Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
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Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Weiter oben wurde hier von mir der von Luigi Pernier begründete Standpunkt übernommen, wonach der Diskos von Phaistos von links nach rechts und damit also von innen nach außen, vom Zentrum zur Peripherie hin gehend, zu lesen ist (1).
Ebenso bedeutend für die auf dem Diskos überlieferte Erzählung ist jedoch auch die Datierung des Alters desselben, denn erst darüber lässt sich der chronologische Hintergrund des Textinhaltes näher eingrenzen und bestimmen. Genau hier jedoch wird der von Pernier dazu vertretene Standpunkt, wonach der Diskos von Phaistos der Epoche des späten Mittleren Minoikums (MM III) zuzuordnen und damit in die Zeit zwischen 1700 - 1600 v. Chr. zu setzen sei, als wissenschaftlich überholt bezeichnet. Einige der wichtigsten Argumente für eine deutlich spätere Datierung des Zeitpunktes der Entstehung und Niederlegung des Diskos von Phaistos lieferte Pernier selbst. Daher werden diese hier nun nochmals wie folgt vorgetragen :
Als Begründung dafür, dass der Diskos von Phaistos "della fine del medio periodo minoico" (1700 - 1600 BC) zu datieren sei, gibt Pernier an, dass der Raum 8, in welchem der Diskos gefunden worden ist, zu einem Gebäudekomplex gehört, welcher in der Ersten und Zweiten Palastzeit errichtet worden ist (2). In seinem umfassenden Abschlussbericht des Jahres 1935 räumt er jedoch ein : "Il vasellame trovato nell' edificio [XL 101] del disco, è in predominanza degli ultimi tempi MM [Middle Minoan III], ma nello strato più superficiale si vide mescolato con frammenti tardo-minoici [Late Minoan III] e persino ellenici, ... ." (3) Der den Fundort bildende Gebäudekomplex war also mit Gebäudeteilen durchsetzt, welche im Späten Minoikum (LM III) errichtet worden sind. Diese spätminoischen Gebäudeteile sind in seinem 1935 publizierten Bericht stets hellgrau schraffiert dargestellt und durchziehen den Fundort von Ost nach West gehend (4). Der genaue, 1908 dokumentierte Fundort, Raum 8 des Gebäudes XL 101 des Palastes zu Phaistos, zeigt diese helle Schraffierung noch nicht, sei hier aber im Anhang vorgestellt.
Die von Pernier zunächst über das Alter des Gebäudes vorgenommene Datierung hängt also und tatsächlich ist es ein Beifund, welcher letztlich zur damaligen Datierung des Diskos geführt hat. Wie sich aus dem 1908 erstellten Lageplan ergibt, wurde im Raum 8 des Gebäudes XL 101 nicht nur der Diskos, sondern auch eine in Linear A abgefasste Tontafel gefunden (5). Die Fundstelle der in Linear A abgefassten Tontafel ist mit einem Kreuz + markiert, die des Diskos mit einem Stern * gekennzeichnet. Über diese ebenfalls im Raum 8 des Gebäudes XL 101 aufgefundene Linear A Tafel wurde der Diskos von Phaistos schließlich in die Epoche des späten Mittleren Minoikum (MM III) datiert (6). Auch Arthur Evans pflichtete dieser Datierung Perniers bei un bemerkte : The Tablet with Inscription of Linear A would bring down the date of the Disk to an advanced stage of M.M. III (Middle Minoan III) (7). Tatsächlich kam die minoische Linear A Schrift bereits zwischen 1700 und 1600 v. Chr. in Benutzung, doch diese Tafel kann unmöglich als Schlußstück des Depots fungieren, denn chronologisch ist sowohl die Fundlage, als auch das zweite Fundstück, nämlich der Diskos von Phaistos, in eine deutlich spätere Zeit zu datieren. Auch hierzu führte erneut Pernier selbst drei entscheidende Argumente ins Feld.
Erstens bemerkt er 1909 zu der auf Seite 287, Nr. 22 vorgestellten Rosette, welche das Zentrum der A-Seite des Diskos von Phaistos bildet, dass dieses Motiv erst "Nell' arte minoica, specialmente del tardo periodo (minoico) [LM I-III]" in Benutzung gekommen sei und verweist diesbezüglich auf eine steinerne Opferschale (8). Diese steinerne Opferschale wurde ebenfalls zu Phaistos im Raum 8 des Gebäudes XL 101 gefunden und trägt auf der Seitenwand mittig dieselbe Rosette wie das Zentrum der A-Seite des Diskos. In seinem 1935 erschienen Abschlussbericht ist diese steinerne Opferschale S. 227, Fig. 105 abgebildet und mit der Datierung "di epoca tardo minoica I" versehen. Als Fundort ist Raum 8 angegeben, jener Raum also, in welchem auch der Diskos von Phaistos entdeckt wurde. Der Innendurchmesser der Schale beträgt 9,5 cm, der von Längsseite zu Längsseite gemessene Außendurchmesser beträgt 11,5 - 12 cm (9). Diese Opferschale wurde von Pernier in die Zeit zwischen 1600 und 1450 v. Chr. datiert und trägt dasselbe Motiv wie der Diskos von Phaistos. Zudem wurde sie in demselben Raum wie dieser aufgefunden, aber nicht verzeichnet, wie es sich für bedeutende Fundstücke gehört. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass der Diskos selbst regelmäßig auf dieser Schale abgelegt wurde, damit er seine Form behält. Beide Artefakte gehören schon der gemeinsamen Motivwahl zueinander ins Verhältnis gesetzt. Daher wird diese spätminoische Schale hier ebenfalls im Anhang gezeigt.
Zweitens erkannte Pernier bereits 1909, S. 281, Nr.6 direkt, dass es sich bei dem auf dem Diskos häufig wiederkehrenden Piktogramm des Irokesen um einen Angehörigen der Philister handeln wird und bemerkte dazu : "Invece una soprendente, somiglianza con le teste piumate del disco di Phaesto, offrono le teste dei Pulesatha o Filistei i quali, vinti e fatti prigionieri dal Faraone Ramses III (verso il 1200 a.C.) si veggono scolpiti sulle pareti del tempio di Medinet Habu." (10) Auch Arthur Evans erkennt deutlich die Parallele zwischen dem mehrfach auf dem Diskos gezeigten Ideogramm des Irokesen und den Philistern des Seevölkersturmes und datiert dieses Ereignis ebenfalls in die Zeit um 1200 v. Chr. (11). Doch hier durchbrach der ansonsten sehr profunde Pernier die dazu bereits recht bekannte Chronologie und behauptete, dass die Philister bereits seit dem 16. Jahrhundert v. Chr. von Kreta aus das Meer in Richtung Palästina durchquert hätten (12). In diesem Punkt wurde Pernier bereits von seinen Zeitgenossen, so etwa Paul Feuerherd, klar widerlegt (13). Der auf dem Diskos gezeigte Philister gehört demnach der Zeit der Trojanischen Kriege, sowie Ramses III. und des Heli sacerdos an und ist in die Zeit kurz nach 1200 v. Chr. zu datieren.
Eine besondere Bedeutung bringt hinsichtlich der chronologischen Datierung des Diskos von Phaistos die konkrete Fundsituation mit sich. Über diese berichtet Pernier : "a circa m. 0,55 sopra il fondo roccioso di esso, in mezzo a terra ... e frammenti ceramici, si è rinvenuto un disco di terracotta." (14). Der Diskos von Phaistos wurde demnach also in einer Tiefe von nur etwa 50 cm unterhalb des Bodeniveaus entdeckt ! Dies entspricht aber nicht etwa dem Stratum der Epoche des späten Mittleren Minoikums (MM III), sondern der Kulturschicht des ausgehenden Späten Minoikums (LM III). Beachtet man diese sehr geringe Tiefe der Grabung, so gehört der Diskos von Phaistos, dem Stratum der Fundsituation entsprechend, nicht etwa der Zeit zwischen 1700 - 1600 v. Chr. an, sondern ist in die Zeit zwischen 1400 - 1100 v. Chr. zu datieren. Dies gilt es inzwischen umso mehr zu beachten, denn als die 1939 publizierten Ergebnisse des Archäologen Spyridon Marinatos zur Auswirkung des Ausbruchs des Vulkanes Thera auf der Ägäis Insel Santorin von der Fachwelt anerkannt wurden, war die Existenz der "Tephra" genannten Ascheschicht für Archäologen ein wichtiges Faktum (15). Marinatos datierte den Ausbruch des Thera in die Zeit um 1500 v. Chr. und der Diskos von Phaistos wurde im obersten Stratum, oberhalb dieser Ascheschicht gefunden. Daher ist er nach fachlichen Gesichtspunkten in die Epoche des Späten Minoikums (LM III) zu setzen und datiert somit in die Zeit zwischen 1400 - 1100 v. Chr.
Ebendiese Kritikpunkte wurden 1962 in zwei von dem Archäologen Kristian Jeppesen verfassten Aufsätzen veröffentlicht. Dieser kritisierte insbesondere die Tatsache, dass das Stratum, in welchem der Diskos von Phaistos zutage gefördert wurde, nicht der Epoche MM III (1700 - 1600 BC) zugerechnet werden könne und formuliert zunächst : "The time of the deposition of the Phaistos Disk in the level in which it was found can lie between the end of MM III and the end of LM III, i.e. about 1600 to 1100 BC." (16) Im weiteren Abgleich der Faktenlage kommt er dann jedoch zu dem Schluss : "The Phaistos Disk cannot be earlier than about 1400 BC."(17) Diesem von Jeppesen vertretenen Standpunkt wird hier aus den oben genannten Gründen gefolgt und der Zeitpunkt der Herstellung und Niederlegung des Diskos von Phaistos in die Zeit zwischen 1400 und 1100 v. Chr. datiert. Zuletzt wurde der 1962 von Jeppesen vertretene Standpunkt einer solchen Spätdatierung durch Louis Godart bestätigt, welcher zu dem Ergebnis kam, dass der Diskos von Phaistos "chronologisch in die Zeit zwischen 1550 v. Chr. und dem Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. einzuordnen ist." (18) Da die Untersuchungen des Spyridon Marinatos zur Gewalt des Ausbruches des Thera Vulkanes und seine Ascheschicht dazu geführt haben, dass die Straten der Fundplätze der Ägäis durch eine solche, recht genau datierbare Schicht voneinander unterschieden werden können, darf die geringe Tiefe, in welcher der Diskos gefunden wurde, nicht unbeachtet bleiben. Deshalb wird hier im Anhang abschließend eine Skizze eingeführt, welche Jeppesen anhand einer von Enrico Stefani gefertigten Vorlage dazu fertigte (19).
Gruß in die Runde
Pitassa
Literaturverzeichnis :
(1) Pernier, Luigi : Il Disko di Phaestos con Caratteri Pittografici. In : Ausonia, Vol. 3, Rom 1909, S. 274. Online verfügbar unter : https://omnika.conscious.ai/library/aus ... ttografici sowie in den Internet Archive die Gesamtausgabe des 3. Bandes der Ausonia, Vol. 3, S. 255 - 302.
(2) Pernier, Luigi : Ebenda, S. 265.
(3) Pernier, Luigi : Il palazzo minoico di Festos, Vol. 1, Rom 1935, S. 356. Dieser selbstkritische Bericht erstreckt sich ebenda, S. 355 - 358. Siehe dazu auch : Ebenda, S. 49, Fig. 24, Übersichtsplan mit Legende Costruzioni posteriori, sowie die Detailansicht mit Gebäude XL 101, Ebenda, S. 355, Fig. 209.
(4) Pernier, Luigi : Il palazzo minoici di Festòs, Vol. 1, Rom 1935, S. 49, Fig. 24 u. S. 355, Fig. 209. Online verfügbar über die Volltexte der Uni-Heidelberg unter : http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pernier1935bd1 mit diversen Karten und Fotografien zum Fundort.
(5) Pernier, Luigi : Il Diskos di Phaestos con Caretteri Pittografici, Rom 1909, S. 257, Fig. 1 (Pianta della località dove fu trovato il disco)
(6) Pernier, Luigi : Ebenda, Rom 1909, S. 267, Fig. 10. (Die 1908 in Raum 8 aufgefundene Linear A Tafel)
(7) Evans, Arthur : The Phaistos Disk in its Minoan Relations. In : Evans, Arthur : The Palace of Minos at Knossos, Bd.1, London 1921, S. 649. Die Ausgabe ist online verfügbar unter : https://www.archive.org/details/palaceo ... ew=theater und geht detailliert auf den 1909 von Pernier verfassten Bericht ein.
(8) Pernier, Luigi : Ebenda, Rom 1909, S. 287, Nr. 22 (La Rosetta)
(9) Pernier, Luigi : Il palazzo minoico di Festos, Vol. 1, Rom 1935, S. 227, Fig. 105, Inv. Nr. C / 188 (Baccinella da offerte di Phaestos di epoca tardo-minoica I)
(10) Pernier, Luigi : Il Diskos di Phaestos con Caretteri Pittografici, Rom 1909. S. 281 - 282, Nr. 6 u. Fig. 13 (Filisteo di Medinet Habu).
(11) Evans, Arthur : Ebenda, S. 665 - 666.
(12) Pernier, Luigi : Ebenda, S. 283 (Filistei da Creta occupiamo ... la Palestina non solo dalla fine del seculo XVI al secolo XII a.C.)
(13) Feuerherd, Paul : Geoffrey of Monmouth und das Alte Testament, Halle 1915. Online als Volltext verfügbar in Internet Archive.
(14) Pernier, Luigi : Ebenda, S. 261 (Fundbericht zur Entdeckung des Diskos von Phaistos, vom 03.Juli 1908)
(15) Marinatos, Spyridon : The volcanic destruction of Minoan Crete. In : Antiquity, Vol. 13, Cambridge 1939, S. 425 - 439.
(16) Jeppesen, Kristian : Some remarks on the Archaelogical Placing of the Phaistos Disc. In : KULM, Arbog for Jysk Arkeologisk Selskab, Aarhus 1962, S. 182. Diese Beiträge sind online verfügbar unter : https://www.tidsskrift.dk/kuml/article/ ... 930/152880 und finden sich S. 157 - 180 zum Fundort und zur Fundlage in Raum 8, Gebäude XL 101, sowie S. 180 - 190 Bemerkungen zur Datierung.
(17) Jeppesen, Kristian : Ebenda, S. 188.
(18) Godart, Louis : Der Diskus von Phaistos - Das Rätsel einer Schrift der Ägäis, Heraklion 1995.
(19) Jeppesen, Kristian : En gammelkretisk Gade. Nogle bemaerkniger om Faistosskivens arkeologiske placering. In : KULM, Aarhus 1962, S. 160, Fig. 1 (Longitudinal section through room 8. Sketch intended to illustrate the position of the Phaistos disc.)
Ebenso bedeutend für die auf dem Diskos überlieferte Erzählung ist jedoch auch die Datierung des Alters desselben, denn erst darüber lässt sich der chronologische Hintergrund des Textinhaltes näher eingrenzen und bestimmen. Genau hier jedoch wird der von Pernier dazu vertretene Standpunkt, wonach der Diskos von Phaistos der Epoche des späten Mittleren Minoikums (MM III) zuzuordnen und damit in die Zeit zwischen 1700 - 1600 v. Chr. zu setzen sei, als wissenschaftlich überholt bezeichnet. Einige der wichtigsten Argumente für eine deutlich spätere Datierung des Zeitpunktes der Entstehung und Niederlegung des Diskos von Phaistos lieferte Pernier selbst. Daher werden diese hier nun nochmals wie folgt vorgetragen :
Als Begründung dafür, dass der Diskos von Phaistos "della fine del medio periodo minoico" (1700 - 1600 BC) zu datieren sei, gibt Pernier an, dass der Raum 8, in welchem der Diskos gefunden worden ist, zu einem Gebäudekomplex gehört, welcher in der Ersten und Zweiten Palastzeit errichtet worden ist (2). In seinem umfassenden Abschlussbericht des Jahres 1935 räumt er jedoch ein : "Il vasellame trovato nell' edificio [XL 101] del disco, è in predominanza degli ultimi tempi MM [Middle Minoan III], ma nello strato più superficiale si vide mescolato con frammenti tardo-minoici [Late Minoan III] e persino ellenici, ... ." (3) Der den Fundort bildende Gebäudekomplex war also mit Gebäudeteilen durchsetzt, welche im Späten Minoikum (LM III) errichtet worden sind. Diese spätminoischen Gebäudeteile sind in seinem 1935 publizierten Bericht stets hellgrau schraffiert dargestellt und durchziehen den Fundort von Ost nach West gehend (4). Der genaue, 1908 dokumentierte Fundort, Raum 8 des Gebäudes XL 101 des Palastes zu Phaistos, zeigt diese helle Schraffierung noch nicht, sei hier aber im Anhang vorgestellt.
