Verfasst: 05.12.2010 14:54
Yo lange Kerls!
Irgendwo steht was in diesem Tröööt über störende lange Holzspäne. Dazu vielleicht die Feststellung von Pierre und Anne-Marie Pétrequin, dass es "ein Gleichgewicht gibt zwischen der Schaftlänge einer Dechsel und dem Verkeilen selbiger auf der Schulter des Holzhauers, um dergestalt beide Hände frei zu machen, damit er die nicht vollständig mit der Dechsel abgehackten Späne entfernen kann." (meine sinngemässe Übersetzung).
Hier die Quelle: Pétrequin,P. & Pétrequin A.-M., Haches de Yeleme, herminettes de Mumyeme. La répartition des lames de pierre polie en Irian Jaya central (Indonésie). Journal des Océanistes 91, 2, 1990, 95-113.
Ich habe bei einigen eigenen Fällversuchen mit Dechseln und Parallelbeilen (Eiche, Esche, Birne) seit 1981 festgestellt, dass die Späne der frühen Schläge oft länger ausfallen und dann, teilweise unter Zuhilfenahme einer Hand, abgerissen werden. Spätere Späne sind vergleichsweise klein bis sehr klein. Dies hängt damit zusammen, dass man dauerhaft am besten mit kurzen und keinesfalls zu starken Schlägen das Holz auf Höhe der Fällkerbe attackiert. Vergleichbar verhält es sich auch beim Baumfällen mit Parallelbeilen, wie dies Beispiel einer 1,20 m dicken Eiche lehrt, die gefällt wurde, um aus ihrem Stamm einen Einbaum herzustellen:
- Arnold,B., Haches en pierre, en bronze et en fer: abattage expérimental de gros chenes destinés, en particulier, à la construction des pirogues. Archäologie der Schweiz 26, 4, 2003, 43-45.
@Rengert: Man sieht auf einem der Fotos sehr gut, wie drei Männer den Baum attackieren. Bei einer Stammdicke von 1,2 m lässt sich die en face aufgenommene Fällkerbe exzellent erkennen und in der Höhe bestimmen: sie beträgt ebenfalls ca. 1,2 m, und dies bei fundamental anderer Geräteführung der Parallelbeile!!!
Schon daraus wird klar, dass Fällkerben bei Dechselfällung - immer in Relation zur Stammstärke - entsprechend lang (hoch) sein müssen.
Unser gechätzter Kollege Wolfgang Lobisser, Wien, hat dies wie folgt formuliert: "Die Arbeit zeigte uns, daß zwischen dem Stammdurchmesser und der Länge der Fällkerbe ein proportionales Verhältnis besteht. Die Länge einer symmetrischen Trennkerbe beträgt das 1,5-2fache des Stammdurchmessers, wenn der Stamm nur von einer Seite bearbeitet werden kann, wie dies im Neolithikum z.B. beim Abtrennen der Baumkrone der Fall gewesen sein muß. Wenn der Stamm gewendet und von zwei gegenüberliegenden oder mehreren Seiten bearbeitet werden kann, verringert sich die Länge der Trennkerbe und kann unter Umständen sogar den Stammdurchmesser um etwa 10 bis 20% unterschreiten. Wir benutzten bei diesen Versuchen parallel geschäftete Steinwerkzeuge" (Lobisser 1998, 182).
- Lobisser,W.F.A., Die Rekonstruktion des linearbandkeramischen Brunnenschachtes von Schletz. In: Brunnen der Jungsteinzeit, Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland 11 (1998) 177-192.
Ich habe mir bereits vor einigen Jahren ebenfalls in diese Richtung gehende Gedanken gemacht und in einem Kapitel meiner Auswertungen zum Brunnen von Kückhoven festgehalten. Dazu nur einige grundlegende Bemerkungen. M.E. lassen sich die erwähnten Zusammenhänge zeichnerisch recht einfach ermitteln. Dies habe ich für Holz-(Stamm-)stärken von 20 cm bis 120 cm und Winkel von 45-75° in Schritten von 5° gemacht. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem stehenden, noch zu fällenden und dem liegenden, bereits gefällten Baum. Einleuchtend dürfte auch sein, dass die Fällkerben asymmetrisch sind, während die Trennkerben zur Zerlegung des Baumstammes symmetrisch angelegt werden können.
Für symmetrische Trennkerben, wie das W. Lobisser beschreibt, habe ich Faktoren ermitteln können, mit denen der Stammdurchmesser zu multiplieren ist, um die Länge der Trennkerbe zu erhalten. Es sind dies: Bei 45° = 2, bei 50° ~ 1,7, bei 55° ~ 1,4, bei 60° ~ 1,2 und bei 65° ~ 1.
