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Verfasst: 16.02.2010 19:30
von Bullenwächter
Holzgeschirr das regelmäßig (täglich) im Gebrauch ist muss meiner Ansicht nach nicht weiter behandelt werden als es nach dem Essen einfach abzuwaschen und luftig troknen zu lassen.

Verfasst: 16.02.2010 20:48
von Roland L.
Hallo,

ich habe bisher keine Hinweise auf eine Oberflächenbehandlung bei Essgeschirr oder -besteck finden können. Gleiches gilt für viele Kleingefäße wie Schalen, Dosen usw.. Für Gegenstände die der Witterung ausgesetzt waren, oder deren Oberflächen farblich ausgeschmückt werden sollten, lassen sich Oberflächenbehandlungen in Form von Teeranstrichen oder farbigen Anstrichen (Barbara Grodde!) nachweisen. Die Technik des kontrollierten Verkohlens fand am ehesten beim Hausbau an den unteren Enden von Pfosten Verwendung.

Die Meinung, dass Holz konserviert oder behandelt werden muß, ist wohl durch unser modernes Schönheitsempfinden geprägt. Wirklich notwendig ist eine Behandlung von hölzernem Essgeschirr nicht.

Wie bereits gesagt, wird die Holzoberfläche durch den Gebrauch eingelassen und das Holz schützt sich gegen Fäulnis hinreichend selbst. Dies gilt nicht nur für Kiefer und Eiche, sondern für jede Holzart. Selbst ein Pappelbrett wird, wenn es regelmäßig gebraucht und gereinigt wird nicht spaakig oder gar verrotten.
Eine Verwendung von Leinöl oder Bienenwachs ist zwar denkbar, aber (meiner Meinung nach) nicht belegbar und unwahrscheinlich ob der "Unnotwendigkeit" der Behandlung.

Gleiches gilt auch für das Schleifen der Holzes. Eine mit einer scharfen Ziehklinge geglättete Oberfläche braucht man nicht schleifen. All die Spekulationen über feuchte Tücher mit Sand, Rochenhaut, Zinnkraut usw. erübrigen sich mn., wenn man zum einen erhaltene Bearbeitungsspuren betrachtet und zum anderen versucht, die historischen Handwerkstechniken anzuwenden.
Da Bilder mehr als Worte sagen:

http://www.robin-wood.co.uk/index.htm

Nebenbei sei bemerkt, dass in einigen Gegenden in England (siehe Link...) oder Norwegen noch heute viel Holzgeschirr verwendet wird. Geölt wird zumindest bei Bekannten von mir in NO nichts.

Bei der Adaption moderner Handwerkstechniken auf den Nachbau historischer Holzgegenstände hilft mir immer der Ansatz "Wozu soll ich dies oder jenes machen? Ist es technisch notwendig? Entspricht es evtl nur einem modernen Form- und Farbempfinden?"

Leider ist dieses Thema bisher wissenschaftlich nur sehr wenig behandelt worden, was wohl sicherlich auch an der schlechten Erhaltbarkeit von Oberflächenbehandlungen liegt. Auch denke ich, dass die Frage nach Oberflächenbehandlungen eher technisch/handwerklicher Natur ist, und den Wissenschaftler weniger interessiert, als den, der Holzgegenstände rekonstruieren will.

mein Senf......


gruß,
Roland

Verfasst: 17.02.2010 13:24
von Saxnoth
Nochmals vielen Dank an alle. Ich habe nicht gefragt wegen einer eventuellen ästhetischen Frage sondern ob man damals eventuell Oberflächen behandelt hat, um hölzernes Geschirr weniger empfindlicher gegenüber dem täglichen Gebrauch zu machen. Hat vielleicht jemand von Euch unbehandeltes hölzernes Geschirr schon länger in Gebrauch und es sieht noch genauso aus wie zur Zeit der Herstellung?

Viele Grüße aus Berlin

Saxnoth

P.S. Ich habe mich gleich mal bei Bodger's ask and answer angemeldet und warte nun der Dinge, vor allem der ersten versemmelten Holzstücke, die da kommen werden.

Verfasst: 17.02.2010 14:41
von Chris
Saxnoth hat geschrieben: Hat vielleicht jemand von Euch unbehandeltes hölzernes Geschirr schon länger in Gebrauch und es sieht noch genauso aus wie zur Zeit der Herstellung?
Hallo Saxnoth,

ja und nein...
Ja, ich habe es (aus dem selben Grund wie Beate) aufgegeben, das Holzgeschirr zu ölen. Allerding wasche ich es normalerweise auch nicht mit entfettenden modernem Spülmittel ab. Daher bleibt immer eine Restmenge Fett von den Speisen auf der Oberfläche und das Geschirr sieht z.T. (je nach der letzten Mahlzeit...) aus, wie geölt.

