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sassanidischer Reflexbogen

Verfasst: 28.12.2006 18:29
von irbis26
Die Diskusion sei auch hier einmal begonnen, ich denke, ihr konnt dazu auch einiges sagen:

Moin Moin,

so, das alte Jahr ist dabei, sich zu verabschieden und ein neues zieht herauf, Zeit für eine neue Bogenrekonstruktion....

Ich kann mir ja nicht helfen, aber vor allem die "krummen" Bogentypen haben?s mir angetan und als ich bei Eckhardt gelesen habe, daß nebe den Hunnen auch die persischen Sassaniden asymmetrische Bögen verwendet haben kitzelte es mir schon in den Fingern.
Kurzer zeitlicher Abriss:
Die Dynastie der Sassaniden folgt dem Reich der Parther als Herrscher des antiken Persiens etwa im 3. Jh und hält sich bis ins 7. Jhd, als sie von moslemischen Arabern abgelöst wird. Als zweite Großmacht der Zeit liegen die Sassaniden in ständigem Konflikt dem römischen Reich und später auch mit den Hunnen.

Und hier ergeben sich die ersten Ansätze. Meines Wissens nach ist der asymmetrische Bogen eine spezifisch hunnische Erfindung, es kann also davon ausgegangen werden, das die Sassaniden erst durch die Hunnen diesen Bogentyp kennenlernten.
Eine erste Quellenkunde hat aber nix näheres ergeben.
Die Quellenlage ist trotzden nicht übel, weil eines der beliebtesten Motive in der höfischen Kunst der Zeit die Darstellung von Jagdszenen war. Dabei findet sich z.B. folgendes:
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Detail:
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Das Relief stammt aus einer Palastanlage des frühen 7. Jh und zeigt einen sassanidischen König bei der Jagd auf Wildschweine. Der Bogen, den er benutzt, ist hier recht gut zu sehen, wobei sich schon die ersten Fragezeichen ergeben. Zumindest im ungespannten Zustand sieht der nämlich nicht besonders asymmetrisch aus.
Allerdings bilde ich mir ein, das bei Vollauszug asymmetrisch wirkt.


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Detail:
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Bei dem hier gibt es keinen Zweifel, der ist definitiv asymmetrisch. Das motiv ist abgebildet auf einer Silberschale und zeigt einen König des späten 6. Jh. Interessant sind hier auch der über dem Griff stark abknickende obere WA und dieses Kekrizzel am oberen Siyah, was auch immer das sein mag. Macht ein Silencer am Siyah Sinn?????? Ist das ?ne Spannhilfe????? Oder ist es bloße funktionslose Verzierung????

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Hier sieht man den selben Bogentyp nochmal, allerdings nur den oberen WA.
Meine Frage an dieser Stelle: Was haltet ihr von den Bögen???
Wie interpretiert ihr die Details????
Und an die Altorientalisten und Perser unter euch, kennt jemand zufällig Grabfunde oder andere Quellen aus der Zeit????
Ich hatte Roman Girshman noch nicht in den Fingern, der ist bestellt, aber ich bezweifle, das da viel mehr drinsteht als in den drei Bücher, die ich jetzt hier habe......
Na, ich bin auf eure Meinung gespannt.....
Liebe Grüße,
Marcus

Verfasst: 28.12.2006 21:45
von Damion
Hallo Marcus

Ich habe jetzt schnell mal nachgeschaut was Rausing zu den Sassaniden bietet.
Ist nicht wirklich viel, eine Umzeichnung der Abbildung auf dem Silberteller und ein paar Zeilen in dem Kapitel über Meder, Parther und Sassaniden.

