ich eine kleine kryptologische Anwendung als Tabellendokument mit der die Entzifferung spielerischer probiert werden kann.
Wenn Du willst, lasse ich Dir dieses Tool per Email zukommen, sobald es fertig ist. :mammut2:
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

@Pitassa:
Wenn ich mich nicht verzählt und etwas übersehen habe, kommt das Motiv [Helm mit prächtigem Helmschmuck] auf dem Discos (auf beiden Seiten zusammen gezählt) insgesamt 19 mal vor: 10 mal im Kern auf Seite A, 4 mal im Kern auf Seite B des Discos und 2 mal im Kranz auf Seite A und 3 mal im Kranz auf Seite B des Discos.
Das Symbol Schild hingegen kommt auf beiden Seiten des Discos insgesamt 17 mal vor: 10 mal im Kern auf Seite A und 4 mal im Kern auf Seite B des Discos und 2 mal im Kranz auf Seite A und 3 mal im Kranz auf Seite B des Discos.
(für alle Angaben keine Gewähr, der Abend ist vorangeschritten...).

Besonders häufig kommt die Kombination [Schild / Helm mit Helmschmuck] auf dem Discos vor. Allerdings nur auf Seite A des Discos. Im Kern auf Seite A des Discos ist diese binäre Symbolkombination 6 mal in Kombination mit anderen Symbolen als schließliches Triplet zu finden, und zwar:

3 mal in der Kombination: [Tierhaut / Schild / Helm mit Helmschmuck]

2 mal als Quadruplet in der Kombination: ["Augenbraue" (Hacke?) / flatternder Vogel / Schild / Helm mit Helmschmuck]

1 mal in der Kombination: [laufende Figur (männlich) / Blütendolde / Schild / Helm mit Helmschmuck]

1 mal in der Kombination: [Schild / Helm mit Helmschmuck]

Auf Seite B des Discos findet sich im Kern das Symbol [Helm mit Helmschmuck] lediglich zwei mal, während es sich im Kranz auf Seite B des Discos 3 mal wiederfindet.

Im Kranz auf Seite B des Discos findet sich auch die Kombination: [laufende Figur (männlich) / Blütendolde] zwei mal wieder.

Diese Häufung und verschiedenartige Kombinatorik lässt vermuten, dass es sich bei der Kombination [Schild / Helm mit Helmschmuck] um eine spezielle Silbe handeln könnte.

Je nachdem, wie herum der Discos nun gelesen wird, kann die Kombination [Schild / Helm mit Helmschmuck] damit zum jeweiligen Anfang oder Ende eines Worts, bzw. Begriffs werden.

Es ist für mich nicht gesichert, ob die Segmente zueinander getrennt stehende Begriffe (Worte) darstellen. Würde es sich um eine Art Listung handeln, könnte es sich bei den Segmenten auch jeweils um Spezifika-Gruppierungen handeln (z.B. rein spekulativ um Warenzuordnungen, um zu erläutern, wie diese Differenzierung gemeint ist).

Die Seitenangaben des Discos beziehen sich hier auf die offiziell angenommenen Seitenbezeichnungen. Es ist für mich noch nicht eindeutig erwiesen, welche Seite tatsächlich Vorderseite und welche tatsächlich Rückseite des Discos ist. Möglicherweise spielt ein "Vorne" und "Hinten" beim Discos (spekulativ) auch gar keine Rolle, das alles ist schwer zu sagen.
Es gibt jedoch auch hier möglicherweise Indizien experimentalarchäologischer Natur im Hinblick auf erfolgte Arbeitsschritte für die Herstellung des Discos. Die nützen jedoch vermutlich nichts, weil überhaupt geklärt werden müsste, ob das Schriftstück "hintereinander weg geschrieben wurde" (d.H. von einem Ursprung hin zu einem Schriftstückende) oder ob es sich beim Discos um ein wohlgeplant gestaltetes Schriftstück handelt. Dann kann es ebensogut der Fall gewesen sein, dass zuerst der Schluss des Textes erstellt wurde und anschließend der Anfang (siehe z.B. rückwärts stempeln).

Hast Du für die Tempelwand in Theben mal einen Link?
:18:
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Pitassa
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Pitassa »

Abbildung : Walter Wreszinski : Atlas zur altägyptischen Kulturgeschichte, Teil II, Königsberg 1934, Tafel 116. Detailansicht der ca. 1193 v. Chr. im Nildelta stattgefundenen Seeschlacht, Nordwand des Tempels zu Medinet Habu. In Public Domain.
Abbildung : Walter Wreszinski : Atlas zur altägyptischen Kulturgeschichte, Teil II, Königsberg 1934, Tafel 116. Detailansicht der ca. 1193 v. Chr. im Nildelta stattgefundenen Seeschlacht, Nordwand des Tempels zu Medinet Habu. In Public Domain.

Grüß dich Sculpteur !

Die in Medinet Habu erfolgte Darstellung der um 1193 v. Chr. stattgefundenen Seeschlacht im Nildelta und fast zeitgleich erfolgten Verteidigung von Per-jerer (Memphis) findet sich detailliert und mit Illustrationen auf der Seite von Nefers Hapiland beschrieben :

https://www.nefershapiland.de/Biografie ... %20III.htm

Ein weiterer informativer Beitrag dazu findet sich im Bibellexikon unter dem Sachwort Philister :

https://www.bibelwissenschaft.de/wibile ... f7219b745/

Ich persönlich bin ebenfalls der Auffassung, dass es der ägyptische Pharao Ramses III. war, welcher dieses Monumentale Relief auf der Nordwand von Medinet Habu erschaffen ließ, aber ich nehme nicht an, dass er damals die Verteidiger anführte. Dies wird einer seiner Vorgänger gewesen sein, namentlich Pharao Sethos II. (1193-1186), oder Pharao Merenptah (1213-1193). Dem Bericht des Herodot, Historien II, 118 - 121 zufolge dürfte mit dem dort genannten "Thonis" wohl Merenptah und mit "Proteus" sein Nachfolger Sethos II. gemeint sein (II, 119). Diese bekämpften im Nildelta die von Menelaos und seinem Steuermann Kanopos angeführte Flotte der Seevölker. Die in dem Relief und dem großen Papyrus Harris, Tafel 75 - 79 genannten "Peleset" werden gemeinhin als Philister identifiziert. Sie tragen einen markanten Federbusch auf dem Kopf, welcher sich andernorts auch als Irokesen Haarschnitt dargestellt findet. Im Anhang habe ich eine Abbildung der um 1193 v. Chr. stattgefundenen Seeschlacht eingestellt. Dieser Nilarm wurde Herodot II, 17 zufolge später als der kanobische bezeichnet, nach dem gleichnamigen Piloten, welchen Menelaos dort damals verlor.