Die Faktoren gelten für alle Stammstärken. Bei 120 cm Durchmesser z.B. ergeben sich Längen von 240 cm (45°), 202 cm (50°), 166 cm (55°), 138 cm (60°) und schliesslich 114 cm bei 65°. Danach liegt die Länge der Trennkerbe unter 100 cm. Man sieht also deutlich, dass geringe Winkel, sagen wir zwischen 45° und 55° bei symmetrischen Trennkerben zu favorisieren sind, denn sie liefern lange Trennkerben, bei den man bequem mit einer Dechsel arbeiten kann.
Für asymmetrische Fällkerben bin ich ähnlich vorgegangen, habe aber nur für zwei Stammstärken deren Längen bei den gleichen Winkeln, wechselnd in 5° Schritten, ermittelt. Bezüglich der Angriffswinkel verhält es sich hier genau umgekehrt zu den Trennkerben, d.h. hier sind grosse Werte von 65°-75° wünschenswert. Bei einem Stammdurchmesser von nur 100 cm und einem Winkel von 65° habe ich - ebenfalls wieder zeichnerisch - eine Fällkerbe mit einer Länge von 110 cm, bei einem Winkel von 70° eine Länge von 140 cm ermittelt, bei einem Winkel von 75° eine Kerbenlänge von 185 cm! Bei einem Winkel von 60° oder weniger liegt die Kerbenlänge unter 100 cm.
Bei einer Stammstärke von 50 cm und einem Winkel von 70° beträgt die Länge der Fällkerbe 70 cm, bei einem Winkel von 75° beträgt die Länge 95 cm.
Auch hier habe ich Faktoren ermitteln können, mit denen der Stammdurchmesser zu multiplieren ist, um die Länge der Fällkerbe zu erhalten. Es sind dies: Bei 65° = 1,1, bei 70° = 1,4, bei 75° = 1,9. Auch hierbei gelten die Faktoren für alle Stammstärken.
Diese Werte kann man praktisch testen. Aber dazu braucht es Mittel, Zeit, und ..... Das habe ich nicht gemacht. Betrachte also bitte all diese Werte als Retortenergebnisse.
Herzliche Grüsse
Jürgen
Irgendwo steht was in diesem Tröööt über störende lange Holzspäne. Dazu vielleicht die Feststellung von Pierre und Anne-Marie Pétrequin, dass es "ein Gleichgewicht gibt zwischen der Schaftlänge einer Dechsel und dem Verkeilen selbiger auf der Schulter des Holzhauers, um dergestalt beide Hände frei zu machen, damit er die nicht vollständig mit der Dechsel abgehackten Späne entfernen kann." (meine sinngemässe Übersetzung).
Hier die Quelle: Pétrequin,P. & Pétrequin A.-M., Haches de Yeleme, herminettes de Mumyeme. La répartition des lames de pierre polie en Irian Jaya central (Indonésie). Journal des Océanistes 91, 2, 1990, 95-113.
Ich habe bei einigen eigenen Fällversuchen mit Dechseln und Parallelbeilen (Eiche, Esche, Birne) seit 1981 festgestellt, dass die Späne der frühen Schläge oft länger ausfallen und dann, teilweise unter Zuhilfenahme einer Hand, abgerissen werden. Spätere Späne sind vergleichsweise klein bis sehr klein. Dies hängt damit zusammen, dass man dauerhaft am besten mit kurzen und keinesfalls zu starken Schlägen das Holz auf Höhe der Fällkerbe attackiert. Vergleichbar verhält es sich auch beim Baumfällen mit Parallelbeilen, wie dies Beispiel einer 1,20 m dicken Eiche lehrt, die gefällt wurde, um aus ihrem Stamm einen Einbaum herzustellen:
- Arnold,B., Haches en pierre, en bronze et en fer: abattage expérimental de gros chenes destinés, en particulier, à la construction des pirogues. Archäologie der Schweiz 26, 4, 2003, 43-45.
@Rengert: Man sieht auf einem der Fotos sehr gut, wie drei Männer den Baum attackieren. Bei einer Stammdicke von 1,2 m lässt sich die en face aufgenommene Fällkerbe exzellent erkennen und in der Höhe bestimmen: sie beträgt ebenfalls ca. 1,2 m, und dies bei fundamental anderer Geräteführung der Parallelbeile!!!
Schon daraus wird klar, dass Fällkerben bei Dechselfällung - immer in Relation zur Stammstärke - entsprechend lang (hoch) sein müssen.