Zitat

A silver plate, found in Kerman, Iran, shows King ChosroesII. (590-628AD) hunting with such a bow.
Since it ist evident from these pictures that only a small of the arm was flexible, the layer of sinews was probably much thicker than was generally the case in composite bows. It has been suggested thatthe Persian bow of Sassanian times consisted of horn and sinews only. For reasons very eloquently stated in "A Book on the Excellence of the Bow and Arrow" it is not possible to make a bowstaff of horn and sinews only - at least not a bow fit for serious use.
The wood is the very core of the stave, the proportions sinews-wood-horn being of paramount importance. Not only do flight-bows and target-bows require different proportions of these three materials, but so also do bows for the same purpose to be used in different climates.
The widespread and longevity of the Sassanian bow is proved by the painting in chapel No.10 at far-off Bezelik (painting K-O) (probably 8th-10th century A.D.) showing two figures carrying such bows.

Zitat Ende

hth

Michael


Nachtrag: Das erwähnte "Book on the Excellence of Bow and Arrow" findet sich hier
http://www.caama.ca/kitab2/seclistin.html

Verfasst: 29.12.2006 10:02
von Steve Lenz
Interessant sind hier auch der über dem Griff stark abknickende obere WA und dieses Kekrizzel am oberen Siyah, was auch immer das sein mag. Macht ein Silencer am Siyah Sinn?????? Ist das ?ne Spannhilfe????? Oder ist es bloße funktionslose Verzierung????


Jetzt mal ganz innocent bystander, da diese Epoche/ Kultur weit außerhalb meines Interessensgebietes liegt:

Zu dem "Gekritzel"gibt es nur diese Abbildung oder finden sich schwer zu deutende Details dieser Art auch auf anderen Abbildungen? So wie ich das sehe, ist der Bogen regelhaft ohne dieses "Teil" dargestellt!?

"Silencer" an dieser Position am Bogen machen m.E. überhaupt keinen Sinn - vielleicht soll?s eine Brücke darstellen!? (Ähnlich der mongolischen Bögen.)

Verfasst: 29.12.2006 21:04
von irbis26
Hi Steve.

Ok, zugegebenermaßen, wie gesagt, ich hatte erst 3 1/2 Bücher zu den Sassaniden in Händen und stehe quasi erst am Anfang der Recherchen, aber das "Gekrizzel" ist tatsächlich an allen Bögen dargestellt, zumindest auf den Silberschalen.
Das Bild der Silberschale, was ich eingestellt habe ist leider nicht so besonders aus dem Scanner gekommen, da sieht man den Zierrat am Bogen nicht oder nur kaum, aber er ist da.
Ich kann mir auf ?nen Silencer an dieser Stelle auch nicht wirklich ?nen Reim machen, aber wer weiß??????
Deine Idee mit der Brücke ist andererseits vielleicht garnicht so falsch.
Geht man von dem Bogen auf den Releif aus, so muß der bei der dargestellten Siyahkonstruktion zwangsläufig Sehnenbrücken haben.....
Das würde allerdings eine etwas verzerrte räumliche Wiedergabe des Bogens vorraussetzen, aber auch das ist nichts ungewöhnliches.......
Mir fehlt einfach noch aussagefähiges Material zu dem Thema....
Liebe Grüße,
Marcus

Verfasst: 29.12.2006 21:16
von irbis26
Hallo Michael.

Danke Dir nochmal für die Recherche.
Das ist vielleicht nicht viel, aber immerhin etwas.
Ich werde auf jeden Fall mal versuchen, das Buch in die Finger zu kriegen.
Der Kollege ist meines Wissens ja auch schon wiederlegt. Ich kann mich erinnern, in der "Traditionell Bogenschießen" mal über Bögen der Inuid gelesen zu haben, die ausschließlich aus Horn und Sehnen bestehen und einiges an Zunder bieten. Immerhin jagen die damit Robben oder haben damit Robben gejagt. Ich muß auch mal schauen, ob ich das wieder ausgegraben kriege.
.....ausserdem, wer sagt denn, dass man nicht mehrere und vor allem verschiedene Hornschichten mit verschiedenen Eigenschaften zusammenlaminieren und dann mit einem Sehnenbelag versehen kann?????
Steckt also noch einiges an Arbeit drin..........Auf jeden Fall wirft diese Richtung ein interessantes neues Licht auf die Sassanidenrekonstruktion....... :D

Liebe Grüße,
Marcus