Erst die zweite im Anhang befindliche Darstellung geht meiner Meinung nach auf ein Ereignis zurück, welches sich in der Zeit des Pharao Ramses III. (1186-1153) ereignete. Dieser findet sich Herodot II, 121 - 123 genannt, doch ab II,124 wird dieser Bericht ziemlich unbrauchbar. Die Landschlacht fand im 8. Regierungsjahr Pharao Ramses III. statt und dürfte ungefähr in das Jahr 1178 v. Chr. fallen. Der Ort dieser grausigen Auseinandersetzung dürfte Sukkoth (Tell el-Maschuta) gewesen sein und findet sich auch im 2. Buch Mose 12,37 bzw. 13,17 - 14,9 dargestellt.

Auf beiden Darstellungen zeigen die Reliefs (unter anderem auch) Angehörige des Stammesverbandes der Philister (Peleset), welche jenem auf dem Diskos von Phaistos vom Federschmuck, bzw. ihrer Haartracht her, frappierend ähnlich sind. Sie treten zudem mit Rundschilden in Erscheinung und nicht etwa mit Achtern, wie es die Hethiter und Mykener für gewöhnlich taten. Eine gute Darstellung der Chronologie dieser Ereignisse bietet Robert Drews.

Der Link zur Seite des online Lexikons von Bibelwissenschaft.de funktioniert leider nicht.

Gruß Pitassa :hallo:

Literatur :

Breasted, James Henry : Ancient records of Egypt, Vol. 3, Chicago 1906.
Drews, Robert : The End of the Bronze Age : Changes in Warfare and the Catastrophe ca. 1200 BC, Princeton 1995.
Gray, Dorothea ; Matz, Friedrich ; Buchholz, Hans Günter : Archaeologia Homerica, Bd. 1, Kapitel G : Seewesen, Göttingen 1974.
Wreszinski, Walter : Atlas zur altägyptischen Kulturgeschichte, Teil II, Leipzig 1935, Tafel 114 u. Tafel 116.
Dateianhänge
Abbildung : James Henry Breasted : Ancient records of Egypt, Vol. 3, Chicago 1906. Altägyptische Darstellung der um 1178 v. Chr. bei Sukkoth stattgefundenen Landschlacht zwischen Ägyptern und Philistern. In Public Domain.
Abbildung : James Henry Breasted : Ancient records of Egypt, Vol. 3, Chicago 1906. Altägyptische Darstellung der um 1178 v. Chr. bei Sukkoth stattgefundenen Landschlacht zwischen Ägyptern und Philistern. In Public Domain.
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Hallo Pitassa,
:nebracat:
Interessanterweise sind die Schilde, die von den Kämpfern in den in Deinem vorherigen Beitrag angehängten Abbildungen getragen werden, immer nur von der Innenseite her dargestellt zu sehen. Interessant wäre es, eine Abbildung zu finden, die einen Schild von der Vorderseite her zeigt.

Was ich mir gedacht habe ist, dass der Verfasser des Dokuments potenziell irgendwie aus den auf dem Discos abgebildeten Symbolen ablesbar sein sollte (in der Antike war es ja üblich, Dokumente entsprechend "zu signieren", bzw. geschichtliche Zusammenhänge zu transportieren über Lebensumstände, Ereignisse usw. zu berichten und in etwa den Passus hinzuzufügen: "verfasst von am..." (oder so ähnlich).
Wenn die Abbildung {Helm mit Helmzier bzw. Helmbusch} in ihrem Ursprung tatsächlich irgendeinen Zusammenhang zu den Philistern darstellen sollten, sollte doch davon ausgegangen werden können, dass der Discos weiteres aus den Lebensumständen bestimmter Völker enthält und sei es eine z.B. Materialliste...
Nach Deiner Theorie wäre ja evtl. auch ein Zusammenhang zu den von Dir genannten altägyptischen Königsherrschern auf dem Discos zu suchen. Es müsste ja bei den Philistern (Peleset) auch eine entsprechende Schreibweise für Ramses II (oder für die Ägypter im allgemeinen) gegeben haben.
Sollten die alten Ägypter auf dem Discos (zufällig) Erwähnung in irgendeiner Art und Weise finden, wäre dabei ja von einer quasi alleinstehenden entsprechenden Bezeichnung auszugehen (falls...).

Im Anhang habe ich einen quasi Zwischenstand meiner Analyse hochgeladen. Sämtliche Ergebnisse und Angaben sind ohne Gewähr. Die Analyse ist noch nicht fertig und es kann gut sein, dass ich etwas übersehen habe. Man ist bei der Auseinandersetzung mit sovielen Zahlen, Symbolen und Zusammenhängen vor einer gewissen Betriebsblindheit nicht geschützt, außerdem gehen mir die gut unterscheidbaren Farben allmählich aus.

Hinweis: Ich habe mich bei der Bezeichnung der Symbole absichtlich nicht an bereits vorherrschende Interpretationen gehalten, sondern frei interpretiert nach dem, was ich sehe. Die tatsächliche Formgebung und Gestaltung der Symbole ist bei meiner mathematischen Analyse auch zunächst nebensächlich, da ich die Verteilung und Häufigkeit der Symbole erforsche.

Grüße, :mammut2:

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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Pitassa »

Ich würde dazu gerne Material aus zwei Beiträgen einstellen, welche auf Youtube veröffentlicht wurden. Ist das vom Urheberrecht her ok, oder soll ich das Ganze hier besser als Stream verlinken ?

Der Diskos selbst wäre vermutlich gemeinfrei, wie aber verhält es sich mit der Darstellung von Übersetzungen desselben ?

