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Verfasst: 04.12.2007 09:43
von Lucius
SALVE Yvonne,

Du schreibst:
Yvonne hat geschrieben:Ich denke mal der typische Gewichtswebstuhl scheidet aus, ...
Bewerte die Gewichtswebstühle nicht über. Was ich sagen will mach eine Arbeit nicht von den Gewichtswebstühlen abhängig. Man hat nie einen oder eine Abbildung davon gefunden (wenn doch möge man sie mir zeigen). Man hat nur die Gewichte gefunden und dann irgendwann den Webstuhl drum herum rekonstruiert. Wirklich belegt sind sie nicht geschweige denn was man damit wie weben kann.

VALE
LVCIVS

Verfasst: 04.12.2007 10:36
von Steve Lenz
Man hat nie einen oder eine Abbildung davon gefunden (wenn doch möge man sie mir zeigen).
Mal eben auf die Schnelle:

http://www.landschaftsmuseum.de/Bilder/ ... ngef-2.jpg (hallstattzeitlich, Umzeichnung ab Keramik, Sopron, Ungarn)
http://www.landschaftsmuseum.de/Bilder/ ... auen-2.gif
(Umzeichnung, Griechisches Vasenbild um 540 v. Chr.)
http://www.holzkircher.de/magazinneu/ge ... bstuhl.JPG (ägyptische Malerei)

Verfasst: 04.12.2007 10:51
von Lucius
SALVE Steve,

könntest Du danach so einen Webstuhl wirklich rekonstruieren und eine Aussage darüber treffen was man damit weben kann und was nicht?
Von diesen Abbildungen bis zum funktionsfähigen Webstuhl ist es wohl noch ein weiter Weg.

Aber danke für die die Abbildungen, diese kannt ich noch nicht. Es ging mir dabei auch viel mehr um die vielen Rekonstruktionsversuche die in Museen stehen und wirklich dünnes Eis sind.

VALE
LVCIVS

Verfasst: 04.12.2007 11:25
von Chris
Hi Lucius, "dünnes Eis" würde ich das wirklich nicht nennen....

Ich glaube, Du hast eine falsche Vorstellung davon, was ein "Webstuhl" wirklich ist.... die komplizierten neuzeitlichen Webstühle haben viele Hilfseinrichtungen, die antike Exemplare schlicht nicht hatten/brauchten
leider haben auch viele "Rekonstruktionen" von Gewichtswebstühlen nicht viel mit dem Belegbaren zu tun :?

ein "Gewichtswebstuhl" ist nichts anderes als eine Anknüpfmöglichkeit für die senkrecht hängenden Kettfäden, die dann mit den Gewichten beschwert werden. Punkt.

Abbildungen gibt es z.B. auf griechischen Vasen - die zeigen z.T. sogar, was auf so einem einfachen Rahmen alles webbar war...
siehe http://www.didaskalia.net/issues/vol2no2/penelope.gif
Steves zweiter Link ist eine Umzeichnung von einer solcher Vasenmalerei.

auf einem Gewichtswebstuhl KANN man grundsätzlich alles weben - wie einfach oder kompliziert/aufwändig das wird, hängt von den Zusatzeinrichtungen wie Litzen, Litzenstabhalter usw. ab.
Wenn das nicht vorhanden ist, muß die Weberin eben alles von Hand machen - Fachbildung, Muster einlesen etc.

im Gegensatz zum Rückenbandwebstuhl kann man an einen Webrahmen (ob mit oder ohne Gewichte) auch Gewebe herstellen, die breiter sind als die Spannweite der Weberein... man kann (siehe Steves 2. link) auch zu mehreren arbeiten etc.

