Frage: Handhabung mit Archivgut

Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris

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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Für das Durchblättern von Dokumenten, Pergamenten etc. ist das eine klare Sache, keine Frage, denn gerade diese Dinge können durch Berührung auf vielfältige Art kontaminiert werden. Bestimmte Materialien erfordern auf jeden Fall geeignete Maßnahmen, da hat Marcus Recht, niemand würde auf die Idee kommen, 100 Jahre alte Vogelpräparate mit der Druckluftpistole zu entstauben, ohne sich mit Vollschutz vor eine Absaugung zu setzen (Arsen!). Aber andere Materialien bzw. archäologische Altpräparate/restaurate sind nicht so sensibel bzw. eben schon oberflächlich abgesperrt oder für eine weitere Untersuchung (DNS usw.) nicht (mehr) geeignet, da jedesmal die Handschuhe auszupacken ist vielleicht etwas übertrieben. Und wenn: Müsste man dann nicht konsequenterweise schon bei den Grabungen Ganzkörperkondome tragen? Meines Wissens wird das (noch?) nicht gemacht, oder gibt es da andere Informationen?

Und Angstschweiß entwickel ich persönlich nicht, wenn mal eben eine Gürtelschnalle fürs Fersehen bloßhändig vorgezeigt wird, sondern dann, wenn ich mir offenbar berechtigterweise ausmale, wieviele weitere (Einbaum)leichen in lange nicht mehr begangenen Kellern/Schuppen/Garagen amtlich ge(sch)duldet munter dem Gesetz der positiven Entropie folgen :evil:
magali

Beitrag von magali »

Steve L. hat geschrieben:Marcus R. hat es vorgezogen, Diskussion und Forum zu verlassen, Hans.

Huch, wie empfindlich! Ich wollte gerade eine gemütliche kleine Diskussion mit ihm beginnen von Sinn und Unsinn gewisser Maßnahmen, besonders wenn man als Fundbearbeitungssklave Inventarnummern mit Tusche auf kleine Fitzelscherben schreibt und mit Lack versiegelt....
:Dachsfrage:

auch ich bin prinzipiell für Handschuhe beim Umgang mit Fundgut, wollte lediglich herausstellen, dass es manche Situationen gibt, bei denen man diese eben nicht permanent anbehält :?
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Turms Kreutzfeldt
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Beitrag von Turms Kreutzfeldt »

Typischer Fall von Missverstehen, vermute ich. Schade ! Und kann mich bei der Bewertung nur Magali anschließen...

Turms, der auch sehr empfindlich ist ...
:nebracat:
Ich bin der Schleuderer, der stets aufschreit und das mit Recht, denn alles was nicht schleudert, ist wert das es auch untergeht, so ist denn alles, was ihr Schleudern nennt, mein eigentliches Element...
nach Hildegunst von Mythenmetz, Erinnerungen
Joze

Beitrag von Joze »

Hallo!
Hm... möchte keinesfalls keinen damit schlecht oder ungerecht "beurteilen" - bei mir sind viele Missverständnisse schon was die Sprache angeht, möglich.... Ich persönlich finde Forum da SEHR nett, wesentlich = im Kern sofistiziert und SEHR gemütlich, also kurz: professionell. Und das alles - nat?urlich - wegen Leute da - die sind breit, fachlich tief, diskussions-freundlich, angenehm!!!

Bin SEHR froh hier zu sein!!!
Sory - wenn das ausser vom Thema (Handhebung) geht, aber hoffe es schadet nicht meine Meinung so offen zu sagen! :)

Ihr seid ein grossartiges Foren-Team! Jeder, obwohl individuell, bringt was gutes hier dazu. Glaube, dass hier auch beide Admin's (und Modis) viel entscheidendes=positives dazugebracht haben! :)

Gruss, Jo¸e
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Fridolin
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Beitrag von Fridolin »

Hi,
die Aussage, dass ?Kulturgut? generell nur mit Handschuhen angefasst werden darf kann eigentlich nur auf Missverständnissen oder viel zu allgemein gehaltenen Empfehlungen (oder Vorschriften?) zurückgehen. Denn diese Präventivmaßnahme (Vermeidung der Kontamination mit Handschweiß bzw. ?Dreckfingern?) ist ja nur bei sensiblen Materialien bzw. Objekten sinnvoll oder sogar zwingend notwendig, z.B. bei Filmmaterial, bei Gemälden und Büchern sowie poliertem Silber. Aber man MUSS differenzieren, sowohl beim Material als auch bei den Objekten (Einzelfallentscheidung).