:aha:
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Das ist eine gute aber komplizierte Frage.
Wenn die Lizenz nicht eindeutig geklärt ist, empfiehlt es sich immer, den Verfasser bzw. Rechteinhaber um Erlaubnis zu fragen.
Das Thema Film- und Bildrechte ist kompliziert...
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Auf dem Diskos von Phaistos finden sich mehrere Bereiche, die Aufschluss darüber geben können, in welcher Reihenfolge die Ritzungen zur Unterteilung der Oberflächen der Seite A und B des Diskos vorgenommen wurden:
Offensichtlich (sehr wahrschweinlich) wurden die spiralförmigen Hauptlinien für den Kernbereich und die Kranzbereiche beider Seiten zuerst geritzt (mit einem Modellierwerkzeug, das vermutlich einem heutigen Zahnstocher ähneln würde). Anschließend wurden vermutlich die Bereiche zwischen den Hauptlinien in Abschnitte (Sektionen bzw. Segmente) unterteilt.
Möglicherweise (je nachdem, was der Diskos an überlieferten Informationen beinhaltet) wurden die Segmente nach und nach unterteilt, oder aber in einer Vorplanung insgesamt von vorneherein angelegt.
Die bekannte Unmöglichkeit, den Diskos am Original zu untersuchen, macht konkretere Aussagen zu dieser Thematik kaum möglich (Ich behaupte jetzt bewusst nicht, dass die hier präsentierten Erkenntnisse neu sind, ganz im Gegenteil.).
Wer sich mit Tonmaterial und dessen Verarbeitung auskennt, erkennt diese Zusammenhänge vermutlich schnell und sicherlich wurde bereits einiges zu diesem Thema veröffentlicht).
Woran vorangestellte Zusammenhänge potenziell erkannt werden können: Wenn mit einem Stäbchen (o.ä.) in frischem Ton geritzt wird, entsteht i.d.R. bei Linien, die in einem bestimmten Winkel zur zuvor geritzten Linie auf die bereits vorhandene Linie zugeführt werden aufgrund der Materialverdrängung winzig kleine Wulste (abhängig vom Tonmaterial und seinen konkreten Eigenschaften, je nachdem, wann die Ritzung vor der bereits vorhandenen geritzten Linie endet.).
Diese Zusammenhänge finden sich potenziell im Bereich des 6ten Segments, gezählt von der Mitte des Diskos auf der festgelegten A-Seite des Diskos. Auf der Wikipedia-Abbildung befindet sich dort links vom Symbol [Kopf mit Helmschmuck], bzw. Irokesensschnitt (Wikipedia) eine solche Wulst (siehe angehängte Abbildung).
Wie dem Wikipedia-Artikel entnommen werden kann, gab es bisher vielfältige Meinungen zur Stempelrichtung des Diskos.
Ich gehe (aktuell) aufgrund der Indizien von einer Stempelrichtung entgegen dem Uhrzeigersinn aus (mit Gewissheit lässt sich aber nicht sagen, ob diese Aussage auf den gesamten Diskos angewendet werden kann, bildhauerische Praxis kann immer - je nach Bedarf und Erfordernis - situativ variieren).
Dateianhänge
Discos von Phaistos Ritzungen.jpg
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Pitassa »

Gareth Owens teilte 2014 in einem auf der TEDxKonferenz in Heraklion gehaltenen Vortrag dem versammelten Publikum von Privatgelehrten und Fachwissenschaftlern mit, dass er in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen, dem Linguisten John Coleman (Oxford), den Diskos von Phaistos zu 90 % entschlüsselt habe (1). Doch obwohl die von Areti Alexopoulou gesprochene Vertonung des Textes des Diskos von Phaistos das Publikum verblüffte und durchaus plausibel klang, blieb sie ebenfalls wenig überzeugend. Waren die von John Coleman zusammengetragenen Ergebnisse diverser Wissenschaftler also fehlerhaft gewesen ? Offenbar nein, doch der spiralförmig gewundene Text der Scheibe war von außen kommend nach innen gehend vorgetragen worden, obwohl das Piktogramm des Läufers eindeutig zeigte, dass dieser Text umgekehrt, nämlich von innen nach außen gelesen werden muss. Die Vertonung der Piktogramme mittels Verbindung der Vokale und Konsonanten, sowie die Bildung von Silben und Worten, scheint jedoch im Ansatz durchaus richtig gewesen zu sein (2).

Ein weiteres Problem ergibt sich aus der bei Gareth Owens vorgenommenen Datierung des Diskos von Phaistos in die Zeit um 1700 v. Chr. (3) Owens nahm bei seiner Datierung an, dass der Diskos in Linear A abgefasst sei, denn Coleman entschlüsselte ihn unter Zuhilfenahme des teils zufriedenstellend entzifferten Linear B. (4) Doch tatsächlich dürfte sich der Verfasser des in den Diskos gesetzten Textes einer dritten, von den kretischen Linearschriften A und B verschiedenen Schriftart bedient haben, wie Torsten Timm dazu in einem Beitrag wahrscheinlich machte (5). Diese dritte Schriftart soll hier anhand der Arkalochori Inschrift näher vorgestellt werden (6).

In der Vergangenheit wurde mehrfach erfolglos versucht, die auf dem Diskos von Phaistos verwendete Schrift zu entschlüsseln. Zwischenzeitlich gelangte der Philologe und Mykenologe Louis Godart sogar zu der Auffassung, dass der Verfasser des in die Scheibe gesetzten Textes "illiterat" gewesen sein muss (7). Schließlich stellte der Phonetiker John Coleman eine vergleichende Untersuchung an, in welcher er die auf dem Diskos benutzten Schriftzeichen mit jenen auf der Labrys von Arkalochori ins Verhältnis setzte (8). Auf dieser ebenfalls auf Kreta, in einem größeren Hort in der Höhle von Arkalochori zutage getretenen Doppelaxt hatte Godart zuvor einen Eigennamen isoliert, welcher "Idamate" lautete. Dies war möglich geworden, weil sich auf einer weiteren in diesem Hort gefundenen, in Miniatur gefertigten, sakralen Doppelaxt ebenfalls dieser Name gesetzt fand, und zwar allein stehend (9). Dieser Eigenname findet sich sowohl im kretischen Linear A, als auch im kretischen Linear B, wo er eine Göttin mit Namen "Idamana" bezeichnet(10). Dieser Name findet sich auch im Schiffskatalog der Ilias des Homer, insbesondere Ilias II, 645 -652. Dort ist es "Idomeneus" gewesen, welcher als König der Kreter 80 Schiffe gegen Troja ins Feld führte (11). Daher werden hier jene Doppeläxte, welche in der Höhle von Arkalochori gefunden wurden und diesen Namen Idamate (Idomeneus) tragen, in die Zeit um 1193 - 1183 v. Chr. datiert, denn der entzifferte Name Idamate bzw. Idamana wurde mit dem Piktogramm eines gekrönten Königs geschrieben.

