Ich habe mir das obengenannte Buch gestern nachmittag im Buchhandel besorgt.
Ist ein wenig enttäuschend, was wirklich neues ist nicht drin. Eher eine Zusammenfassung der letzten 20 Jahre.
Die Puppe stammt von zwei Holländern, deren Arbeiten und Hintergrund im Buch zwar vorgestellt werden, welche Details zur Ausgestaltung der Puppe aber eine Rolle spielten wird nicht ausreichend oder gar nicht erläutert.
Zu Grunde lag natürlich eine Kunststoffkopie des Schädels, aufgebaut wurde nach dem "Manchester Modell". Dieses Modell ist im Moment sicher führend. Hierzu gibt es ein Buch. "Making Faces".
Beim indivuellen, alters-kultur-herkunfts-spezifischen Äußeren wurden offenbar "österreichisch-schweizerisch-bayerische" Gebirgsbewohner als Vorbild genommen. Es findet sich auch der Satz, dass die entsprechenden Alterungsprozesse und die Klimaten seitdem nicht wesentlich verändert hätten und wohl auf "Ötzi" übertragbar sind.
Na ja, genau betrachtet stimmt dies ja nicht. Zu Ötzis Zeiten wars wärmer, wir wissen ja bis heute nicht, wie oft er eigentlich den Witterungen ungeschützt ausgesetzt war. Da seine Lunge Rußpartikel enthielt, ist natürlich auch mit Aufenthalt in Gebäuden zu rechnen.
Kurz: Offenbar war die Annahme die eines wettergegerbten, älteren Almbewohners.
Das ist genau das Problem bei Rekos:
Das Bild des zu rekonstruierenden Menschen, das vor Erstellung der Reko bei den Rekonstrukteuren oder deren Beratern vorherrscht, beeinflusst die Reko wohl zu 80%, der Rest ist die Orientierung an den Fakten.
Wenn etwas mehr über eine vermutliche Rolle und Tätigkeit von "Ötzi" nachgedacht worden wäre, wäre es sicher nicht zu dieser doch etwas extremen Darstellung gekommen.
Selbst der Bart (über dessen Nachweis ich mir jetzt auch nicht im klaren bin) wäre bei einer Rolle als normaler Bauer oder gar "wichtigen" Mann wohl gepflegter ausgefallen.
Wie lange "Ötzi" eigentlich auf der Flucht war, d.h. wie lange er sich nicht pflegte, ist ja auch völlig unklar.
Die Simons schafften den Aufstieg vom Tal zur Fundstelle in einem Tag. Und es war niemand hinter ihnen her.
Herr Simon war Bartträger und so schlimm sah er nach Beendigung der zweitägigen Tour sicher nicht aus....
Die doch recht unvollständige Ausstattung wird ja schon seit langem als Grund für die Annahme einer hastigen, schnellen Flucht angeführt.
So gesehen, hätte ich mich wohl doch etwas zurückgehalten, was die "Wildheit" und die "Alterung" anging.
Einfach deswegen, weil, wie Fr. Fleckinger im Buch bemerkt, die Puppe jetzt das Bild prägen wird.
Thomas