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Verfasst: 02.11.2007 21:47
von Steve Lenz
Man muss auch berücksichtigen, dass manche Schilde gegen Spezialeinheiten entwickelt wurden! Pfeile haben eine ganz andere Keilwirkung als ein Schwert, eine weitaus kleinere Auftrefffläche und eine geringere Reibungsfläche.
Manche Schilde sind m.E. explizit gegen Pfeile konzipiert. Sie müssen aber möglichst viel Schutz bei möglichst geringem Gewicht bieten. Also müssen Laminate gefunden werden, welche 1. Eindringen verhindern und im Falle, dass 1. nicht erfüllt wird 2. die Eindringtiefe so kurz wie möglich halten. Ergo müssen Materialien gewählt werden, welche die geringe Reibungsfläche des Pfeils kompensieren.
Verfasst: 02.11.2007 22:02
von Kreti
Also das heißt dann auf deutsch, dass es verschiedene Schilde für verschiedene Zwecke im Krieg gab.
Stimmt das jetzt mit den 2 Lgen Bisonhaut oder nicht?
Vielen Dank
Schöne Grüße
Verfasst: 02.11.2007 22:14
von Hans T.
Oder man macht gar nix drauf und montiert eine Spina, die den Unterarm und den Oberschenkel gegen Beschuss schützt....das ist der beste Schutz gegen Distanzwaffen, der mir geläufig wäre...
Mit Verlaub, aber mir wäre völlig neu, dass die primäre Bauweise antiker Schilde so gewählt wurde, dass sie ganz besonders gegen Pfeile ihre Wirkung entfalten sollten. Das Hauptärgernis als Distanzwaffe waren wohl eher Speere und Pila und da ist der Unterschied Haut/Leder entgültig egal.
H
Verfasst: 02.11.2007 22:17
von Kreti
Tut mir echt Leid, aber was ist eine Spina?
Bin nicht so fit in dem Gebiet
Vielen Dank
Schöne Grüße
Verfasst: 02.11.2007 22:18
von Steve Lenz
Jetzt nicht im Sinne von "Gib?mir mal das 5er-Eisen!", sondern durch speziellen Truppeneinsatz gegeneinander. Allerdings auch nicht immer und überall. Aber manche Schutzwaffen dünken mich persönlich schon in diese Richtung gehend.
Stimmt das jetzt mit den 2 Lgen Bisonhaut oder nicht?
Die Schilde der US-Plainsnatives sind so gefertigt - die US-Kavallerie berichtet von Schilden, die die .50-90 Sharps nicht durchdringen konnte.
Verfasst: 02.11.2007 22:25
von Kreti
Steve L. hat geschrieben:Jetzt nicht im Sinne von "Gib?mir mal das 5er-Eisen!", sondern durch speziellen Truppeneinsatz gegeneinander. Allerdings auch nicht immer und überall. Aber manche Schutzwaffen dünken mich persönlich schon in diese Richtung gehend.
Ist klar, z.B. speziell gegen Wurfspeere.
Steve L. hat geschrieben:Die Schilde der US-Plainsnatives sind so gefertigt - die US-Kavallerie berichtet von Schilden, die die .50-90 Sharps nicht durchdringen konnte.
Respekt!Das nenn ich Kugelsicher.
Geht sowas auch mit der Bullen Vollnarben Rohhaut von
http://www.lederkram.de/ ?
Verfasst: 02.11.2007 22:50
von C. Koepfer
Der Schild ist ein Kompositkonstrukt. Wie auch aus dem Flugzeugbau bekannt, ist er stärker, als seine Einzelteile, hierbei spielt die Auswahl der Materialien eine entscheidende Rolle. Dazu kann man sich die entsprechendenden Stellen in der Encyclopedia of Materials durchlesen. zwischen Rohhaut und Leder besteht ein gewaltiger unterschied. Während die Rohhaut extrem hart und zäh ist, "fängt" das weiche Leder die Pfeilspitzen ein, und lenkt sie weiter in den Schildkorpus, ist somit eigentlich besser, wenn man das Leder wegläßt. Es sei denn, man nähme das von Steve erwähnte gewaxte Blankleder, welches allerdings wesentlich dicker als Rohhaut sein muß, um den gleichen Effekt zu haben, ergo auch wesentlich schwerer ist, was beim Schild eigentlich nicht so erwünscht ist.
