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Eisenschwert mit Antennenknauf

Verfasst: 27.03.2007 08:16
von Steve Lenz
Bild(Quelle: uni-erlangen.de)

FO Möhrendorf, Ldkr. Erlangen-Höchstadt, Mfr.

Eisenschwert mit Antennenknauf; unter den Knaufkugeln befanden sich ursprünglich Silberdrahteinlagen.

Das Schwert wurde 1958 von Anton Hammerschmitt in Aushuberde ohne Fundzusammenhang entdeckt. K. Spindler datiert es in die Hallstattzeit.

Literatur: Spindler, K. (1980): Das Eisenschwert von Möhrendorf, Ldkr. Erlangen-Höchstadt. Ein Beitrag zu den Hallstatt D-Schwertern. In: K. Spindler (Hrsg): Vorzeit zwischen Main und Donau. Erlanger Forschungen Reihe A, Band 26, 206-226.

Hans, Ihr habt dieses Schwert rekonstruiert, basiert die metallene Parier auf Hypothese oder gibt?s diesbezüglich Hinweise? Ist ja wohl ohne jeden Grabbefund, das Teil. Für mich sieht?s auf dem Bild so aus, als wenn entweder gar keine Montierung (evtl. komplett bis zum Heft mit Silberdraht gewickelt) oder aber lediglich was organisches vorhanden gewesen sein könnte.

Mutet anbetracht des sehr kurzen Griffes (im Gegensatz zu den ansonsten lediglich kurzen Griffen :wink: ) fast schon wie ein "Push Dagger" an!

Gefällt mir. :D

Verfasst: 27.03.2007 08:21
von Hans T.
Wir haben das Schwert sowohl mit Griff als auch Parier aus Holz, Steve, da ist nix Metall. Was sehr verwunderlich bleibt ist der extremst kurze Griff, er passt allenfalls für Kinderhände.

H.

Verfasst: 27.03.2007 08:26
von Steve Lenz
Stimmt, sorry - hab?s gerade auf dem Landersdorf-Foto gesehen! :oops:
Was sehr verwunderlich bleibt ist der extremst kurze Griff, er passt allenfalls für Kinderhände.
Wie gesagt:

Bild(Quelle: nicnac.net)

Nur als Beispiel, Hans! Nicht im Sinne einer Spekulation, dass das Erlanger "Schwert" tatsächlich solche Zwecke erfüllt haben könnte!!! :D

Verfasst: 27.03.2007 09:31
von Thomas Trauner
Lang ist?s her, steve, dass wir uns mit diesem Fund beschäftigt haben....
Wenn ich mich recht entsinne, erkennt man an der Umzeichnung des Fundes, dass ein Parier vorhanden war (umgekehrt u-förmiger Eindruck am Oberteil der Klinge).
Die Silberwicklung ist nicht mehr nachweisbar, sie wurde angeblich vom Restaurator vernichtet. :roll:
Andererseits wäre es bislang singulär, dass hier Silber in Ha-Zusammenhängen verwendet wurde.
Also - wenn man die Silberdrahtumwicklung wegließe, wär?s kein Schaden.

Warum auch hier der Griff so superkurz ist - na ja, das alte Problem halt.
Für mich wieder eher ein Hinweis auf Nichtgebrauch und auf Wichtigkeitsverstärker.


Wo hast Du das Bild her ? Das Teil liegt nach meiner Info doch in Erlangen ?

Thomas

Verfasst: 27.03.2007 10:49
von Steve Lenz
Ich such?noch für meinen zukünftigen Dolch (zum 40. :D ), das Teil kam in die engere Wahl.

Gib?mal "Antennenknauf" bei GOOGLE ein, Thomas, und klick?auf "Bilder".

Du meinst also, dass das Vorhandensein des Silberdrahtes als unsicher anzusehen ist?

Verfasst: 27.03.2007 16:07
von Thomas Trauner
Der Silberdraht ist nicht mehr nachweisbar. Weg, perdu, futsch.
Da Silber so gut wie gar nicht in Ha-zeitlichen Zusammenhängen vorkommt, würde ich heute darauf verzichten.

Die Datierung ist auch recht unsicher, nur kunsthistorisch.
Leider kann ich da nicht weiter nachlesen, weil das entsprechende Buch in unserer Bücherei, nun ja, vermutlich neben dem obengenannten Silberdraht liegt... :roll:
Die erste Wahl ist der Dolch nicht. Ein wenig unsicher. Auch der Fundzusammenhang macht mißtrauisch. Kein Grab. Seltsames Stück, alles in allem.
Wir haben es nur wg. dem explizit fränkischen Zusammenhang im Fundus.

Thomas

Verfasst: 27.03.2007 17:06
von Steve Lenz
Gehst Du von einer möglichen Fälschung aus, Thomas? Gibt doch diesem sehr ähnliche Dolche in Ostfrankreich, der Schweiz und in Österreich?! :? :roll:

Verfasst: 27.03.2007 17:48
von Damion
Ich seh schon, ich muss endlich mal die beiden Arbeiten kopieren.
Gehen Do. raus.