Dieter Rumpel, ein fachfremder Beiträger, erkannte zuerst, dass der auf den Doppeläxten von Arkalochori entdeckte Eigenname des Idamate (Idomeneus) zugleich auch die Möglichkeit der Entzifferung des auf dem Diskos von Phaistos befindlichen Textes bietet (12). Auf der Grundlage dieser Ergebnisse dechiffrierte John Coleman anhand der Inschrift auf der Labrys von Arkalochori schließlich den in den Diskos von Phaistos gesetzten Text (13). Dieses in Zusammenarbeit mit Gareth Owens erzielte Ergebnis bedarf einer abschließenden Verifikation. Bezieht man die von dem Informatiker und Kryptologen Torsten Timm gemachte Feststellung ein, wonach in dem Text des Diskos von Phaistos eine dritte, von den bis dahin bekannten kretischen Linearschriften verschiedene Linearschrift in Übung kam, dann lässt sich auch der Diskos von Phaistos in die Zeit um kurz nach 1200 v. Chr. datieren (14). Tatsächlich verweist das im Text benutzte Piktogramm des "Punk" genau in diese Zeit, wie weiter oben anhand der in Medinet Habu gesetzten Reliefs gezeigt werden konnte. Demnach würde ein Angehöriger aus einem der am Seevölkersturm beteiligten Stämme die Typen gefertigt und damit den Text in den Ton des Diskos von Phaistos geprägt haben. Diese mit Herakles nach Kreta eingewanderten Barbaren wären also schon sehr früh der Schrift kundig gewesen. Doch aus dem Bericht von Luigi Pernier geht hervor, dass der Diskos zusammen mit Scherben gefunden wurde, welche der Schicht Phaistos MM III b angehören und diese datiert ihm zufolge in die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts vor Christi (15). Da mir ein Durchschnitt der im Fundgebiet angetroffenen Schichten nicht bekannt ist, bedarf es einer genauen, vergleichenden Untersuchung der zur Datierung des Diskos herangezogenen Tonscherben. Diese ließen sich von meiner Seite jedoch bislang nicht ermitteln.

Gruß Pitassa :strickdachs:


Quellenverzeichnis :

(1) Owens, Gareth : Decrypting the Phaistos Disk, TEDx Konferenz at Heraklion, Youtube 2014. Online gestellt 2015 in einem Blog der Reise-Zikaden von : Monika Hoffmann : Kreta : Diskos von Phaistos entschlüsselt ? Link : https://www.reise-zikaden.de/diskos-von ... hluesselt/ Siehe dazu das Interview mit Gareth Owens auf cretazine.com unter : https://www.cretazine.com/en/heraklion/ ... istos-disk
(2) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : From Linear B to the Phaistos Disk. TEI tse Krétes - Daidaliká : Apó te Grammike B ston Disko tes Phaistos. Link : https://www.youtube.com/watch?v=Lq8sFN_WoQ8 Youtube 2014. Epigraphic reading by Areti Alexopoulou. Siehe dazu : Owens, Gareth Alun : A minoan application for the Phaistos disk. In : Informatika, Vol. XVII, Nr. 1, Budapest 2015, S. 3 - 8. Online unter : http://informatika.gdf.hu/wp-content/up ... _43_02.pdf
(3) Owens, Gareth Alun : A minoan application for the Phaistos disk. In : Ebenda, Budapest 2015, S. 3.
(4) Owens, Gareth Alun : Ebenda, S. 6. Siehe dazu : Timm, Torsten : Der Diskos von Phaistos - Anmerkungen zur Deutung und Textstruktur. In : Indogermanische Forschungen, Bd. 109, Berlin 2004, S. 225, Abb. 3.
(5) Timm, Torsten : Der Diskos von Phaistos. Fremdeinfluss oder kretisches Erbe ? 2. Aufl. Dresden 2008. Siehe dazu in der Enzyklopädie Wikipedia den Artikel "Diskos von Phaistos" unter : https://de.wikipedia.org/wiki/Diskos_von_Phaistos mit weiteren Details und Querverweisen.
(6) Godart, Louis ; Olivier, Jean Pierre : Recueil des inscriptions en Linéaire A, autres documents, Paris 1982, Nr. 142 - 146. Siehe dazu : Timm, Torsten : Der Diskos von Phaistos - Anmerkungen zur Deutung und Textstruktur. In : Ebenda, Berlin 2004, S. 224, Abb. 1. Sowie : Schachermayr, Fritz : Die minoische Kultur des alten Kreta, Stuttgart 1979. Siehe : Enzyklopädie Wikipedia, Artikel die "Axt von Arkalochori" online unter : https://de.wikipedia.org/wiki/Axt_von_Arkalochori mit Foto der Labrys von : Olaf Tausch.
(7) Godart, Louis : Der Diskus von Phaestos. Das Rätsel einer Schrift der Ägäis, Heraklion 1995. Siehe dazu : Rumpel, Dieter : The Arkalokhori Axe Inscription in Relation to the Diskos of Phaistos Text. In : Anistoriton Journal, Vol. 11, Athen 2009, S. 2.
(8) Owens, Gareth : Ebenda. In : Informatika, Vol. XVII, No. 1, Budapest 2015, S. 6.
(9) Godart, Louis ; Olivier, Jean Pierre : Ebenda, Paris 1982, Nr. 142. Siehe dazu : Timm, Torsten : Ebenda, Berlin 2004, S. 225, Abb. 3. Der von Timm, Berlin 2004, erstellte Beitrag ist auch online unter : https://www.academia.edu/38163946/Der_D ... xtstruktur verfügbar. Siehe dazu erneut : Rumpel, Dieter : Ebenda, S. 1 - 2, Fig. 1 - 2.
(10) Owens, Gareth : Ebenda, S. 6.
(11) Voß, Johann Heinrich : Homers Gesänge, 1. Teil : Homers Ilias, Leipzig 1780, S. 40, Ilias II, 645 - 652 (Schiffskatalog, Idomeneus, König der Kreter)
(12) Rumpel, Dieter : The Arkalokhori Axe Inscription in Relation to the Diskos of Phaistos. In : Anistoriton Journal, Vol. 11, Athen 2009, S. 1 - 6. Online verfügbar unter : http://www.anistor.gr/english/enback/20 ... oriton.pdf
(13) Hoffmann, Monika : Kreta : Diskos von Phaistos entschlüsselt ? In : Reise Zikaden 2015. Owens, Gareth : Ebenda, Budapest 2015.
(14) Timm, Torsten : Der Diskos von Phaistos. Fremdeinfluss oder kretisches Erbe ? 2. Aufl. Dresden 2008.
(15) Pernier, Luigi : Un singulare monumento della scrittura pittografica cretese. In : Rendiconti della R(oma) Accademia dei Lincer : Classendi science morali, storiche e filologiche, Ser. V, Vol. 17, Roma 1908, S. 642 - 651. Zitiert in : Timm, Torsten : Der Diskos von Phaistos - Anmerkungen zur Deutung und Textstruktur, Berlin 2004, S. 204.
Dateianhänge
Die Inschrift des Idamate, König Idomeneus, auf der Doppelaxt von Arkalochori. Quelle : Fritz Schachermayr 1979, mit stilisierten Piktogrammen versehen von Torsten Timm. Entsprechend der Vorlage in Spalten gesetzt und neu layoutet von : Nephiliskos, Wikipedia 2012. Lizenz : Creative Commons, CC By-SA 3.0.
Die Inschrift des Idamate, König Idomeneus, auf der Doppelaxt von Arkalochori. Quelle : Fritz Schachermayr 1979, mit stilisierten Piktogrammen versehen von Torsten Timm. Entsprechend der Vorlage in Spalten gesetzt und neu layoutet von : Nephiliskos, Wikipedia 2012. Lizenz : Creative Commons, CC By-SA 3.0.
Zuletzt geändert von Pitassa am 30.06.2022 18:26, insgesamt 38-mal geändert.
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Danke Pitassa,
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Hallo Pitassa,
danke für den interessanten und lesenswerten Beitrag. :18:
Die Gravuren auf der Axt von Arkalochori sind nicht nur vom Bedeutungsgehalt sondern auch von der Machart her sehr interessant im Vergleich mit den Symbolen auf dem Diskos von Phaistos. Es handelt sich dabei vermutlich um zwei voneinander abweichende Macharten, die auch z.B. viel über die Herstellung der Axt von Arkolochori aussagen.
Die Machart von Dingen wiederum sagt auch immer etwas ablesbares über die Lebenswelt der Menschen aus, die diese Dinge hergestellt haben.
Mehr dazu in Kürze.
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Die Machart(en) der Stempeleindrücke auf dem Diskos von Phaistos ermöglichen Aussagen über die ursprünglich verwendete Stempel- bzw. Siegelform.
Von der Machart her passen die Einstempelungen auf dem Diskos zur minoischen Kunst der Siegelherstellung.
Dass i.d.R. von der Verwendung von sog. "Petschäften", also Siegelstempeln mit vermutlich rundlichen und ggf. ovalen Köpfen ausgegangen werden kann, ist mit der Gesamtmachart des Diskos bei einigen gestempelten Symbolen zu begründen: Bisher habe ich auf den Fotos des Diskos keinerlei Abdrücke bzw. Eindrücke um die spezifischen gestempelten Symbole herum ausmachen können, die auf einen andersartigen Stempelschaft hindeuten. Zum Vergleich: Siegelring-Corpusse oder z.B. Rollsiegel hätten markante Eindruckstellen an den Rändern von Einstempelungen hinterlassen, die nicht vom gestempelten Symbol, sondern vom Stempelschaft bzw. Stempelkorpus herrühren.

