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Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 09.06.2011 21:02
von Fridolin
Manu hat geschrieben:Also, auch wissenschaftlich gesehen nix mit Leinöl ... irgendwie schade :(
Wissenschaftlich mag die Antwort korrekt sein - überzeugend ist sie nicht. Wie müsste denn eine Ölpresse aussehen? (Wir kennen jede Menge an durchbohrten Steinbeilen, aber keine Bohrgeräte...)
Falls Öl gepresst wurde, dann wurden die Presskuchen bestimmt nicht weggeworfen. Schließlich handelt es sich um ein nur schwach entöltes Lebensmittel, das in den Körnerbrei oder Brotteig wandern konnte. Oder es wurde an das Vieh verfüttert.

Viele Grüße

Fridolin

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 09.06.2011 22:42
von FlintSource
Hallo Manu,
Leinölgewinnung im Neolithikum können wir weder bestätigen noch widerlegen. Dank deiner Versuchen müssen wir jedoch feststellen:

- Die Herstellung von Leinöl mit, nach unserem Wissen, konventionellen neolithischen Methoden funktioniert nicht so richtig.
- Die Aufbewahrung selbiges ist wohl als problematisch anzusehen
- Die Notwendigkeit von reinem Leinöl scheint nicht gegeben

Also keine wissenschaftliche Ablehnung von der Herstellung von Leinöl im Neolithikum, aber eine Indizienkette die uns nicht gerade veranlasst, um auf die Suche nach der neolithischen Ölmühle oder Pressanlage zu gehen.

Wenn ich mal wieder auf meinen Wunderbrunnen zurückgreifen darf: Dort haben wir zwar jede Menge Leinsamen, von der Morphologie her alles als Öllein zu klassifizieren (Bestimmung der in diesem Thread jetzt doppelt zitierter Christoph Herbig, mit der Mitteilung von Uschi Maier sind die beiden Forscher jetzt zu recht gut eingebunden in der Diskussion), aber bislang keine Hinweise auf Leinfasern. Obwohl die Bestimmung von Lein/Flachs wohl eine extrem komplizierte Sache ist, scheint vieles für eine ursprüngliche Verwendung von Lein als ‚Ölpflanze’ (im weiteren Sinne des Wortes) oder besser, Nahrungspflanze zu sprechen. Bis wir jedoch das erste steinzeitliche Ölgemälde entdecken, bin ich noch nicht von der Notwendigkeit der Produktion von reinem Öl überzeugt. Bleiben wir also doch bei den ganzen Körnern im Müsli.

Vielen Dank für deine Mühen und Überwindung des Leinölekels.
Herzliche Grüße,
Rengert

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 10.06.2011 09:33
von Chris
FlintSource hat geschrieben: Bis wir jedoch das erste steinzeitliche Ölgemälde entdecken, bin ich noch nicht von der Notwendigkeit der Produktion von reinem Öl überzeugt.
Zumal sich eine Farbfassung wunderbar mit einem Ei als Malmittel (statt Öl) realisieren lässt... Das muß man nich mal mühsam herstellen, nur finden :mammut2:

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 10.06.2011 13:49
von Hans T.
Off-topic: Mir ist Farbe auf Kasein/ähnlicher Basis am sympathischten...Eier ohne Hausvogelhaltung stünden nur begrenzt zu bestimmten Jahreszeiten zur Verfügung.

H

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 10.06.2011 19:13
von Manu
Ja, ja, jetzt bringt mich nur noch alle durcheinander ... :wink:

Verflixt wie könnte so eine Leinölpresse nur ausgesehen haben. Trebron hat doch sonst so gute Ideen ...? :mammut2:

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 10.06.2011 19:28
von Trebron
Manu hat geschrieben:Ja, ja, jetzt bringt mich nur noch alle durcheinander ... :wink:

Verflixt wie könnte so eine Leinölpresse nur ausgesehen haben. Trebron hat doch sonst so gute Ideen ...?

Als "Alter" Werkzeugmacher mache ich mir zuimindest mal Gedanken. meine Frau hat gerade eine Flasche geköpft, vielleicht fällt mir dabei was ein. Da komme ich oft auf dumme Gedanken :mammut2:

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 11.06.2011 13:59
von Hans T.
Antike Ölpressen bestehen aus einem Auffang-Abflusstein mit Tülle. Darauf ein Holzgefäß ohne Boden. In dieses Holzgefäß drückt ein Stempel. Oben am Stempel ein quer laufender Hebel. Am kurzen Arm ist der Hebel auf einer Erhöhung (so hoch wie das Gefäss) gelagert, beweglich nach oben oder unten. Nach ca 1/3 der Länge dann der Stempel, ebenfalls beweglich, da der Hebel ja den Winkel ändert. Und dann der Hebel selbst, den man nach unten drückt. Beispiel:
http://www.bigalke-schmiedekunst.de/ima ... schaft.htm

