"Keltischer" Hausbau: Interessante Sichtweise
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- Steve Lenz
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Typisch Karl, ein wenig provokant muss es schon sein. Aber er hat schon recht, Primitivísmus ist das letzte, was auch wir wollen. Aber bekommt man unheimlich schwer aus den Schädeln raus. Das eigene Haus, immerhin Konzept 1992, da gabs kaum vergleichende 'Experimente', würden wir im Detail heut auch anders bauen, weniger mächtig in den Bauteilen, sauberer im handwerklichen Detail. Das 'neue' Haus im Museum ist anders gebaut, aber aus Kostengründen nicht 100% materialgerecht ( zB Ständer auch aus Konifere), ich würde es auch als Installation denn als Reko bezeichnen.
In Landersdorf haben wir immerhin einen Dachboden und einen Fußboden drin. Aber alles andere gibt dann letztlich doch die Statik und das Material vor.
Ein Problem, besonders in Landersdort, ist die Unordentlichkeit. Schlimmer als in einer WG. Der Platzherr da draussen, obwohl zwischenzeitlich alles an den Ortsverein übergeben ist, müsste immer wieder mal durchgehen und saubermachen. War als wir es noch vollständig hatten, auch nicht besser. Das alte Problem, fürs Saubermachen ist niemand zuständig.
Gleichwohl, die Karlschen Vorgärtenidyllen sind zwar hübsch, aber diese Form der Ordentlichkeit ist nun mal eindeutig eine Erfindung des bürgerlichen 19. Jhd. Man betrachte mal Dürer-Aquarelle.
Oder die Rekos in Dänemark. Die sind komplett in Betrieb und man erkennt schon, was geht und was nicht geht. ( Leijre).
Es bleibt schwierig. Gegen einen ordentlichen Dorfbetrieb in allen Fällen sprechen eindeutig die Befunde der Gräber am Dürrnberg: Fast alle waren mehr oder weniger krank, Würmer, Infektionen etc. Kann aber eine Spezialität eines Industrieviertel gewesen sein. Kennt man ja...19.Jhd, Amazonien heute etc etc.
Aber die Grundaussage ist richtig: Kein Primitivsmus, ordentliches Handwerk muss sein.
H.
In Landersdorf haben wir immerhin einen Dachboden und einen Fußboden drin. Aber alles andere gibt dann letztlich doch die Statik und das Material vor.
Ein Problem, besonders in Landersdort, ist die Unordentlichkeit. Schlimmer als in einer WG. Der Platzherr da draussen, obwohl zwischenzeitlich alles an den Ortsverein übergeben ist, müsste immer wieder mal durchgehen und saubermachen. War als wir es noch vollständig hatten, auch nicht besser. Das alte Problem, fürs Saubermachen ist niemand zuständig.
Gleichwohl, die Karlschen Vorgärtenidyllen sind zwar hübsch, aber diese Form der Ordentlichkeit ist nun mal eindeutig eine Erfindung des bürgerlichen 19. Jhd. Man betrachte mal Dürer-Aquarelle.
Oder die Rekos in Dänemark. Die sind komplett in Betrieb und man erkennt schon, was geht und was nicht geht. ( Leijre).
Es bleibt schwierig. Gegen einen ordentlichen Dorfbetrieb in allen Fällen sprechen eindeutig die Befunde der Gräber am Dürrnberg: Fast alle waren mehr oder weniger krank, Würmer, Infektionen etc. Kann aber eine Spezialität eines Industrieviertel gewesen sein. Kennt man ja...19.Jhd, Amazonien heute etc etc.
Aber die Grundaussage ist richtig: Kein Primitivsmus, ordentliches Handwerk muss sein.
H.
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
Danke für den link, Steve (bzw. Hans)!
Prinzipiell ein guter Denkansatz, ähnliche Überlegungen haben ja schon mehrere Häuslebäschtler angestellt, mir aber (als Praktiker) zu theoretisch. Wenn man weitere Fakten wie z.B. die technische Umsetzbarkeit von bestimmten Bauteilen (die Karl ja nach eigener Aussage bewußt beiseite lässt), die kurze Haltbarkeit von Pfostenbauten und die ökologischen Gegebenheiten rezenter "primitiver" Gruppen mit einbezieht, werden viele theoretische Gedanken überflüssig bzw. nicht sehr wahrscheinlich. Erinnert mich an die aktuelle Auseinandersetzung betreffs der Holzbe- und verarbeitungskünste der Bandkomiker. Ein sauber verzimmerter Brunnen macht noch kein sauber verzimmertes Haus! Mit dem selben Recht könnte ein zukünftiger Archäologe, fände er in 5000 Jahren ein schmiedeeisernes Balkongitter, behaupten, alle Metallgegenstände aus dieser Epoche bestünden aus tordierten Stahlstäben, was bei Autokarosserien etc. ein lustiges Bild ergeben würde. Ein Brunnen muss sauber verzimmert sein, sonst erfüllt er seine Funktion nicht. Ein Haus, das nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sowieso nur 10 - 15 Jahre gestanden hat, funktioniert auch ohne aufgezapfte Pfetten und elaborierte Holzverbindungen.