Und Gips gibt es auf antiken Schilden nicht soweit ich weiß. Nur Stuck, und da besteht auch schon wieder ein wesentlicher Unterschied. Ein gestuckter Schild ist von der Oberfläche her sehr ähnlich einem mit Rohhaut bespanntem. Diesbezüglich ist auch für Speere und Lanzen ein Unterschied feststellbar. Bei einer Lederoberfläche kann die Spitze im Leder "eingreifen", an Rohhaut oder Stuck gleitet sie leichter ab.
Verfasst: 03.11.2007 09:42
von Godehardt
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es eine zwingende Vorschrift zur Herstellung von Scuta gab (bis auf die Mindestzahl der Holzschichten bzw. die Mindestdicke des Schildes). Wahrscheinlich gab es auch solche, die mit Leinen bespannt waren. Hans hat recht: es kommt vor Allem auf den Verbund an. Wenn die Römer wussten, dass Rohhaut so viel besser ist als Leder, warum nahmen sie dann die noch schlechtere Variante mit einem Leinenüberzug? Das gilt auch für spätere Schilde. Der Bezug soll wohl zuerst ein Splittern des Holzes verhindern. Das gilt für Schilde, die aus nur einer Lage Planken bestehen, wie die Arbeit von Riesch zeigt (RIESCH, H. (1999): Untersuchungen zu Effizienz und Verwendung alamannischer Pfeilspitzen. Archäologisches Korrespondenzblatt 29.4, 567?582); es gilt aber sicher auch für merhlagige Schilde.
Es sei wie es sei: wir haben für die Versuche Scuta genommen, die mit Ziegenleder bespannt waren. Diese Scuta wurden im Jahr 2003 von einem Mitarbeiter von M. Junkelmann hergestellt, und ich glaube, dass dieser kein "falsches" Scutum hergestellt hat. Vielleicht kannst Du mir eine Kopie Deiner Arbeit zuschicken?
Zum Leder-Rundschild: Von Bisonschilden können natürlich die Indianer-Vereine berichten. So ein Schild, der aus zwei verklebten, vorher über heißem Stein geschrumpften Lederschichten besteht, ist mindestens zwei Zentimer dick und lässt (laut Michael Bittl) keinen Pfeil durch. Wäre ein entsprechend aus Wisenthaut gefertigter Schild nicht ähnlich? Stodiek berichtet vom Beschuss eines Wisent-Kadavers, wo die Pfeile - je nach Auftreffpunkt - kaum durch die Haut drangen. Bei solchen Schilden ist kein Träger aus Holz nötig. Vielleicht erfüllen vier miteinander verklebte Nackenfelle von Wildstieren den selben Zweck? Allerdings bleibt es eine Tatsache, dass bei den Abbildungen von Innenseiten von Pelten immer Geflecht dargestellt ist, jedoch sind die Flechtweisen verschieden. Bestand das Geflecht vielleicht gar nicht aus Rohr sondern aus Lederstreifen, damit innen ein Griff und eine Armschlaufe angebracht werden konnten? Originalfunde, aus denen wir eine Antwort gewinnen können, snd mir nicht bekannt.
Viele Grüße,
Erhard
Verfasst: 03.11.2007 11:49
von C. Koepfer
Wahrscheinlich gab es auch solche, die mit Leinen bespannt waren.
Es gibt keinen einzigen Beleg aus dem römischen für eine Leinenaußenbespannung von Schilden. Lediglich Polybios berichtet, daß unter der Rohhautbespannung der republikanischen Schilde ein oder zwei Schichten Leinen gewesen sind. Dies scheint später nicht mehr praktiziert worden zu sein. Siehe Dura Europos., bzw. Doncaster. Leinen auf Schilden ist wohl ein keltisch Ding.
Wenn die Römer wussten, dass Rohhaut so viel besser ist, als Leder, warum nahmen sie dann die noch schlechtere Variante mit einem Leinenüberzug?
Haben sie ja offenbar eben gar nicht getan. Außerdem, wie kommst Du darauf, eine Leinenbespannung sei schlechter als Leder? Mitnichten. Geschichtetes, im Winkel geklebtes Leinen ist einer Lederschicht gleicher Dicke deutlich überlegen.