Die in den Diskos eingestempelten Symbole sind im Durchschnitt von teilweise einfacher Machart. Manche sind komplexer. Der handwerkliche Anspruch an die Herstellung der Symbole als Stempel liegt ungefähr im kunsthandwerklichen Mittelfeld. Dies kann - muss aber keinesfalls - ein Indiz für die Entstehungszeit der Stempel und des Diskos sein, lässt aber generell auch die kunsthandwerklichen Befähigungen des Gemmenbildhauers ungefähr einordnen.

Dass es sich bei einigen der ursprünglichen Stempeln des Diskos (dies trifft zumindestens auf einige Symbolformen auf dem Diskos zu) vermutlich um geschnitzte Gemmen handelte, ist damit zu begründen, dass die Randbereiche mancher Stempelungen tiefe und scharfkantig begrenzte Eindrücke im Ton hinterließen. Dies spräche für eine bestimmte Machart bei der Herstellung eines Stempelkopfs und wäre dann damit zu begründen, dass der Gemmenbildhauer sich auf einer rundlichen abgeflachten, bzw. planen Stempelkopffläche vom Randbereich des Stempelkopfs allmählich in das Material verarbeitete, um den Stempelkopf zu bildhauern (Beispiel Kreissymbol mit darin befindlichen 7 symetrisch angeordneten Ausmuldungen).
Ganz anders die Machart mancher Stempelformen (siehe z.B. der Stempeleindruck, der die Form einer Flugschar und der z.B. der Stempeleindruck, der die Form eines Maurerwinkels aufweist: Hier kann angenommen werden, dass die Form der Stempelung der Form eines hoch ausstehenden Stempelkopfschaftes entsprach, weil sich um das gestempelte Symbol herum im Ton keinerlei Indizien für einen Stempelsockel finden lassen.

Von der Gesamtmachart her passen die verschiedenen Stempelformen deshalb auf den ersten Eindruck nicht so recht zusammen. Das bedeutet aber nichts außergewöhnliches: Bildhauerei ist variabel und es deutet sich beim Diskos an, dass der damalige Bildhauer (oder mehrere Bildhauer) sich möglicherweise teilweise experimentell der Herstellung der Stempel genähert haben können.

Von Interesse ist die Formgestaltung der Stempel (Formensprache aber auch konkrete Ausformung): Manche Ausgestaltungen der Stempelköpfe, die sich aus den Stempelabdrücken rekonstruieren lassen, sind ungewöhnlich: Sehr schmal ausgeformte Stege müssen mit einem verhältnismäßig hohen Abstand von der Stempelgrundplatte (Stempelsockel bzw. Stempelkorpus) hergestellt worden sein. Wäre dem nicht so, wären wie bereits erwähnt Randabdrücke der Stempelkorpusse auf dem Diskos auszumachen.

Wirklich ungewöhnlich und bemerkenswert sind die winzigen Ausmuldungen an manchen Stempelmotiven des Diskos: Sie wirken stellenweise so, als könnten sie bei einer Nachbearbeitung des Diskos entstanden sein, indem kleine , von den Stempelköpfen herrührende Vertiefungen, die nach Einstempelung nicht das gewünschte Ergebnis lieferten, mit einem zahnstocherartigen Modellierhölzchen nachvertieft wurden.
Auf dem Diskos befinden sich wie mit einem Hölzchen eingestochene Punktungen (z.B. Randbereich Seite A und B.).
Solche Nachbearbeitung an den Stempelungen ist jedoch in den meisten Fällen eindeutig auszuschließen: Die winzigen Muldungen z.B. am Kreismotiv ["Schild"] mit 7 symmetrischen Muldungen sind von gestempeltem Symbol zu gestempeltem Symbol deckungsgleich. Das spricht dafür, dass die Scharfkantigkeit und Ausformung dieser Muldungen erzeugenden Stempelkopfbereiche bereits am Stempelkopf vorhanden war und das ist eben ungewöhnlich:
Diese Machart könnte der "Fernwirkung" und guten Lesbarkeit des Diskos geschuldet sein in einer sehr hellen Umgebung.
Der Bildhauer des Kreissymbols hätte den Stempelkopf für dieses Symbol ["Schild"] wesentlich einfacher gestalten können, wenn er die Muldungen des Kreismotivs am Stempelkopf ausgebildet hätte, statt sie erhaben auszuformen: Dann wären am gestempelten Kreismotiv im Ton keine Ausmuldungen im Kreissymbol entstanden, sondern erhabene Aufformungen (die auch markanter zu den Darstellungen eines Schildes passen würden (Schildbuckel); siehe Positiv/Negativ.
Sofern der damalige Bildhauer des Stempels mit dem Kreismotiv aus rein ästhetischen Gründen gehandelt haben sollte, kann in dieses Symbol auch weiterhin als Option ein Schild interpretiert werden. Sollte dem nicht so sein, stellt dieses Symbol jedoch vielleicht etwas anderes als einen Schild dar.
Zumindestens ist an diesem Symbol abzulesen, dass sich der Bildhauer mehr Arbeit als theoretisch notwendig gemacht hat und das dies einen speziellen Grund gehabt haben muss (wie bereits erwähnt z.B. möglicherweise eine bessere Lesbarkeit nach Stempelung).

