RobertGraf hat geschrieben:
...Hallo Vinzenz, da lerne ich ja richtig was dazu - den Ausdruck "Bossen" für den Bodenaus/abbruch einer Kernbohrung und "Fierung" als Einpassung zum "Retuschieren" bei der Steinmetzarbeit waren mir neu...
Hallo Robert,
ich betrachte das ganze natürlich als Handwerker. Es mag sein, dass es akademisch einwandfreiere Begrifflichkeiten gäbe. In der Branche aber gäbe es gefühlsmäßig wohl wenige, die das anders bezeichnen würden als mit "Bossen". Es ist Insidern ja landläufig bekannt, dass der "Bossen" im Steinmetzjargon im typischen Sinne dem Begriff "Bossieren" zugenordnet ist, welches mit Bossiereisen ausgeführt wird.
Heutzutage haben ja z.B. viele Gebäude und Gärten Mauerwerk aus bossiertem Naturstein, auch je nach Region. Wenn ein Steinmetz vom "Bossen" spricht, meint er meines Wissens in den allermeisten Fällen "..DAS, was nach der Bossierung noch über der Fläche stehen bleibt, welche einzuebnen ist, oder auch nicht..." (Bossierungen als gestalterisch absichtlich stehenbleibendes Merkmal findet man zumindestens hier in Ibbenbüren, einem Abbaugebiet des
Ibbenbürener Sandsteins recht häufig.
Da auch nach dem Bossieren und Anlegen eines Randschlages bei einem Werkstück immer noch vom "stehengebliebenen Bossen" gesprochen wird, ist meiner Erfahrung in dem Gewerbe nach auch die Ausbrechung in einem Bohrkern am ehesten so zu bezeichnen. Hier wurden zwar keine Bossierhiebe und Randschläge ausgeführt, aber es gibt einen zuvor durch die Bohrkrone eingeebneten Rand. Für mich trifft der Begriff des Bossens deshalb am ehesten zu.
Nun hoffe ich, dass mir meine alten Beufsdschullehrer nicht die Bossiereisen um die Oren hauen(!), denn beweisen kann ich nicht, dass es so heissen muss...
- aber irgendwie muss das Kind ja benannt werden, dachte ich mir mit Verlaub. Wir können natürlich auch von dem am Werkstück verbleibenden "Bohrkernabbruch" sprechen...
Aber vielleicht mache ich mich einmal auf die Suche nach einem übergreifenden umfangreichen Wörterbuch zum Thema (falls es das überhaupt gibt), da ich mich nur auf die Quelle: "Eigene Erfahrung, Ausbildung und entsprechende Fachschulbildung" berufe...
RobertGraf hat geschrieben:
...Gut - ich habe damals auch nur 2 Semester Klassische Archäologie im Nebenfach studiert - das rächt sich dann wieder, dass ich damals dann das Fach gewechselt habe
...
Nun, da hast du ja was das angeht mir immerhin gewaltig was voraus...!!!
Aber mal ganz ehrlich: Ich frage mich öfter, ob und wie die für archäöologische Erkenntnisse relevanten Handwerkstechniken aus den verschiedenen Handwerksberufen sich mit dem Akademischen Studium der Archäologie vereinbaren lassen und vermute hier noch zu füllende Lücken in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Archäologen und Handwerkern, welche ja z.B. auch die Betrachtung von Bildhauerarbeiten der Antike möglicherweise ganz anders möglich machen würden.
Aber auch hier muss ich zugeben, dass mir studierte ArchöologInnen etwas voraus haben könnten, weil sie studienbedingt möglicherweise wesentlichere und umfangreichere Einblicke in entsprechende Quellen haben und ich das ganze artfremd zu naiv betrachte...
Ein großes Bindegleid ist sicherlich die Experimentelle Archäologie, denn manche Erkentnisse erschließen sich (bei nicht handwerklich Vorgebildeten) meiner Meinung nach durch den fachpraktischen Aspekt wesentlicher, wenn nicht überhaupt erst dadurch... - so könnte es sein, dass viele wissenswertes noch immer auf seine Entdeckung wartet, weil ausgefeilte Handwerkstechniken und die generellen Erkentnisse der Archäologie und der Kulturforschung überhaupt noch mehr zusammenfinden müssen (meiner bescheidenen Meinung nach). Ich kann mich aber natürlich auch komplett naiv irren, da ich bisher keinen konkreten Einblick in die Studieninhalte der Archäologie hatte... - hoffentlich lerne ich hier mit der Zeit eine Menge dazu, was auch das betrifft (ich bin mir fast sicher, dass es so sein wird)!
Für die Statue des Chaefre - um mal ein mögliches Anwendungsbeispiel zu nennen - scheint die Gegenseitige Beflügelung ja gerade jedenfalls ganz gut zu funktionieren und das finde ich natürlich toll! In diesem Forum lerne ich persönlich eine ganze Menge!
Übrigens habe ich mal versucht, möglichst exakt anhand des Bildes mit der Gesamtansicht der Statue zu messen und in etwa umzurechen, wie tief die Bohrung in etwa sein könnte und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich wohlmöglich um etwa 1 - 1,5 Zentimeter herum (etwa 1/128 der Gesamthöhe von laut Wikipedia 168 cm) handeln könnte.
Herzliche Grüße,
Vinzenz
Recherchequellen waren:
[deutsche Wikipedia, Artikel "Chepren", Version 29. Jun. 2012 und Datei Khaefre Statue.jpg, Version 28. Mär. 2008]
http://www.
molon.de/galleries/Egypt/NatMuseum/Statues/img.php?pic=21
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