Der Bezug soll wohl zuerst ein Splittern des Holzes verhindern.
Bei Plankenschilden, ja. Siehe auch Illerup-Schilde. Wobei das nicht die ausschließliche Funktion ist. Siehe Illerup-Publikationen.
es gilt aber sicher auch für merhlagige Schilde.
Das ist nun einfach eine beleglose Annahme. Nicht alles was verständlich erscheint, ist zwangsweise richtig. Ein laminierter Leistenschild ist lange nicht so starr, wie es ein Plankenschild ist, ergo ergeben sich im Verbund andere Eigenschaften für die Rohhautbespannung.
Diese Scuta wurden im Jahr 2003 von einem Mitarbeiter von M. Junkelmann hergestellt, und ich glaube, dass dieser kein "falsches" Scutum hergestellt hat.
Auf "Glauben" kann man aber kein wissenschaftliches Arbeiten basieren. Das schöne an der Wissenschaft ist deren Öffentlichkeit. Also an Stelle davon, hier mein ganzes Pulver zu verschießen, schreibe ich dann lieber nachher eine Rezension auf Eure Arbeit oder einen Antwortartikel.
Jedenfalls würde ich gerne einen Beleg für Lederbespannung römischer Schilde sehen. (Mit Ausnahme des von mir oben erwähnten fragwürdigen Fragmentes, natürlich)
Dazu: Die Trierer Schildfronten sind auch nicht mit Leder bespannt, wie Goethert fälschlich schreibt...
Zum Holz noch:
Wie Kimmig schreibt, ist der Kasr-El-Harit Schild aus Birke, die Dura-Europos Schilde sind größteneteils aus Platanenholz. Einen Beleg für die verwendung verschiedener Hölzer in einem Schildkörper gibt es m.E. bisher auch nicht.
Verfasst: 03.11.2007 13:32
von Hans T.
Also an Stelle davon, hier mein ganzes Pulver zu verschießen, schreibe ich dann lieber nachher eine Rezension auf Eure Arbeit oder einen Antwortartikel
Ist ja auch der Sinn von einem Forum, nicht wahr? "Ich weiss was, aber ich sags dir nicht".
H.
Verfasst: 03.11.2007 13:59
von Godehardt
Dem Handwerker, der im Auftrag eines Historikers für mich Schilde herstellt, muss ich wohl glauben. Aber es spricht nichts dagegen, die beschossenen Scuta am Ende zu zerlegen. Genauso habe ich auch Uli Stehli geglaubt, dass er für mich Pfeilspitzen geschiedet hat, die nicht nur in ihrer Form sondern auch in ihrer Härte und Elastizität dem Vorbild entsprachen. Genauso habe ich auch den Bogenbauern geglaubt, dass sie so nah wie möglich an den Vorlagen, Überlieferungen und Vorgaben gearbeitet haben. Wenn das so ist mit der Wissenschaft, wie Du sagst, Christian, dann darfst Du gleich alles selber machen.
Erhard
Verfasst: 03.11.2007 14:00
von C. Koepfer
@ Hans: Nein, aber ist auch nicht der Sinn, daß jemand anders die ganze Recherchearbeit macht, und man das dann in der eigenen Arbeit verwertet. Ist mir schon einige male passiert, deswegen behalt ich?s lieber für mich. Schließlich hängen da viele, viele Stunden Arbeit dran. Und in der Basis hab ich doch alles gesagt. Das Recherchieren kann ich keinem abnehmen. Ist ja nicht so, daß man diese Dinge nirgends nachlesen kann. Und wenn jemand die genauen Informationen haben will, kann er sicher selber fragen, und ist nicht auf Dritte angewiesen.
Aber letztlich trägt dieser Seitenhieb von Dir nichts zur Diskussion bei, finde ich. Wie man oben sehen kann, gebe ich ja Informationen. Das Nachlesen und Evaluieren kann ich aber niemandem abnehmen, es sei denn ich bekomme Geld dafür. Ich habe nämlich nicht unbegrenzt viel Zeit, und auch noch ein anderes Leben.
