Das Thema ist schwierig. Es berührt letztlich dermaßen viele kulturelle, politische und wissenschaftliche Bereiche, dass hier ein Schluß oder gar eine Mehrheitsmeinung schwierig bleibt.
Die Uneinigkeit der differenziert Denkenden untereinander dient den Monokausalisten. Faschistoide mit demokratischen Mitteln zu bekämpfen, macht müde und ist sehr, sehr schwer.
Weltanschauliche Perspektiven, Glauben, ist nicht wirklich diskutierbar.
Was mich eigentlich am meisten stört, sind nicht mal die überzeugten Kreationisten selbst, sondern die Bereitschaft, solches Gedankengut aufzunehmen, sich unterzuordnen und weiterzugeben. Mir ist der Mechanismus nach 300 Jahren Aufklärung, 150 Jahre Demokratie, Liberalisierung und leichtem Zugang zu Wissen einfach nicht mehr erklärlich.
Wenn ich allerdings nur mal über die Methodik der Diskussion nachdenke, fällt mir folgender Satz auf, den ich hier ohne die mindeste Kritik am Autor zitieren möchte:
"Provokation:
Was wir glauben, weil wir nahezu ausschliesslich das glauben was andere geschrieben haben und es nicht selbst selbst "erfahren" haben, ist aus weiter Ferne betrachtet nur graduell anders, als das, was die Kreos schreiben. Wir wissen nichts wirklich, es sind alles nur Indizien.
Die Realität ist nur eine Vorstellung, auch die archäologische Realität.
"
Blattspitzes? nachdenklicher und nur für sich selbst genommer, an sich vielleicht richtiger Einwurf, ist aber m.E. der grundlegende Satz, auf dem die momentane Wissenschaftskritik aufbaut. Er scheint ja richtig zu sein und klingt tolerant.
Der grundlegende Fehler dabei ist aber, dass in der Realität natürlich ein Unterschied besteht. Der Unterschied ist der unterschiedliche Umgang mit den Informationsquellen, es wird von einer Seite Quellenkritik betrieben, von der anderen Seite nicht.
Was ebenso negiert wird, sind die vorliegenden Fakten, die zwar unterschiedlich interpretierbar sind, aber doch Fakten bleiben, deren Existenz nicht übersehen werden darf.
Simplifiziert und auf den Fall bezogen, meine ich folgendes:
Die eine Seite hat tatsächlich nur eine Quelle, die Bibel. Sie hat keine Fakten.
Die andere Seite hat mehrere Quellen und Fakten, die berücksichtigt werden müssen.
Sie betreibt laufend Quellenkritik, die Interpretation der Fakten ist prozeßhaft und nicht absolut.
Die Tatsache, dass Wissenstransfer zu 99,9999 % immer "ohne eigene Erfahrung" stattfindet, ist eigentlich banal.
Ich muß es nicht erfahren, dass eine Kugel auch auf der südlichen Hemisphäre zu Boden fällt, wenn man sie losläßt, um es als Tatsache zu akzeptieren.
Allerdings steht aber eine Eigenleistung dahinter, nämlich die der eigenen Informationsverarbeitung(These-Antithese-Synthese), die jeder dauernd leistet, auch auf unbewußter Ebene, die aber im Absolutismus von "Glaubenssätzen" bewußt unterlassen werden soll.
Die Realität ist keine Vorstellung, sie ist eben die Realität. Nur das Bild jedoch, das wir uns von der Realität machen, ist tatsächlich subjektiv, weil wir eben nur mit den Sinnen wahrnehmen können, die wir nun mal haben.
Allerdings - es ist eben eine unwahre Unterstellung, dass sich die Wissenschaft der Realität der Subjektivität der Realitätswahrnehmung nicht bewußt wäre. Schon die Existenz eines Meterstabes beweist dies, da dessen Anwendung ja eine Strecke genauer beschreibt als eine Schätzung.
M.E. klingt dieser zitierte Satz also ganz gut, hält aber in keinem seiner Bestandteile einer Überprüfung stand.
Unterschlagen wird die laufende Quellenkritik, das prozeßhafte Vorgehen, die selbständige Denkleistung und das nachweisbare, zum großen Teil erfolgreiche Bemühen des Menschen, seine eigene Subjektivität zu überwinden.
Es bleibt schwierig.
Thomas