Steves 3. Link zeigt übrigens KEINEN senkrechten Webstuhl, sondern ein auf dem Boden aufgespanntes Gewebe am "Flachwebstuhl"... so werden heute noch bei (Halb-)Nomaden z.B. in Nordafrika und Syrien Zeltbahnen gewebt - auch wie hier mit zwei Webern

der (wahrscheinlich europäische) Gewichtswebstuhl scheidet aber - meiner Meinung nach - wegen des Holzbedarfes und der schlechten Transportierbarkeit bei Nomaden aus

Verfasst: 04.12.2007 11:50
von Lucius
SALVETE
Chris hat geschrieben:leider haben auch viele "Rekonstruktionen" von Gewichtswebstühlen nicht viel mit dem Belegbaren zu tun
Das war es was ich eigentlich von Anfang an sagen wollte, Sorry wenn ich mich da unglücklich ausgedrückt haben sollte. Ein Beispiel dafür sind auch die vielen Brettchenborten Webrahmen die man so zu sehen bekommt.

VALE
LVCIVS

Verfasst: 04.12.2007 11:57
von Chris
meinst Du jetzt in Museen - oder von Hobby-Weberinnen? *verwirrt-guck*

das hat wenig miteinander zu tun - in Ausstellungen kenn ich keine....

Verfasst: 04.12.2007 12:00
von Claudia
Lucius, es gibt noch viel mehr Belege für Gewichtswebstühle. Das, was Steve und Chris jetzt gelinkt haben, sind nur ein paar. Die ersten (groben) Zeichnungen sind übrigens neolithisch und aus Italien.
Und feine Garne kann man darauf auch verarbeiten, das liegt nicht an der Art des Webstuhls!

Es gab auch in bestimmten Weltgegenden (Island, ein paar Ecken von Norwegen) den Gewichtswebstuhl noch bis ins 20. Jh.! Diese lebende Tradition und die Vergleiche zu antiken Belegen hat z.B. Martha Hoffmann untersucht und in "The Warp-Weighted Loom" publiziert.
Ein weiteres sehr lesenswertes Buch zum Thema ist von Elizabeth W. Barber "Prehistoric Textiles". Da wird auch besonders noch mal auf die antiken Belege eingegangen.

Zu postulieren "Das ist zu fein, am Gewichtswebstuhl geht das ja gar nicht, deshalb muß es einen anderen Webstuhl gegeben haben" halte ich für sehr fragwürdig. Wenn es Funde für feine Gewebe aus einem Gebiet gibt und die einzigen Belege für Webgeräte sind Gewichte von Gewichtswebstühlen, warum sollten diese Gewebe dann nicht auf dem Gewichtswebstuhl gewebt worden sein?

Bei den Skythen spielen da ganz andere Faktoren rein, die für den einen oder anderen Webstuhl (bzw. Herkunft des Stoffes) sprechen.

Verfasst: 04.12.2007 12:06
von Steve Lenz
Steves 3. Link zeigt übrigens KEINEN senkrechten Webstuhl, sondern ein auf dem Boden aufgespanntes Gewebe am "Flachwebstuhl"...
Oooops, da hat mich die perspektivische Darstellung irre geleitet. Sorry!

Aber nach meinem 2. Link traute ich mir einen Nachbau durchaus zu. Echt!

Verfasst: 04.12.2007 12:09
von Chris
@Steve: das sollte auch kein Problem sein - da ist alles drauf, was man braucht :D

Verfasst: 05.12.2007 09:41
von Yvonne
Ich habe einen Gewichtswebstuhl nach skandinavisch / norwegisch (bin mir jetzt nicht ganz sicher) Vorbild, wie er dort heute noch zum Teil benutzt wird, wie sie in "The Warp-weighted Loom" von Marta Hoffmann gezeigt werden.

Ich war irgendwie blos im Kopf zu vernagelt, als dass ich erkannt hätte, daß ich ja blos leichtere Gewichte unten hinhängen muß, und schon kann ich auch die feineren Fäden weben. :oops:

Wäre eine echte Überlegung mal damit so einen feinen Wollstoff zu weben, da mein "normaler" Webstuhl, die feinen Wollfäden gerne reissen läßt... hängt wohl an meinen mittlerweile doch sehr altem Blatt..

@ Steve: da würde ich mir noch die neueren Abbildungen zusätzlich ansehen, damit der Webstuhl auch des Webens gerecht wird... *g* Ich habe da schon welche im Museum gesehen, an denen ein ordentliches Arbeiten einfach nicht möglich wäre.