Die von Pernier zunächst über das Alter des Gebäudes vorgenommene Datierung hängt also und tatsächlich ist es ein Beifund, welcher letztlich zur damaligen Datierung des Diskos geführt hat. Wie sich aus dem 1908 erstellten Lageplan ergibt, wurde im Raum 8 des Gebäudes XL 101 nicht nur der Diskos, sondern auch eine in Linear A abgefasste Tontafel gefunden (5). Die Fundstelle der in Linear A abgefassten Tontafel ist mit einem Kreuz + markiert, die des Diskos mit einem Stern * gekennzeichnet. Über diese ebenfalls im Raum 8 des Gebäudes XL 101 aufgefundene Linear A Tafel wurde der Diskos von Phaistos schließlich in die Epoche des späten Mittleren Minoikum (MM III) datiert (6). Auch Arthur Evans pflichtete dieser Datierung Perniers bei un bemerkte : The Tablet with Inscription of Linear A would bring down the date of the Disk to an advanced stage of M.M. III (Middle Minoan III) (7). Tatsächlich kam die minoische Linear A Schrift bereits zwischen 1700 und 1600 v. Chr. in Benutzung, doch diese Tafel kann unmöglich als Schlußstück des Depots fungieren, denn chronologisch ist sowohl die Fundlage, als auch das zweite Fundstück, nämlich der Diskos von Phaistos, in eine deutlich spätere Zeit zu datieren. Auch hierzu führte erneut Pernier selbst drei entscheidende Argumente ins Feld.
Erstens bemerkt er 1909 zu der auf Seite 287, Nr. 22 vorgestellten Rosette, welche das Zentrum der A-Seite des Diskos von Phaistos bildet, dass dieses Motiv erst "Nell' arte minoica, specialmente del tardo periodo (minoico) [LM I-III]" in Benutzung gekommen sei und verweist diesbezüglich auf eine steinerne Opferschale (8). Diese steinerne Opferschale wurde ebenfalls zu Phaistos im Raum 8 des Gebäudes XL 101 gefunden und trägt auf der Seitenwand mittig dieselbe Rosette wie das Zentrum der A-Seite des Diskos. In seinem 1935 erschienen Abschlussbericht ist diese steinerne Opferschale S. 227, Fig. 105 abgebildet und mit der Datierung "di epoca tardo minoica I" versehen. Als Fundort ist Raum 8 angegeben, jener Raum also, in welchem auch der Diskos von Phaistos entdeckt wurde. Der Innendurchmesser der Schale beträgt 9,5 cm, der von Längsseite zu Längsseite gemessene Außendurchmesser beträgt 11,5 - 12 cm (9). Diese Opferschale wurde von Pernier in die Zeit zwischen 1600 und 1450 v. Chr. datiert und trägt dasselbe Motiv wie der Diskos von Phaistos. Zudem wurde sie in demselben Raum wie dieser aufgefunden, aber nicht verzeichnet, wie es sich für bedeutende Fundstücke gehört. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass der Diskos selbst regelmäßig auf dieser Schale abgelegt wurde, damit er seine Form behält. Beide Artefakte gehören schon der gemeinsamen Motivwahl zueinander ins Verhältnis gesetzt. Daher wird diese spätminoische Schale hier ebenfalls im Anhang gezeigt.
Zweitens erkannte Pernier bereits 1909, S. 281, Nr.6 direkt, dass es sich bei dem auf dem Diskos häufig wiederkehrenden Piktogramm des Irokesen um einen Angehörigen der Philister handeln wird und bemerkte dazu : "Invece una soprendente, somiglianza con le teste piumate del disco di Phaesto, offrono le teste dei Pulesatha o Filistei i quali, vinti e fatti prigionieri dal Faraone Ramses III (verso il 1200 a.C.) si veggono scolpiti sulle pareti del tempio di Medinet Habu." (10) Auch Arthur Evans erkennt deutlich die Parallele zwischen dem mehrfach auf dem Diskos gezeigten Ideogramm des Irokesen und den Philistern des Seevölkersturmes und datiert dieses Ereignis ebenfalls in die Zeit um 1200 v. Chr. (11). Doch hier durchbrach der ansonsten sehr profunde Pernier die dazu bereits recht bekannte Chronologie und behauptete, dass die Philister bereits seit dem 16. Jahrhundert v. Chr. von Kreta aus das Meer in Richtung Palästina durchquert hätten (12). In diesem Punkt wurde Pernier bereits von seinen Zeitgenossen, so etwa Paul Feuerherd, klar widerlegt (13). Der auf dem Diskos gezeigte Philister gehört demnach der Zeit der Trojanischen Kriege, sowie Ramses III. und des Heli sacerdos an und ist in die Zeit kurz nach 1200 v. Chr. zu datieren.
Eine besondere Bedeutung bringt hinsichtlich der chronologischen Datierung des Diskos von Phaistos die konkrete Fundsituation mit sich. Über diese berichtet Pernier : "a circa m. 0,55 sopra il fondo roccioso di esso, in mezzo a terra ... e frammenti ceramici, si è rinvenuto un disco di terracotta." (14). Der Diskos von Phaistos wurde demnach also in einer Tiefe von nur etwa 50 cm unterhalb des Bodeniveaus entdeckt ! Dies entspricht aber nicht etwa dem Stratum der Epoche des späten Mittleren Minoikums (MM III), sondern der Kulturschicht des ausgehenden Späten Minoikums (LM III). Beachtet man diese sehr geringe Tiefe der Grabung, so gehört der Diskos von Phaistos, dem Stratum der Fundsituation entsprechend, nicht etwa der Zeit zwischen 1700 - 1600 v. Chr. an, sondern ist in die Zeit zwischen 1400 - 1100 v. Chr. zu datieren. Dies gilt es inzwischen umso mehr zu beachten, denn als die 1939 publizierten Ergebnisse des Archäologen Spyridon Marinatos zur Auswirkung des Ausbruchs des Vulkanes Thera auf der Ägäis Insel Santorin von der Fachwelt anerkannt wurden, war die Existenz der "Tephra" genannten Ascheschicht für Archäologen ein wichtiges Faktum (15). Marinatos datierte den Ausbruch des Thera in die Zeit um 1500 v. Chr. und der Diskos von Phaistos wurde im obersten Stratum, oberhalb dieser Ascheschicht gefunden. Daher ist er nach fachlichen Gesichtspunkten in die Epoche des Späten Minoikums (LM III) zu setzen und datiert somit in die Zeit zwischen 1400 - 1100 v. Chr.
Ebendiese Kritikpunkte wurden 1962 in zwei von dem Archäologen Kristian Jeppesen verfassten Aufsätzen veröffentlicht. Dieser kritisierte insbesondere die Tatsache, dass das Stratum, in welchem der Diskos von Phaistos zutage gefördert wurde, nicht der Epoche MM III (1700 - 1600 BC) zugerechnet werden könne und formuliert zunächst : "The time of the deposition of the Phaistos Disk in the level in which it was found can lie between the end of MM III and the end of LM III, i.e. about 1600 to 1100 BC." (16) Im weiteren Abgleich der Faktenlage kommt er dann jedoch zu dem Schluss : "The Phaistos Disk cannot be earlier than about 1400 BC."(17) Diesem von Jeppesen vertretenen Standpunkt wird hier aus den oben genannten Gründen gefolgt und der Zeitpunkt der Herstellung und Niederlegung des Diskos von Phaistos in die Zeit zwischen 1400 und 1100 v. Chr. datiert. Zuletzt wurde der 1962 von Jeppesen vertretene Standpunkt einer solchen Spätdatierung durch Louis Godart bestätigt, welcher zu dem Ergebnis kam, dass der Diskos von Phaistos "chronologisch in die Zeit zwischen 1550 v. Chr. und dem Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. einzuordnen ist." (18) Da die Untersuchungen des Spyridon Marinatos zur Gewalt des Ausbruches des Thera Vulkanes und seine Ascheschicht dazu geführt haben, dass die Straten der Fundplätze der Ägäis durch eine solche, recht genau datierbare Schicht voneinander unterschieden werden können, darf die geringe Tiefe, in welcher der Diskos gefunden wurde, nicht unbeachtet bleiben. Deshalb wird hier im Anhang abschließend eine Skizze eingeführt, welche Jeppesen anhand einer von Enrico Stefani gefertigten Vorlage dazu fertigte (19).
Gruß in die Runde
Pitassa
Literaturverzeichnis :
(1) Pernier, Luigi : Il Disko di Phaestos con Caratteri Pittografici. In : Ausonia, Vol. 3, Rom 1909, S. 274. Online verfügbar unter : https://omnika.conscious.ai/library/aus ... ttografici sowie in den Internet Archive die Gesamtausgabe des 3. Bandes der Ausonia, Vol. 3, S. 255 - 302.
(2) Pernier, Luigi : Ebenda, S. 265.
(3) Pernier, Luigi : Il palazzo minoico di Festos, Vol. 1, Rom 1935, S. 356. Dieser selbstkritische Bericht erstreckt sich ebenda, S. 355 - 358. Siehe dazu auch : Ebenda, S. 49, Fig. 24, Übersichtsplan mit Legende Costruzioni posteriori, sowie die Detailansicht mit Gebäude XL 101, Ebenda, S. 355, Fig. 209.
(4) Pernier, Luigi : Il palazzo minoici di Festòs, Vol. 1, Rom 1935, S. 49, Fig. 24 u. S. 355, Fig. 209. Online verfügbar über die Volltexte der Uni-Heidelberg unter : http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pernier1935bd1 mit diversen Karten und Fotografien zum Fundort.
(5) Pernier, Luigi : Il Diskos di Phaestos con Caretteri Pittografici, Rom 1909, S. 257, Fig. 1 (Pianta della località dove fu trovato il disco)
(6) Pernier, Luigi : Ebenda, Rom 1909, S. 267, Fig. 10. (Die 1908 in Raum 8 aufgefundene Linear A Tafel)
(7) Evans, Arthur : The Phaistos Disk in its Minoan Relations. In : Evans, Arthur : The Palace of Minos at Knossos, Bd.1, London 1921, S. 649. Die Ausgabe ist online verfügbar unter : https://www.archive.org/details/palaceo ... ew=theater und geht detailliert auf den 1909 von Pernier verfassten Bericht ein.
(8) Pernier, Luigi : Ebenda, Rom 1909, S. 287, Nr. 22 (La Rosetta)
(9) Pernier, Luigi : Il palazzo minoico di Festos, Vol. 1, Rom 1935, S. 227, Fig. 105, Inv. Nr. C / 188 (Baccinella da offerte di Phaestos di epoca tardo-minoica I)
(10) Pernier, Luigi : Il Diskos di Phaestos con Caretteri Pittografici, Rom 1909. S. 281 - 282, Nr. 6 u. Fig. 13 (Filisteo di Medinet Habu).
(11) Evans, Arthur : Ebenda, S. 665 - 666.
(12) Pernier, Luigi : Ebenda, S. 283 (Filistei da Creta occupiamo ... la Palestina non solo dalla fine del seculo XVI al secolo XII a.C.)
(13) Feuerherd, Paul : Geoffrey of Monmouth und das Alte Testament, Halle 1915. Online als Volltext verfügbar in Internet Archive.
(14) Pernier, Luigi : Ebenda, S. 261 (Fundbericht zur Entdeckung des Diskos von Phaistos, vom 03.Juli 1908)
(15) Marinatos, Spyridon : The volcanic destruction of Minoan Crete. In : Antiquity, Vol. 13, Cambridge 1939, S. 425 - 439.
(16) Jeppesen, Kristian : Some remarks on the Archaelogical Placing of the Phaistos Disc. In : KULM, Arbog for Jysk Arkeologisk Selskab, Aarhus 1962, S. 182. Diese Beiträge sind online verfügbar unter : https://www.tidsskrift.dk/kuml/article/ ... 930/152880 und finden sich S. 157 - 180 zum Fundort und zur Fundlage in Raum 8, Gebäude XL 101, sowie S. 180 - 190 Bemerkungen zur Datierung.
(17) Jeppesen, Kristian : Ebenda, S. 188.
(18) Godart, Louis : Der Diskus von Phaistos - Das Rätsel einer Schrift der Ägäis, Heraklion 1995.
(19) Jeppesen, Kristian : En gammelkretisk Gade. Nogle bemaerkniger om Faistosskivens arkeologiske placering. In : KULM, Aarhus 1962, S. 160, Fig. 1 (Longitudinal section through room 8. Sketch intended to illustrate the position of the Phaistos disc.)
- Dateianhänge
-
- Quelle : Kristian Jeppesen, En gammelkretisk Gade. Nogle bemaerkniger om Faistosskivens arkeologiske placering. In : KULM, Aarhus 1962, S. 160, Fig. 1, Sketch intended to illustrate the position of the Phaistos disc. K[ristian] J[eppesen] nach einer Vorlage von Enrico Stefani. Creative Commons CC BY-NC-ND.
Zuletzt geändert von Pitassa am 12.07.2022 11:05, insgesamt 20-mal geändert.
"Habe keine Angst vor Büchern, ungelesen sind sie völlig harmlos." Unbekannt
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Pitassa,
zur Frage nach der Datierung des Diskos fällt mir folgendes auf:
Die Machart mancher Symbole auf dem Diskos von Phaistos wären (relativ) starke Indizien für eine zeitliche Zuordnung. Beispiele Bienenstock-Symbol und Schiffssymbol bzw. Bootssymbol.
Interessant in diesem Zusammenhang wäre, ob man überhaupt ungefähr festlegen könnte, wann solchartige Bienenstöcke und Schiffs- bzw. Bootstypen erstmals nachweislich in Erscheinung traten...
zur Frage nach der Datierung des Diskos fällt mir folgendes auf:
Die Machart mancher Symbole auf dem Diskos von Phaistos wären (relativ) starke Indizien für eine zeitliche Zuordnung. Beispiele Bienenstock-Symbol und Schiffssymbol bzw. Bootssymbol.
Interessant in diesem Zusammenhang wäre, ob man überhaupt ungefähr festlegen könnte, wann solchartige Bienenstöcke und Schiffs- bzw. Bootstypen erstmals nachweislich in Erscheinung traten...
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Falls es sich bei dem auf dem Diskos von Phaistos verfassten Text um eine Hymne, bzw. einen Text im Sinne eines Zyklus handeln sollte (Der Begriff "Zyklus" wird meines Wissens erst für in späteren Zeiten verfasste Texte und eher für Gedicht-Texte verwendet und ist ggf. auch auf bestimmte Regionen bezogen), dann wäre vom sprachwissenachaftlichen her für die Analyse des Diskos von Phaistos der (sprachwissenschaftliche) Duktus, also der Schreibstil (und damit Sprachstil) des schreibend überliefernden interessant.
Bei einer Hymne kann mit gewisser Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass die Anrufung ein und derselben Person (oder Sache) synonymisch wiederholt verwendet wurde.
Interessant an dem Diskos von Phaistos sind deshalb sich häufig wiederholende Zeichengruppen, da sie Silbenbestandteil eines bestimmten Wortes oder eigenständiges Wort sein können.
Quellen:
Seite „Duktus (Sprachwissenschaft)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Januar 2022, 04:06 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =219152204 (Abgerufen: 12. Juli 2022, 09:30 UTC)
Seite „Hymne“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. Juni 2022, 05:58 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223736605 (Abgerufen: 12. Juli 2022, 09:30 UTC)
Seite „Gedichtzyklus“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Januar 2022, 04:45 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =218769389 (Abgerufen: 12. Juli 2022, 09:32 UTC)
Bei einer Hymne kann mit gewisser Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass die Anrufung ein und derselben Person (oder Sache) synonymisch wiederholt verwendet wurde.
Interessant an dem Diskos von Phaistos sind deshalb sich häufig wiederholende Zeichengruppen, da sie Silbenbestandteil eines bestimmten Wortes oder eigenständiges Wort sein können.
