Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

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Pitassa
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Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

Beitrag von Pitassa »

Bei dem Versuch eine günstige Ausgabe des von Radimsky und Hoernes entdeckten und in den Jahren 1893 - 96 ausgegrabenen, neolithischen Fundplatzes von Butmir aufzutun, sind mir einige neuere Informationen aufgefallen, welche ich hier verlinke. Ich vermute, dass die angenommene Verbindung der dinarischen Butmir Kultur zur Grotta-Pelos Kultur der Kykladen im Handel mit Obsidian liegen könnte, denn an der Bosna wurden diverse Klingen aus diesem Material gefunden.

Geradezu erschütternd ist jedoch die plastische Qualität der in der Butmir Kultur (ca. 5200 - 4500 BC) seit frühester Zeit gefertigten Figuren :

https://zemaljskimuzej.ba/en/shop/human ... butmir-5-0

Human head figurine from Butmir 5. Period : neolithic, ca. 4800 BC. Source : Radimsky & Hoernes 1893.

https://www.antikvarijat-biblos.hr/knji ... snien-i-ii

Weitere :

https://bosnjani.com/2020/11/26/2813/ (Die Verbindung der Butmir Kultur zur Grotta-Pelos Kultur)

http://h.etf.unsa.ba/butmir/gfacts.html (Der Bericht ist in englischer Sprache abrufbar)

Quelle :

Radimsky, Wenzel ; Hoernes, Moritz ; Schröter, Carl : Die neolithische Station von Butmir bei Sarajevo in Bosnien, Teil 1 : Ausgrabungen im Jahre 1893, Wien 1895, Tafel II.

Fiala, Franz ; Hoernes, Moritz : Die neolithische Station von Butmir bei Sarajevo in Bosnien, Teil 2 : Ausgrabungen in den Jahren 1894 - 1896, Wien 1898, Tafel X.

Die von Radimsky und Hoernes entdeckte neolithische Butmir Kultur fertigte eine im Ornament stilistisch durchaus eigenständige Keramik und wurde inzwischen in verschiedenen Tälern des dinarischen Gebirges nachgewiesen.

Gruß in die Runde :fox:

Pitassa
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Neolithische Figur eines menschlichen Kopfes. Fundort : Butmir bei Sarajevo in Bosnien, Ausgrabung 1893. Fundlage : Butmir V, ca. 4800 v. Chr. Foto : Wenzel Radimsky &amp; Moritz Hoernes, Wien 1895, Tafel II. <br />In public domain, Gemeinfrei.
Neolithische Figur eines menschlichen Kopfes. Fundort : Butmir bei Sarajevo in Bosnien, Ausgrabung 1893. Fundlage : Butmir V, ca. 4800 v. Chr. Foto : Wenzel Radimsky & Moritz Hoernes, Wien 1895, Tafel II.
In public domain, Gemeinfrei.
Zuletzt geändert von Pitassa am 16.07.2023 02:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

Beitrag von Sculpteur »

Das ist extrem interessant, Pitassa.

Der künstlerische Ausdruck dieser Figuren könnte stellenweise auch als neuzeitliche Kunst interpretiert werden bzw. stünde ihr in nichts nach.

Ich denke 5000 BC waren die Neolithiker künstlerisch, gestalterisch und visuell ebenso begabt wie der Mensch noch Jahrtausende später.

Der Mensch ist und war immer auf der Suche nach Selbstausdruck. In diesen Figuren und Figurinen findet sich dieser Antrieb als künstlerischer und bildhauerischer Ausdruck wieder.
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Pitassa
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Re: Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

Beitrag von Pitassa »

Aber wirklich,

das ist einfach der Hammer, oder ? :9:

Ich weiß gar nicht was ich sagen soll :44:
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Re: Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

Beitrag von Sculpteur »

Ja, ich bin auch extrem verblüfft und benötige wohl noch eine Weile, das einzuordnen für diesen Zeitrahmen. :20
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Pitassa
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Re: Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

Beitrag von Pitassa »

Während Butmir im Becken von Sarajevo den größten Tell darstellt, bildet Okoliste mit 7,5 ha im Visokobecken die größte neolithische Siedlungsfläche. Leider scheint der Fundort Butmir, wo Radimsky, Fiala und Hoernes zwischen 1893 - 1896 so erfolgreich gruben, noch immer vermint zu sein, weshalb eine Neuaufnahme und Fortsetzung der dortigen Grabungen unterbleiben musste.

Anthropomorphe und zoomorphe Figurinen der spätneolithischen Butmir Kultur traten inzwischen auch in Okoliste zutage, wie aus dem Bericht von Robert Hofmann (Kiel), Festschrift für Helmut Johannes Kroll, In : Offa, Nr. 69 / 70, Neumünster 2012 / 2013, S. 445, Abb. 2 u. S. 452, Abb. 3 deutlich hervorgeht.

https://www.academia.edu/4102349/Anthro ... ndkontexte

Aus einem weiteren Bericht von Hofmann lässt sich entnehmen, dass bei ersten Grabungen in der spätneolithischen Siedlungsfläche Okoliste (ca. 5200 - 4700 BC) unter anderem auch Depots mit Webgewichten, sowie Abdrücke von Textilgewebe auf Keramik und Keramik der Butmir-Kultur selbst, sowie diverse Steinbeile zutage traten. Der Prospektionsbericht der Seiten 41 - 95 bietet Eingangs zwar interessante Karten, ist aber ansonsten eher mühsam zu lesen. Dann jedoch folgt eine gut illustrierte Funddarstellung. Im Gegensatz zu den Fundplätzen Butmir und Obre II wurde in Okoliste bislang kein Obsidian gefunden.
Anhand von Roggen-Trespe konnte aufgezeigt werden, dass es auch in Okoliste zum Anbau von Emmer und Einkorn gekommen sein wird.

https://www.academia.edu/1884914/Prospe ... 500_v_Chr_

Hofmann, Robert ; Müller, Johannes ; Bittmann, Felix : Prospektionen und Ausgrabungen in Okoliste (Bosnien-Herzegowina). In : Stand der Forschung, S. 41 - 212.

