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Re: Flintbeil für Ergersheim
Verfasst: 07.02.2014 21:05
von Blattspitze
Super Arbeit, Kai! Hast Du auch Seitenansichten vom "Big Apple" (i-axe)?
Mein immer noch aktuelles dicknackiges Beil (im Ergersheim 2012 - Film)
ist aus glasigem Material und funktioniert bis jetzt sehr gut und ohne Schäden. Eine Untersuchung (Nielsen, L.E. 1997: Raw Material Provenance in the Early Neolithic - A Comparative Study of Thinbutted Flint Axes from Two Regions in Jutland, Denmark. In: International flint symposium 7th, International flint symposium; 261-268) hat gezeigt, dass für dünnackige Beile in einer nordjütischen Beispielregion überwiegend helles, rauheres und zäheres Material für Beile verwendet wurde, aber es gab eben auch einen zwar kleinen Anteil von Beilen aus "glasigem" Material, das bei Beilnutzung anscheinend weniger gut "haltbar" erscheint. Im gleichen Tagungsband gibts auch etwas zu den mechanischen Eigenschaften von Flint mit Einschlüssen, und wen wundert`s, letzterer erscheint widerstandsfähiger.
Es sollen allerdings auch Beile aus Dan-Flint zerbrechen ...
Re: Flintbeil für Ergersheim
Verfasst: 07.02.2014 23:07
von AxtimWalde
Logo!! An und für sich wollte ich warten bis das Ding vollkommen fertig ist. Aber der Schaft braucht noch einige Tage Trocknung, bevor ich ihn schleifen kann.
Links Schmalseite 1 nach 49min; Rechts Schmalseite 2 nach 35min
Links Breitseite 1 nach 102min Grobschliff und 75min Mittelschliff per Hand; Rechts Fertige Breitseite 1 mit zusätzlich 22min Feinschliff und 10min Politur auf dem Sandleder.
Fertige Breitseite 2 nach 92min Grobschliff, 30min Mittelschliff per Hand, 20min Feinschliff und 10min Politur.
Insgesamt: Netto Schleifzeit 7h30min, Arbeitszeit 16h39min, 132g Flint entfernt, um 1,6mm die Länge verkürzt, Breite um 4,35mm, Stärke um 5,9mm reduziert.
Endmaße: 959g, L=234,3mm, B= 72,35mm,S=38,75mm
Re: Flintbeil für Ergersheim
Verfasst: 09.02.2014 00:43
von FlintSource
Das ist eine Spitzen-Leistung Kai! Und belastbare, publikable Daten. Ulfr und Du solltet euch zusammentun und für den nächsten Bilanz etwas schreiben.
@Blattspitze: Du bist mir gerade zuvorgekommen. Die Publikation von Eklund Nielsen ist tatsächlich die einzige zitierbare Quelle für die Verwendung von mattem Flint vs. glasigem Material in Beilen. Der andere Aufsatz, J.M. Steinberg/B.J. Pletka, The value of flint in Thy. In: R. Schild/Z. Sulgostowska (Hrsg.) Man and flint. Proceedings of the VIIth International Flint Symposium. (Warszawa 1997) 301–311. ist etwas weniger explitit, aber mit einigen Daten zu der Belastbarkeit von Flint mit Enschlüssen.
Angesichts der zeitlichen Investition ist es leider etwas unrealistsich ein Beil aus glasigem Flint herzustellen als Vergleich für die Haltbarkeit. Zudem müsste man beide Beile in genau der gleichen Weise benutzen, was leider auch kaum möglich wäre.
Wenn dieses Prachtstück in Ergersheim eingesetzt wird, melde ich glich mal Dokumetationsbedarf an und möchte versuchen einen 3D-Scan von der Klinge anzufertiger, entweder vorab oder nach dem Einsatz. Kein Garantie für Erfolg, weil das Scannen von Flint uns noch ziemliche Probleme bereitet, aber ein Versuch wäre es wert.
Re: Flintbeil für Ergersheim
Verfasst: 09.02.2014 18:35
von AxtimWalde
Danke, Danke FlintSource
Aber die eigentlich spannenden Daten sind da noch gar nicht drin!!
Der Dateianhang Vers1+2Daten.jpg existiert nicht mehr.