Quellen:
Seite „Duktus (Sprachwissenschaft)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Januar 2022, 04:06 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =219152204 (Abgerufen: 12. Juli 2022, 09:30 UTC)
Seite „Hymne“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. Juni 2022, 05:58 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223736605 (Abgerufen: 12. Juli 2022, 09:30 UTC)
Seite „Gedichtzyklus“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Januar 2022, 04:45 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =218769389 (Abgerufen: 12. Juli 2022, 09:32 UTC)
Zuletzt geändert von Sculpteur am 12.07.2022 11:42, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Sculpteur,
meinen Dank für deinen Hinweis auf die Definition des Begriffes Zyklus !
Zur stilisierten Verwendung des Ideogramms des Schiffes (naus) werde ich später noch kommen. Auf eine chronologische Bestimmung mochte ich im vorangegangenen Beitrag aber nicht näher eingehen, denn ich hatte leider keine Zeit, mich in dieser Angelegenheit mit dieser wichtigen Frage näher zu befassen.
Zum Piktogramm des Schiffes weiß ich im Grunde nur zu berichten, dass es diese hochbordigen Schiffe in Akrotiri, also vor dem Ausbruch des Thera, offenbar noch nicht gab. Der von Spyridon Marinatos untersuchte Ring des Minos scheint der erste sichere Beleg dafür zu sein, dass die minoischen Mykener mit hochbordigen Schiffen zur See fuhren. Aber es gibt auch Gemmen der minoischen und mykenischen Zeit, welche mitunter ebenfalls hochbordige Schiffe mit steilem Heck, oder aber auch steilem Bug zeigen. Die Datierung ist zumeist ungenau bzw. nicht vorhanden. Es soll aber eine Abhandlung geben, aus welcher eindeutig hervorgeht, dass die hochbordigen Schiffe von der Art des auf dem Diskos gezeigten Typs erst in der spätminoischen Zeit (LM III), also ab 1450 v. Chr. aufkamen. Leider habe ich für eine zufriedenstellende Klärung dieser Frage aber bislang keine Zeit gefunden.
Die Rosette und die allgemeine Anerkennung der Identität des auf dem Diskos eingeprägten Irokesen mit den Philistern zur Zeit des Seevölkersturmes sind schon mal ein guter Einstieg, finde ich. Eigentlich ja beides Bildzeichen der A-Seite des Diskos ... .
Gruß Pitassa
meinen Dank für deinen Hinweis auf die Definition des Begriffes Zyklus !
Zur stilisierten Verwendung des Ideogramms des Schiffes (naus) werde ich später noch kommen. Auf eine chronologische Bestimmung mochte ich im vorangegangenen Beitrag aber nicht näher eingehen, denn ich hatte leider keine Zeit, mich in dieser Angelegenheit mit dieser wichtigen Frage näher zu befassen.
Zum Piktogramm des Schiffes weiß ich im Grunde nur zu berichten, dass es diese hochbordigen Schiffe in Akrotiri, also vor dem Ausbruch des Thera, offenbar noch nicht gab. Der von Spyridon Marinatos untersuchte Ring des Minos scheint der erste sichere Beleg dafür zu sein, dass die minoischen Mykener mit hochbordigen Schiffen zur See fuhren. Aber es gibt auch Gemmen der minoischen und mykenischen Zeit, welche mitunter ebenfalls hochbordige Schiffe mit steilem Heck, oder aber auch steilem Bug zeigen. Die Datierung ist zumeist ungenau bzw. nicht vorhanden. Es soll aber eine Abhandlung geben, aus welcher eindeutig hervorgeht, dass die hochbordigen Schiffe von der Art des auf dem Diskos gezeigten Typs erst in der spätminoischen Zeit (LM III), also ab 1450 v. Chr. aufkamen. Leider habe ich für eine zufriedenstellende Klärung dieser Frage aber bislang keine Zeit gefunden.
Die Rosette und die allgemeine Anerkennung der Identität des auf dem Diskos eingeprägten Irokesen mit den Philistern zur Zeit des Seevölkersturmes sind schon mal ein guter Einstieg, finde ich. Eigentlich ja beides Bildzeichen der A-Seite des Diskos ... .
Gruß Pitassa
"Habe keine Angst vor Büchern, ungelesen sind sie völlig harmlos." Unbekannt
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Pitassa,
dann bleibt nur zu hoffen, dass ich von den Begrifflichkeiten her die Zusammenhänge zum Wortgebrauch für das Wort "Zyklus" auch richtig erfasst habe.
Vielen Dank für die interessanten Informationen zum Thema Bootsbau!
Was die "Zeit" angeht, geht es mir leider ganz ähnlich wie Dir: Viel zu wenig davon ist vorhanden, um allen interessanten, sich ergebenden Fragen in Ausführlichkeit und Gänze nachzugehen, wenn soviel verschiedenes unter einen Hut gebracht sein will.
dann bleibt nur zu hoffen, dass ich von den Begrifflichkeiten her die Zusammenhänge zum Wortgebrauch für das Wort "Zyklus" auch richtig erfasst habe.
Vielen Dank für die interessanten Informationen zum Thema Bootsbau!
Was die "Zeit" angeht, geht es mir leider ganz ähnlich wie Dir: Viel zu wenig davon ist vorhanden, um allen interessanten, sich ergebenden Fragen in Ausführlichkeit und Gänze nachzugehen, wenn soviel verschiedenes unter einen Hut gebracht sein will.
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Mir ist auf dem Diskos ein weiteres Detail aufgefallen. Wenn ich es richtig überblicke, kommt das Symbol, das ich für eine potenzielle Streitaxt halte, auf der festgelegten Seite B des Diskos und insgesamt nur ein einziges Mal vor. Das Symbol befindet sich auf festgelegter Seite B des Diskos auf der rechten Seite im Außenbereich unterhalb der horizontalen Mittellinie.
(Nachtrag 17.07.22: Im bereits zu Anfang zitierten Wikipediaartikel zum Diskos von Phaistos kann nachgelesen werden, dass Autoren das besprochene Symbol auf dem Diskos als "Spitzhacke" identifiziert haben. Die von mir angenommene werkstofftechnische Einordnung als eiserne Axt muss ich jedoch korrigieren. Aufgrund üblicher zeitlicher Zuordnungen würde es sich vermutlich um eine bronzene oder ggf. kupferne Axt handeln. Auszuschließen ist auch nicht, dass es sich um ein teilweise fiktives Abbild einer Spitzhacke bzw. Axt mit aufgesetztem Stabdolch oder Spieß handelt. Künstlerische Interpretation ist auch bei relativ detailgetreuen Abbildungen nicht gänzlich auszuschließen. Eine tatsächliche Funktionsfähigkeit einer solchen Axt wäre noch zu hinterfragen).
"An ihren Waffen und Werkzeugen erkennt man ganze Völker": Falls es sich tatsächlich um eine symbolisierte Axt handelt, gibt die Axt zum einen potenziell Auskunft über verwendete Materialien zur Herstellung der Axt und über den erforderlichen Stand der Schmiedetechnik um eine solche Axt herzustellen. Nach meiner Einschätzung handelt es sich um einen oval gelochten eisernen Axtkopf mit Blattschneide und gegenüberliegender messerartiger Klinge. Die Klinge könnte aber auch ein Spieß sein, so dass es sich möglicherweise um ein für die Fällung und die Fällholzbearbeitung geeignetes Handwerkszeug (und keine Kriegs- bzw. Kampfaxt) handelt. Ich gehe davon aus, dass der Stiel der potenziellen Axt auf dem Diskos von Phaistos nur verkürzt dargestellt wurde.
Der Axttypus müsste eine ungefähre zeitliche Einordnung bestätigen können.
Quellen:
Seite „Stabdolch“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. Juli 2022, 07:25 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224271725 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 16:49 UTC)
Anmerkung zum Wikipedia-Artikel: In diesem Artikel wird ohne dabei weitere Belegquellen für spezifische Aussagen zu liefern vermittelt, dass sich Kupfer resp. Bronze durch "Kalthärtung"; d.H. härtendes, weil verdichtendes Behämmern oder Beklopfen des Kupfers härten lässt. Diese Behauptung kann ich nicht unkommentiert stehen lassen, da sie sich nicht mit meinen eigenen Erfahrungen deckt. Wie ich in meinen ausführlicheren bisherigen Steinbearbeitungsexperimenten feststellen konnte, ist der wahrnehmbare Unterschied zwischen einem kaltgehärteten Stück Kupfer und einem auf diese Art und Weise nicht verdichteten Stück Kupfer (in der Steinbearbeitung) kaum auszumachen. Ich werde zu diesem Thema noch recherchieren, was Denis A. Stocks dazu ermittelt hat und es hier baldmöglich als Nachtrag anfügen.
(Nachtrag 17.07.22: Im bereits zu Anfang zitierten Wikipediaartikel zum Diskos von Phaistos kann nachgelesen werden, dass Autoren das besprochene Symbol auf dem Diskos als "Spitzhacke" identifiziert haben. Die von mir angenommene werkstofftechnische Einordnung als eiserne Axt muss ich jedoch korrigieren. Aufgrund üblicher zeitlicher Zuordnungen würde es sich vermutlich um eine bronzene oder ggf. kupferne Axt handeln. Auszuschließen ist auch nicht, dass es sich um ein teilweise fiktives Abbild einer Spitzhacke bzw. Axt mit aufgesetztem Stabdolch oder Spieß handelt. Künstlerische Interpretation ist auch bei relativ detailgetreuen Abbildungen nicht gänzlich auszuschließen. Eine tatsächliche Funktionsfähigkeit einer solchen Axt wäre noch zu hinterfragen).
"An ihren Waffen und Werkzeugen erkennt man ganze Völker": Falls es sich tatsächlich um eine symbolisierte Axt handelt, gibt die Axt zum einen potenziell Auskunft über verwendete Materialien zur Herstellung der Axt und über den erforderlichen Stand der Schmiedetechnik um eine solche Axt herzustellen. Nach meiner Einschätzung handelt es sich um einen oval gelochten eisernen Axtkopf mit Blattschneide und gegenüberliegender messerartiger Klinge. Die Klinge könnte aber auch ein Spieß sein, so dass es sich möglicherweise um ein für die Fällung und die Fällholzbearbeitung geeignetes Handwerkszeug (und keine Kriegs- bzw. Kampfaxt) handelt. Ich gehe davon aus, dass der Stiel der potenziellen Axt auf dem Diskos von Phaistos nur verkürzt dargestellt wurde.
Der Axttypus müsste eine ungefähre zeitliche Einordnung bestätigen können.
Quellen:
Seite „Stabdolch“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. Juli 2022, 07:25 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224271725 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 16:49 UTC)
Anmerkung zum Wikipedia-Artikel: In diesem Artikel wird ohne dabei weitere Belegquellen für spezifische Aussagen zu liefern vermittelt, dass sich Kupfer resp. Bronze durch "Kalthärtung"; d.H. härtendes, weil verdichtendes Behämmern oder Beklopfen des Kupfers härten lässt. Diese Behauptung kann ich nicht unkommentiert stehen lassen, da sie sich nicht mit meinen eigenen Erfahrungen deckt. Wie ich in meinen ausführlicheren bisherigen Steinbearbeitungsexperimenten feststellen konnte, ist der wahrnehmbare Unterschied zwischen einem kaltgehärteten Stück Kupfer und einem auf diese Art und Weise nicht verdichteten Stück Kupfer (in der Steinbearbeitung) kaum auszumachen. Ich werde zu diesem Thema noch recherchieren, was Denis A. Stocks dazu ermittelt hat und es hier baldmöglich als Nachtrag anfügen.
Zuletzt geändert von Sculpteur am 19.07.2022 18:02, insgesamt 6-mal geändert.
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Im folgenden soll hier vornehmlich die B-Seite des Diskos von Phaistos übersetzt werden, was einzeln voneinander in mehreren Abschnitten erfolgt. Dieser Übersetzungsversuch wird unter folgenden Annahmen unternommen :
1.) Der Diskos gehört der Zeit des Seevölkersturmes an und wird mit Jeppesen (1962) und Godart (1995) in die Zeit kurz nach 1200 v. Chr. datiert, was der Epoche LM III entspricht.
2.) Der Text der B-Seite des Diskos von Phaistos wird entsprechend der Analyse von Pernier (1909) von innen nach außen gehend, also vom Zentrum zur Peripherie hin fortlaufend, gelesen.
3.) Die Silben und Worte bildenden Zeichen der B-Seite werden hier entsprechend der von Gareth Owens, John Coleman und Areti Alexopoulou (2014) erfolgten Setzung der Konsonanten und Vokale vertont.
4.) Die im Anhang gezeigte Tabelle mit der Anordnung der Zeichengruppen wird entsprechend der bei Godart (1995) vorgenommenen Ausrichtung der Blickrichtung der Menschen und Tiere, also entgegen ihrer Nummerierung, von hinten nach vorne gelesen, was den Ergebnissen von Pernier Rechnung trägt. Die leichte Corrigenda der bei Godart zusammengefassten Typen erfolgte durch Oltau (2012).
5.) Einzelne Ideogramme bzw. Piktogramme werden hier im weiteren anhand der ebenfalls im Anhang befindlichen, von Evans (1921) erstellten, nummerierten Liste eingeführt.
Bei der Betrachtung der B-Seite des Diskos von Phaistos fielen mir zunächst drei Piktogramme auf, welche sich im Zentrum der B-Seite befinden : Das Bildzeichen des Busens (7) und das direkt darauf folgende Bildzeichen einer Welle (8) in der ersten Zelle, sodann die in der nächsten Zelle anschließende Glyphe eines Schiffes (9). Darüber ließ ich mich rein intuitiv vom Duktus der homerischen Odyssee leiten und gab diese den Text eröffnende Stelle zunächst nach rein anschaulichen Gesichtspunkten wie folgt wieder : Der weite Busen des Meeres nahm unser Schiff auf. Ganz ähnlich eine zweite Wendung, wenn man das Zeichen des Schiffes voran stellte : Zu Schiff kamen wir aus dem Busen des Meeres.
Danach suchte ich dieses erste Symbol des Busens im Griechischen näher zu bestimmen, nämlich durch ein Wort, welches Zuschreibungen ausdrückt wie etwa : von jemanden herkommen, angenommen bzw. aufgenommen werden. Dieses griechische Wort lautet "thetós" und meint soviel wie : von jemanden angenommen, adoptiert werden, jemanden [als Sohn oder Tochter] annehmen, gesetzt werden, von sich legen und ist mit dem Begriff "tithemi" eng verwandt(10). Dann begann ich die phonetischen Ergebnisse von Owens, Coleman und Alexopoulou in meinen Ansatz einzubeziehen (11). Hierüber gelangte ich zu der Einsicht, dass es sich bei dem aus zwei Silben gebildeten Wort im Textanfang der B-Seite des Diskos nicht nur um ein Wort, sondern um einen Eigennamen handeln wird, nämlich um den der Göttin Thetis (12).
Durch die Gleichsetzung des aus den Silben TI DI gebildeten Wortes (13) mit dem Namen der Göttin Thetis fand ich Eingang in die griechische Mythologie und suchte diese nun auf den Text des Diskos von Phaistos in Anwendung zu bringen, wobei sich die Erzählung über Thetis und Peleus vom inhaltlichen Standpunkt her grundsätzlich sehr gut mit dem Gegenstand eines Diskos in Übereinstimmung bringen lässt, denn dieser könnte geradezu ein Attribut des Peleus gewesen sein. Doch um dem Text der B-Seite seine Erzählung entlocken zu können, benötigte ich Zeichen, welche als Piktogramm nicht nur den Laut einer Silbe oder ein Wort wiedergaben, sondern vom damaligen Schreiber als Ideogramme benutzt wurden. Dass der Schreiber in dem Text des Diskos mit Ideogrammen arbeitete, lässt sich am Beispiel der Glyphe des Schiffes leicht erkennen (14). Während wir phonetisch das Wort DWA für Schiff vorliegen haben, (15) weist das damit verbundene Symbol des Schiffes semiotisch weit darüber hinaus und ist nicht nur satzbildend, sondern prägt die Auslegung des weiteren Inhaltes und zeigt die kontextuelle Ebene auf, nämlich den Lebensraum auf dem Meer.