Aus dem Inhalt :

S. 96, Abb. 41 : Webgewichtedepot
S. 97, Nr. 1 - 14 : Steinbeile
S. 99 - 118 : Keramik
S. 120 - 122, Abb. 60 - 61 : Anthropomorphe und zoomorphe Figurinen
S. 124, Nr. 1 - 5 : Webgewichte nach Typen
S. 129, Nr. 1 - 12 : Okoliste Silices
S. 130, Abb. 67 : Knochen von Tieren
S. 166 : Roggen-Trespe (Emmer u. Einkorn)
S. 186 - 190 : Butmir Keramik.
S. 206 : Keine Obsidianfunde in Okoliste

Die Grabungen wurden zwischenzeitlich fortgesetzt, doch ich konnte keine Berichte dazu finden.

Gewunken

Pitassa :fox:
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Pitassa
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Re: Die neolithische Butmir Kultur in Bosnien

Beitrag von Pitassa »

Unbedingt beachtenswert ist schließlich noch der vorläufige Abschlussbericht zum neolithischen Fundort Okoliste 2 und seine Stellung in der Butmir Kultur.

Hofmann, Robert : Okoliste 2 - Spätneolithische Keramik und Siedlungsentwicklung in Zentralbosnien, Bonn 2013.

https://www.academia.edu/6025739/Okolis ... ralbosnien

Auf den Seiten 224 - 227 werden nochmals die in Okoliste aufgefundenen Webgewichte vorgestellt, welche mit insgesamt ca. 300 Stück in einer ganz erheblichen Anzahl zutage gefördert wurden.

Auf den Seiten 265 und 267 wird im Rahmen der Tabelle 101 ein Katalog mit zahlreichen C 14 Radiocarbon Datierungen angeboten, wie zum Beispiel :

5185 - 4574 BC : Das domestizierte Hausrind

5081 - 4908 BC : Getreide, Triticum monococcum (Einkorn)

5229 - 5039 BC : Getreide, Triticum dicoccum (Emmer)

Auf den Seiten 409 - 419 wird anhand der Fundplätze Obre I und II nochmals dargelegt, worin der um 5200 v. Chr. erfolgte kulturelle Übergang von der Starcevo Kultur (ca. 6000 - 5400 BC) zur Butmir Kultur (5200 - 4700 BC) im eigentlichen bestand. Es kam zu einer deutlichen Veränderung des Tierknochenspektrums, der gezielten Aussaat von Getreidearten und zur Einführung wichtiger, keramik-technologischer Neuerungen. Diese Innovationen markieren am entschiedensten den kulturellen Bruch, wie er zwischen den beiden Fundplätzen Obre I (ca. 5700 - 5000 BC) und Obre II (ca. 5000 - 4600 BC) festgestellt worden ist.

Die auf S. 438, Abb. 265-268 eingestellten Karten weisen die wichtigsten Fundplätze der Siedlungsperioden Butmir 1 - 4 aus.

Im Abgleich der in Okoliste neu hinzu gewonnenen Fundstücke und Daten konnte auch aus anderen Grabungen bereits vorhandenes keramisches Material chronologisch eingeordnet werden. Diesbezüglich wurden auch die durch Alois Benac in die Zeit zwischen 4850 - 4700 BC gesetzten Butmir Datierungen S. 413 - 415 erneut bestätigt (4900 - 4600 BC). Der Abgleich mit anderen Fundorten ergab anhand der Getreidefunde zudem, dass die Siedlung von Okoliste aufgegeben und um 4600 BC nach Donje Mostre verlagert worden ist, so der Bericht auf den Seiten 420 - 427 weiter.

Der auf den Seiten 489 - 629 eingestellte Tafelband präsentiert ausführlich die in Okoliste zutage getretene Gefäßkeramik.

S. 573, Tafel 42, S. 595, 53 und S. 625, Tafel 68 werden die in Okoliste entdeckten anthropomorphen Figurinen, auf S. 563, Tafel 37 die zoomorphen Figurinen dargestellt. Die bei Hofmann in Okoliste, Fläche 6, Tafel 68 gezeigten Figurinen könnten meiner Meinung nach aus derselben Werkstatt kommen wie jene einst in Butmir gefundenen Figurinen, denn die Ähnlichkeit ist einfach frappierend und die chronologische Zeitstellung kompatibel.

In der Gefäßkeramik fallen insbesondere die auf den Seiten 551, Tafel 31 und 553, Tafel 32, sowie die auf S. 605, Tafel 58 und S. 617, Tafel 64 gezeigten Gefäße auf. Die in Okoliste, Fläche 6 entdeckten, auf den Tafeln 58 und 64 gezeigten Gefäßkeramiken erinnern im Stil und von ihrer Ornamentik her stark an die in der Cucuteni Trypillia Kultur zutage getretene Gefäßkultur, nur datieren die in Okoliste entdeckten Keramiken etwa 500 Jahre früher, was unbedingt beachtenswert ist. Die Innovationen der altbosnischen Butmir Kultur könnten sich demnach im Laufe ihrer Entwicklung auf das gesamte Gebiet der früheren Starcevo Kultur ausgebreitet haben.

Gruß in die Runde

Pitassa :hirsch:
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