Unter ?Kulturgut? wird ja nicht nur archäologisches Fundmaterial und die aus Büchern, Urkunden und Bildmaterial bestehenden Sammlungen verstanden sondern u.a. auch Baudenkmaler: Schlösser, Stadtmauern, Wälle usw. Und ich muss zugeben, dass ich von Geburt an in ?Kulturgut? gelebt habe, einem denkmalgeschützten Patrizierhaus. Und ich habe nur dann Handschuhe angezogen, wenn ich im Winter das Haus verlassen habe, und das auch nur auf Drängen meiner Mutter. Wie habe ich mich zu verhalten, wenn ich mal wieder einen vorgeschichtlichen Wall betrete? Muss ich meinen Hunden weiße Söckchen anziehen? Also gut, die Beispiele machen deutlich, dass sich Marcus sehr unglücklich ausgedrückt hat.

Handschweiß und Bronzen, ein Kapitel für sich. Die Kontamination mit Handschweiß sollte man vermeiden, weil , so die Theorie, Salze und organische Säuren den Fund belasten und Korrosion fördern können. Ein Fall aus der Praxis (Langzeitversuch!): Vom Münchner Zentrallabor wurde mal eine chinesische (Buddha?)-Statue untersucht. Diese zeigte genau in dem Bereich, der täglich von hunderten Leuten jahrhundertelang aus Gründen der Verehrung mit bloßen Händen berührt wurde, die beste Patina. Die übrigen Bereiche zeigten Korrosionsschäden. Entgegen der Theorie.


Ich bekäme Angstschweiß bei der Vorstellung, dass Fundmagazine vom Hochwasser des nahen Flusses überflutet werden könnten, Jahr für Jahr. Oder dass wertvolles Kulturgut von Praktikanten mehr oder weniger im Alleingang restauriert wird, während der(ie) Restaurator(in) im stillen Kämmerlein private Restaurierungsaufträge erledigt. Das wäre eine knappe Auswahl beängstigender Möglichkeiten, die aber, wie wir wissen, natürlich nur hypothetischer Natur sind, meinen schlimmsten Alpträumen entsprungen, oder?

Fridolin
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Nika E.S.
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Beitrag von Nika E.S. »

Immer diese Empfindlichkeiten.
Hätte jetzt auch noch was schreiben wollen - wobei das meiste von Hans ja schon anfangs zusammengefasst wurde.
Kommt jetzt noch drauf an, wie das Material behandelt wurde, ob vor oder nach der Entsalzung bei Eisen - und auf die anschliessende Konservierung. Bronze ist wirklich meist recht stabil in der Hinsicht - mich hätte echt interessiert was M.R. da den Schweiß aus den Poren getrieben hat.

Naja.
:egal:
"Es wäre besser, die Regierung setzte das Volk ab und wählte sich ein Neues."
Bertolt Brecht
Jøran

Beitrag von Jøran »

Komisch, ich bin mal kurz nicht da und schon sollte man bei einer Ausgrabung
Schutzanzüge tragen und wenn ich mich mal wieder im Schloß
aufhalte, Schutzhandschuhe anziehen sonst bekomme ich haue.
OK, wenn ich mal wieder in die Stabkirche gehe, dann werde ich
daran denken.
Hans T. hat geschrieben:Und zum Bild: Das ist eine gestellte Presseaufnahme. Die Archivarin hat gar nix in der Hand, die anderen sind irgendwelche Lokalgrössen.
Ach so, also ist das Dokument nur ein *gestelltest* Dokument und
daher eigentlich nicht da, dass durch Handschweiß gefährdet werden könnte. Genial, also alles nicht Echt in den Filmen. :fox:
Hans T. hat geschrieben:P.S. Sind Siegel nicht meist aus Wachs?
Nun, zumindest meine Siegel sind aus Wachs. Aber da ich ältere
Siegel nur mit Handschuhe anfasse, ist dieser Siegel auf dem Foto wohl eher aus Plastik.
Joze hat geschrieben:In Stadtarchiv in Graz soll jeder Besucher bei durchblättern von Dokus die Handschuhe verwenden (ist aber nicht gerade Kern von Thema).
Joze
Ja aber Hallo, klar doch.
Besonders wenn viele Besucher die Dokumente in den Hände halten wollen. Einmal vorher mit der Hand die Nase abwischen
und dann "wo ist die alte Urkunde".
magali hat geschrieben:auch ich bin prinzipiell für Handschuhe beim Umgang mit Fundgut, wollte lediglich herausstellen, dass es manche Situationen gibt, bei denen man diese eben nicht permanent anbehält :?
Permanent nicht aber bei alten Dokumenten sage ich einfach mal, ist
es angebracht. Besonders wenn man weiß, woraus Handschweiß besteht.

Schade, dass sich nun deswegen ein User hier abgemeldet hat.

Hilsen

Jøran
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