Im weiteren Verlauf habe ich dann zwei weitere Bildzeichen als Ideogramme isoliert und ihnen eine Bedeutung zugeschrieben. Dies ist zum einen das Bildzeichen der Säule mit Kapitel, (16) welches phonetisch das Wort NA wiedergibt (17) und hier in seiner Bedeutung fortan synonym für "Stadt" steht und damit ein Ideogramm darstellt. Zum anderen ist hier das Bildzeichen des Olivenbaumes (18), welches phonetisch mit IN wiedergegeben wurde, (19) im Text als Ideogramm isoliert worden und wird fortan synonym mit dem Begriff "Landschaft" verwendet. Wo der Text des Diskos das Ideogramm des Olivenbaumes zeigt, folgt ihm der Name eines Landes. Das der Olivenbaum stets auch das Land definierte, geht aus Herodot und zahlreichen anderen Quellen deutlich hervor, weshalb dies eine gute Wahl für ein Ideogramm sein dürfte. Dort, wo der Text das Symbol der Säule mit Kapitel zeigt, folgt diesem der Name einer Stadt. Insgesamt ergibt sich aus der Definition dieser drei Ideogramme, dass der Text des Diskos von Phaistos eine Erzählung bietet, welche durchaus auch die Züge eines Itinerars in sich trägt. Dieses bewegt sich auf der B-Seite in den Bahnen der eingangs genannten Göttin Thetis.
Dieser Beitrag wird in Kürze in einem gesonderten Abschnitt fortgesetzt
Pitassa
Literaturverzeichnis :
1.) Jeppesen, Kristian : Some remarks on the Archaeological Placing of the Phaistos Disc. In : KULM, Aarhus 1962, S. 182 u. 188.
2.) Godart, Louis : Der Diskus von Phaistos - Das Rätsel einer Schrift der Ägäis, Heraklion 1995.
3.) Pernier, Luigi : Il Disko di Phaestos con Caratteri Pittografici. In : Ausonia, Vol. 3, Rom 1909, S. 272 - 274.
4.) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : From Linear B to the Phaistos Disk, Heraklion 2014.
5.) Wikipedia, Artikel "Diskos von Phaistos" mit Tabelle der Zeichengruppen, erstellt von Oltau 2012.
6.) Evans, Arthur : The Palace of Minos at Knossos, Vol. 1, London 1921, S. 651 - 659. Ergänzend wird zurückgegriffen auf : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 280 - 295.
7.) Evans, Arthur : Ebenda, S.651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 7.
8.) Evans, Arthur : Ebenda, S. 652, Fig. 483, Nr. 45. Die Bestimmung dieser Glyphe als Wasser bzw. Welle erfolgte durch : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 287 - 288, Nr. 24.
9.) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 25, sowie die Definition S. 656. So auch : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 288, Nr. 25.
10.) Gemoll, Wilhelm : Griechisch - Deutsches Schul- und Handwörterbuch, Wien u. Leipzig 1908, S. 373 (thetós bzw. thetéos) und S. 739 (tithemi).
11.) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
12.) Roscher, Wilhelm Heinrich : Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Bd. 5, Buchstabe T, Leipzig 1924, Sp. 785 - 799. Für Roschers Artikel "Thetis" besuche die Internet Archive unter : https://www.archive.org/details/roscher ... ew=theater oder siehe bei : Hederich, Benjamin : Gründliches mythologisches Lexikon, Leipzig 1770, Sp. 2360 - 2363.
(13.) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
(14.) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 25 u. S. 656 (Schiff). Siehe dazu auch : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 288, Nr. 25 (Schiff).
(15) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
(16) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 23. Siehe dazu : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 289, Nr. 27 (Colonna con capitello).
(17) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
(18) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 36. Siehe dazu : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 286, Nr. 20 (Die belaubte Pflanze, bei Evans mit einem Olivenbaum identifiziert)
(19) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
1.) Der Diskos gehört der Zeit des Seevölkersturmes an und wird mit Jeppesen (1962) und Godart (1995) in die Zeit kurz nach 1200 v. Chr. datiert, was der Epoche LM III entspricht.
2.) Der Text der B-Seite des Diskos von Phaistos wird entsprechend der Analyse von Pernier (1909) von innen nach außen gehend, also vom Zentrum zur Peripherie hin fortlaufend, gelesen.
3.) Die Silben und Worte bildenden Zeichen der B-Seite werden hier entsprechend der von Gareth Owens, John Coleman und Areti Alexopoulou (2014) erfolgten Setzung der Konsonanten und Vokale vertont.
4.) Die im Anhang gezeigte Tabelle mit der Anordnung der Zeichengruppen wird entsprechend der bei Godart (1995) vorgenommenen Ausrichtung der Blickrichtung der Menschen und Tiere, also entgegen ihrer Nummerierung, von hinten nach vorne gelesen, was den Ergebnissen von Pernier Rechnung trägt. Die leichte Corrigenda der bei Godart zusammengefassten Typen erfolgte durch Oltau (2012).
5.) Einzelne Ideogramme bzw. Piktogramme werden hier im weiteren anhand der ebenfalls im Anhang befindlichen, von Evans (1921) erstellten, nummerierten Liste eingeführt.
Bei der Betrachtung der B-Seite des Diskos von Phaistos fielen mir zunächst drei Piktogramme auf, welche sich im Zentrum der B-Seite befinden : Das Bildzeichen des Busens (7) und das direkt darauf folgende Bildzeichen einer Welle (8) in der ersten Zelle, sodann die in der nächsten Zelle anschließende Glyphe eines Schiffes (9). Darüber ließ ich mich rein intuitiv vom Duktus der homerischen Odyssee leiten und gab diese den Text eröffnende Stelle zunächst nach rein anschaulichen Gesichtspunkten wie folgt wieder : Der weite Busen des Meeres nahm unser Schiff auf. Ganz ähnlich eine zweite Wendung, wenn man das Zeichen des Schiffes voran stellte : Zu Schiff kamen wir aus dem Busen des Meeres.
Danach suchte ich dieses erste Symbol des Busens im Griechischen näher zu bestimmen, nämlich durch ein Wort, welches Zuschreibungen ausdrückt wie etwa : von jemanden herkommen, angenommen bzw. aufgenommen werden. Dieses griechische Wort lautet "thetós" und meint soviel wie : von jemanden angenommen, adoptiert werden, jemanden [als Sohn oder Tochter] annehmen, gesetzt werden, von sich legen und ist mit dem Begriff "tithemi" eng verwandt(10). Dann begann ich die phonetischen Ergebnisse von Owens, Coleman und Alexopoulou in meinen Ansatz einzubeziehen (11). Hierüber gelangte ich zu der Einsicht, dass es sich bei dem aus zwei Silben gebildeten Wort im Textanfang der B-Seite des Diskos nicht nur um ein Wort, sondern um einen Eigennamen handeln wird, nämlich um den der Göttin Thetis (12).
Durch die Gleichsetzung des aus den Silben TI DI gebildeten Wortes (13) mit dem Namen der Göttin Thetis fand ich Eingang in die griechische Mythologie und suchte diese nun auf den Text des Diskos von Phaistos in Anwendung zu bringen, wobei sich die Erzählung über Thetis und Peleus vom inhaltlichen Standpunkt her grundsätzlich sehr gut mit dem Gegenstand eines Diskos in Übereinstimmung bringen lässt, denn dieser könnte geradezu ein Attribut des Peleus gewesen sein. Doch um dem Text der B-Seite seine Erzählung entlocken zu können, benötigte ich Zeichen, welche als Piktogramm nicht nur den Laut einer Silbe oder ein Wort wiedergaben, sondern vom damaligen Schreiber als Ideogramme benutzt wurden. Dass der Schreiber in dem Text des Diskos mit Ideogrammen arbeitete, lässt sich am Beispiel der Glyphe des Schiffes leicht erkennen (14). Während wir phonetisch das Wort DWA für Schiff vorliegen haben, (15) weist das damit verbundene Symbol des Schiffes semiotisch weit darüber hinaus und ist nicht nur satzbildend, sondern prägt die Auslegung des weiteren Inhaltes und zeigt die kontextuelle Ebene auf, nämlich den Lebensraum auf dem Meer.
Im weiteren Verlauf habe ich dann zwei weitere Bildzeichen als Ideogramme isoliert und ihnen eine Bedeutung zugeschrieben. Dies ist zum einen das Bildzeichen der Säule mit Kapitel, (16) welches phonetisch das Wort NA wiedergibt (17) und hier in seiner Bedeutung fortan synonym für "Stadt" steht und damit ein Ideogramm darstellt. Zum anderen ist hier das Bildzeichen des Olivenbaumes (18), welches phonetisch mit IN wiedergegeben wurde, (19) im Text als Ideogramm isoliert worden und wird fortan synonym mit dem Begriff "Landschaft" verwendet. Wo der Text des Diskos das Ideogramm des Olivenbaumes zeigt, folgt ihm der Name eines Landes. Das der Olivenbaum stets auch das Land definierte, geht aus Herodot und zahlreichen anderen Quellen deutlich hervor, weshalb dies eine gute Wahl für ein Ideogramm sein dürfte. Dort, wo der Text das Symbol der Säule mit Kapitel zeigt, folgt diesem der Name einer Stadt. Insgesamt ergibt sich aus der Definition dieser drei Ideogramme, dass der Text des Diskos von Phaistos eine Erzählung bietet, welche durchaus auch die Züge eines Itinerars in sich trägt. Dieses bewegt sich auf der B-Seite in den Bahnen der eingangs genannten Göttin Thetis.
Dieser Beitrag wird in Kürze in einem gesonderten Abschnitt fortgesetzt
Pitassa
Literaturverzeichnis :
1.) Jeppesen, Kristian : Some remarks on the Archaeological Placing of the Phaistos Disc. In : KULM, Aarhus 1962, S. 182 u. 188.
2.) Godart, Louis : Der Diskus von Phaistos - Das Rätsel einer Schrift der Ägäis, Heraklion 1995.
3.) Pernier, Luigi : Il Disko di Phaestos con Caratteri Pittografici. In : Ausonia, Vol. 3, Rom 1909, S. 272 - 274.
4.) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : From Linear B to the Phaistos Disk, Heraklion 2014.
5.) Wikipedia, Artikel "Diskos von Phaistos" mit Tabelle der Zeichengruppen, erstellt von Oltau 2012.
6.) Evans, Arthur : The Palace of Minos at Knossos, Vol. 1, London 1921, S. 651 - 659. Ergänzend wird zurückgegriffen auf : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 280 - 295.
7.) Evans, Arthur : Ebenda, S.651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 7.
8.) Evans, Arthur : Ebenda, S. 652, Fig. 483, Nr. 45. Die Bestimmung dieser Glyphe als Wasser bzw. Welle erfolgte durch : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 287 - 288, Nr. 24.
9.) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 25, sowie die Definition S. 656. So auch : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 288, Nr. 25.
10.) Gemoll, Wilhelm : Griechisch - Deutsches Schul- und Handwörterbuch, Wien u. Leipzig 1908, S. 373 (thetós bzw. thetéos) und S. 739 (tithemi).
11.) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
12.) Roscher, Wilhelm Heinrich : Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Bd. 5, Buchstabe T, Leipzig 1924, Sp. 785 - 799. Für Roschers Artikel "Thetis" besuche die Internet Archive unter : https://www.archive.org/details/roscher ... ew=theater oder siehe bei : Hederich, Benjamin : Gründliches mythologisches Lexikon, Leipzig 1770, Sp. 2360 - 2363.
(13.) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
(14.) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 25 u. S. 656 (Schiff). Siehe dazu auch : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 288, Nr. 25 (Schiff).
(15) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
(16) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 23. Siehe dazu : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 289, Nr. 27 (Colonna con capitello).
(17) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
(18) Evans, Arthur : Ebenda, S. 651 u. S. 652, Fig. 483, Nr. 36. Siehe dazu : Pernier, Luigi : Ebenda, S. 286, Nr. 20 (Die belaubte Pflanze, bei Evans mit einem Olivenbaum identifiziert)
(19) Owens, Gareth ; Coleman, John ; Alexopoulou, Areti : Ebenda.
- Dateianhänge
-
- Tabelle der nach Louis Godart (1995) angeordneten Zeichengruppen des Diskos von Phaistos. Die Blickrichtung der Tiere und Menschen folgt Godart und ist spiegelverkehrt, entspricht also dem Bild der nicht gefundenen Stempel. Die gezeigten Typen wurden im Rahmen der Corrigenda um ein Zeichen ergänzt und verbessert, sowie neu layouted und in eine eigene Tabelle gesetzt von : Oltau, Wikipedia 2012, CC BY-SA 3.0.
"Habe keine Angst vor Büchern, ungelesen sind sie völlig harmlos." Unbekannt
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Pitassa,
vielen Dank für diesen interessanten Übersetzungsansatz! Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!
Auf welche sprachlichen Wurzeln bezieht sich Dein Ansatz?
Ich möchte noch einmal das Augenmerk auf die Machart der Stempeleindrücke im Diskos von Phaistos lenken: Es sprechen einige Indizien und Argumente dafür, dass es sich bei den ursprünglichen Stempeln vermutlich (wie z.T. bereits erwähnt) um Stempelvorlagen handelte, die zunächst (für die Erstellung eines POSITIVS in Materialien wie Ton, Wachs oder weiches Holz) gebildhauert wurden (teilweise verstärkt mit dem Charakter von Ritzungen in Richtung keilförmige Nutungen). Anschließend könnte von diesen Positiv-Vorlagen ein einfaches Abbild aus Materialien wie Ton, Bienenwachs oder möglicherweise auch Gips angefertigt worden sein. Die Anfertigung von NEGATIVEN mittels Ton oder evtl. Bienenwachs (auf dem Diskos werden ja Bienenstöcke abgebildet, die Ressource Bienenwachs muss also bekannt gewesen sein) halte ich aktuell für die plausibelsten, weil ich bisher noch keine Gelegenheit hatte, das Thema "Gips in der Antike" ausführlicher zu recherchieren.
Das Prozedere für die Herstellung solcher Stempel - in diesem folgenden Beispiel aus Ton - wäre denkbar einfach und deshalb m.E. am naheliegendsten (weil die Verwendung von Bienenwachs immer auch örtlichen ehemaligen Umgebungstemperaturen genügen müsste und sich bei zu starker Umgebungstemperatur möglicherweise über eine temporäre Abformung hinaus, die z.B. in einem mediterranen Winter vor ca. 3.500 Jahren gelegen haben könnte, als unbrauchbar erwiesen hätte). Eine entsprechend gestaltete Stempelvorlage (POSITIV) wird in eine geeignete Fläche aus z.B. glattgestrichenem Bienenwachs modelliert (hier im Vorversuch verwendete ich einen Block aus handelsüblichem heutigem Stearin, also Kerzenwachs).
Anschließend wird einfach ein entsprechend geformter Stempel aus feinem Ton auf die Positiv-Vorlage gedrückt. In einer Zwischenbearbeitung wird das eine spätere Stempelung störende überschüssige Tonmaterial entfernt. Abschließend wird der Tonstempel gründlich getrocknet und gebrannt. Fertig ist der Stempel als Negativ, mit dem sich das Positiv beliebig oft in frischen Ton stempeln lässt (siehe angehängte Bildreihe).
Einen Nachweis für Stempel aus Ton in der Antike habe ich aktuell heute gefunden (Fund einer tönernen Figur nebst tönernem Stempel in Mönchstockheim / Landkreis Schweinfurt, Bayern (in dem Link ist keine Abbildung des Stempels vorhanden), konnte hierzu bisher jedoch keine näheren Informationen recherchieren (eine Abbildungsquelle des tönernen Stempels ist angefragt) [1].
(Nachtrag 22.07.2022: Verlinkung nicht möglich)
Und natürlich gilt: qed.
Bild 1: Modellierung eines Stempel-Positivs und Formung eines Stempelrohlings aus Ton (hier stellvertretend Knetmasse)
Bild 2: Herstellung des Stempelnegativs mittels aufdrücken des Stempelrohlings auf das Stempelpositiv.
Nach Ockham wird bei dieser Betrachtung zunächst das naheliegendste (und einfachste) Prinzip der Stempelherstellung verfolgt und dies ist nach meinem aktuellen Ermessen eine Anfertigung von Stempeln aus Ton. Sie lassen sich in großen Massen auf einfachste Art und Weise relativ zügig herstellen und vervielfältigen (z.B. für eine anschließende Verteilung oder den potenziellen Handel mit diesen). Entsprechende Stempel z.B. aus Holz, Knochenmaterial, Elfenbein, Jaspis o.ä. herzustellen, wäre zwar "unique", jedoch wesentlich aufwändiger und "kostenintensiver gewesen im Hinblick auf die Möglichkeiten der Antike (ausgeschlossen ist diese Vorgehensweise damit natürlich nicht zwangsläufig, siehe z.B. potenzieller "hochherrschaftlicher Anspruch und Status" bei der Stempelherstellung, vergleichbar mit z.B. einem Münzrecht, woraus hochqualitative aufwändig produzierte Stermpel hätten resultieren können, es ist m.E. nach wie vor auch nicht generell auszuschließen, dass es sich um gegossene Metallstempel gehandelt haben könnte, wobei auch das Material Blei für mich mittlerweile potenziell in Frage kommt).