Nein, es sieht nach längerer Zeit nicht mehr aus, wie zur Zeit der Herstellung - färbende Speisen hinterlassen ihre Spuren (rote Beeren!!!!), die Oberfläche wird durch fettige Speisen z.T. deutlich dunkler. Es entsteht so eine Art Gebrauchspatina. Gefällt mir aber gut, dadurch sieht es aus, wie ein Gebrauchsgegenstand, nicht wie ein steriles Schau-Objekt ;-)

Verfasst: 17.02.2010 15:11
von Jøran
Hei,
Roland L. hat geschrieben:Nebenbei sei bemerkt, dass in einigen Gegenden in England (siehe Link...) oder Norwegen noch heute viel Holzgeschirr verwendet wird. Geölt wird zumindest bei Bekannten von mir in NO nichts.
Nebenbei sei auch bemerkt, dass auch die Einwanderer von NO nach SH weiterhin viel Holzgeschirr verwenden (kaum Plastikzeugs) und auch da wird nichts geölt oder lackiert. Und das Holzgeschirr wird täglich benutzt.
Saxnoth hat geschrieben:Hat vielleicht jemand von Euch unbehandeltes hölzernes Geschirr schon länger in Gebrauch und es sieht noch genauso aus wie zur Zeit der Herstellung?
Nei, das Holz verändert sich mit der Zeit und wird (vermutlich je nach Holzart) dunkler. Außerdem hinterlassen wie Chris schon geschrieben hatte Obst und sonstiges Grünzeugs aber auch Fisch dort seine Spuren. Selbst beim Abwasch bleiben diese Verfärbungen drauf. Ist aber kein Problem, da irgendwann Nachhschub kommt. :)
Wobei das Holzgeschirr, bevor es im Kamin landet, einige Jahre im Gebrauch ist.

Hilsen

Jøran-N.
PS: Als Kind hatte ich auch Messer und Gabel aus Holz.

Verfasst: 19.02.2010 17:58
von Saxnoth
Ich schreibe das einfach mal hier rein, weil ich nicht extra einen Thread dafür aufmachen möchte. Ist es vielleicht bekannt welches Holz zum Drechseln genommen wurde? Ich meine jetzt nicht die Holzart sondern ob wirklich gut abgelagertes und getrocknetes Holz Verwendung fand oder zu einem bestimmten Teil auch - wie es die Engländer nennen - Greenwood? Und hat vielleicht von Euch schon mal jemand mit frischem Holz gearbeitet und kann mir sagen ob es stark reißt wenn es gedrechelt wurde und dann trocknet?

Mit vielen Grüßen für ein schönes Wochenende

Saxnoth

Verfasst: 19.02.2010 18:24
von Lorenlyr
Meines Wissens nach verwendet man gut getrocknetes Holz, das luftig, trocken und nicht der Sonneneinstrahlung direkt ausgesetzt, gelagert wurde (mehrere Jahre angeblich). Man könnte es auch mit nem Leim einstreichen damit es beim Trocknen nicht reißt.
Wie es sich verhält, wenn man noch frisches Holz drechselt kann ich nicht sagen...
(bitte nicht komplett darauf verlassen! Typisches Hören-Sagen)

Verfasst: 19.02.2010 18:44
von Claudia
Lorenlyr, historisch wurde aber vor allem grüngedrechselt.

Kann man hier übrigens sehr schön sehen.
Wobei Robin nicht ganz grün drechselt. Aber Gründrechseln war eher die historische Methode.

Verfasst: 24.02.2010 23:48
von GeTe
Habe seit über 10 Jahren eine samische Holztasse (Guksi) aus Birkenholz. Die hat noch nie Spülmittel gesehen. Der Vorteil mit Birkenholz ist, das es geschmacksneutral ist. Das heißt ich trinke Kaffe, Tee oder auch schon mal einen Wein aus der Tasse, ohne das sich der Geschmack festsetzt ( wobei ich ziemlich schnell merke, falls mal jemand eine Teethermos für Kaffee mißbraucht ).
Zum Teil werden die Holztassen aus frischem Holz vorgearbeitet, also die grobe Form wird ausgearbeitet, aber dann wird das Holz, am besten mit Holzleim bestrichen, ein paar Jahre beiseitegelegt.
Kleiner Nachtrag zum Birkenholz für diese Tassen, es wird aus einer Wucherung (Virusinfektion an der Birke) gearbeitet. Ich kenne nicht den deutschen Namen dafür, nur den norwegischen "Rikuler", ulfr oder Jøran könnten wissen wie das auf deutsch heißt.

Verfasst: 25.02.2010 16:03
von Jøran
Hei,

ich weiß zwar was "rikuler" ist, da ich es im Folkemuseum gesehen habe aber ich bin kein Holzfachmann und kann daher nicht sagen, wie das in deutsch bezeichnet wird.

Bei der Guksi bleibt irgendwie auch nichts an der Innenwand "hängen" und läßt sich daher einfach im Fluss auswaschen.

Roland der Bootsbauer hat ja auch ein Becher nach einem Fund in Norwegen gebaut, dass wohl aus Birkenholz (???) war. Roland, stimmt das?

Hilsen

Jøran-Njål

Verfasst: 25.02.2010 16:58
von ulfr
Auf Deutsch heißt es "Maserknolle"

http://de.wikipedia.org/wiki/Holzfehler ... Maserwuchs

ob das die genaue Übetragung aus dem Norwegischen ist, weiß ich nicht

Verfasst: 25.02.2010 20:15
von Roland L.
Hallo,

meiner war aus Wachholder........

man kann eine Kåsa wie die Holztasse in Schweden heißt, auch anders herstellen:
http://www.youtube.com/watch?v=h5HTrrtg3Eo

passende Vergleichstücke zumindest aus VWZ/Frühmittelalter liegen zahlreich vor. (Zb. die tollen Holzgefäße aus dem Aarby/Rasbokil Grab, obwohl das etwas später als unser Zeitrahmen ist......)

gruß,
Roland