Ähnliches lässt sich auch an manchen anderen, in den Diskos eingestempelten Symbolen ablesen.
Manche der eingestempelten Symbole auf dem Diskos erwecken sogar den Eindruck, dass es sich um eine Treibarbeit (möglicherweise bildhauerische Bearbeitung von Goldplättchen) gehandelt haben könnte (das kommt potenziell auch für das Kreissymbol als Option in Betracht): Wieder sind hier der Grund für diese Annahme die ungewöhnlichen (und zahlreichen) Muldungen z.B. an dem floralen Blattwerk auf dem Diskos, die nicht unbedingt zu der für die Antike typischen Machart vieler Siegelmotive passen (Positiv/Negaitv teilweise vertauscht zwischen Stempelkopf und gestempeltem Motiv):
Sollen solche Muldungen im Stempelergebnis an einen Stempelkopf schnitzend und schabend angearbeitet werden (z.B. in Knochen, Speckstein oder etwa Edelstein wie Jaspis) ist das eine extrem filigrane und entsprechend aufwändige Arbeit.
Würde ein Goldplättchen ausgetrieben, das anschließend z.B. auf eine Grundplatte aufgelötet wird, würde das Goldplättchen zum Eintreiben der Muldungen einfach umgedreht (sofern das verwendete Goldmaterial aufgrund seiner Machart und Materialeigenschaften solch filigrane Treibarbeiten zulässt.

Absonderlich ist deshalb die Machart mancher in den Diskos eingebrachten Stempelsymbole.

Nur einmal angenommen (was für die anvisierte Zeit der Herstellung des Diskos nach meiner ersten Einschätzung ungewöhnlich wäre), es käme eine weitere Herstellungsmöglichkeit für die Stempel in Betracht, mit denen der Diskos bestempelt wurde, wie würde diese Herstellungsmöglichkeit aussehen?
Eine Möglichkeit, die zumindestens argumentativ in Betracht gezogen werden sollte ist die folgende, sie passt wesentlich zum Gesamterscheinungsbild mancher gestempelten Symboltypen auf dem Diskos:

Ein Gemmenbildhauer fertigt in Ton Rohlinge eines Stempelkopfs an (z.B. kreisrundes Scheibens ["Schild"] mit 7 symmetrischen Einmuldungen). Die Muldungen des Symbols lassen sich dann einfach mit einem Stäbchen in den frischen Ton drücken.
Anschließen wird von der modellierten Vorlage unter Einhaltung bestimmter Arbeitsschritte ein Abguss hergestellt (Negativ). Für einen solchen Abguss kämen theoretisch verschiedene Materialien in Frage wie z.B. Gips (gipsartige Massen kannten bereits die Alten Ägypter).
Inwieweit Abformungen aus frisch modellierten Ton aufgrund der Wasserverdampfung bei solch kleinen Motiven wie den Stempelungen des Diskos evtl. mit flüssigen Metallen möglich sind, bzw. waren (z.B. Gold oder Bronze) kann ich aktuell ohne weitere und entsprechend aufwändige (kostenintensive) Experimente und Rücksprache mit Experten nicht beurteilen. Vielleicht gibt es hier im Forum jemanden, der sich mit diesem Themenbereich auskennt (Goldschmiederei etc.)?

Jedoch steht eine weitere Option zur Herstellung von Stempelköpfen für den Diskos im Raum: Sie wäre als ungewöhnlich und unwahrscheinlicher zu erachten, aber deshalb (ohne weitere erhellende Experimente) nicht automatisch ausgeschlossen, denn sie passt für mich irgendwie zur allmählichen Entwicklung der Stempelkunst und Gemmenbildhauerei: Von bereits ausgehärtetem (gebranntem) Ton, der mit Stempelmodeln als Vorlage gestaltet ist, wird ein Stempelrohling abgenommen, indem der frische Ton in die ausgehärtet Vorlage (z.B. Motiv Schiff) gedrückt wird. Anschließend wird der abgeformte Stempel gründlich getrocknet und gebrannt. Anschließend kann der Stempel verwendet werden.
Ob diese Methodik für die auf dem Diskos von Phaistos vorhandenen, sehr kleinen und fein gearbeiteten Motive in Frage kommt, wäre auszuprobieren. Von der Keramik-Gießerei kennt man aber die Möglichkeiten auch feiner Abformungen mit flüssigen Ton- bzw. Porzellanmischungen.

Fazit: Nach den genannten Argumenten kann der Diskos von Phaistos den Eindruck erwecken, dass es sich bei der Anfertigung der Stempel um eine Verwendung von Mischtechniken gehandelt haben könnte.

Seite „Corpus der minoischen und mykenischen Siegel“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Mai 2022, 08:54 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =222575932 (Abgerufen: 5. Juli 2022, 10:31 UTC)

Seite „Gemme“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Februar 2022, 17:21 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =219834983 (Abgerufen: 5. Juli 2022, 10:29 UTC)

Seite „Minoische Kultur“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Juni 2022, 15:35 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224063402 (Abgerufen: 5. Juli 2022, 10:30 UTC)
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Pitassa »

Grüße dich Sculpteur,

obwohl es davon schon etliche gibt, werde ich in einem nächsten Beitrag einen eigenen Übersetzungsversuch der B-Seite des Diskos von Phaistos unternehmen. Bevor ich mich jedoch in dieses waghalsige linguistisch-literarische Abenteuer stürze, möchte ich hier mit Bezug auf Luigi Pernier noch einige eigene Annahmen hinsichtlich der Leserichtung des Textes formulieren.