Weitere, konkretisierendere Versuche mit echtem Bienenwachs und feinkörnigem echtem Ton folgen. Da das Trocknen und anschließende Brennen der Stempelrohlinge etwas Zeit in Anspruch nehmen wird (mindestens 4 bis 6 Wochen), bitte ich um etwas Geduld.
Quellen:
[1] https://www.archaeologie-online.de/nach ... tsel-5354/
vielen Dank für diesen interessanten Übersetzungsansatz! Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!
Auf welche sprachlichen Wurzeln bezieht sich Dein Ansatz?
Ich möchte noch einmal das Augenmerk auf die Machart der Stempeleindrücke im Diskos von Phaistos lenken: Es sprechen einige Indizien und Argumente dafür, dass es sich bei den ursprünglichen Stempeln vermutlich (wie z.T. bereits erwähnt) um Stempelvorlagen handelte, die zunächst (für die Erstellung eines POSITIVS in Materialien wie Ton, Wachs oder weiches Holz) gebildhauert wurden (teilweise verstärkt mit dem Charakter von Ritzungen in Richtung keilförmige Nutungen). Anschließend könnte von diesen Positiv-Vorlagen ein einfaches Abbild aus Materialien wie Ton, Bienenwachs oder möglicherweise auch Gips angefertigt worden sein. Die Anfertigung von NEGATIVEN mittels Ton oder evtl. Bienenwachs (auf dem Diskos werden ja Bienenstöcke abgebildet, die Ressource Bienenwachs muss also bekannt gewesen sein) halte ich aktuell für die plausibelsten, weil ich bisher noch keine Gelegenheit hatte, das Thema "Gips in der Antike" ausführlicher zu recherchieren.
Das Prozedere für die Herstellung solcher Stempel - in diesem folgenden Beispiel aus Ton - wäre denkbar einfach und deshalb m.E. am naheliegendsten (weil die Verwendung von Bienenwachs immer auch örtlichen ehemaligen Umgebungstemperaturen genügen müsste und sich bei zu starker Umgebungstemperatur möglicherweise über eine temporäre Abformung hinaus, die z.B. in einem mediterranen Winter vor ca. 3.500 Jahren gelegen haben könnte, als unbrauchbar erwiesen hätte). Eine entsprechend gestaltete Stempelvorlage (POSITIV) wird in eine geeignete Fläche aus z.B. glattgestrichenem Bienenwachs modelliert (hier im Vorversuch verwendete ich einen Block aus handelsüblichem heutigem Stearin, also Kerzenwachs).
Anschließend wird einfach ein entsprechend geformter Stempel aus feinem Ton auf die Positiv-Vorlage gedrückt. In einer Zwischenbearbeitung wird das eine spätere Stempelung störende überschüssige Tonmaterial entfernt. Abschließend wird der Tonstempel gründlich getrocknet und gebrannt. Fertig ist der Stempel als Negativ, mit dem sich das Positiv beliebig oft in frischen Ton stempeln lässt (siehe angehängte Bildreihe).
Einen Nachweis für Stempel aus Ton in der Antike habe ich aktuell heute gefunden (Fund einer tönernen Figur nebst tönernem Stempel in Mönchstockheim / Landkreis Schweinfurt, Bayern (in dem Link ist keine Abbildung des Stempels vorhanden), konnte hierzu bisher jedoch keine näheren Informationen recherchieren (eine Abbildungsquelle des tönernen Stempels ist angefragt) [1].
(Nachtrag 22.07.2022: Verlinkung nicht möglich)
Und natürlich gilt: qed.
Bild 1: Modellierung eines Stempel-Positivs und Formung eines Stempelrohlings aus Ton (hier stellvertretend Knetmasse)
Bild 2: Herstellung des Stempelnegativs mittels aufdrücken des Stempelrohlings auf das Stempelpositiv.
Nach Ockham wird bei dieser Betrachtung zunächst das naheliegendste (und einfachste) Prinzip der Stempelherstellung verfolgt und dies ist nach meinem aktuellen Ermessen eine Anfertigung von Stempeln aus Ton. Sie lassen sich in großen Massen auf einfachste Art und Weise relativ zügig herstellen und vervielfältigen (z.B. für eine anschließende Verteilung oder den potenziellen Handel mit diesen). Entsprechende Stempel z.B. aus Holz, Knochenmaterial, Elfenbein, Jaspis o.ä. herzustellen, wäre zwar "unique", jedoch wesentlich aufwändiger und "kostenintensiver gewesen im Hinblick auf die Möglichkeiten der Antike (ausgeschlossen ist diese Vorgehensweise damit natürlich nicht zwangsläufig, siehe z.B. potenzieller "hochherrschaftlicher Anspruch und Status" bei der Stempelherstellung, vergleichbar mit z.B. einem Münzrecht, woraus hochqualitative aufwändig produzierte Stermpel hätten resultieren können, es ist m.E. nach wie vor auch nicht generell auszuschließen, dass es sich um gegossene Metallstempel gehandelt haben könnte, wobei auch das Material Blei für mich mittlerweile potenziell in Frage kommt).
Weitere, konkretisierendere Versuche mit echtem Bienenwachs und feinkörnigem echtem Ton folgen. Da das Trocknen und anschließende Brennen der Stempelrohlinge etwas Zeit in Anspruch nehmen wird (mindestens 4 bis 6 Wochen), bitte ich um etwas Geduld.
Quellen:
[1] https://www.archaeologie-online.de/nach ... tsel-5354/
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Zuletzt geändert von Sculpteur am 25.07.2022 10:26, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Ich grüße dich Sculpteur !
Meines Erachtens nach handelt es sich bei der in dem Text des Diskos verwendeten Sprache um pelasgisch. Das Pelasgisch entwickelte sich meiner Meinung nach in den Bezirken von Larisa und Dodona, würde seinen Ursprung demnach bei den Molossern und Brigern in Epirus, sowie den Achaiern der Phthiotis in Thessalien haben, doch dazu komme ich morgen in der 1. Lesung meines Übersetzungsversuches. Dort werde ich kurz darauf hinweisen, dass diese Schrift vermutlich als pelasgisch zu bezeichnen ist. Thukydides hat sich ja recht löblich über die Pelasger geäußert ... .
Viel spannender finde ich im Moment jedoch deine experimentellen Versuche, die zur Prägung der Piktogramme verwendeten Stempel nachzubilden !!! Bislang hatte offenbar nur Louis Godart die Frage nach der Beschaffenheit der nicht aufgefundenen Stempel aufgeworfen. Dieser Frage nachzugehen halte ich für sehr vielversprechend, denn der einstige Schreiber wird seine Typen ebenfalls selbst hergestellt und in Satz gebracht haben. Dies stellte aus heutiger Sicht eine große technische Innovation dar und mancher glaubte deshalb, dass es sich bei dem Diskos um eine Fälschung handeln müsse.
Im Anhang findet sich die Darstellung einer leeren Schreibtafel. Luigi Pernier hatte sie seinerzeit angefertigt und einen Kratzer darauf gestellt, welchen er in Phaistos gefunden hatte. Er hielt diesen für einen Schreibstein, obwohl ich glaube, dass die Minoer und Mykener zum schreiben einen Stichel benutzten. Ich hoffe, dass dir die Aufnahme gefällt. Viel Erfolg
Gruß Pitassa
Meines Erachtens nach handelt es sich bei der in dem Text des Diskos verwendeten Sprache um pelasgisch. Das Pelasgisch entwickelte sich meiner Meinung nach in den Bezirken von Larisa und Dodona, würde seinen Ursprung demnach bei den Molossern und Brigern in Epirus, sowie den Achaiern der Phthiotis in Thessalien haben, doch dazu komme ich morgen in der 1. Lesung meines Übersetzungsversuches. Dort werde ich kurz darauf hinweisen, dass diese Schrift vermutlich als pelasgisch zu bezeichnen ist. Thukydides hat sich ja recht löblich über die Pelasger geäußert ... .
Viel spannender finde ich im Moment jedoch deine experimentellen Versuche, die zur Prägung der Piktogramme verwendeten Stempel nachzubilden !!! Bislang hatte offenbar nur Louis Godart die Frage nach der Beschaffenheit der nicht aufgefundenen Stempel aufgeworfen. Dieser Frage nachzugehen halte ich für sehr vielversprechend, denn der einstige Schreiber wird seine Typen ebenfalls selbst hergestellt und in Satz gebracht haben. Dies stellte aus heutiger Sicht eine große technische Innovation dar und mancher glaubte deshalb, dass es sich bei dem Diskos um eine Fälschung handeln müsse.
Im Anhang findet sich die Darstellung einer leeren Schreibtafel. Luigi Pernier hatte sie seinerzeit angefertigt und einen Kratzer darauf gestellt, welchen er in Phaistos gefunden hatte. Er hielt diesen für einen Schreibstein, obwohl ich glaube, dass die Minoer und Mykener zum schreiben einen Stichel benutzten. Ich hoffe, dass dir die Aufnahme gefällt. Viel Erfolg
Gruß Pitassa
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"Habe keine Angst vor Büchern, ungelesen sind sie völlig harmlos." Unbekannt
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
1. Lesung des 1. Abschnitts der B-Seite des Diskos von Phaistos
Mit dieser 1. Lesung wird ein Übersetzungsversuch der nach Louis Godart angeordneten Zeichengruppen B 30 - B 18 vorgenommen, wobei die Abfolge der übersetzten Piktogramme entgegen ihrer Nummerierung, also von B 30 in Richtung B 1 erfolgt. Vorgelegt wird hier also nur ein Teilabschnitt der B-Seite. In einer 2. Lesung folgt ein Kommentar zu dieser ersten Übersetzung des 1. Abschnitts der B-Seite. Im Zuge einer 3. Lesung wird diese erste Übersetzung dann interlinear erfolgen. Dies bedeutet, dass ihr Zeile für Zeile die phonetische Lautsprache vorangestellt wird, wie sie von Owens, Coleman und Alexopoulou erarbeitet und 2014 in Heraklion dem Fachpublikum vorgestellt wurde.
Die in der Inschrift des Diskos von Phaistos zum Ausdruck gebrachte Sprache wird hier als pelasgisch bezeichnet. Das Pelasgische ist meines Erachtens in den Bezirken von Larisa und Dodona, sowie denen der Phthiotis, als auch Abdera und Samothrake entstanden. Herodot teilt I, 57 -58 seinen Lesern mit, dass sie einst Nachbarn der Dorier waren. Ihm zufolge wurden die ebenda in VII, 94 genannten Äolier ebenfalls zu den Pelasgern gezählt, weshalb man den Bezirk von Iolkos in das einstige Kerngebiet der Pelasger einbeziehen muss. Herodot berichtet VIII, 135 davon, dass Mys von Europos mit einer thebanischen Gesandtschaft einmal das Vergnügen hatte, auf der Nordseite des Kopais Sees im Heiligtum des Ptoos bei Orchomenos der Rede eines pelasgisch sprechenden Priesters beizuwohnen. Doch Mys gab offen zu, dass er die rohe Sprache dieses Barbaren nicht verstanden habe, weshalb er diesem pelasgischen Priester seine Tafel abnahm und dessen Orakelspruch abschrieb. Die Priester der Pelasger konnten demnach also schreiben, wie die in Herodot VIII, 135 genannte Tafel desselben bezeugt. Mys von Europos bezeichnete diese Schrift als karisch, was die in Milet gesprochene Sprache ist.
Die Entstehungszeit des Textes des Diskos von Phaistos wird hier chronologisch in die Zeit um kurz nach 1200 v. Chr. datiert. Dies ist die Zeit von Thetis und Peleus, sowie die der Herakliden und des Seevölkersturmes. Es ist zugleich die Zeit, in welcher Troja belagert und erobert wurde. Vor den Mauern dieser Stadt kämpfte Peleus nicht, doch Achilles, der Sohn der Thetis, fand dort sein Ende, was aber nicht Gegenstand des Inhaltes des Textes des Diskos von Phaistos ist, weshalb der Prolog hier schließt.
Übersetzung der B-Seite des Diskos von Phaistos - 1. Abschnitt
B 30 Thetis nahm
B 29 unser Schiff in Phthia an
B 28 der Stadt unserer Göttin
B 27 [dann] folgte der Zug aller dem Pele
B 26 zu den Daktylen im Lande Assuwa
B 25 die Toten des Zuges begruben wir in ihrer Stadt
B 24 Sie nahm der Thetiden
B 23 und brachte unseren Zug
B 22 in die Stadt der Paphia
B 21 Die Daktylen des Landes Assuwa [aber]
B 20 Thetis nahm diese
B 19 Die Herakliden [bekamen] diese
B 18 Die Daktylen aus dem Lande Assuwa
Ende der Übersetzung des 1. Abschnitts der B-Seite des Diskos von Phaistos. Eigenes Werk, in Allmende. Own work, in public domain.
Anmerkungen :
Zu B 27 : Der in B 27 des Diskos genannte PE wurde mittels des Bildzeichens der Tiara bzw. Mitra dargestellt. Siehe zu diesem Piktogramm die Ausführungen von Arthur Evans 1921, S. 657 : "a kind of peaked Tiara as we have seen by the Minoan Goddess [and] in the Anatolian regions among the earlier Hittite rulers ... ." Dieses in B 27 befindliche Symbol der Mitra wurde hier mit Evans als sakrales Herrschaftszeichen identifiziert. Das phonetisch dazu gegebene PE wurde zudem als Eigenname aufgefasst und mit einer bedeutenden Person, nämlich Peleus, mykenisch Pele, identifiziert. Das Piktogramm der Mitra findet sich Evans Nr. 9 (Tiara), sowie Luigi Pernier 1909, S. 292, Nr. 43. Siehe dazu das Bild im Anhang.
Zu B 26 : Der Eigenname der erstmals in B 26, sowie in B 21 und B 18 genannten Daktylen wurden aus dem Bildzeichen der Palme hergeleitet. Es handelt sich um das Piktogramm Evans Nr. 8, welches bei Luigi Pernier 1909, S. 283, Nr. 7 als Palme identifiziert wurde. Diese Art der Palme wird bei Homer als Daktylos bezeichnet, gemeinhin als Dattelpalme bekannt. Aus dieser Kulturpflanze gewannen die Menschen seit jeher Brot und Wein, weshalb hinter diesem Bildzeichen, ähnlich dem Olivenbaum, ein Eigenname vermutet wurde. Hier ist es jedoch keine Landschaft, sondern der Name eines Volkes, welches in Mygdonien, der späteren Phrygia epictetis, beheimatet war. Im Diskos wird das Land dieser Daktylen mit dem Namen AU ZO wiedergegeben, was hier mit Assuwa identifiziert wurde. Zum Piktogramm der Daktylos Palme (Phoinix Dactylifera) siehe das Bild im Anhang.
Zu B 26 : Das durch das Bildzeichen des Olivenbaumes angezeigte Land AUZO wurde hier mit Assuwa übersetzt und entspricht der Landschaft Mygdonien, später Phrygia epictetis. Das Land Assuwa wird nicht nur in B 26, sondern zudem auch noch in B 21 und B 18 genannt. Siehe dazu auch oben bei den Daktylen, sowie in Diodor V 64,3 und V 64, 5 und XVII 7,5. Die Daktylen lernten ihr Handwerk von der in Mygdonien (Assuwa) verehrten Gottesmutter Rhea / Kybele.
