Hola,
Helmut Windl hat mich auf die Diskussion hier aufmerksam gemacht.
Eine ähnliche Diskussion gibt es auf facebook
https://www.facebook.com/groups/175882472424337/
Ich habe mich über den Beitrag auch geärgert und mich sowohl an das ZDF als auch an
http://www.programmbeschwerde.de gewandt. Das sollten viele individuell mit ihren Argumenten und Eindrücken machen. M.E. ist das sinnvoller, als sich bei irgendwelchen Ämtern zu beschweren oder rechtliche Geschütze aufzufahren.
Das Problem liegt in der Sensibilisierung der Medienvertreter und der Öffentlichkeit (und der Richter) - und in der Selbstdarstellung der Archäologen über das was sie tun. Meines Erachtens haben diese alltäglichen Probleme mit Raubgräbern und Antikenhehlerei sehr viel mit einem Nachholbedarf in der Selbstreflektion (um nicht zu sagen in der Theorie) des Faches Archäologie zu tun. Was ist Geschichte? Für viele, grade auch für viele Sondengänger ist Geschichte einfach, das Gefühl, etwas Altes in Händen zu halten, zu dem man sich dann eine Geschichte ausdenkt. Das ist, wenn man in so manche Fachliteratur schaut, auch bei manchen Profis nicht viel anders. Die Fixierung auf das Objekt ist oft eine Folge davon - ob es vom Archäologen typologisch oder archäometrisch untersucht wird, vom Reenactor liebevoll rekonstruiert oder vom Sondengänger begierig aus dem Boden gerissen wird. Funde sind nicht Geschichte!
Wir alle müssen mehr darüber nachdenken, was wir von der Geschichte lernen wollen und in welchem Bezug die Artefakte dazu stehen. Da gibt es viele mögliche Antworten - und viele Konzepte bzw. theoretische Perspektiven dafür. Dann können wir vielleicht auch spannende Geschichten erzählen, die nicht den Mythos 'Schatz' oder Indy Jones bemühen müssen oder einfach nur auf Sensation spekulieren (da könnte man einige terraX-Folgen als Belege anführen). Die Umweltgeschichte ist da eines von vielen Feldern, aber auch die Frage nach den Faktoren kulturellen Wandels. Was helfen Pressemeldungen nach dem Motto: "Wir haben da übrigens was tolles gefunden..."? Da muss - überzeugend - dargestellt werden, welchen Erkenntnisgewinn das hat. - Das Thema möchte ich hier jetzt nicht weiter verfolgen - das muss irgendwann mal genauer durchdacht in einem wissenschaftlichen Artikel ausgebreitet werden... Da sind nicht unerheblich die studierten 'Profis' gefragt.
Beim Thema Sensibilisierung sind aber alle archäologisch Interessierten herausgefordert: Im Augenblick ist es einfach wichtig, dass die Medien kritische Rückmeldung bekommen. Dachverbände haben da vermutlich mehr Gewicht, aber sie reagieren auch träge, weil sie internen Abstimmungsbedarf haben. Die Masse macht's hier vielleicht eher.
Das ist langfristige Sensibilisierungsarbeit. Wir werden das ZDF nicht dazu bewegen, eine Richtigstellung zu senden, aber vielleicht schämen sie sich wenigstens die Sendung zu wiederholen. Man sollte sie aber auch nicht überdramatisieren. Die ist einfach nur schlecht - leider mit erheblichen Kollateralschäden. Auf ebay wird inzwischen mit dem Beitrag für Metalldetektoren geworben.
Entscheidend ist m.E. die Rückmeldung an die Redaktionen, die das Thema aufgreifen. Bei schlechten Beiträgen allemal, aber auch bei Guten! Dann gibt es vielleicht mehr Sendungen wie Blutige Schätze (
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/ ... e-Schaetze) oder Internetseiten wie
http://www.swr.de/wissen/geschichte-ges ... index.html . Wenn sich heute ein Journalist im Netz schnell über den Antikenhandel informieren möchte, stösst er erst mal auf die Händlerauftritte - kaum auf die Darstellungen der archäologischen Perspektive.
Das ist langwierige Arbeit - die die "Profis" allein nicht leisten können. Zumal einem die Zeit eigentlich davon rennt. Ich denke, das Netz bietet eine Chance zur Lobby von unten. Als vor über einem Jahr Helmut Thoma seinen Grabraub in Palmyra öffentlich gestand (
http://archaeologik.blogspot.com/2010/1 ... langen.htm), hat sich in FB die Gruppe Kulturgutraub gegründet. Beteiligt sind Studenten, Laien, Profis und sogar Professoren. Im Falle von H.T. waren die Aktionen relativ erfolglos (obwohl es gelungen ist, einige DArV, DGUF, SPK und DAI zu einem letztlich aber wirkungslosen Brief zu bewegen), aber im Falle von BILD jagt einen Maya-Schatz (
http://archaeologik.blogspot.com/2011/0 ... -sehr.html) vermutlich doch auch ein kleiner Teil der Faktoren, die die BILD dazu bewogen haben, ihre Schatzjagd zu beenden (Zugegebenermaßen war die guatemalkanische Polizei wahrscheinlich aber noch wichtiger...). Jedenfalls ist deren online-Strategie nicht aufgegangen, weil sich auf einmal zu viele Archäologen geäußert haben. Dazu:
http://archaeologik.blogspot.com/2011/0 ... eb-20.html und
http://www.diane-scherzler.de/downloads ... erzler.pdf
mit diesem langen Statement
meine Grüße in diese Runde!
(und Dank für die Aufnahme)
R. Schreg
PS Das hier zitierte Blog Archaeologik ist übrigens indirekt auch eine Folge von H.T., da damals die Frage aufgetaucht ist, welche Rolle Neue Medien bei so was spielen können. Insofern war das als Experiment gedacht, um (als Netz-Banause) erst mal etwas Erfahrung zu sammeln, was so ein Blog denn eigentlich ist, wie und welche Themen da laufen können.