"Also kein: Ich weiß was, aber ich sag?s Dir nicht", sondern ein "Ich sage Dir gerne, was Du anders machen solltest, und gebe Dir Tips, aber die Arbeit mußt Du schon selber machen."
Ich sehe bei diesem Test hier einige methodische Probleme: Um die Wirkung von Pfeilen auf Antike Schilde zu testen, muß man sich erst mal mit den Schilden beschäftigen. Weiterhin ist es erforderlich in der Funktion reproduzierte Schilde zu verwenden, diese müssen sich dann aber eben gezwungenermaßen nach Originalen richten. Sonst habe ich ein Ergebniss, welches mir zwar sagt, wie sich ein bestimmter Schild verhält, aber eben der von mir gebaute, und nicht der Antike. Was das Experiment mglw. interessant, aber nicht experimentell-archäologisch macht.
D.h. das einzige verwertbare Experiment unter den oben angegebenen ist m.E. das mit dem Dura Rohhaut-Rohrgeflecht-Schild.
Verfasst: 03.11.2007 14:09
von C. Koepfer
Dem Handwerker, der im Auftrag eines Historikers für mich Schilde herstellt, muss ich wohl glauben.
Nein, gerade nicht, denn besonders historische Wahrheiten sind selten welche. Bei archäologischen Wahrheiten ist es meist besser.
Beispiel: Ich kann zwar bei Caesar nachlesen, daß links des Rheins nur Gallier und rechts nur Germanen lebten. Das Fundmaterial allerdings sagt etwas völlig anderes. Wem glaube ich jetzt?
Guck mal in M. Junkelmann?s Buch "die Legionen des Augustus" und versuche herauszufinden, wie er darauf kommt, daß die Schilde mit Leder bezogen waren. Gibt es dazu Fußnoten oder Erklärungen? Nein. Er behauptet es einfach. Er hat wohl auch keinen Grund zu zweifeln, denn wahrscheinlich steht in seinem Wörterbuch Latein-Deutsch unter dem entsprechenden lat. Begriff "Leder" oder "Haut". Somit ist ja alles klar. Und zu der Zeit, als er sein Buch geschrieben hat, war das auch die gängige Meinung der Wissenschaft. Aber halt offenbar falsch, wie neuere Forschungen zeigen...
Verfasst: 03.11.2007 14:57
von Micha
Ich möchte Christians Ausführungen zustimmen - ich kenne seine Arbeit und weiß, wie intensiv er sich mit römischen Schilden auseinandergesetzt hat.
Hm, dass Junkelmanns Mitarbeiter vielleicht andere Stärken haben als Schilde zu rekonstruieren, zeigt z.B. auch der Nachbau von Ovalschilden, die bereits beim Beschuss mit stumpfen(!) Übungsspeeren mehrere glatte Durchschüsse erhielten (Junkelmann: Reiter wie Statuen aus Erz, Seite 66)!
Tja, daraus könnte man jetzt ableiten, dass römische Reiterspiele unheimlich gefährlich waren...
...oder auch, dass die Schilde nicht ganz so richtig rekonstruiert wurden
Verfasst: 03.11.2007 15:02
von Hans T.
Wo ist eigentlich das Problem, ich komm' nicht mehr ganz mit. Ich gebe zu, dass meine römische Literatur kaum nach 2000 datiert. Und dort ist die Bespannung der Schilde Doncaster und Dura Europos mit 'dünnem Leder' angegeben, in der Germania zu dem Fayum-Schild 'Filz'. Die Kimmig'sche Publikation wird oft diskutiert, ach hinsichtlich der 'Birke'.
Bemerkenswert ist zB dass bei Bishop/Coulston sehr wohl zwischen Leather und Rawhide unterschieden wird. Sollte sich jedoch zwischenzeitlich herausgestellt haben, dass dies Misinterpretationen der Originalpublikationen sind oder neue Untersuchungen stattgefunden haben und beide mit Rohhaut bespannt sind, na gut! Ein Satz, fertig. Wenn das alles ist....
Was ist denn da so bemerkenswert dran, dass da einer eine Reko nach dem bisherigen Publikationsstand gemacht hat? Wie gesagt, ein Satz hätte genügt, und nicht ein Rundumschlag auf alle, die sich bisher mit dem Thema beschäftigt haben.
H