Irgendwie führen all diese Diskussionen ins Nichts bzw. im Kreis herum, solange wir nichts oder zuwenig Konkretes an der Hand haben.
Bei geplanten Installationen zum Thema Hausbau raten wir generell zur Zurückhaltung betreffs hypothetischer Inneneinrichtungen, denn das Bild beim Betrachter erzeugen wir ohnehin, ob mit Geranienkästen an der Gaube oder ohne. Stattdessen sollte man lieber das Augenmerk auf die Authentie der verwendeten Baustoffe richten, alles Weitere kann man viel kostengünstiger über die Flachware theoretisch darstellen.
ULFR
Kleiner Nachtrag: Interessanter Aufsatz von U. Sommer zum Thema: "Kulturelle Einstellungen zu Schmutz und Abfall und ihre Auswirkungen auf die archäologische Interpretation"
in DeGUF Archäologische Berichte Band 11 mit dem schönen Titel
Geschichte heißt: So ists gewesen, abgesehen von dem wies war...
nach dem Gedicht "Gloucester" von D. Leisegang
Dort ist ein Comic abgebildet: Zwei Neanders in der Höhle, Neanderfrau fegt Müll zusammen, Neandermann guckt sparsam, Neanderfrau sagt. "Ich bereite gerade ein stratigraphisches Problem vor...."
Prinzipiell ein guter Denkansatz, ähnliche Überlegungen haben ja schon mehrere Häuslebäschtler angestellt, mir aber (als Praktiker) zu theoretisch. Wenn man weitere Fakten wie z.B. die technische Umsetzbarkeit von bestimmten Bauteilen (die Karl ja nach eigener Aussage bewußt beiseite lässt), die kurze Haltbarkeit von Pfostenbauten und die ökologischen Gegebenheiten rezenter "primitiver" Gruppen mit einbezieht, werden viele theoretische Gedanken überflüssig bzw. nicht sehr wahrscheinlich. Erinnert mich an die aktuelle Auseinandersetzung betreffs der Holzbe- und verarbeitungskünste der Bandkomiker. Ein sauber verzimmerter Brunnen macht noch kein sauber verzimmertes Haus! Mit dem selben Recht könnte ein zukünftiger Archäologe, fände er in 5000 Jahren ein schmiedeeisernes Balkongitter, behaupten, alle Metallgegenstände aus dieser Epoche bestünden aus tordierten Stahlstäben, was bei Autokarosserien etc. ein lustiges Bild ergeben würde. Ein Brunnen muss sauber verzimmert sein, sonst erfüllt er seine Funktion nicht. Ein Haus, das nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sowieso nur 10 - 15 Jahre gestanden hat, funktioniert auch ohne aufgezapfte Pfetten und elaborierte Holzverbindungen.
Irgendwie führen all diese Diskussionen ins Nichts bzw. im Kreis herum, solange wir nichts oder zuwenig Konkretes an der Hand haben.
Bei geplanten Installationen zum Thema Hausbau raten wir generell zur Zurückhaltung betreffs hypothetischer Inneneinrichtungen, denn das Bild beim Betrachter erzeugen wir ohnehin, ob mit Geranienkästen an der Gaube oder ohne. Stattdessen sollte man lieber das Augenmerk auf die Authentie der verwendeten Baustoffe richten, alles Weitere kann man viel kostengünstiger über die Flachware theoretisch darstellen.
ULFR
Kleiner Nachtrag: Interessanter Aufsatz von U. Sommer zum Thema: "Kulturelle Einstellungen zu Schmutz und Abfall und ihre Auswirkungen auf die archäologische Interpretation"
in DeGUF Archäologische Berichte Band 11 mit dem schönen Titel
Geschichte heißt: So ists gewesen, abgesehen von dem wies war...
nach dem Gedicht "Gloucester" von D. Leisegang
Dort ist ein Comic abgebildet: Zwei Neanders in der Höhle, Neanderfrau fegt Müll zusammen, Neandermann guckt sparsam, Neanderfrau sagt. "Ich bereite gerade ein stratigraphisches Problem vor...."
