Hallo Leiff,
die von Dir beschriebene Gewaltdominanz in dem Film ist überhaupt nicht schön!
Instrumente wie etwa die FSK versagen hier meiner Erfahrung nach schon lange.
Bei der Einschätzung eines Films von offizieller Seite geht es doch immer um Quoten und den "Durchschnittszuschauer".
Ein echter "Gewalteinbruch" war damals in der von Peter Jackson verfilmten Herr-der-Ringe-Trilogie zu beobachten und wurde damals durchgewunken. Wohlmöglich auch, weil alles andere drumherum so faszinierend war und der Trend zu beobachten ist, dass viele Filmemacher die Grenzen des guten Durchschnittsgeschmacks schon immer gerne nach ihren Interessen erweitern wollten.
Die Szene zum Ende des ersten Teils ("Die Gefährten") in der Boromir von dem Ober-Ork mit Pfeilen getötet wird, ist hochgradig grausam, so wie etwa auch die Tötungs- und Enthauptungsszenen der Trolle in der Hobbit-Verfilmung von Peter Jackson. Dabei sind die regelrechten Tötungsorgien teilweise gepaart mit einer ordentlichen Prise sarkastischem Humor und beinahe Slapstick, was alles besonders grausam macht. Dem ganzen wird noch die Krone aufgesetzt, weil einer der Helden der Saga, der Zauberer Gandalf, grausam und gerne tötet (Töten als Frage des Maßes und der Notwendigkeit: Wer es nicht besser verdient hat, wird gekillt).
Die Vermittlung eines dermaßen polarisierenden fiktiven Gesellschaftsbildes halte ich für sehr bedenklich.
In STAR WARS wird aber auch ständig herumgeballert und es werden reihenweise Köpfe abgeschlagen, es wird erwürgt, gefoltert, zerstümmelt, zerfetzt und verbrannt. Nur spritzt dort weniger Blut , oder das spritzende Blut fällt bei all der Buntheit nicht so auf.
Es ist zu beobachten, dass sich Filmemacher in den letzten Jahren immer mehr gehen lassen, bzw. es wird immer mehr dirchgewunken. Für meinen Geschmack viel zu sehr oder im falschen Altersfreigabekontext.
Dabei regiert der angebliche Durchschnittsverbraucher und Durchschnittskonsument das fragwürdige Geschäft zwischen Zuschauerzahlen, Lobbyismus und möglichen versteckten Werbebotschaften und anderen produktionsbedingten Interessen.
Ich habe einmal beim FSK eine Altersfreigabe für einen Film kritisiert, der ab FSK 12 freigegeben war. Es handelte sich um einen Manga-Zeichentrickfilm. In den ersten Minuten des Films zerquetschte ein Roboter einer menschlichen Figur den Schädel so, dass das Blut in alle Richtungen spritzte.
Die Antwort des FSK war vom ungefähren Wortlaut her:
"Es handelt sich dabei um genretypische Versatzstücke und Elemente, die Kindern und Jugendlichen vertraut sind..."
Mit dieser Argumentation wurde der Film durchgewunken und Büchereien etwa müssen ihn unter FSK 12 einsortieren.
In dem Spionagethriller "Dame, König, Ass, Spion (2011) (FSK 12) ein von Killern grausam zugerichtet getöteter in einer Badewanne.
Wäre eine solche Überspitzung einer szenischen Situation dabei notwendig, um Grausamkeit filmisch zum Ausdruck zu bringen?: NEIN. Sie ist für mich lediglich ein Fehlgriff der Produktionsleitung und zeugt für mich eher yavon, dass ein Regisseur sich ausleben wollte, oder nicht weiter gedacht hat.
In Filmen von Steven Spielberg geht es ebenfalls enorm gewalttätig zu. Ihm gelingt es meiner Meinung nach allerdings, den schmalen Grat zwischen intelligentem und überflüssigem Einsatz von Gewalt gekonnter zu gehen. Allerdings ist es dabei ja auch immer die Frage, in welchem Gesamtzusammenhang sich eine Gesellschaft und Kultur zu Gewalt als Thema einstellt.
Ich halte diese Entwicklung des zunehmenden und überbordenden Maßes an Gewalt in Filmen für enorm bedenklich und deren Auswirkungen sind tagtäglich in Schulen und auf der Straße zu beobachten, vom Internet und Social Media als "Beschleuniger und Ermöglicher " ganz zu schweigen.
Ich finde, Filmemacher müssen es sich gefallen lassen, schonungslos mit der (subjektiven) Wirkung ihrer Werke konfrontiert zu werden, denn gleiches tun sie ohne Vorwarnung ihren Zuschauern und deren Kindern an und Leben auch noch davon.
Ich vermisse allmählich auch wesentlich mehr SchauspielerInnen, die sich kritisch gegen ein solches aus dem Ruder laufendes Übermaß an Gewalt in Filmen aussprechen.
Wenn ich mich in einem Film mit der Realität konfrontieren will, sollte DOKU draufstehen oder ein Hinweis auf Realitätsnähe, der ein Gütesiegel sein kann. Wenn ein Film die Realität nicht trifft, sollte mit einem entsprechenden Hinweis kommuniziert werden, dass es sich um teilweise, wirklichkeitsfremde Fiktion handelt.
Eigentlich müssten Eltern und Erziehungsberechtigte heutzutage beinahe jeden Film, den sie sich mit ihren Kindern anschauen wollen, zuvor ohne Kinder schauen und überprüfen, wenn sie keine üble Überraschung oder gar traumatisierende Erfahrung erleben wollen. Aber hier liegt ja auch eines der Hauptprobleme für die zu beobachtende Entwicklung: Vielen Eltern und Erziehungsberechtigten mag es egal sein, manche gehen auch insgesamt bedenkenlos und auch gedankenlos mit dem Thema um.
Dabei darf man schon bald gar nicht darüber nachdenken, auf welche Art und Weise dank Internet, Darknet, Youtube und Co beliebige Inhalte gezeigt und etwa auf Schulhöfen geteilt werden...
Jim Carrey ist der einzige, der mir einfällt, der sich aktuell gegen ein Übermaß an Gewalt in Filmen ausspricht und er wird als quasi geläuterter auch noch für den Mut seiner Einsicht belächelt und möglicherweise auch verachtet. Zuvorderst wohl auch, weil der Umschwung in seinem Leben und Wirken als Schauspieler durch einen indischen weiblichen Guru und die Tatsache, dass er Vater wurde, mitbegründet war.
Betrachten wir etwa das Medium Film wie einen Tropf, an den viele von uns unwissend bereits früh gehängt wurden, dann kann aktuell vielfach beobachtet werden, dass es viele gibt (die aber eben nicht die Gesamtheit ausmachen), die der Meinung sind, dass wir täglich eine höhere Dosis Gewalt brauchen. Und das ist eine - in meinen Augen - gravierende Fehlentwicklung, für die auch keine künstlerische Freiheit herhalten oder irgendein anderrs Argument herhalten darf, denn ein jeder Zuschauer eines Films hat auch das Recht auf körperliche und seelische Unversertheit.
Herzliche Grüße,
Sculpteur