Zu B 25 : Die in B 25 der Übersetzung genannte Beisetzung der Toten ergab sich aus der von Evans vorgenommenen Interpretation des Piktogrammes Nr. 24. Evans führte 1921 zum Bildzeichen Nr. 24 auf S. 657 - 658 aus, dass es sich dabei um ein "pagode like Lykian building" handeln würde, nämlich um ein Grabhaus, genauer ein Felsengrab, wie man es in Myra besichtigen könne. Es handelt sich Evans zufolge bei diesem Bildzeichen also nicht um einen Bienenstock, wie andernorts später verschiedentlich angenommen wurde, sondern um die stilisierte Darstellung der Fassade eines Felsengrabes, wie es von der Bauart her in den Gebieten von Karien, Lykien und Kilikien bis in die Antike hinein üblich war. Evans fügte seinen Ausführungen zum Bildzeichen Nr. 24 auf S. 658, Fig. 487 eine Darstellung des Felsengrabes von Myra bei. Dieses in Zelle B 25 auftretende Bildzeichen eines Felsengrabes wurde hier daher mit Beisetzung der Gefallenen übersetzt, zumal die Herakliden in Mygdonien im Kampf gegen die Gorgonen erhebliche Verluste erlitten, bevor sie in Karien schließlich bei Kolophon die Küste erreichten. Das als Felsengrab interpretierte Bildzeichen Evans Nr. 24 findet sich ebenfalls im Dateianhang.
Zu B 19 : Das in B 19 gezeigte Symbol der genoppten Keule ist ein zentrales Attribut des Herkules / Herakles, wie Arthur Evans erkannte : "A knobled club resembling that of Hercules." Dieses auf dem Diskos in B 19 gezeigte Attribut des Herkules / Herakles wurde hier als Symbol für die Herakliden aufgefasst und als ein Eigenname übersetzt, welcher synonym für einen bedeutenden Teil des Seevölkersturmes steht.
Nähere Erläuterungen zu den eben angesprochenen Sachverhalten, sowie zu den in der hier vorgelegten Übersetzung genannten Städten, namentlich Phthia und Paphos, folgen in dem zur 2. Lesung geplanten Kommentar, sowie im Rahmen der abschließenden, interlinearen 2. Übersetzung der 3. Lesung.
Pitassa
Mit dieser 1. Lesung wird ein Übersetzungsversuch der nach Louis Godart angeordneten Zeichengruppen B 30 - B 18 vorgenommen, wobei die Abfolge der übersetzten Piktogramme entgegen ihrer Nummerierung, also von B 30 in Richtung B 1 erfolgt. Vorgelegt wird hier also nur ein Teilabschnitt der B-Seite. In einer 2. Lesung folgt ein Kommentar zu dieser ersten Übersetzung des 1. Abschnitts der B-Seite. Im Zuge einer 3. Lesung wird diese erste Übersetzung dann interlinear erfolgen. Dies bedeutet, dass ihr Zeile für Zeile die phonetische Lautsprache vorangestellt wird, wie sie von Owens, Coleman und Alexopoulou erarbeitet und 2014 in Heraklion dem Fachpublikum vorgestellt wurde.
Die in der Inschrift des Diskos von Phaistos zum Ausdruck gebrachte Sprache wird hier als pelasgisch bezeichnet. Das Pelasgische ist meines Erachtens in den Bezirken von Larisa und Dodona, sowie denen der Phthiotis, als auch Abdera und Samothrake entstanden. Herodot teilt I, 57 -58 seinen Lesern mit, dass sie einst Nachbarn der Dorier waren. Ihm zufolge wurden die ebenda in VII, 94 genannten Äolier ebenfalls zu den Pelasgern gezählt, weshalb man den Bezirk von Iolkos in das einstige Kerngebiet der Pelasger einbeziehen muss. Herodot berichtet VIII, 135 davon, dass Mys von Europos mit einer thebanischen Gesandtschaft einmal das Vergnügen hatte, auf der Nordseite des Kopais Sees im Heiligtum des Ptoos bei Orchomenos der Rede eines pelasgisch sprechenden Priesters beizuwohnen. Doch Mys gab offen zu, dass er die rohe Sprache dieses Barbaren nicht verstanden habe, weshalb er diesem pelasgischen Priester seine Tafel abnahm und dessen Orakelspruch abschrieb. Die Priester der Pelasger konnten demnach also schreiben, wie die in Herodot VIII, 135 genannte Tafel desselben bezeugt. Mys von Europos bezeichnete diese Schrift als karisch, was die in Milet gesprochene Sprache ist.
Die Entstehungszeit des Textes des Diskos von Phaistos wird hier chronologisch in die Zeit um kurz nach 1200 v. Chr. datiert. Dies ist die Zeit von Thetis und Peleus, sowie die der Herakliden und des Seevölkersturmes. Es ist zugleich die Zeit, in welcher Troja belagert und erobert wurde. Vor den Mauern dieser Stadt kämpfte Peleus nicht, doch Achilles, der Sohn der Thetis, fand dort sein Ende, was aber nicht Gegenstand des Inhaltes des Textes des Diskos von Phaistos ist, weshalb der Prolog hier schließt.
Übersetzung der B-Seite des Diskos von Phaistos - 1. Abschnitt
B 30 Thetis nahm
B 29 unser Schiff in Phthia an
B 28 der Stadt unserer Göttin
B 27 [dann] folgte der Zug aller dem Pele
B 26 zu den Daktylen im Lande Assuwa
B 25 die Toten des Zuges begruben wir in ihrer Stadt
B 24 Sie nahm der Thetiden
B 23 und brachte unseren Zug
B 22 in die Stadt der Paphia
B 21 Die Daktylen des Landes Assuwa [aber]
B 20 Thetis nahm diese
B 19 Die Herakliden [bekamen] diese
B 18 Die Daktylen aus dem Lande Assuwa
Ende der Übersetzung des 1. Abschnitts der B-Seite des Diskos von Phaistos. Eigenes Werk, in Allmende. Own work, in public domain.
Anmerkungen :
Zu B 27 : Der in B 27 des Diskos genannte PE wurde mittels des Bildzeichens der Tiara bzw. Mitra dargestellt. Siehe zu diesem Piktogramm die Ausführungen von Arthur Evans 1921, S. 657 : "a kind of peaked Tiara as we have seen by the Minoan Goddess [and] in the Anatolian regions among the earlier Hittite rulers ... ." Dieses in B 27 befindliche Symbol der Mitra wurde hier mit Evans als sakrales Herrschaftszeichen identifiziert. Das phonetisch dazu gegebene PE wurde zudem als Eigenname aufgefasst und mit einer bedeutenden Person, nämlich Peleus, mykenisch Pele, identifiziert. Das Piktogramm der Mitra findet sich Evans Nr. 9 (Tiara), sowie Luigi Pernier 1909, S. 292, Nr. 43. Siehe dazu das Bild im Anhang.
Zu B 26 : Der Eigenname der erstmals in B 26, sowie in B 21 und B 18 genannten Daktylen wurden aus dem Bildzeichen der Palme hergeleitet. Es handelt sich um das Piktogramm Evans Nr. 8, welches bei Luigi Pernier 1909, S. 283, Nr. 7 als Palme identifiziert wurde. Diese Art der Palme wird bei Homer als Daktylos bezeichnet, gemeinhin als Dattelpalme bekannt. Aus dieser Kulturpflanze gewannen die Menschen seit jeher Brot und Wein, weshalb hinter diesem Bildzeichen, ähnlich dem Olivenbaum, ein Eigenname vermutet wurde. Hier ist es jedoch keine Landschaft, sondern der Name eines Volkes, welches in Mygdonien, der späteren Phrygia epictetis, beheimatet war. Im Diskos wird das Land dieser Daktylen mit dem Namen AU ZO wiedergegeben, was hier mit Assuwa identifiziert wurde. Zum Piktogramm der Daktylos Palme (Phoinix Dactylifera) siehe das Bild im Anhang.
Zu B 26 : Das durch das Bildzeichen des Olivenbaumes angezeigte Land AUZO wurde hier mit Assuwa übersetzt und entspricht der Landschaft Mygdonien, später Phrygia epictetis. Das Land Assuwa wird nicht nur in B 26, sondern zudem auch noch in B 21 und B 18 genannt. Siehe dazu auch oben bei den Daktylen, sowie in Diodor V 64,3 und V 64, 5 und XVII 7,5. Die Daktylen lernten ihr Handwerk von der in Mygdonien (Assuwa) verehrten Gottesmutter Rhea / Kybele.
Zu B 25 : Die in B 25 der Übersetzung genannte Beisetzung der Toten ergab sich aus der von Evans vorgenommenen Interpretation des Piktogrammes Nr. 24. Evans führte 1921 zum Bildzeichen Nr. 24 auf S. 657 - 658 aus, dass es sich dabei um ein "pagode like Lykian building" handeln würde, nämlich um ein Grabhaus, genauer ein Felsengrab, wie man es in Myra besichtigen könne. Es handelt sich Evans zufolge bei diesem Bildzeichen also nicht um einen Bienenstock, wie andernorts später verschiedentlich angenommen wurde, sondern um die stilisierte Darstellung der Fassade eines Felsengrabes, wie es von der Bauart her in den Gebieten von Karien, Lykien und Kilikien bis in die Antike hinein üblich war. Evans fügte seinen Ausführungen zum Bildzeichen Nr. 24 auf S. 658, Fig. 487 eine Darstellung des Felsengrabes von Myra bei. Dieses in Zelle B 25 auftretende Bildzeichen eines Felsengrabes wurde hier daher mit Beisetzung der Gefallenen übersetzt, zumal die Herakliden in Mygdonien im Kampf gegen die Gorgonen erhebliche Verluste erlitten, bevor sie in Karien schließlich bei Kolophon die Küste erreichten. Das als Felsengrab interpretierte Bildzeichen Evans Nr. 24 findet sich ebenfalls im Dateianhang.
Zu B 19 : Das in B 19 gezeigte Symbol der genoppten Keule ist ein zentrales Attribut des Herkules / Herakles, wie Arthur Evans erkannte : "A knobled club resembling that of Hercules." Dieses auf dem Diskos in B 19 gezeigte Attribut des Herkules / Herakles wurde hier als Symbol für die Herakliden aufgefasst und als ein Eigenname übersetzt, welcher synonym für einen bedeutenden Teil des Seevölkersturmes steht.
Nähere Erläuterungen zu den eben angesprochenen Sachverhalten, sowie zu den in der hier vorgelegten Übersetzung genannten Städten, namentlich Phthia und Paphos, folgen in dem zur 2. Lesung geplanten Kommentar, sowie im Rahmen der abschließenden, interlinearen 2. Übersetzung der 3. Lesung.
Pitassa
- Dateianhänge
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- Das Piktogramm der Fassade eines Felsengrabes. Quelle : Arthur Evans : The Palace of Minos at Knossos, Vol. 1, London 1921, S. 652, Fig. 483, Nr. 24, sowie Kommentar Seite 657 - 658 mit Fig. 487 (Felsengrab von Myra). In public domain.
- Evans_1921_S.652_Fig.483_Nr.24_Pagode_Building_Tomb_of_Lykia_all_signs_of_the_Disk_.png (64.81 KiB) 14112 mal betrachtet
-
- Das phonetisch mit PE[LE] wiedergegebene Herrschaftszeichen der Mitra, B-Seite des Diskos. Quelle : Arthur Evans, The Palace of Minos at Knossos, Vol. 1, London 1921, S. 652, Fig. 483, Nr. 9 u. S. 654, Fig. 485 mit Kommentar S. 657, Fig. 486 (Tiara / Mitra). In public domain.
- Die_Mitra_PE_Evans_1921_S. 654_Fig.485_Nr._m_Tiara_.png (61.13 KiB) 14113 mal betrachtet
-
- Das Piktogramm der Daktylos Palme auf der B_Seite des Diskos von Phaistos. Quelle : Arthur Evans, The Palace of Minos at Knossos, Vol. 1, London 1921, S. 652, Fig. 483, Nr. 8. In public domain.
- Arthur_Evans_1921_Fig.483_Nr.8_Daktylos_Palme_in_public_domain_.png (52.09 KiB) 14113 mal betrachtet
"Habe keine Angst vor Büchern, ungelesen sind sie völlig harmlos." Unbekannt
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Pitassa,
vielen Dank für das interessante Foto von Perniers "Schreibstein". Über die Form und den SInn dieses Objekts möchte ich mir noch weitere Gedanken machen. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass so etwas zum Schreiben verwendet wurde (das ist natürlich kein Ausschlussargument, möglich ist ja vieles).
Vielen Dank auch für Deine bisherigen Übersetzungsergebnisse, sehr interessant!
Ich freue mich, dass meine Vorversuche interessant für Dich sind. Dann dürften sie andere Lesende auch interessieren.
Wie ich feststellen kann, erfüllt der improvisierte Stempel alle Erwartungen. Mit einem zweiten Stempel, den ich heute mit gleicher Abformung hergestellt habe, hat sich gleichartiges Ergebnis ergeben (der erste Stempel hat sich beim Versuch, ihn in der Mikrowelle zu trocknen und zu härten - BITTE NICHT NACHMACHEN! -in Ausschuss verwandelt).
Einige Stunden des Trocknens der Knetmasse des neuen Stempels bei den zur Zeit extremen Temperaturen haben die Knetmassse soweit ausgehärtet, dass sich mit ihr ein Stempelabdruck (wieder in Knetmasse) ausführen ließ. Das Stempelergebnis ist qualitativ noch verbesserungswürdig. Versuche mit ursprünglicheren Materialien stehen noch aus. Das Ergebnis bestätigt aber, dass sich über das bisher beschriebene Prozedere Stempelabdrücke erzeugen lassen, die der Charakteristika des nachempfundenen Symbols, wie wir es auf dem Diskos von Phaistos finden können, sehr stark gerecht werden.
vielen Dank für das interessante Foto von Perniers "Schreibstein". Über die Form und den SInn dieses Objekts möchte ich mir noch weitere Gedanken machen. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass so etwas zum Schreiben verwendet wurde (das ist natürlich kein Ausschlussargument, möglich ist ja vieles).
Vielen Dank auch für Deine bisherigen Übersetzungsergebnisse, sehr interessant!
Ich freue mich, dass meine Vorversuche interessant für Dich sind. Dann dürften sie andere Lesende auch interessieren.
Wie ich feststellen kann, erfüllt der improvisierte Stempel alle Erwartungen. Mit einem zweiten Stempel, den ich heute mit gleicher Abformung hergestellt habe, hat sich gleichartiges Ergebnis ergeben (der erste Stempel hat sich beim Versuch, ihn in der Mikrowelle zu trocknen und zu härten - BITTE NICHT NACHMACHEN! -in Ausschuss verwandelt).
Einige Stunden des Trocknens der Knetmasse des neuen Stempels bei den zur Zeit extremen Temperaturen haben die Knetmassse soweit ausgehärtet, dass sich mit ihr ein Stempelabdruck (wieder in Knetmasse) ausführen ließ. Das Stempelergebnis ist qualitativ noch verbesserungswürdig. Versuche mit ursprünglicheren Materialien stehen noch aus. Das Ergebnis bestätigt aber, dass sich über das bisher beschriebene Prozedere Stempelabdrücke erzeugen lassen, die der Charakteristika des nachempfundenen Symbols, wie wir es auf dem Diskos von Phaistos finden können, sehr stark gerecht werden.
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Wow ! Super Stempelbild ! Vor allem das links in die Vorlage gedruckte Stempelbild gefällt mir sehr !
Was meine Anmerkungen zu dem auf der Tavola stehenden Gegenstand betrifft, so wäre er als Werkzeug zum einritzen von Buchstaben und Zählzeichen einer Linear Schrift sehr grob und bereits deutlich abgenutzt. Das sonst im mykenisch minoischen Kulturkreis übliche einritzen der Schrift- und Zählzeichen stellt zudem eine völlig andere Technik dar als die bei dem Diskos von Phaistos, welcher ja mit Stempeln bedruckt wurde, wie du soeben wieder einmal zweifelsfrei im Experiment bewiesen hast.
Luigi Pernier, 1935, S. 235, Fig. 112 bezeichnet den auf der "tavola", also auf der [Schreib] Tafel stehenden Gegenstand denn auch tatsächlich als "Pestello", was ein "Mörserstein" wäre und teilt dazu mit, dass dieser in Raum VIII gefunden worden ist. Damit ist der im Gebäude XL 101 befindliche Fundort Raum 8 bezeichnet. Meine Vermutung geht hier dahin, dass sich auf der Unterseite desselben eine Vertiefung befinden könnte, welche den jeweils benötigten Prägestempel aufnehmen könnte. Dadurch gewinnt der Prägestempel an Halt und das jeweils eingespannte Stempelzeichen würde stetig gleichbleibend ein gleichmäßiges Bild prägen. Gerade für den häufigen Gebrauch eine sinnvolle Vorgehensweise. Ich fragte mich daher : Wurde hier in Wirklichkeit der angeblich nicht aufgefundene Prägestock gezeigt ? Doch das ist reine Spekulation, wiewohl ich liebend gerne ein Foto von der Unterseite dieses "Mörsers" gesehen hätte, und zwar am liebsten in maximaler Vergrößerung
Berichte mir bitte, sobald es etwas neues gibt
Was meine Anmerkungen zu dem auf der Tavola stehenden Gegenstand betrifft, so wäre er als Werkzeug zum einritzen von Buchstaben und Zählzeichen einer Linear Schrift sehr grob und bereits deutlich abgenutzt. Das sonst im mykenisch minoischen Kulturkreis übliche einritzen der Schrift- und Zählzeichen stellt zudem eine völlig andere Technik dar als die bei dem Diskos von Phaistos, welcher ja mit Stempeln bedruckt wurde, wie du soeben wieder einmal zweifelsfrei im Experiment bewiesen hast.