Luigi Pernier, der Entdecker des Diskos von Phaistos, machte in Hinblick auf die Setzung des Textes und die Leserichtung desselben folgende Feststellungen :

[img]
Auszug aus : Luigi Pernier : Il Disco di Phaestos con Caretteri Pittografici. In : Ausonia, Vol. 3, Rom 1909, Seite 274. In Public Domain.
Auszug aus : Luigi Pernier : Il Disco di Phaestos con Caretteri Pittografici. In : Ausonia, Vol. 3, Rom 1909, Seite 274. In Public Domain.
[/img]

Auf den Seiten 272 - 274 trägt Pernier seine Ergebnisse hinsichtlich der von ihm rekonstruierten Setzung des Textes vor. Frei übersetzt definierte Pernier schließlich zur Leserichtung des Textes auf Seite 274 folgende Merkmale :

Die Inschrift des Diskos verläuft in der Richtung von links nach rechts. Die noch leere Spirale selbst zielt jedoch in die entgegen gesetzte Richtung. Dies darf jedoch nicht verwundern ... denn bei den Hethitern und Kretern wechselt sogar die Laufrichtung der Schrift von Zeile zu Zeile, jeweils von links nach rechts und rechts nach links (1).

Damit formulierte Pernier im Jahre 1909 hinsichtlich der Mach- und Lesart des Textes eine ebenso geistreiche wie auch weitreichende Feststellung. Erst 1931 bestätigte der Hethitologe Ignace Gelb, dass die hethitische Hieroglyphenschrift, ebenso wie die Mykenische, in der Regel Boustrophedon abgefasst sei, also wie der Ochse auf dem Feld von Zeile zu Zeile die Richtung wendet (2).
Pernier stellte schon eingangs fest, dass zunächst die noch leere Spirale von außen nach innen gehend angelegt wurde, der darin dann hineingesetzte Text aber von innen nach außen gehend zu lesen ist (3). Dies sagt er wenig später erneut : Die Abfolge der eingestempelten Figuren dahingegen geht (vom Zentrum) zur Peripherie hin und wurde bis zur Naht vorangetrieben, an welcher die Spirale endet. Dabei folgt die Richtung der Schrift der Blickrichtung der Tiere (und Menschen) (4).

Auch Arthur Evans folgte zunächst dieser weitsichtigen, durch Luigi Pernier begründeten Auffassung, gab sie dann jedoch zugunsten eines von Alessandro Della Seta formulierten Standpunktes auf (5). Obwohl ich Evans in diesem Punkt nicht folgen kann und mich zumeist auf die B_Seite beziehen werde, präsentiere ich im Anhang nun zudem die von ihm fotografierte A_Seite des Diskos, denn hinsichtlich der Machart scheint mir auf dieser Darstellung manches deutlicher hervorzutreten (6). Die von Evans selbst durchgeführte Nummerierung negiert bereits die von Luigi Pernier erzielten Ergebnisse.

Des weiteren möchte ich hier abschließend noch das Bild eines vergleichbaren Artefaktes vorstellen, welches 1992 in dem Fundament eines Hauses gefunden wurde. Der Fundort ist Wladikawkas am Terek, doch der Herstellungsort dieses fragmentarisch erhaltenen Diskos dürfte vermutlich in Iolkos oder Abdera in Thessalien zu suchen sein. Meines Erachtens nach könnte er im Zuge der Fahrt des Iason zu den Kolchern nach Georgien gekommen sein. Ungeachtet dieser Annahmen weist dieses Fragment eines Diskos zweifellos dieselbe Schrift wie der Diskos von Phaistos auf und sei hier daher als bedeutendes Vergleichsobjekt eingeführt.

The Disc of Vladikavkaz. Quelle : Luwian Studies # 0508, mit freundlicher Genehmigung
Dateianhänge
Fragment des Diskos von Wladikawkas. Quelle : Luwian Studies 2019, Objekt # 0508. Mit freundlicher Genehmigung der Luwian Studies.
Fragment des Diskos von Wladikawkas. Quelle : Luwian Studies 2019, Objekt # 0508. Mit freundlicher Genehmigung der Luwian Studies.
Die A-Seite des Diskos von Phaistos. Quelle : Arthur Evans : The Phaistos Disk in its Minoan Relations. In : The Palace of Minos at Knossos, Bd. 1, London 1921, S. 650, Fig. 482. In Public Domain.
Die A-Seite des Diskos von Phaistos. Quelle : Arthur Evans : The Phaistos Disk in its Minoan Relations. In : The Palace of Minos at Knossos, Bd. 1, London 1921, S. 650, Fig. 482. In Public Domain.
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos

Beitrag von Sculpteur »

Hallo Pitassa,

ich bin gespannt auf Deinen Übersetzungsansatz.
Trotz vieler bisheriger erfolgter Übersetzungsversuche des Diskos haben weitere fundierte Übersetzungsversuche ihre Berechtigung. Wir wissen, dass die Informationslage zum Diskos schmal ist und bisherige Übersetzungsargumente schwierig nachzuweisen sind (bisher unentzifferte Linear A).

Sehr interessant in diesem Zusammenhang ist der von Dir gepostete Hinweis zum Fragment des Diskos von Wladikawkas.

Die Similaritäten mancher Symbole sowie die gesamte Machart des Fragmentes sind erstaunlich in ihrer Übereinstimmung mit dem Diskos von Phaistos.

Ziehe ich das Fragment des Diskos von Wladikawkas als potenzielles direktes Vergleichsstück heran, kann ich mir allerdings schwer weiterhin vorstellen, dass es sich bei den Kreisrunden und mit innenliegenden Punkten versehenen Symbolen sowohl auf dem Diskos von Phaistos als auch auf dem Fragment des Diskos von Wladikawkas zwangsläufig um "Schilde" im konkreteren Sinne handeln muss (ausgeschlossen ist das bei meiner nachfolgenden Interpretation dieser Symbole allerdings keinesfalls, denn Schilde könnten auch nach meiner aus dem Hemdsärmel geschüttelten Interpretation damals so bemalt, bzw. verziert worden sein):

Die kreisrunden Symbole mit darin befindlichen Punkten sowohl auf dem Diskos von Phaistos als auch auf dem Fragment des Diskos von Wladikawkas könnten sich von der ursprünglichen Entstehung ihrer Symbolik her auf mathematische Zusammenhänge (Zeitangaben) beziehen.
Darauf komme ich überhaupt, weil sich auf dem Fragment des Diskos von Wladikawkas Kreissymbole mit unterschiedlichen Anzahlen von Punktungen finden lassen.
Diese Interpretation würde allerdings nicht automatisch etwas über den potenziellen Lautzusammenhang dieser Symbole aussagen (komplexerer tradierter Assoziationszusammenhang in der Entstehung und Verwendung einer Sprache, Entfremdung von Symbolsprache hin zu Symbolen als "Statthalter" für Lautzusammenhänge):

Interpretationsmöglichkeiten:
Kreissymbol mit 7 innenliegenden Punkten = 7 Tage (bzw. ggf. auch 7 Personen, bzw. 7 Gottheiten jeweils eine Gottheit für einen spezifischen Tag).
Diese Interpretation würde zur altägyptischen Darstellungsweise von personifizierten Gottheiten passen, die ihre Atribute (z.B. kronenartig) auf dem Kopf tragen: Auf dem Fragment des Diskos von Wladikawkas existieren tatsächlich solche Symbole bzw. Symbolgruppen bei denen es so wirkt, als würde eine Person ein bestimmtes kreisrundes Symbol auf dem Kopf tragen.

