Das Problem:rückwärts ist man weniger schnell als der Gegner vorwärts.
Gilt nicht für jede(n)!
Ein trainierter Kämpfer beherrscht seine Beinarbeit.
Wir habe in unserer Gruppe selbst einen Kämpfer mit Speer der eigentlich auch gut damit umgehen kann. Unterschreitet man aber schnell den Gefahrenbereich der Speerspitze zieht er lieber schnell sein Sax sofern er es noch nicht in der Hand hat. Dabei hält er den Speer mit der Spitze nach unten und schräg vor sich damit der Schwertkämpfer ein wenig behindert wird und er genug Zeit hat sein Sax zu ziehen.
Dann kann der Speerkämpfer wohl doch nicht so gut umgehen, wenn er seiner Waffe nicht weiter als die eigene Armlänge traut!
Liegt an der falschen Einschätzung des Waffenssystems "Lanze" (Speere werden geworfen, mit falscher Benennung fängt der Irrtum schon mal an!):
Der europäisch festgefahrene Kämpfer sieht die Gefahrenzone im Wirkbereich der Spitze und Lanzenschuhe sind allgemein vermutet dazu da, in den Boden gerammt zu werden!
Nein!
Der primäre Gefahrenbereich der Lanze liegt zwischen der vorderen Spitze und dem Schaftknauf, resp. dem Lanzenschuh (sofern vorhanden), denn auch der Schaft selbst gehört in die Kampfmethodik einbezogen und ist mehr als nur der Griff. Den sekundären Gefahrenbereich stellt der "Kokon" dar, welchen der Kämpfer mit der Lanze zu weben in der Lage ist!
Sehe ich mir die antiken Lanzen an, interpretiere ich die Scharten als Zeichen von Schlagwirkung, ergo einer Kreisbahnbewegung mit einer Waffe, welche auf trennenden Schnitt gearbeitet wurde. Lassen wir jetzt mal die Möglichkeit einer rituellen "Tötung" der Waffe zur Deponierung und/ oder Grablege außen vor! Bleibt noch die Möglichkeit, dass diese Scharten tatsächlich daher rühren, dass hier (vermutlich!) zwei adäquat Bewaffnete im Sinne des Wortes aufeinander trafen.
Die Scharten (könnten) belegen, dass die Lanzen nicht zwingend allein zum Stich eingesetzt wurden, aber diese Marken sind mitunter recht tief, also kann es nicht nur eine kurze spontane Bewegung aus dem Handgelenk gewesen sein, sondern eine weitere, längere!
Kommen wir demzufolge von dem statischen Kaukasier weg, welcher die Hand an der Lanze, wohlmöglich den Schaft steif unter die Achsel geklemmt nur vor und zurück stapft, die Waffe vorwärts stechend und mit dem Schild parierend arbeitet. Die vordere Hälfte der Waffe beschreibt Kegel und damit ist für die Meisten das Potenzial dieses Waffensystems ausgeschöpft.
Ich hab?s mit meiner Bronzenen ausprobiert - ich schaffe es so nicht, derartig tiefe Scharten in die Schneiden zu treiben.
Also nehmen wir die Lanze locker in die Rechte, beziehen die gesamte Länge in unsere Bewegungen mit ein, wie auch den Schild. Dann senken wir den Schwerpunkt um die Hälfte der normalen Standhöhe (oder tiefer, wenn man?s kann) und bearbeiten den Kontrahenten von unten her aufwärts, wobei sich - je nach Situation - Lanze und Schild die Arbeit abnehmen. Will sagen: Auch der Schild greift mal an, wie auch die Lanze mal pariert! Die Lanzenhand krampft sich nicht um den Schaft, sondern variiert ständig die Griffkraft. Eine schnelle Bewegung vorwärts, einhergehend mit leichter Lockerung kann die Lanze nach vorne schnellen lassen: derartig beschleunigte 1600g Lanze auf einen winzigen Punkt konzentriert penetrieren allein durch das so entstehende Druckgewicht und die Keilwirkung mehrere mm Bronzeblech (ausprobiert)!
Verzichtet man auf den Schild an der Front (hängt sich diesen aber vielleicht auf den Rücken), kommt die zweite Hand ins Spiel, resp. an den Schaft. Und nun entfalten sich die taktischen Möglichkeiten einer Lanze endgültig:
Neben einhändigen Stichen unter Handwechsel kommen weite Schwünge und ein breites Spektrum an Paraden zur Anwendung, Stöße mit dem queren Lanzenschaft, Hebel, Umgreifen und Verwendung des Sauroters als primäre Spitze - eine Kaskade sich ständig abwechselnder Bewegungen welche Angriffe aus allen Achsen ermöglicht.
Der Schild deckt den Rücken und kann passive Schutzfunktion erfüllen.
Geübte Kämpfer begeben sich in eine Art Grundbewegung, aus welcher heraus sie ihre Angriffs- und Verteidigungsmaßnahmen ergreifen. Sie scheinen nicht stillzustehen und bieten so auch ein schwereres Ziel.
Wer dieses System beherrscht ist ein sehr schwieriger Gegner und es benötigt einen Kämpfer gleicher Qualität, ihn zu "knacken"! (Oder einen Bogenschützen!)