Auf den ersten Blick mögen die nüchternen Zahlen nicht viel aussagen - aber sie zeigen auf , das man mit dem Schlitten bis zu über sechseinhalbmal schneller Flint entfernen kann als mit der Hand - zumindest im Netto-Bereich. Bei der realen Arbeitszeit relativiert es sich auf noch immerhin 2,7 mal so schnell, wie mit der Hand. Die geringeren Zahlen aus Versuch 1 dürften auf der Tatsache beruhen, dass der Schleifstein anfänglich noch recht uneben war. Erst beim zweiten Versuch war die Schleifbahn über die volle Länge verfügbar. Und noch ein paar Daten zum Abgewöhnen: Versuch 1: 8040 Hiebe (1Hieb= einmal hin und einmal zurück) daraus resultiert eine hochgerechnete Laufleistung auf dem Schleifstein/en von 3990m. Bei Versuch 2: 25656 Hiebe und 11938m Laufleistung. Ich bin mal gespannt, in wie weit sich diese Zahlen noch verändern, wenn weitere Versuche vorliegen.
Bezüglich der/des Beile/s kann ich sie dir gern zur Aufnahme zur Verfügung stellen. Ob das noch im Vorfeld klappt weiß ich noch nicht.
LG
Kai
Der Dateianhang mit B1 2Forum.JPG existiert nicht mehr.
"Eisblumen" im Schleifschlamm
Re: Flintbeil für Ergersheim
Verfasst: 09.02.2014 20:15
von Blattspitze
Einfach klasse Kai, auf jeden Fall publizieren!
Detaillierte Vergleiche der geschliffenen Oberflächen zwischen Hand und Schlitten wären soo interessant!!!
FlintSource hat geschrieben:... weil das Scannen von Flint uns noch ziemliche Probleme bereitet ...
Wieso denn das? Genau darauf hatte ich eigentlich gehofft?
Mist mist, dass ich es dieses Jahr wieder nicht hinkriege, grummel ...
Hennig Haßmann, heute Landesarchäologe von Niedersachsen, hat in seiner sehr lesenwerten Diss.
(Die Steinartefakte der befestigten neolithischen Siedlung von Büdelsdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde. UPAS 62. Bonn, Habelt 2000) eine besondere Nutzung eines von ihm als "weisser Flint" benannte Rohmaterialvarietät hervorgehoben, die er als von unbekanntem Ort eingehandelt und ganz überwiegend bei der Beilverarbeitung benutzt ansieht. Er stellt außerdem für Beile aus glasigen Flint besonders "groben Schliff" fest, der diese den wohl bevorzugten weissen Beilen ähnlicher machen sollte?
Ich glaube ja, der "weisse Flint" ist eigentlich bloß Falster-Flint:
Re: Flintbeil für Ergersheim
Verfasst: 09.02.2014 22:47
von FlintSource
Das Problem mit Flint ist die glasige Oberfläche, in die das Licht bzw. Laserstrahl eindringt und dann als extrem unschafes bis doppeltes Signal zurückgeworfen wird. Desto glasiger der Flint, desto größer die Probleme, bei Obsidian und Glas geht überhaupt nichts mehr. Aber mit einem frisch geschliffenen Beil mit matter Oberfläche haben wir noch keine Erfahrungen gemacht. Dazu kommt das Problem die einzelnen Scans von sehr glatten Oberflächen zu einem Objekt zusammenzufügen. Wenn keine Erhebungen oder Unregelmäßigkeiten Vorhanden sind, hat die Software keine Anhaltspunkte wo was anschließt. Da gab es in den vergangenen Wochen so ein kleines Problemchen mit Ulfrs Jadeit-Beil....
Und tatsächlich denke ich auch, dass es bei dem Haßmann'schen 'weißen Flint' um Falster handelt. In diesem Zusammenhang lohnt es sich die Arbeit mal wieder in die Hand zu nehmen. Beim Exkurs zu dem Material (s. 180) wird auch noch mal ausdrücklich erwähnt:
Wenn gute Beile auf dem Fundplatz selten aus glasigem Flint hergestellt wurden, dann liegt das sicherlich auch an der geringeren Bruchfestigkeit.
Wenn es dann auf der gleichen Seite um die unterschiedliche Verwendung von verschiedenen Rohmaterialien geht, heißt es:
Das gleiche Phenomen lässt sich auch an dem sogenannten Dan-Flint festmachen, der ebenfalls ausschließlich für die Beilproduktion verwendet wurde.
Das sind durchaus interessante Anhaltspunkte, die es verdienen vertieft zu werden.
Edit: @Kai Da hast Du fast eine Punktlandung für eine Klinge vom Typ Sigerslev hinbekommen (auch wenn das Original mir etwas breiter scheint), ich sehe gerade, dass die Original-Klinge 915 gr. wiegt. Vielleich doch noch ein paar Stunden schleifen?