Unser gechätzter Kollege Wolfgang Lobisser, Wien, hat dies wie folgt formuliert: "Die Arbeit zeigte uns, daß zwischen dem Stammdurchmesser und der Länge der Fällkerbe ein proportionales Verhältnis besteht. Die Länge einer symmetrischen Trennkerbe beträgt das 1,5-2fache des Stammdurchmessers, wenn der Stamm nur von einer Seite bearbeitet werden kann, wie dies im Neolithikum z.B. beim Abtrennen der Baumkrone der Fall gewesen sein muß. Wenn der Stamm gewendet und von zwei gegenüberliegenden oder mehreren Seiten bearbeitet werden kann, verringert sich die Länge der Trennkerbe und kann unter Umständen sogar den Stammdurchmesser um etwa 10 bis 20% unterschreiten. Wir benutzten bei diesen Versuchen parallel geschäftete Steinwerkzeuge" (Lobisser 1998, 182).
- Lobisser,W.F.A., Die Rekonstruktion des linearbandkeramischen Brunnenschachtes von Schletz. In: Brunnen der Jungsteinzeit, Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland 11 (1998) 177-192.
Ich habe mir bereits vor einigen Jahren ebenfalls in diese Richtung gehende Gedanken gemacht und in einem Kapitel meiner Auswertungen zum Brunnen von Kückhoven festgehalten. Dazu nur einige grundlegende Bemerkungen. M.E. lassen sich die erwähnten Zusammenhänge zeichnerisch recht einfach ermitteln. Dies habe ich für Holz-(Stamm-)stärken von 20 cm bis 120 cm und Winkel von 45-75° in Schritten von 5° gemacht. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem stehenden, noch zu fällenden und dem liegenden, bereits gefällten Baum. Einleuchtend dürfte auch sein, dass die Fällkerben asymmetrisch sind, während die Trennkerben zur Zerlegung des Baumstammes symmetrisch angelegt werden können.
Für symmetrische Trennkerben, wie das W. Lobisser beschreibt, habe ich Faktoren ermitteln können, mit denen der Stammdurchmesser zu multiplieren ist, um die Länge der Trennkerbe zu erhalten. Es sind dies: Bei 45° = 2, bei 50° ~ 1,7, bei 55° ~ 1,4, bei 60° ~ 1,2 und bei 65° ~ 1.
Die Faktoren gelten für alle Stammstärken. Bei 120 cm Durchmesser z.B. ergeben sich Längen von 240 cm (45°), 202 cm (50°), 166 cm (55°), 138 cm (60°) und schliesslich 114 cm bei 65°. Danach liegt die Länge der Trennkerbe unter 100 cm. Man sieht also deutlich, dass geringe Winkel, sagen wir zwischen 45° und 55° bei symmetrischen Trennkerben zu favorisieren sind, denn sie liefern lange Trennkerben, bei den man bequem mit einer Dechsel arbeiten kann.
Für asymmetrische Fällkerben bin ich ähnlich vorgegangen, habe aber nur für zwei Stammstärken deren Längen bei den gleichen Winkeln, wechselnd in 5° Schritten, ermittelt. Bezüglich der Angriffswinkel verhält es sich hier genau umgekehrt zu den Trennkerben, d.h. hier sind grosse Werte von 65°-75° wünschenswert. Bei einem Stammdurchmesser von nur 100 cm und einem Winkel von 65° habe ich - ebenfalls wieder zeichnerisch - eine Fällkerbe mit einer Länge von 110 cm, bei einem Winkel von 70° eine Länge von 140 cm ermittelt, bei einem Winkel von 75° eine Kerbenlänge von 185 cm! Bei einem Winkel von 60° oder weniger liegt die Kerbenlänge unter 100 cm.
Bei einer Stammstärke von 50 cm und einem Winkel von 70° beträgt die Länge der Fällkerbe 70 cm, bei einem Winkel von 75° beträgt die Länge 95 cm.
Auch hier habe ich Faktoren ermitteln können, mit denen der Stammdurchmesser zu multiplieren ist, um die Länge der Fällkerbe zu erhalten. Es sind dies: Bei 65° = 1,1, bei 70° = 1,4, bei 75° = 1,9. Auch hierbei gelten die Faktoren für alle Stammstärken.
Diese Werte kann man praktisch testen. Aber dazu braucht es Mittel, Zeit, und ..... Das habe ich nicht gemacht. Betrachte also bitte all diese Werte als Retortenergebnisse.
Herzliche Grüsse
Jürgen