(etwas nach unten scrollen)

H

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 11.06.2011 14:25
von Trebron
Bild
http://www.bigalke-schmiedekunst.de/ima ... schaft.htm

Vom Prinzip her wollte ich gerade sowas vorschlagen, da war der Hans schneller.
Die Flasche hatte aber doch ihre Wirkung :mammut2:
Zwei flache Steine in leichter Schräglage ( mit oder ohne Rinne ), Leinen-oder Bastsäckchen mit gebrochenem Samen dazwischen und mit langem Hebel vorsichtig, aber kräftig pressen...und dann sehen, was dabei heraus kommt.
Wenn sowas da war, haben die sicher mit was ganz einfachem angefangen und es dann mit wachsender Erfahrung verfeinert. Möglicherweise geht es angangs, bei kleineren Mengen auch ohne Säckchen. :mammut1:

2 plan geschlifffene Fußboden-Marmorplatten sind sicher gut geeignet, frag mal beim Fliesenleger nach.
Seil mit Knebel zum Nachspannen auf dem langen Ende der Hebelstange. Gegenlager zum Halten des Knebels nicht vergessen.

Norbert

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 11.06.2011 16:18
von Manu
Bin in "Mechanik" eine echte Niete. Was man nicht von Hand bewältigen kann wird gewoben, basta. :D

Freu mich aber sehr, wenn jemand zu Versuchen Lust und Zeit hat. :axt:

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 11.06.2011 22:58
von FlintSource
<nörgelmodus> Bei der Steinbohrmaschine wissen wir zu mindest, dass im Neolithikum Steine gebohrt wurden.

Von Leinöl wissen wir nicht mal ob es das gab, also scheint mir das Postulieren einer Leinölpresse etwas zu weit zu gehen. Das ist typisch ein Fall von: Es könnte so gewesen sein, es fehlen uns jedoch sämtliche Beweisen. Nur Leinsamen sind nachgewiesen. </nörgelmodus>

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 12.06.2011 08:14
von Trebron
Das ist klar Rengert,

die erste Frage lautet ja wohl:
Wann hat "Mensch"bemerkt, dass "ÖL" aus den Samen zu gewinnen ist ?

Ab wann ist überhaupt Öl aus Samen und Kernen gewonnen worden und wo ? Dann kann man ja mal versuchen im "Rückwärtsgang" zu den Anfängen zu kommen.

Aber Du hast selbt zu Mut zum Experiment aufgerufen :mammut2:
Wenn man mit "primitivsten" Mitteln Erfolg HÄTTE, Kann man die entsprechenden Spuren vielleicht besser erkennen.

:mammut1:

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 12.06.2011 08:55
von Hans T.
Die Frage ist nicht, ob er es bemerkt hat. Die Frage ist, ob er es wollte. Mir würde ja schon ein indirekter Hinweis genügen. Aber nicht mal den haben wir.

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 12.06.2011 10:11
von Trebron
Hi Hans,

ich denke, ich muß erst wissen, dass es sowas gibt, bevor ich es will. Ich kann nicht Öl wollen, wenn ich nicht weis, dass es das gibt.

Ist wohl auch wieder: was war zuerst, das Huhn, oder das Ei !

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 12.06.2011 19:17
von Fridolin
die Öl- / Fettgehalte einiger Samen bzw. Nüsse zum Vergleich:

Hasel 60%
Rotbuche bis 46%

Lein 30-44%
Schlafmohn bis 46%
Leindotter 28-42%

Lein, Mohn und Leindotter produzieren trocknende Öle.

Viele Grüße

Fridolin

Re: Gewinnung von Leinöl

Verfasst: 22.06.2011 08:46
von Fridolin
Traditionelle Gewinnung von Arganöl in Marokko - ohne Presse:
"Die Früchte fallen dann in ein ausgelegtes Netz und können leicht aufgenommen werden. Sie werden zunächst an der Luft getrocknet, dann von Hand oder maschinell gequetscht, um das getrocknete Fruchtfleisch von den Kernen zu lösen, deren Schalen dann zwischen zwei Steinen aufgeschlagen werden. Die darin enthaltenen Samen werden bei schwacher Hitze geröstet und in einer kleinen Handmühle zermahlen. Der so entstandene Brei wird anschließend mit Wasser so lange bearbeitet, bis sich das Öl absondert. Zur Herstellung von einem Liter Öl werden etwa 30 kg Früchte (etwa 4,5 kg Kerne) benötigt".

http://de.wikipedia.org/wiki/Arganbaum