Verfasst: 05.12.2007 10:58
von Steve Lenz
Würde ich sowas nachbauen, würde ich des Webens mächtige Leute als technische Ratgeber hinzuziehen. :D

Verfasst: 05.12.2007 14:29
von ulfr
Claudia hat geschrieben:
Es gab auch in bestimmten Weltgegenden (Island, ein paar Ecken von Norwegen) den Gewichtswebstuhl noch bis ins 20. Jh.! .
Ein schönes und informatives Büchlein ist auch "Opstadvaev - för og nu" (leider kann ich hier keine dänischen Buchstaben schreiben), also "Aufrechter Gewichtswebstuhl - früher und heute" von Egon H. Hansen, Teamcos Forlag 1978, mit Abb. skandinavischer Webstühle und einer bemaßten Bauanleitung für einen einfachen (eisenzeitlichen) Gewichtswebstuhl. Aber eben auf Dänisch, die Bauanleitung könnte ich übersetzen, das ist nicht soviel.
Bei Bedarf kann ich es kopieren, bitte pm an mich

LG
ULFR

Verfasst: 05.12.2007 14:57
von Claudia
Hansen hat ne nette Skizze für die Bauanleitung, ja. Ansonsten finde ich Martha Hoffmann und Elizabeth Barber wesentlich informativer.

Ich habe auch noch ein dänisches Buch "Kirkes vaev" da, aber der einzige Vorteil dabei ist, daß sie ein paar mehr Fotos von rezenten primitiven Webstühlen bringen. Daraus kann man auch das eine oder andere lernen (u.a. wie das Aufketten mit einer "gezwirnten" Anfangsschnur funktioniert. Schlabow hat zwar die Schnur an den Funden bemerkt, aber sein Rekovorschlag zum Aufketten ist ziemlich unpraktikabel.)

Aber ich glaube, jetzt geraten wir allmählich eher ins Fahrwasser der allgemeinen Webereitechnik mit primitiven Webgeräten und weg von den Skythen. Vielleicht sollten wir diesen Diskussionsfaden woanders weiterverfolgen...Steve, kannst Du die letzten Beiträge, die sich mehr mit den allgemeinen Sachen beschäftigen, in einen separaten Thread kopieren?

Zur Frage "feine Fäden und schwere Gewichte": Man muß nicht unbedingt leichtere Gewichte verwenden. Meist genügt es, mehr Fäden an ein Gewicht zu binden.

Verfasst: 05.12.2007 15:32
von Chris
ich hab mal geteilt.....

hier kanns weiter gehen mit einer Sammlung zu einfachen Webgeräten -
zur Webtechnik der Skythen bitte im entsprechenden Thread :D

Verfasst: 16.11.2009 17:29
von Manu
Hallo an Euch,

da ich im Moment Winterpause habe, wollte ich mal verstehen, wie man mit einem einfachen Gewichtswebstuhl arbeiten kann.

Ich hatte zwei Bedingungen:

Erstens: auf keine Fall durfte er an die Wand im Wohnzimmer gelehnt sein (ansonsten muß ich ALLEINE renovieren) :evil:

Zweitens: wollte ich den Webstuhl jederzeit auseinander nehmen und transportieren können. :D

Beides völlig unneolithische Bedingungen.

Bilder des einfachen Webstuhles und meines ersten Flachsgewebes stelle ich mal rein. Es hat sehr viel Spaß gemacht und daß ich nicht sitzen mußte, sondern stehen konnte, hat meinem Rücken nicht geschadet. Die Webgewichte habe ich selbst gemacht, der Webstuhl ist von einem Zimmermann.



Bild[/img]Bild[/img]Bild

Das Gewebematerial ist natürlich noch nicht beste Qualität, da ich ja noch etwas üben muß. Auch werde ich mir über die größte Größe des Gewebes auf diesem einfachen Webstuhl noch Gedanken machen müssen. Das Flachsgewebe selbst ist etwa 1,50 lang und 50 cm breit. Für Getreidesäckchen könnte man es schon nehmen.

Nun brauche ich noch ein schönes Webschiffchen und etwas kleinere Gewichte, dann werde ich an eine feinere Arbeit gehen. Sollte mir das glücken, melde ich mich wieder.

Grüssle Manu :octo: