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Frühe Menschen in Europa vertrugen keine Milch

Verfasst: 27.02.2007 19:06
von hunasiensis
Genetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Neolithiker vor 5000 BC noch keine Milch vertrugen:

http://www.eurekalert.org/pub_releases/ ... 022607.php

Wie immer ist zu fragen, wieviele Individuen aus welchen archäologischen Kontexten untersucht wurden. Dass bereits ein Gen identifiziert ist, das die Lactase-Produktion steuert, war mir neu.

Der Artikel erschien in PNAS, so dass wir spätestens in 6 Monaten an die Publikation ran kommen.

Arne

Verfasst: 28.02.2007 07:37
von Turms Kreutzfeldt
Ja, das hat mich auch erstaunt. Habe ich so nebenbei verfolgt. Wer mehr Infos hat, hier sind schon zwei Leute mit Interesse.

Verfasst: 28.02.2007 09:01
von Thomas Trauner
Interessante Frage.
Nach den Regeln der Evolution sollte man eigentlich meinen, dass sich das Gen "zufällig", also unabhängig von der tatsächlichen "Nutzung" entwickelt.
Einen echten "Vorteil" bringt?s auch nicht, weil demzufolge ja der Rest, immerhin ja 90% der Menschen echt unter der Unverträglichkeit litten, was nicht der Fall ist.
(Wenn man von den Schweizern und den Holländern absieht :D )
Die Menschen des N. entwickelten sich ausserhalb Europas ja ohne Milch genauso gut.

Sollte jedoch tatsächlich der Konsum von Milch die Lactase-Produktion erst verursachen, bleibt es dann kein Wunder, dass es erst mit dem Neol. auftritt und dann auch nicht gleich von Anfang an.

Ausserdem bleibt, wie hunanensis ja richtig schreibt, die Frage der Relevanz der gewonnenen Daten.

Verblüffend einfache Frage und verblüffend schwierige Lösung.

Thomas

Verfasst: 28.02.2007 10:57
von Damion
Falls jemand die rein wissenschaftliche Seite der Isolierung des Lactasegens interessiert, es gibt eine Arbeit dazu, die auch als pdf zum Download vorliegt.

"Isolierung des humanen Lactasegens und seine Expression
in der Hefe Pichia pastoris
Von der Fakultät Geo- und Biowissenschaften der Universität Stuttgart
zur Erlangung der Würde einer
Doktorin der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)
genehmigte Abhandlung
Vorgelegt von
Rut Bethge"

Downloadlink
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=965361292&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=965361292.pdf

Der Vorteil der Milch-Verträglichkeit im Norden

Verfasst: 28.02.2007 20:35
von hunasiensis
@Thomas:
Nach den Regeln der Evolution sollte man eigentlich meinen, dass sich das Gen "zufällig", also unabhängig von der tatsächlichen "Nutzung" entwickelt.
Einen echten "Vorteil" bringt?s auch nicht, weil demzufolge ja der Rest, immerhin ja 90% der Menschen echt unter der Unverträglichkeit litten, was nicht der Fall ist.

Das ist sicher auch so, dass die Mutationen zufällig entstanden; der Vorteil, Milch verwerten zu können, liegt darin, dass die Vitamin-D- Aufnahme für die Menschen um so wichtiger ist, um so weiter sie in den dunklen Gefilden des Nordens leben. Und genau dieses Vitamins liefert die Milch. Deshalb ist der Anteil der Milch-Verträglichen im Norden auch höher als im Süden. Übrigens bietet gerade auch helle Haut die Möglichkeit, mehr Vitamin-D aufzunehmen. Wie der genaue Zusammenhang zwischen Licht, Hautfarbe, Milch und Vitamin-D-Versorgung ist, müsste ich noch mal nachlesen.

Die Menschen des N. entwickelten sich ausserhalb Europas ja ohne Milch genauso gut.

Die hatten genügend Licht für ihre Vitamin-D-Produktion, brauchen keine helle Haut und keine Milch.

Sollte jedoch tatsächlich der Konsum von Milch die Lactase-Produktion erst verursachen, bleibt es dann kein Wunder, dass es erst mit dem Neol. auftritt und dann auch nicht gleich von Anfang an.

So herum argumentiert wären wir bei Lamarck. Darwin würde sagen, dass die Milchverträglichkeits-Mutation sich bei der Besiedlung des Nordens als vorteilhaft in den Populationen durchsetzte.

@Damion:
Danke für den Hinweis auf die Bethge-Dissertation. Ich hab's mal dahingehend überflogen, ob irgendwo steht, welche Mutation(en) bzw. Polymorphismen auf welcher Lokation auf welchen Chromosom jetzt denn die Lactase-Produktion steuert, aber so steht's leider nicht drin. Ansonsten verstehe ich leider nur Bahnhof.

Verfasst: 28.02.2007 20:50
von Damion
Ich verstehe leider auch nicht viel davon.
Da mein holdes Weib unter Lactoseintoleranz leidet, ist mir die Dissertation mal bei der Suche nach hilfreichen Seiten untergekommen.
Bei mir bleibt sowas dann irgendwo auf der Festplatte hängen.

Verfasst: 01.03.2007 08:17
von Thomas Trauner
hunanensis - Vitamin D. Jetzt machts klick !. :D
Und natürlich kein Lamarck.
Es heißt ja Bärenmarke und nicht Bärenlamark :D :D :D

Danke.

Thomas

Verfasst: 01.03.2007 08:42
von Hans T.
Was ist eigentlich mit den Japanern? Helle Haut und vertragen alle keine Milch.

H.

Verfasst: 01.03.2007 08:55
von hunasiensis
Die Zeit veröffentlichte heute einen, ich denke, ganz guten Artikel zur Laktose-Toleranz, mit einer Verbreitungskarte.
Dem könnt Ihr auch entnehmen, dass 8 Begräbnisse und 1 Knochenfund analysiert wurden:
http://www.zeit.de/online/2007/09/laktose-milchzucker-gewoehnung

Verfasst: 08.08.2008 08:42
von Fridolin
Menschen nutzten schon vor 8.500 Jahren Vieh zur Produktion des essenziellen Nahrungsmittels
Die Geschichte der Milchwirtschaft begann schon 2.000 Jahre früher als bisher angenommen. Das schließen Forscher eines internationalen Teams von Wissenschaftlern aus Milchrückständen, die sie in bis zu 8.500 Jahre alten Tonkrügen entdeckt hatten. Die Keramik war in der heutigen Türkei und in Südosteuropa ausgegraben worden. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass die Viehhaltung zur Produktion von Milch erst im vierten Jahrtausend vor Christus begann.

http://www.wissenschaft.de/wissenschaft ... 94099.html