Verfasst: 13.12.2009 11:41
Für mich ist die letzte Äußerung von Frau Zeeb-Lanz (im Hamburger Abendblatt bzw. der FAZ) ein Versuch des „Zurückruderns“.
Ich kenne den Text des Antiquity-Artikels nicht. Aber die Autoren (d.h. alle!) müssen sich fragen lassen, ob diese Überschrift “Mass cannibalism in the Linear Pottery Culture at Herxheim (Palatinate, Germany)“ mit Stichworten wie „cannibalism, butchering“ wirklich den Funden, den Befunden und der Indizienlage angemessen ist. http://antiquity.ac.uk/ant/083/ant0830968.htm
Wer solch eine Überschrift in einer wissenschaftlichen Zeitschrift bringt – dazu noch ohne Fragezeichen, quasi als Fakt - der braucht sich nicht zu wundern, wenn die Presse das ihre tut. Gefundenes Fressen sozusagen. Steinzeitler = Kannibalen, wir hamms ja immer gewusst, alles klar...
Das einzige Indiz, und dazu noch ein sehr fragwürdiges, ist offensichtlich ein Fingerknöchelchen mit angeblichen Zahnabdrücken, die menschlich sein könnten. Warum keine Maus, Ratte, Fuchs, Hund, Wolf o.ä.? Oder sind ganz andere Ursachen für die Spuren denkbar? Unvorsichtiger Umgang mit der Kelle? Meiner Ansicht nach ist die Überschrift des Artikels eine glatte Katastrophe.
O.K., angeblich wurden die Menschen „geschlachtet“ und zerlegt. Da wird mit den zerschlagenen und leicht angekohlten Kncoehn argumentiert. Aber es gibt auch noch zusammenhängende Skelettteile. Bereits früher (siehe http://www.projekt-herxheim.de/lit_down_vn.htm) wurden abgetrennte Schädelkalotten beschrieben, deren Bruchränder im Feuer geschwärzt und kalziniert wurden. Und es gibt Keramik, die im zerbrochenen Zustand im Feuer teilweise rot gebrannt wurde (Abb. 15). Irgendwelche rituelle Handlungen am Feuer, o.k., aber sonst? Brandspuren sind nicht gleichbedeutend mit Kannibalismus. In der Bandkeramik gab es Körpergräber, aber auch Brandgräber und wer weiß was sonst noch.
Ich denke der Urheber der Artikelüberschrift und der Umdeutung des bisherigen Erklärungsversuchs („reisende Tote“ von Orschiedt und Haidle) ist Bruno Boulestin, ein gelernter Mediziner, der auf Anthropologie umstieg.
http://www.pacea.u-bordeaux1.fr/fichesp ... estin.html ,
seine Publikationen www.pacea.u-bordeaux1.fr/publications.html
Seine Forschungsthemen sind „Krieg und Gewalt“, er ist Co-Organisator des Runden Tisches „absonderliche „bizarre“ Bestattungen“, in seiner Dr?-Arbeit hat er sich bereits mit Kannibalismus auseinandergesetzt, man kann ihn also als Spezialisten bezeichnen. Möglicherweise ist bei ihm aber der Wunsch der Vater des Gedankens!?
Herxheim ist mysteriös und wird auf Jahre mysteriös bleiben. Und was die derzeitige Diskussion angeht: Wir müssen aufpassen, dass wir uns so nah wie möglich an den Fakten halten, die uns die beteiligten Wissenschaftler liefern, da hat Blattspitze vollkommen recht. Aber wenn sich schon die Fachwissenschaftler uneins sind, was die Bewertung de Befunde angeht.....
Fridolin
PS: Ich will gar nicht behaupten, dass es in Herxheim keinen Kannibalismus gab. Aber dann sollte die Sache sauber bewiesen werden.
Ich kenne den Text des Antiquity-Artikels nicht. Aber die Autoren (d.h. alle!) müssen sich fragen lassen, ob diese Überschrift “Mass cannibalism in the Linear Pottery Culture at Herxheim (Palatinate, Germany)“ mit Stichworten wie „cannibalism, butchering“ wirklich den Funden, den Befunden und der Indizienlage angemessen ist. http://antiquity.ac.uk/ant/083/ant0830968.htm
Wer solch eine Überschrift in einer wissenschaftlichen Zeitschrift bringt – dazu noch ohne Fragezeichen, quasi als Fakt - der braucht sich nicht zu wundern, wenn die Presse das ihre tut. Gefundenes Fressen sozusagen. Steinzeitler = Kannibalen, wir hamms ja immer gewusst, alles klar...
Das einzige Indiz, und dazu noch ein sehr fragwürdiges, ist offensichtlich ein Fingerknöchelchen mit angeblichen Zahnabdrücken, die menschlich sein könnten. Warum keine Maus, Ratte, Fuchs, Hund, Wolf o.ä.? Oder sind ganz andere Ursachen für die Spuren denkbar? Unvorsichtiger Umgang mit der Kelle? Meiner Ansicht nach ist die Überschrift des Artikels eine glatte Katastrophe.
O.K., angeblich wurden die Menschen „geschlachtet“ und zerlegt. Da wird mit den zerschlagenen und leicht angekohlten Kncoehn argumentiert. Aber es gibt auch noch zusammenhängende Skelettteile. Bereits früher (siehe http://www.projekt-herxheim.de/lit_down_vn.htm) wurden abgetrennte Schädelkalotten beschrieben, deren Bruchränder im Feuer geschwärzt und kalziniert wurden. Und es gibt Keramik, die im zerbrochenen Zustand im Feuer teilweise rot gebrannt wurde (Abb. 15). Irgendwelche rituelle Handlungen am Feuer, o.k., aber sonst? Brandspuren sind nicht gleichbedeutend mit Kannibalismus. In der Bandkeramik gab es Körpergräber, aber auch Brandgräber und wer weiß was sonst noch.
Ich denke der Urheber der Artikelüberschrift und der Umdeutung des bisherigen Erklärungsversuchs („reisende Tote“ von Orschiedt und Haidle) ist Bruno Boulestin, ein gelernter Mediziner, der auf Anthropologie umstieg.
http://www.pacea.u-bordeaux1.fr/fichesp ... estin.html ,
seine Publikationen www.pacea.u-bordeaux1.fr/publications.html
Seine Forschungsthemen sind „Krieg und Gewalt“, er ist Co-Organisator des Runden Tisches „absonderliche „bizarre“ Bestattungen“, in seiner Dr?-Arbeit hat er sich bereits mit Kannibalismus auseinandergesetzt, man kann ihn also als Spezialisten bezeichnen. Möglicherweise ist bei ihm aber der Wunsch der Vater des Gedankens!?
Herxheim ist mysteriös und wird auf Jahre mysteriös bleiben. Und was die derzeitige Diskussion angeht: Wir müssen aufpassen, dass wir uns so nah wie möglich an den Fakten halten, die uns die beteiligten Wissenschaftler liefern, da hat Blattspitze vollkommen recht. Aber wenn sich schon die Fachwissenschaftler uneins sind, was die Bewertung de Befunde angeht.....
Fridolin
PS: Ich will gar nicht behaupten, dass es in Herxheim keinen Kannibalismus gab. Aber dann sollte die Sache sauber bewiesen werden.