Luigi Pernier, 1935, S. 235, Fig. 112 bezeichnet den auf der "tavola", also auf der [Schreib] Tafel stehenden Gegenstand denn auch tatsächlich als "Pestello", was ein "Mörserstein" wäre und teilt dazu mit, dass dieser in Raum VIII gefunden worden ist. Damit ist der im Gebäude XL 101 befindliche Fundort Raum 8 bezeichnet. Meine Vermutung geht hier dahin, dass sich auf der Unterseite desselben eine Vertiefung befinden könnte, welche den jeweils benötigten Prägestempel aufnehmen könnte. Dadurch gewinnt der Prägestempel an Halt und das jeweils eingespannte Stempelzeichen würde stetig gleichbleibend ein gleichmäßiges Bild prägen. Gerade für den häufigen Gebrauch eine sinnvolle Vorgehensweise. Ich fragte mich daher : Wurde hier in Wirklichkeit der angeblich nicht aufgefundene Prägestock gezeigt ? Doch das ist reine Spekulation, wiewohl ich liebend gerne ein Foto von der Unterseite dieses "Mörsers" gesehen hätte, und zwar am liebsten in maximaler Vergrößerung
Berichte mir bitte, sobald es etwas neues gibt
"Habe keine Angst vor Büchern, ungelesen sind sie völlig harmlos." Unbekannt
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Pitassa und danke!
Sobald ich neue Erkenntnisse gewonnen habe, teile ich es hier baldmöglich mit.
Den "Schreibstein", halte ich zunächst einmal auch für einen Reibstein z.B. zum zermahlen von Pigmenten (z.B. für die Herstellung von Künstlerfarben und Schmincke) und optional für eine Spielfigur o.ä.
Mit diesem Objekt beschäftige ich mich bei Gelegenheit noch ausführlicher auch im Hinblick auf Deine Idee eines Stempelschafts.
Wirklich schade ist, dass es kein Foto von der Unterseite des "Schreibsteins" zu geben scheint.
Deine Idee eines Stempelschafts ist interessant, auch wenn ich nicht unbedingt davon überzeugt bin. Ausgeschlossen ist es nicht, dass es solche Stempelschäfte in der Antike gab, aber für eine Aussage dazu bin ich noch zu wenig im Thema. Auch ist die Frage dabei, ob sich dieser Herstellungsaufwand für Stempel lohnte (wie gesagt ist Aufwand in dieser Hinsicht aber natürlich relativ, für manche Repräsentanzen wurde natürlich kein Aufwand gescheut).
Technisch ist Deine Idee jedenfalls (materialabhängig) sicherlich machbar, müsste aber mit den verschiedenen Größen der Stempelabdrücke auf dem Diskos von Phaistos in Übereinklang gebracht werden.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass ein erfahrener Stempler ohne eine solche Vorrichtung auskam.
Mehr dazu ein andern Mal...
Ich möchte hier nur am Rande auf die Theorie eingehen, dass der Diskos von Phaistos eine Fälschung sein könnte aufgrund der Begründung, dass der Innovationsschub gestempelter Symbole zur Abfassung eines Schrifttextes für damalige Zeiten zu groß gewesen sei.
Ich halte die Argumentation dieser Theorie für absurd.
Stempelartige Abdrücke von Objekten kannten die Menschen bereits seit Urzeiten: Abdrücke von den eigenen Füßen oder Händen und z.B. Tierspuren in lehmigem Untergrund...
Auch ist es sicherlich nicht ausschließliches Phänomen der Neuzeit, dass etwa versteinerte Ammoniten-Positive von Menschen gefunden und betrachtet wurden.
In jeder polierten Fensterbank aus Jurakalkstein können wir heute Meeresgeschichte lesen und diese urzeitliche Geschichte liegt ganz banal unter unseren Fenstern.
Der Mensch war schon früh mit dem Phänomen konfrontiert, dass Dinge und Objekte wie z.B. auf einem antiken Schlachtfeld gefundene Pfeil- und Speerspitzen eine Geschichte erzählten. Ein Stück Ton genügte, um z.B. die Form einer bronzenen Pfeilspitze zu kopieren: Hierfür hätte die Pfeilspitze einfach in das Stück Ton gedrückt und anschließend bequem als Abbild davongetragen und sogar nachgegossen werden können.
Nicht grundlos haben z.B. antike Siegel immer auch eine Art von Geschichte transportiert: Der Stempel war Medium der damaligen Zeit und es bot sich einfach an, diese Methode des Generierens von Informationsinhalten zu nutzen.
Stellen wir uns nur einmal Kinder der Antike vor, die mit dem spielten, was sich anbot: z.B. mit lehmigen Untergrund und einer Hand voll hübsch geformter Muscheln.
Wer würde nicht früher oder später spielend herausfinden, dass sich mit Hilfe von Abdrücken der Muscheln hübsche Muster herstellen lassen. Und ganz nebenbei konnte auch noch etwas über frühzeitliche Mathematikansätze (Arithmetik) gelernt werden.
Nichts anderes als ein Stempel waren doch die Schnüre, bzw. Seile, die von Keramiker*innen bestimmter Perioden in frisch getöpferte Tonwaren gedrückt wurden um sie zu verzieren (Schnurkeramik).
Auch mesopotamische Keilschriftafeln wurden mit entsprechenden Keilhölzchen im Sinne von "Stempelungen" hergestellt. Einziger Unterschied zu der Symbolschreibweise auf dem Diskos von Phaistos war, dass die alten Mesopotamier komplexere Symbole in der Additiv-Schreibweise aus eingerückten Keilformen - also quasi modular - zusammensetzten.
Das Umkehrprinzip eines Stempels - die Abformung einer Stempelung - wurde vermutlich schon weit vor der Entstehungszeit des Diskos praktiziert. Wollte ein Künstler sich z.B. eine Inspiration "besorgen", genügte ihm hierfür ein Stück frischen Tons: z.B. einen heimlichen Abdruck von einem uralten, in Stein gemeißelten Relief in Ton in wenigen Sekunden anzufertigen, war sicherlich auch damals schon ganz leicht (Bitte nicht nachmachen!). Vermutlich war die anschließende unbemerkte Flucht das größere Problem in dieser Angelegenheit.
Solche Praxis des "Innovationsraubs" ist heute vermutlich zu Recht und sicherlich in den allermeisten Fällen verboten und möglicherweise können - je nach Örtlichkeit und illegaler unlizensierter Abformung - drakonische Strafen blühen.
Das Argument, dass Stempelungen für die Zeiten der Minoischen Kultur, wie sie mit dem Diskos von Phaistos vorzuliegen scheinen, einen zu großen (plötzlichen) Innovationsschub dargestellt hätten, halte ich schlicht und ergreifend für oberflächlich durchdacht und eindeutig falsch.
Spätestens seit der Mensch Metalle in Formen gießt, beherrscht er die Kunst des Stempelns. Schon die Alten Ägypter vergoßen ihr aufwändig aus Malachit gewonnenes Kupfer für die Werkzeug und Waffenherstellung in Gußformen, die sie wie gestempelt in lehmigem Boden anfertigten (halboffener Guss). Wurde eine Reihe von Güssen - z.B. für die Herstellung von Flachmeisseln und Dechselklingen - vorbereitet, wurden vermutlich entsprechend viele Gußformen nebeneinander liegend gefertigt.
Auf einen Außenstehenden würde eine Blick auf eine solche Vorbereitung für eine Gußsituation bei fehlender Sachkenntnis wie eine Aneinanderreihung merkwürdiger Symbole wirken.
- Mehr dazu später -
Quellen:
Seite „Abformung“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. Januar 2022, 12:21 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =218851744 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:08 UTC)
Seite „Ammoniten“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. Juni 2022, 19:20 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223920037 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:06 UTC)
Seite „Arithmetik“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Juli 2022, 12:53 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224596868 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:14 UTC)
Seite „Bautechniken im Alten Ägypten“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Juni 2022, 15:42 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223454759 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:23 UTC)
Seite „Brotstempel“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Dezember 2017, 09:18 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =171622900 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:11 UTC)
Seite „Geschichte der Keramik“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Juni 2022, 10:26 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223690486 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:13 UTC)
Seite „Gießen (Metall)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. Juli 2022, 07:48 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224411582 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:20 UTC)
Seite „Jura-Marmor“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. März 2022, 12:02 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =220841342 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:07 UTC)
Seite „Keilschrift“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Juni 2022, 05:40 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223975432 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:15 UTC)
Seite „Kupfersteinzeit“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Juli 2022, 23:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224213653 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:21 UTC)
Seite „Pfeilspitze“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. Februar 2022, 07:22 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =220213161 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:08 UTC)
Seite „Projektilspitze“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. März 2022, 19:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =221201175 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:09 UTC)
Seite „Siegel“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Juli 2022, 00:30 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224487409 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:10 UTC)
Seite „Schnurkeramische Kultur“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Juni 2022, 20:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224071493 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:14 UTC)
Sobald ich neue Erkenntnisse gewonnen habe, teile ich es hier baldmöglich mit.
Den "Schreibstein", halte ich zunächst einmal auch für einen Reibstein z.B. zum zermahlen von Pigmenten (z.B. für die Herstellung von Künstlerfarben und Schmincke) und optional für eine Spielfigur o.ä.
Mit diesem Objekt beschäftige ich mich bei Gelegenheit noch ausführlicher auch im Hinblick auf Deine Idee eines Stempelschafts.
Wirklich schade ist, dass es kein Foto von der Unterseite des "Schreibsteins" zu geben scheint.
Deine Idee eines Stempelschafts ist interessant, auch wenn ich nicht unbedingt davon überzeugt bin. Ausgeschlossen ist es nicht, dass es solche Stempelschäfte in der Antike gab, aber für eine Aussage dazu bin ich noch zu wenig im Thema. Auch ist die Frage dabei, ob sich dieser Herstellungsaufwand für Stempel lohnte (wie gesagt ist Aufwand in dieser Hinsicht aber natürlich relativ, für manche Repräsentanzen wurde natürlich kein Aufwand gescheut).
Technisch ist Deine Idee jedenfalls (materialabhängig) sicherlich machbar, müsste aber mit den verschiedenen Größen der Stempelabdrücke auf dem Diskos von Phaistos in Übereinklang gebracht werden.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass ein erfahrener Stempler ohne eine solche Vorrichtung auskam.
Mehr dazu ein andern Mal...
Ich möchte hier nur am Rande auf die Theorie eingehen, dass der Diskos von Phaistos eine Fälschung sein könnte aufgrund der Begründung, dass der Innovationsschub gestempelter Symbole zur Abfassung eines Schrifttextes für damalige Zeiten zu groß gewesen sei.
Ich halte die Argumentation dieser Theorie für absurd.
Stempelartige Abdrücke von Objekten kannten die Menschen bereits seit Urzeiten: Abdrücke von den eigenen Füßen oder Händen und z.B. Tierspuren in lehmigem Untergrund...
Auch ist es sicherlich nicht ausschließliches Phänomen der Neuzeit, dass etwa versteinerte Ammoniten-Positive von Menschen gefunden und betrachtet wurden.
In jeder polierten Fensterbank aus Jurakalkstein können wir heute Meeresgeschichte lesen und diese urzeitliche Geschichte liegt ganz banal unter unseren Fenstern.
Der Mensch war schon früh mit dem Phänomen konfrontiert, dass Dinge und Objekte wie z.B. auf einem antiken Schlachtfeld gefundene Pfeil- und Speerspitzen eine Geschichte erzählten. Ein Stück Ton genügte, um z.B. die Form einer bronzenen Pfeilspitze zu kopieren: Hierfür hätte die Pfeilspitze einfach in das Stück Ton gedrückt und anschließend bequem als Abbild davongetragen und sogar nachgegossen werden können.
Nicht grundlos haben z.B. antike Siegel immer auch eine Art von Geschichte transportiert: Der Stempel war Medium der damaligen Zeit und es bot sich einfach an, diese Methode des Generierens von Informationsinhalten zu nutzen.
Stellen wir uns nur einmal Kinder der Antike vor, die mit dem spielten, was sich anbot: z.B. mit lehmigen Untergrund und einer Hand voll hübsch geformter Muscheln.
Wer würde nicht früher oder später spielend herausfinden, dass sich mit Hilfe von Abdrücken der Muscheln hübsche Muster herstellen lassen. Und ganz nebenbei konnte auch noch etwas über frühzeitliche Mathematikansätze (Arithmetik) gelernt werden.
Nichts anderes als ein Stempel waren doch die Schnüre, bzw. Seile, die von Keramiker*innen bestimmter Perioden in frisch getöpferte Tonwaren gedrückt wurden um sie zu verzieren (Schnurkeramik).
Auch mesopotamische Keilschriftafeln wurden mit entsprechenden Keilhölzchen im Sinne von "Stempelungen" hergestellt. Einziger Unterschied zu der Symbolschreibweise auf dem Diskos von Phaistos war, dass die alten Mesopotamier komplexere Symbole in der Additiv-Schreibweise aus eingerückten Keilformen - also quasi modular - zusammensetzten.
Das Umkehrprinzip eines Stempels - die Abformung einer Stempelung - wurde vermutlich schon weit vor der Entstehungszeit des Diskos praktiziert. Wollte ein Künstler sich z.B. eine Inspiration "besorgen", genügte ihm hierfür ein Stück frischen Tons: z.B. einen heimlichen Abdruck von einem uralten, in Stein gemeißelten Relief in Ton in wenigen Sekunden anzufertigen, war sicherlich auch damals schon ganz leicht (Bitte nicht nachmachen!). Vermutlich war die anschließende unbemerkte Flucht das größere Problem in dieser Angelegenheit.
Solche Praxis des "Innovationsraubs" ist heute vermutlich zu Recht und sicherlich in den allermeisten Fällen verboten und möglicherweise können - je nach Örtlichkeit und illegaler unlizensierter Abformung - drakonische Strafen blühen.
Das Argument, dass Stempelungen für die Zeiten der Minoischen Kultur, wie sie mit dem Diskos von Phaistos vorzuliegen scheinen, einen zu großen (plötzlichen) Innovationsschub dargestellt hätten, halte ich schlicht und ergreifend für oberflächlich durchdacht und eindeutig falsch.
Spätestens seit der Mensch Metalle in Formen gießt, beherrscht er die Kunst des Stempelns. Schon die Alten Ägypter vergoßen ihr aufwändig aus Malachit gewonnenes Kupfer für die Werkzeug und Waffenherstellung in Gußformen, die sie wie gestempelt in lehmigem Boden anfertigten (halboffener Guss). Wurde eine Reihe von Güssen - z.B. für die Herstellung von Flachmeisseln und Dechselklingen - vorbereitet, wurden vermutlich entsprechend viele Gußformen nebeneinander liegend gefertigt.
Auf einen Außenstehenden würde eine Blick auf eine solche Vorbereitung für eine Gußsituation bei fehlender Sachkenntnis wie eine Aneinanderreihung merkwürdiger Symbole wirken.