Nur mal angenommen, diese Interpretation würde stimmen, dann wäre der naheliegende mathematische Zusammenhang sehr einfach und auch konform mit Ockhams Rasiermesser ableitbar:

7 Tage = 1 Woche
28 Tage = 4 Wochen = 4 x 7 Tage

Diese Konstellation zwischen Wochentagen und Mon(d)naten passt nicht zu den tatsächlichen Umlaufbahneigenschaften des Mondes im physikalischen Sinne, sind jedoch in unseren Gesellschaften seit Beginn der Aufzeichnung von Naturbeobachtungen verankert und tradiert, sehr wahrscheinlich auch beeinflusst dadurch, weil sie (ungefähr durchschnittlich) zum Menstruationszyklus der Frau passen [4].

1 Woche = 7 Tage

Interessant ist dieser Zusammenhang jedenfalls, weil sich auf dem Diskos von Phaistos ein sehr spezielles Symbol befindet, dass sich eindeutig in diesen Reigen einfügt:
Auf festgelegter Seite B des Diskos, etwas oberhalb der horizontalen Mittellinie, ganz rechts am Rand des Diskos befindet sich ein Symbol in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit darin befindlichen Punkten. Die Punktungen in diesem Symbol sind auf dem Diskos nicht sehr sauber ausgeführt, an einer gründlich gearbeiteten Seite des Symbols lassen sich aber exakt 7 Punktungen (Einmuldungen) abzählen. Da es sich beim Symbol um ein gleichseitiges Dreiecks handelt, kann angenommen werden, dass das Dreieck eine quasi-Kantenlänge von 7 x 7 x 7 Punktungen enthält.
Wenn dem ursprünglich so war, hätten wir es also mit einem gleichseitigen Dreieck mit darin befindlichen summierten 28 Punktungen zu tun. Dies, weil das mathematische Prinzip der Entstehung dieser Punktungen dann sehr wahrscheinlich Bezug auf die Entwicklungseigenschaften der sog. Dreieckszahlen nimmt:
Die Reihe der Dreieckszahlen [1] lässt sich aus der grundlegenden Arithmetik des Zahlenraums der natürlichen Zahlen mit einfachen Mitteln ablesen und entspricht einem der wesentlichsten mathematischen Grundlagen, nach denen die Eigenschaften der (natürlichen) Zahlen festgelegt sind (siehe z.B. auch pascalsches Dreieck [6]). Die mathematischen Zusammenhänge der Reihe der Dreiedckszahlen gehören zu den wesentlichsten und ursprünglichsten, die der Mensch vor vielen Jahrtausenden überhaupt erkunden konnte und auch erkundet hat.

Die ersten 7 Zahlen der Reihe der Dreieckszahlen lauten:
1, 3, 6, 10, 15, 21, 28 ...

Interessant ist nun im Vergleich zwischen dem kreisrunden Symbol mit 7 innenliegenden Punktungen und dem Symbol des gleichseitigen Dreiecks mit (vermutlich) ursprünglich 28 darin liegenden Punktungen, dass die Berechung 4 x 7 den Zahlenwert 28 ergibt:

4 x 7 = 28

weil: 1+2+3+4+5+6+7 = 28

Aus diesen angenommenen Gesamtzusammenhängen könnte also abgeleitet werden, dass es sich bei dem auf dem Diskos befindlichen kreisrunden Symbol um eine symbolisierte Sonnen- (oder ggf. Mondscheibe?) handelt.
Das wäre im Hinblick auf frühzeitliche und antike Darstellungen von Gottheiten nichts ungewöhnliches, siehe die Darstellungen der als Sonnescheibe symbolifizierten altägyptischen Gottheit Aton [3] mit ihren 14 (also 2 x 7) Sonnenstrahlen.

Die Kreisfigur als quasi übergeordnete (und beherrschende) Formgestalt (Figur) begegnete dem Menschen seit jeher in Gestalt der Sonnenscheibe und partiell (je nach Mondphase) in Form der voll ausgebildeten Mondscheibe.

Nun zu der Frage, ob es sich bei den besprochenen kreisrunden Symbolen dennoch im ursprünglichen Sinne um Schilde handeln könnte: Ich denke, dass dies definitiv möglich ist: Der kreisrunde Schild als solcher weist ja von der Formgebung her einen eindeutigen Bezug zur Sonnenscheibe (und Mondscheibe) auf. Es ist nicht schwer vorstellbar, allerdings eben eine Spekulation, dass entsprechend verzierte Schilde in der Frühzeit entsprechend bemalt und herumgezeigt wurden (z.B. indem man sie über den Kopf hielt, damit umherstehende sie gut sehen konnten (oder sie eben auch als Schmückung der eigenen Person oder z.B. als Verzierung für eine Wand nutzte).
Der Schild als Symbolisierung für Naturzusammenhänge, die interpretierend mit personifizierten Gottheiten in Verbindung gebracht wurden, ist naheliegend und Schilde wurden - wie wir wissen - in verschiedenen Kulturen häufig wie eine Art "Malgrund" und ohnehin als repräsentatives Objekt verwendet.

Dreieckszahlen (strukturelle Entstehung):
x [Gesamtsumme = 1] (1)
xx [Gesamtsumme = 3] (2)
xxx [Gesamtsumme = 6] (3)
xxxx [Gesamtsumme = 10] (4)
xxxxx [Gesamtsumme = 15] (5)
xxxxxx [Gesamtsumme = 21] (6)
xxxxxxx [Gesamtsumme = 28] (7)

Quellen Wikipedia:
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Seite „Dreieckszahl“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. April 2022, 16:17 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =221784081 (Abgerufen: 9. Juli 2022, 09:20 UTC)
[2]
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