Zuletzt geändert von ulfr am 06.12.2007 12:53, insgesamt 1-mal geändert.
- Steve Lenz
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Um solche Kamine dichtzukriegen, ist schon ein ziemlicher Aufwand nötig. Und wenn sie nicht richtig dicht sind, kann man im oberen Stockwerk ziemlich üble Rauchvergiftungen kriegen. Ist mir schon in zwei Museumsdörfern passiert.
Macht echt keinen Spaß, wenn man nachts raus muß, um sein Abendbrot wieder auszuk... und am anderen Tag höllische Kopfschmerzen hat - und das war ja nur eine LEICHTE Rauchvergiftung!
Und da wiederum ist schon zu fragen, ob man sich bei einem Pfostenhaus den Aufwand macht, einen Kamin zu bauen, der absolut dicht ist, um im oberen Stockwerk einen Schlafraum haben zu können...
Außerdem haben alle solche Häuser, wo der Rauch nicht durch das Dach abzieht, ein Problem mit der Haltbarkeit der organischen Dachdeckung. Der Rauch wird wirklich gebraucht.
Da gibt es übrigens auch Berichte aus Mecklenburg aus dem 18./19. Jh., als es langsam üblich wurde, Rauchabzüge in die Häuser einzubauen. Bis dahin war der Rauch immer durchs Dachreet abgezogen. Nach dem Einbau eines Kamins hatten die Leute plötzlich Probleme mit der Haltbarkeit der Dächer.
Wie das Problem gelöst wurde, weiß ich allerdings nicht.
Macht echt keinen Spaß, wenn man nachts raus muß, um sein Abendbrot wieder auszuk... und am anderen Tag höllische Kopfschmerzen hat - und das war ja nur eine LEICHTE Rauchvergiftung!
Und da wiederum ist schon zu fragen, ob man sich bei einem Pfostenhaus den Aufwand macht, einen Kamin zu bauen, der absolut dicht ist, um im oberen Stockwerk einen Schlafraum haben zu können...
Außerdem haben alle solche Häuser, wo der Rauch nicht durch das Dach abzieht, ein Problem mit der Haltbarkeit der organischen Dachdeckung. Der Rauch wird wirklich gebraucht.
Da gibt es übrigens auch Berichte aus Mecklenburg aus dem 18./19. Jh., als es langsam üblich wurde, Rauchabzüge in die Häuser einzubauen. Bis dahin war der Rauch immer durchs Dachreet abgezogen. Nach dem Einbau eines Kamins hatten die Leute plötzlich Probleme mit der Haltbarkeit der Dächer.
Wie das Problem gelöst wurde, weiß ich allerdings nicht.
Das mit dem Rauch hat uns unser damaliger 'Chefkonstrukteur' 1992 auch erzählt und es klang ja auch plausibel. Das Haus ist nun seit ca. 1997 eingedeckt und es wird nicht befeuert. Das Dach ist noch drauf. Schäden entstehen eigentlich nur durch Wind.
H
H
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- Steve Lenz
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Ist der Ofen erstmal aus, stirbt das Haus.
Afrikanisches Sprichwort
Räuchern ist nicht unbedingt nötig fürs (Reet)Dach, erhöht aber die Haltbarkeit enorm, allein durch die Formaldehyd"gerbung", die Körner im Strohdach einer Räucherkate aus dem 17.Jahrhundert, in der ich mal gewohnt habe, konnt man noch essen. Außerdem hält Qualm Viecher ab. Ich glaube ebenfalls nicht wirklich an bewohnte Obergeschosse, nicht mal im Sommer, da zu dunkel, außerdem wurde der Platz für andere Dinge benötigt. Im Winter heizen fällt - denke ich - aus wegen Anschluss 2. Feuerstelle am Kamin, Gewicht der Feuerstelle auf der Balkendecke, Gefahr des Durchbrennens, Holz nach oben schleppen müssen, CO-Gas etc. ... Und ob die "Heizung" vom EG durch die Decke nach oben funktioniert, wage ich zu bezweifeln (nicht umsonst waren in historischen Bauernhäusern die Schlafkammern neben dem Viehstall. Doch wir wissen ja nicht genau, ob Vieh im Haus gehalten wurde). Aber auch der Kamin unten reicht nicht, um eine ganze Hütte ausreichend zu heizen. Man könnte ja ordentlich "einbollern", also AK heizen, aber dann erweist es sich irgendwann wohl doch, dass der Mond da nur bedingt der Physik entgegenwirken kann. Die dazu nötige große aus was auch immer gebaute Feuerstelle müsste sich im Bodenbefund erhalten haben, denn wenn ein Holzkamin benutzt wird (hat da jemanfraud Literatur zu?) sollte zumindest die Rückwand des Kamins bis in 1,5 m? Höhe massiv aufgeführt sein, alles andere incl. eine mögliche Rauchabzugshaube könnte meinetwegen aus Mondholz sein, ausprobieren..... Eine Lehmwand würde m.E. verziegeln...? Bin eben kein Kelte (das war ja man gerade gestern...)