- Mehr dazu später -
Quellen:
Seite „Abformung“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. Januar 2022, 12:21 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =218851744 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:08 UTC)
Seite „Ammoniten“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. Juni 2022, 19:20 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223920037 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:06 UTC)
Seite „Arithmetik“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Juli 2022, 12:53 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224596868 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:14 UTC)
Seite „Bautechniken im Alten Ägypten“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Juni 2022, 15:42 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223454759 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:23 UTC)
Seite „Brotstempel“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Dezember 2017, 09:18 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =171622900 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:11 UTC)
Seite „Geschichte der Keramik“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Juni 2022, 10:26 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223690486 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:13 UTC)
Seite „Gießen (Metall)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. Juli 2022, 07:48 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224411582 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:20 UTC)
Seite „Jura-Marmor“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. März 2022, 12:02 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =220841342 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:07 UTC)
Seite „Keilschrift“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Juni 2022, 05:40 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223975432 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:15 UTC)
Seite „Kupfersteinzeit“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Juli 2022, 23:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224213653 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:21 UTC)
Seite „Pfeilspitze“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. Februar 2022, 07:22 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =220213161 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:08 UTC)
Seite „Projektilspitze“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. März 2022, 19:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =221201175 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:09 UTC)
Seite „Siegel“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Juli 2022, 00:30 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224487409 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:10 UTC)
Seite „Schnurkeramische Kultur“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Juni 2022, 20:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =224071493 (Abgerufen: 19. Juli 2022, 17:14 UTC)
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Hallo Pitassa,
die Frage danach, ob der Diskos von Phaistos potenziell unter Verwendung von Stempeln gestempelt wurde, die jeweils in einen "Stempelschaft" eingesetzt wurden, würde ich aus experimentalarchäologischer Sichtweise verneinen.
In der Wissenschaft gilt bei ungeklärter oder ungenügender Faktenlage ja wie bekannt ist immer das Prinzip, das naheliegendste zuerst in Erwägung zu ziehen (Ockhams Rasiermesser).
Nach Ockham´schem Prinzip gibt es eine potenzielle Methode und Machart für die Herstellung der Stempel, mit dem der Diskos von Phaistos gestempelt worden sein könnte, die wesentlich einfacher umzusetzen ist als die Anfertigung von Stempelköpfen, die in einen Stempelschaft eingesetzt werden.
(Dass die einfachere Methode nicht zwangsläufig Ausschlussargument ist, muss ich wohl nicht extra betonen).
Das Finden einer - sofern umsetzbar - "einfachst möglichen Lösung" hilft einfach dabei, Möglichkeiten aufzuzeigen und sich nicht in Theorien über die Herstellung der Stempel zu verstricken. So bleibt für die m.E. interessanteren Fragestellungen zum Diskos mehr Zeit übrig.
Mit meinen ersten einfachen Vorversuchen und den im Anschluss erörterten Vorversuchen kann bereits nachgewiesen werden, dass - vom bildhauerischen Standpunkt aus gesehen - relativ einfache Möglichkeiten existieren, Stempelergebnisse auf dem Diskos von Phaistos zu replizieren. Diese Methoden lassen bestimmte Aussagen über die potenzielle Machart der damaligen Stempel zu, wie ich bereits aufgezeigt habe.
Die Nachfolgende Vorversuchsreihe thematisiert das Thema "Stempelschaft":
Durch einfaches Anmodellieren eines Stempelschafts an jeden einzelnen Stempel lassen sich auf einfache Art und Weise und in kurzer Zeit qualitativ ausreichende Stempel herstellen, die nachweisen können, dass die Stempelungen auf dem Diskos von Phaistos mit solchen Stempeln hergestellt worden sein könnten.
Der große Vorteil solcher anmodellierten Stempelschäfte liegt außerdem eindeutig darin, dass die Stempel zum trocknen und Brennen auf den Stempelschaft gestellt, bzw. gelagert werden können, um den empfinglichen Stempelkopf zu schützen.
Der in den Stempelschaft einmodellierte Kanal hätte dabei den Vorteil, dass mit einem entsprechend geformten Modellierholz bei Abformung der Stempelvorlage (z.B. ausgeführt in Bienenwachs) vom innern des Tonstücks sanfter Druck auf die Stempelfläche ausgeübt werden kann, was bei der exakten Abformung der Stempelvorlage hilfreich ist. Der Hauptgrund der Aushöhlung liegt aber in der Vermeidung von Schwundrissen (Wandungsstärke verringern, bzw. Tondicken zueinander anpassen).
Eine interessante und wichtige Fragestellung, die aus der vorgestellten Methode noch abzuleiten ist, ist die Frage, inwieweit sich bei Verwendung von feinem Ton die Stempelflächen beim Trocknen evtl. verziehen könnten (Trockungsschwundverformung). Diese Frage hängt stark mit der Qualität des urpsrünglichen, zur Verwendung des Diskos hergestellten Tons zusammen, die von meiner Seite aus noch zu recherchieren ist.
Auch hier hilft die Formgebung anomdellierter Stempelschäfte ggf, VErformungen der abgeformten Stempelflächen beim Trocknungsprozess des Tons zu vermeiden.
Die hier im Beitrag gezeigten Ergebnisse sind in sehr kurzer Zeit unter provisorischen Bedingungen ad hoc hergestellt worden. Der geformte Stempel ist aus Zeitgründen nur kurz in der heute allerdings wirklich sehr heißen Sonne luftgetrocknet worden. Selbst mit dem fehlerhaft ausmodellierten Stempel (siehe Loch am Schaft), der normalerweise "in der Ausschusstonne" gelandet wäre, ließ sich unkompliziert ein Stempelabbild erzeugen, dass an die Stempelungen auf dem Diskos von Pahistos qualitativ zwar nicht zu 100% heranreicht, jedoch aufzeigt, auf welche einfache Art und Weise es möglich ist, solche Stempelungen zu erzeugen.
Es muss auch betont werden, dass aus feinem Ton angefertigte Stempel sich beim Stempeln anders verhalten und vermutlich scharfkonturigere Abbilder im Stempelgrund Ton erzeugen würden: Die hier provisorisch für erste Vorversuche verwendete Knetmasse verhält sich beim Modellieren und Abformen und in angetrocknetem Zustand von der Elastizität her anders, als Ton. Die verwendete Knetmasse verhielt sich bei Anfertigung von Stempel und Stempelung leicht elastisch, was ein entsprechend leicht verändertes Gesamtergebnis sowohl bei Abformung als auch Stempelung zur Folge hat im Vergleich zur Verwendung von Ton.
die Frage danach, ob der Diskos von Phaistos potenziell unter Verwendung von Stempeln gestempelt wurde, die jeweils in einen "Stempelschaft" eingesetzt wurden, würde ich aus experimentalarchäologischer Sichtweise verneinen.
In der Wissenschaft gilt bei ungeklärter oder ungenügender Faktenlage ja wie bekannt ist immer das Prinzip, das naheliegendste zuerst in Erwägung zu ziehen (Ockhams Rasiermesser).
Nach Ockham´schem Prinzip gibt es eine potenzielle Methode und Machart für die Herstellung der Stempel, mit dem der Diskos von Phaistos gestempelt worden sein könnte, die wesentlich einfacher umzusetzen ist als die Anfertigung von Stempelköpfen, die in einen Stempelschaft eingesetzt werden.
(Dass die einfachere Methode nicht zwangsläufig Ausschlussargument ist, muss ich wohl nicht extra betonen).
Das Finden einer - sofern umsetzbar - "einfachst möglichen Lösung" hilft einfach dabei, Möglichkeiten aufzuzeigen und sich nicht in Theorien über die Herstellung der Stempel zu verstricken. So bleibt für die m.E. interessanteren Fragestellungen zum Diskos mehr Zeit übrig.
Mit meinen ersten einfachen Vorversuchen und den im Anschluss erörterten Vorversuchen kann bereits nachgewiesen werden, dass - vom bildhauerischen Standpunkt aus gesehen - relativ einfache Möglichkeiten existieren, Stempelergebnisse auf dem Diskos von Phaistos zu replizieren. Diese Methoden lassen bestimmte Aussagen über die potenzielle Machart der damaligen Stempel zu, wie ich bereits aufgezeigt habe.
Die Nachfolgende Vorversuchsreihe thematisiert das Thema "Stempelschaft":
Durch einfaches Anmodellieren eines Stempelschafts an jeden einzelnen Stempel lassen sich auf einfache Art und Weise und in kurzer Zeit qualitativ ausreichende Stempel herstellen, die nachweisen können, dass die Stempelungen auf dem Diskos von Phaistos mit solchen Stempeln hergestellt worden sein könnten.
Der große Vorteil solcher anmodellierten Stempelschäfte liegt außerdem eindeutig darin, dass die Stempel zum trocknen und Brennen auf den Stempelschaft gestellt, bzw. gelagert werden können, um den empfinglichen Stempelkopf zu schützen.
Der in den Stempelschaft einmodellierte Kanal hätte dabei den Vorteil, dass mit einem entsprechend geformten Modellierholz bei Abformung der Stempelvorlage (z.B. ausgeführt in Bienenwachs) vom innern des Tonstücks sanfter Druck auf die Stempelfläche ausgeübt werden kann, was bei der exakten Abformung der Stempelvorlage hilfreich ist. Der Hauptgrund der Aushöhlung liegt aber in der Vermeidung von Schwundrissen (Wandungsstärke verringern, bzw. Tondicken zueinander anpassen).
Eine interessante und wichtige Fragestellung, die aus der vorgestellten Methode noch abzuleiten ist, ist die Frage, inwieweit sich bei Verwendung von feinem Ton die Stempelflächen beim Trocknen evtl. verziehen könnten (Trockungsschwundverformung). Diese Frage hängt stark mit der Qualität des urpsrünglichen, zur Verwendung des Diskos hergestellten Tons zusammen, die von meiner Seite aus noch zu recherchieren ist.
Auch hier hilft die Formgebung anomdellierter Stempelschäfte ggf, VErformungen der abgeformten Stempelflächen beim Trocknungsprozess des Tons zu vermeiden.
Die hier im Beitrag gezeigten Ergebnisse sind in sehr kurzer Zeit unter provisorischen Bedingungen ad hoc hergestellt worden. Der geformte Stempel ist aus Zeitgründen nur kurz in der heute allerdings wirklich sehr heißen Sonne luftgetrocknet worden. Selbst mit dem fehlerhaft ausmodellierten Stempel (siehe Loch am Schaft), der normalerweise "in der Ausschusstonne" gelandet wäre, ließ sich unkompliziert ein Stempelabbild erzeugen, dass an die Stempelungen auf dem Diskos von Pahistos qualitativ zwar nicht zu 100% heranreicht, jedoch aufzeigt, auf welche einfache Art und Weise es möglich ist, solche Stempelungen zu erzeugen.
Es muss auch betont werden, dass aus feinem Ton angefertigte Stempel sich beim Stempeln anders verhalten und vermutlich scharfkonturigere Abbilder im Stempelgrund Ton erzeugen würden: Die hier provisorisch für erste Vorversuche verwendete Knetmasse verhält sich beim Modellieren und Abformen und in angetrocknetem Zustand von der Elastizität her anders, als Ton. Die verwendete Knetmasse verhielt sich bei Anfertigung von Stempel und Stempelung leicht elastisch, was ein entsprechend leicht verändertes Gesamtergebnis sowohl bei Abformung als auch Stempelung zur Folge hat im Vergleich zur Verwendung von Ton.
- Dateianhänge
Re: Stempelrichtung des Diskos von Phaistos
Auch wenn ich in einem früherenn Beitrag geschrieben habe, dass die bildhauerische Qualität der auf dem Diskos von Phaistos verewigten Symbole vom stilistischen her einem ungefähren "bildhauerischen Mittelfeld" entsprechen, verdient diese Art der Bildhauerei großen Respekt.
Wie die angehängten Bilder von Vorversuchen in Stearin (herkömmliches Kerzenwachs) in der anschließenden Abformung mit handelsüblicher Knetmasse zeigen, ist es alles andere als leicht, die Symbole auf dem Diskos von Phaistos in der damals erzeugten Qualität zu replizieren (bei meiner Beibehaltung meiner bisherigen Annahme, dass es sich bei den im Diskos von Phaistos gestempelt verewigten Symbole um z.B. in Bienenwachs, ggf. auch sehr feinen Ton o.ä. modellierte und anschließend mit feinem Ton abgeformte Motive handelt): Der oder die damaligen Bildhauer müssen über sehr gute Augen, eine sehr ruhige Hand, entsprechende Erfahrung und eine Menge Geduld verfügt haben. Für diese Art der Bildhauerei ist auch eine helle Lichtquelle - idealerweise vermutlich Tageslicht erforderlich.
Für diese Vorversuche habe ich die replizierten Symbole (rechnerisch) auf annähernd originale (im zitierten Wikipedia-Artikel angegebene) Größe im Verhältnis zu den Symbolen auf dem Diskos von Phaistos gebracht.
Wie die Makroaufnahme zeigt, scheint die Abformung mit Knetmasse aufgrund der Plastizität der Knetmasse die Konturen der Abformung leicht zu verfälschen. Auch kann festgestellt werden, dass das von mir verwendete Modellierhölzchen noch stärker angespitzt werden kann: Es ist aus den Vorversuchen abzulesen, dass eines der damals vermutlich vorrangig verwendeten Modellierhölzchen, bzw. der verwendete Stichel sehr spitz gewesen sein muss. Zu diesem Schluss komme ich auch, wenn ich die Makroaufnahme (20x) eines Details des replizierten kreisrunden Symbols mit darin befindlichen 7 Punktungen betrachte. Dieses Symbol ist aufgrund seiner starken Symmetrie als eines der schwierigsten anzufertigen auf dem Diskos zu erachten.
Zum direkten Größenvergleich habe ich ein 10-Cent-Stück in die Aufnahmen mit einbezogen.
Das verwendete stichelartige Modellierhölzchen besteht aus einer Weichholzart (bisher unbekannter Herkunft) und ist für die Vorversuche von mir erst einmal mit einem Federmesser angespitzt worden.
Quellen:
Seite „Diskos von Phaistos“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. Juni 2022, 21:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223679996 (Abgerufen: 21. Juli 2022, 09:55 UTC)
(dazugehörig):
File:Diskos von Phaistos (Seite A) 11.jpg. (2022, June 28). Wikimedia Commons, the free media repository. Retrieved 09:55, July 21, 2022 from https://commons.wikimedia.org/w/index.p ... =669465603.
Wie die angehängten Bilder von Vorversuchen in Stearin (herkömmliches Kerzenwachs) in der anschließenden Abformung mit handelsüblicher Knetmasse zeigen, ist es alles andere als leicht, die Symbole auf dem Diskos von Phaistos in der damals erzeugten Qualität zu replizieren (bei meiner Beibehaltung meiner bisherigen Annahme, dass es sich bei den im Diskos von Phaistos gestempelt verewigten Symbole um z.B. in Bienenwachs, ggf. auch sehr feinen Ton o.ä. modellierte und anschließend mit feinem Ton abgeformte Motive handelt): Der oder die damaligen Bildhauer müssen über sehr gute Augen, eine sehr ruhige Hand, entsprechende Erfahrung und eine Menge Geduld verfügt haben. Für diese Art der Bildhauerei ist auch eine helle Lichtquelle - idealerweise vermutlich Tageslicht erforderlich.
Für diese Vorversuche habe ich die replizierten Symbole (rechnerisch) auf annähernd originale (im zitierten Wikipedia-Artikel angegebene) Größe im Verhältnis zu den Symbolen auf dem Diskos von Phaistos gebracht.
Wie die Makroaufnahme zeigt, scheint die Abformung mit Knetmasse aufgrund der Plastizität der Knetmasse die Konturen der Abformung leicht zu verfälschen. Auch kann festgestellt werden, dass das von mir verwendete Modellierhölzchen noch stärker angespitzt werden kann: Es ist aus den Vorversuchen abzulesen, dass eines der damals vermutlich vorrangig verwendeten Modellierhölzchen, bzw. der verwendete Stichel sehr spitz gewesen sein muss. Zu diesem Schluss komme ich auch, wenn ich die Makroaufnahme (20x) eines Details des replizierten kreisrunden Symbols mit darin befindlichen 7 Punktungen betrachte. Dieses Symbol ist aufgrund seiner starken Symmetrie als eines der schwierigsten anzufertigen auf dem Diskos zu erachten.
Zum direkten Größenvergleich habe ich ein 10-Cent-Stück in die Aufnahmen mit einbezogen.
Das verwendete stichelartige Modellierhölzchen besteht aus einer Weichholzart (bisher unbekannter Herkunft) und ist für die Vorversuche von mir erst einmal mit einem Federmesser angespitzt worden.
Quellen:
Seite „Diskos von Phaistos“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. Juni 2022, 21:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =223679996 (Abgerufen: 21. Juli 2022, 09:55 UTC)
(dazugehörig):
File:Diskos von Phaistos (Seite A) 11.jpg. (2022, June 28). Wikimedia Commons, the free media repository. Retrieved 09:55, July 21, 2022 from https://commons.wikimedia.org/w/index.p ... =669465603.
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