Re: GuedelonII in Meßkirch
Verfasst: 08.05.2013 06:48
Die Diskussion hat die lokalen Medien erreicht:
Klosterbaustelle: Streit um Arbeitsmethoden (Südkurier Online).
Klosterbaustelle: Streit um Arbeitsmethoden (Südkurier Online).
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Das heißt also, der Campus Galli kann sich erst unter den Augen seiner Besucher dem Leben und Arbeiten im frühen Mittelalter annähern; für wissenschaftliche Recherchen im Vorfeld der Eröffnung war in den letzten Jahren kein Geld und Personal vorhanden.sieht den Campus Galli gerade erst am Anfang der wissenschaftlichen Arbeit. Erst einmal müsse die Arbeit auf der Baustelle vollständig anlaufen und danach müsse man daran gehen, die aus praktischen Gründen geschlossen Kompromisse weiter in Richtung Frühmittelalter zu entwickeln.
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„Wir fangen doch jetzt erst an mit dem wissenschaftlichen Arbeiten und Experimentieren“, wehrt sich Bert Geurten. „Erst Ende Februar haben wir erfahren, dass die Baustelle am 22. Juni [Herv. d. mich] eröffnet werden kann und erst seit Mai verfügt der Verein über eigene Mitarbeiter und eigenes Geld“, weist Geurten auf die veränderten Umstände hin.
Der der Vorstand des Trägervereins glaubt demnach, dass die wissenschaftlichen Inhalte hinter den Bedürfnissen und Erwartungen des zahlenden Besuchers zurückgestellt werden müssen. Diese Argumentation rekurriert indirekt auf das Klischee des Museums als einen elitären Bildungstempel. Diese Argumentation ignoriert freilich einen schon seit langem stattfindenden Wandel in der Museumslandschaft, bei dem die Idee der Besucherorientierung und das Verhältnis von Bildung und Unterhaltung völlig neu bewertet wurden. Die Essenz ist, dass Bildung und Unterhaltung keine Antipoden sind, sondern Partner.Im Moment gebe es noch zahlreiche Kompromisse zugunsten der Attraktivität für die Besucher. „Wir müssen eben berücksichtigen, dass wir kein Forschungsinstitut sind, das langfristig über öffentliche Gelder verfügen kann“, erklärt Geurten. „Wir müssen uns nach vier Jahren durch die Eintrittsgelder finanzieren und insofern müssen wir etwas bieten, was die Besucher zufriedenstellt und was ihnen Lust auf weitere Besuche macht.“
Als Beispiel benennt er den Ochsenkarren, der keine Holz- sondern eine ahistorische Stahlachse erhalten hat. Der Vorsitzende fürchtet, bei einem Unfall mit dem Wagen zur Verantwortung gezogen werden. Als Reaktion auf diesen Aspekt erschien nun am 11.05.2013 ein Leserbrief. Da er im Südkurier nicht online verfügbar ist, gebe ich ihn hier vollständig wieder:„Wenn es die Gesundheit, die Sicherheit und in großem Maße die Finanzen betrifft, kann ich keine Kompromisse eingehen“, bekräftigt Geurten.
Mit ein wenig Befremden habe ich Ihren Artikel zur Kenntnis genommen. Hierin wird Herr Geurten mit den Worten zitiert, ein Wagner habe gesagt, daß eine Holzachse bereits nach 30 Arbeitsstunden bräche, was ihn dazu bewegt haben soll, aus Sicherheitsgründen eine Stahlachse für den Wagen zu verwenden. Als Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Klosterstadt habe ich im Oktober 2012, schon bei Beginn des Wagenbaus meine Mithilfe bei der Konstruktion angeboten. Wir haben bei unterschiedlichen Gelegenheiten bereits Wägen mit Holzachsen für Universitätsprojekte rekonstruiert und auch Langzeittests damit durchgeführt, ohne daß es zu Komplikationen gekommen wäre. Einer unserer Wägen kann auch im Kelten Römer Museum in Manching besichtigt werden. Eine Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg und unserem Verein wurde von der Klosterstadt offenbar nicht gewünscht, da auf mein Angebot keinerlei Reaktion erfolgte. Ich habe damals schon darauf hingewiesen, daß der Bau von Holzachsen weder ein Sicherheits- noch ein Fertigungsproblem darstellt, wenn man sich mit deren Konstruktion auskennt.
Christian Koepfer, Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Alte Geschichte, Universität Augsburg;
Professur für Alte Geschichte, Universität Passau; Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat "Campus Galli"