und kenne den archäologischen Befund nicht genau.
Außerdem möchte ich nicht dabei sein, wenn beim ersten Orkan das Rußwasser am Kamin entlang in die Bettstatt oben läuft. Dachanschlüsse (oh oh)...
Am Federsee brennen wir im Winter gelegentlich bronxmäßich Holz in alten Fässern ab, hält das Gröbste fern.
Fenster könnte ich mir schon vorstellen, aber auch das sollte erstmal versucht werden, mit Rohhaut, Blasen etc., erst dann kann man mehr sagen. Und selbst wenn es funktioniert, ein Nachweis ists genausowenig wie ein Ausschluss
Wie gesagt, als Denkanstoss provokant gut, aber Abzüge in der B-Note
Vielleicht musste Ötzi ja zur Strafe immer oben schlafen
:smoke:
Wie gesagt, als Denkanstoss provokant gut, aber Abzüge in der B-Note
ULFR
Afrikanisches Sprichwort
Räuchern ist nicht unbedingt nötig fürs (Reet)Dach, erhöht aber die Haltbarkeit enorm, allein durch die Formaldehyd"gerbung", die Körner im Strohdach einer Räucherkate aus dem 17.Jahrhundert, in der ich mal gewohnt habe, konnt man noch essen. Außerdem hält Qualm Viecher ab. Ich glaube ebenfalls nicht wirklich an bewohnte Obergeschosse, nicht mal im Sommer, da zu dunkel, außerdem wurde der Platz für andere Dinge benötigt. Im Winter heizen fällt - denke ich - aus wegen Anschluss 2. Feuerstelle am Kamin, Gewicht der Feuerstelle auf der Balkendecke, Gefahr des Durchbrennens, Holz nach oben schleppen müssen, CO-Gas etc. ... Und ob die "Heizung" vom EG durch die Decke nach oben funktioniert, wage ich zu bezweifeln (nicht umsonst waren in historischen Bauernhäusern die Schlafkammern neben dem Viehstall. Doch wir wissen ja nicht genau, ob Vieh im Haus gehalten wurde). Aber auch der Kamin unten reicht nicht, um eine ganze Hütte ausreichend zu heizen. Man könnte ja ordentlich "einbollern", also AK heizen, aber dann erweist es sich irgendwann wohl doch, dass der Mond da nur bedingt der Physik entgegenwirken kann. Die dazu nötige große aus was auch immer gebaute Feuerstelle müsste sich im Bodenbefund erhalten haben, denn wenn ein Holzkamin benutzt wird (hat da jemanfraud Literatur zu?) sollte zumindest die Rückwand des Kamins bis in 1,5 m? Höhe massiv aufgeführt sein, alles andere incl. eine mögliche Rauchabzugshaube könnte meinetwegen aus Mondholz sein, ausprobieren..... Eine Lehmwand würde m.E. verziegeln...? Bin eben kein Kelte (das war ja man gerade gestern...)
und kenne den archäologischen Befund nicht genau.
Außerdem möchte ich nicht dabei sein, wenn beim ersten Orkan das Rußwasser am Kamin entlang in die Bettstatt oben läuft. Dachanschlüsse (oh oh)...
Am Federsee brennen wir im Winter gelegentlich bronxmäßich Holz in alten Fässern ab, hält das Gröbste fern.
Fenster könnte ich mir schon vorstellen, aber auch das sollte erstmal versucht werden, mit Rohhaut, Blasen etc., erst dann kann man mehr sagen. Und selbst wenn es funktioniert, ein Nachweis ists genausowenig wie ein Ausschluss
Wie gesagt, als Denkanstoss provokant gut, aber Abzüge in der B-Note
Vielleicht musste Ötzi ja zur Strafe immer oben schlafen
:smoke:
Wie gesagt, als Denkanstoss provokant gut, aber Abzüge in der B-Note
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