Schuldbewusste Grüße
Michael

Verfasst: 27.03.2007 18:07
von Hans T.
Für eine Fälschung fehlt das Motiv, Steve. Das Ding kam 1958 beim Buddeln von einem Loch für eine Grenzsteinsetzung aus dem Boden. Es gab zwar keine ordentliche Nachgrabung, aber echt ist das Teil schon. Und zu der Zeit gabs definitiv keinen Markt für 'keltische' Objekte oder sowas. Auch keine Sondengänger. Und auch zu heilig-national-germanischer Zeit hätte man eher was Gerrrrmanisches gefälscht...

Also, ich halte das Teil für echt und die Datierung nach HaD ist auch ok. Für uns ist es halt von Bedeutung, weil es einer von zwei regionalen HaD-Dolchen ist. Der andere ist der mit den eingerollten 'Antennen', pugio-förmig, FO Roth/Mittelfranken. Ob ich das Möhrendorfer Exemplar haben möchte, ohne regionalen Bezug....ich weiss nicht.

H.

Verfasst: 27.03.2007 18:22
von helstafir
Ich will ja keinesfalls den Experten was reinreden,aber so als Gedanke :

Mich wundert der noch relativ gut erhaltene Mittelgrat dann schon,wenn ich mir die Flanken anschau.
Genauso sieht es aus wenn ich Klingen mit Säuren auf "alt " trimme.Auf dem Grat bleibt die Flüssigkeit am kürzesten stehen.

Auch die etwas grobschlächtige Griffausführung finde ich seltsam.Nach dem Verrosten noch son klar definierter Grat und dann dieser primitive Griff.
Gäbe man mir das so ohne Erklärung ,würde ich sagen:Gell ,hat einer ne tolle Fräse (Klinge) ,aber vom Schmieden versteht er nix ( Griff ).Wer so eine saubere Klinge anfertigt wird doch seine Arbeit nicht durch diese Zumutung von Griff verschandeln.

Find das Teil ...hmmmm ...."verdächtig"

Gibts ne metallurgische Untersuchung dazu ?

Verfasst: 27.03.2007 19:05
von Hans T.
Auweh, Steve, was hast du denn jetzt angerichtet... :D
Thomas sagt nicht mehr, als dass das kein sauberer Befund ist - aber damit ist der Dolch nicht alleine. Und er passt in kein anderes Schema, mir ist auch aus späterer Zeit kein Stil bekannt, der diese Grifform gehabt hätte oder wenigstens auch nur eine ähnliche. Es bleibt da nur HaD.

@helstafir,
das mit dem Mittelgrad kann man nur beurteilen, wenn man ein Foto des Teils VOR der Restaurierung und Konservierung hat. So wie auf dem Foto kommen eiserne Teile nicht aus dem Boden. Während der Restaurierung und Konservierung wird alles noch weiter oxidierende Eisen entfernt. Nur wenn das Eisen komplett durchoxidiert ist, wird der Rostbatzen mit Kunstharz verfestigt, fertig. Hier aber scheint noch metallisches Eisen vorhanden zu sein, der Rost ist weg. Und es kann durchaus sein, dass für die Deutlichkeit des Mittelgrads der Restaurator die Verantwortung hat.

Was noch hinzu kommt: Das Teil wurde von einem Profi restauriert und von einem ausgesprochenen Schwert- und Vorgeschichtsfachmann bearbeitet. Auch wenn man die eine oder andere Schauer-Geschichte was anderes sagt - man erkennt Fälschungen sehr wohl.

H.

Verfasst: 27.03.2007 19:43
von Steve Lenz
Ich hab?doch bloß gefragt! :lol:

Verfasst: 28.03.2007 06:18
von helstafir
Hihi,

gut was angerichtet ist da wohl.
Gibt es zu dem Stück denn eine metallurgische Untersuchung ?Die wäre doch am eindeutigsten.

@ Hans T: Ist mir schon klar,danke aber für die Hinweise.Mit Expertenurteilen bin ich für mich vorsichtig.Ich will niemandem sein Fachwissen in Abrede stellen, es ist jedoch ein großer Unterschied ,ob man real mit/an den Dingen arbeited oder sie "verwalted".
Jorgensen typologisiert in seiner Abhandlung über skandinavische Waffengräber z.B. einen Axttyp 5, der aus Sicht des Handwerkers eigentlich nur ne als Keil zweckentfremdete Axt (anderen Types) mit breitgeschlagenem Rücken ist.Um das so zu sehen, muß man aber erstmal in der Verlegenheit sein,eine Axt mißbräuchlich zu nutzen.Jeder Maurer,Zimmerer,Schmied,etc erkennt das sofort,erkennt es auch der Experte?
Oder aber ( ich glaube war eine Tafel in der Nydamhalle) zu einem Kreis aufgerollte angoartige Lanzeneisen .....Tafeltext in etwa " beim Auftreffen auf einen Stein,oder absichtlich....?"....Da fragte ich mich schon: Gelle Tafelschreiberling..schon mal n Speer geworfen, schon mal gesehen wie sich Eisen verhält??? Doch wohl nicht, anders ist der Unfug nicht zu erklären.......ehrlich gesagt frag ich mich da schon ,ob eine Expertise oftmals nicht erstmal besser durch direkte Praxis begründet werden sollte.
Es sind halt verschiedene Herangehensweisen ......"nur " Expertenurteil ....neenee,da will ich erstmal Beweise,Papier ist geduldig

Verfasst: 28.03.2007 08:38
von Thomas Trauner
Helstafir - Deien Beobachtung, dass zwischen arch. Wissenschaft und handwerklicher Praxis gelegentlich eine Lücke klafft, ist mehr als richtig.
Allerdings ist hier der Analogschluß nicht auf alle Funde anzuwenden.
Der Bearbeiter, Dr. Spindler war ausgewiesener Experte in Sachen Schwertern und Dolchen, seine Arbeit über "wikingerzeitliche" Schwerttypen ist immer noch führend. Genauso gut war in Sachen Hallstatt (Magdalenensberg).
Dummerweise treten halt immer wieder Einzelfunde auf, die nur aufgrund des Fundes selbst datiert und veröffentlicht werden können.
Grundsätzlich bleibt jeder Fund ohne Fundzusammenhang wissenschaftlich fraglich.
Ausgeackerte oder bei Bauarbeiten gefundene Artefakte sind keine Seltenheit.
Was den Qualitätsvergleich Klinge/Griff angeht:
Durchaus üblich, immerhin wurde der Griff aus organischem Material ergänzt.
Der Antennenförmige Griff deckt sich einwandfrei mit anderen HaD1 zeitlichen Antennen-Dolchen.
Was die Materialprobe angeht, nun ja, sie zerstört immer einen Teil des Artefaktes und wird nur in Ausnahmefällen angewandt.
Was das relativ gut erhaltene Eisen angeht. Eisenartefakte waren bis ca 1960/65 zumeist so gut erhalten. Erst mit der Überdüngung der Felder und des saueren Regens werden sie immer zerstörter. Das geht soweit, dass das Fach mittlerweile davon ausgeht, dass es in 30 Jahren keine Eisenzeit mehr gibt.

Eine Fälschung ist schwer zu beweisen und schwer zu widerlegen, sie kommen bestimmt immer wieder vor.
Da aber kein Anfangsverdacht (Motiv) vorliegt und, ehrlich gesagt, der Fund auch jetzt nicht soooo wichtig ist, wäre hier ein kriminaltechnisches Vorgehen wohl ein wenig zu aufwändig.
Ein Hinweis auf die evtl. Möglichkeit genügt aber nicht, um darin soviele Verdachtsmomente zu erkennen näher darauf einzugehen. Einfach deswegen weil solche Verdachte grundsätzlich bei allen Einzelfunden vorliegen könnten.

Hans und ich sind nur deswegen ein wenig kritisch, weil sich wegen des fehlenden Fundzusammenhangs keine vernünftige Rekonstruktion machen lässt. Die Silberdrahtumwicklung ist unsicher, es fehlt die Scheide und damit die Trageweise und die genaue Datierung, es fehlen Hinweise auf den Verwendungszweck. Der Dolch bleibt nur in Sachen Fundverteilung interessant.

Und man/frau sieht an dieser Fundgeschichte sehr schön, wie schnell Einzelfunde kritisch werden und welche Auswirkung eine mangelnde Fund- und Restaurierungsdokumentation haben.

helstafir- versteh mich bitte nicht falsch. Eine Fälschung kann, einfach aus der Vollständigkeit der Überprüfung aller Möglichkeiten grundsätzlich nicht einfach ausgeschlossen werden. Aber ein Analogschluss genügt hier nicht.
Der gilt nämlich erstmal immer.... :roll:

Thomas

Eine weitere Möglichkeit

Verfasst: 28.03.2007 08:42
von Trebron
Der Teil des "Gegenstandes", der hier als Griff bezeichnet wird, hat nicht die Rostnaben wie die Klinge. Sie war also wahrscheinlich durch anderes Material vor der Oxydation geschützt.
Könnte es auch eine frühe "Saufeder" gewesen sein ?
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/d ... aujagd.png
Moderne Saufeder:
http://www.gramlich-jagdstoecke.de/Prod ... feder6.jpg


Gerade weil kein "Fundzusammenhang" gegeben ist ( das Teil kann bei der Jagd verlustig gegangen sein ).

Nur so ein Gedanke :idea:

Gruß

Trebron