Seite 1 von 2

Kaseinleim

Verfasst: 27.12.2007 16:27
von Hans T.
Herrschaften, hat jemand Erfahrung mit Kasein-Leim ( 4 Teile Magerquark, 1 Teil gelöschter Kalk) ?

Ich zucke zwar bei der Verwendung in vorrömischer Zeit von gelöschtem Kalk immer etwas zürück, da mir der Nachweis etwas fehlt, aber eine Alternative zu den Glutin-Leimen ( Hat, Knochen etc) scheint es mir zu sein, da der Kasein-Leim zumindest wasserunempfindlich ist - wenn auch nicht komplett wasserfest. Er war bis zur Verwendung von Kunstharzklebern ( PVA, Phenolharze etc) DER Standardleim für hochfeste Verbindungen im ausserhäusigen Bereich. Ich frage mich ernsthaft, welche Rolle er bei unseren Problemstellungen führen könnte...

H

Verfasst: 27.12.2007 16:44
von Nils B.
Ich persönlich habe da noch keine Erfahrung, aber ich meine, Dain müsste dazu was wissen.

Verfasst: 27.12.2007 16:56
von Dain II.
Is gut mit Spachteln wie mit Pinseln zu verarbeiten, man kann ihn mit ein paar Tropfen Leinol noch ein wenig wasserfester machen (so wie Hautleim mit Alaun) und wunderbar Textilien kleben, sei es auf andere Textilien oder Holz etc.. Rohhaut geht auch im trockenen wie im leicht feuchten, gerade noch weichen Zustand (also nicht zu lange gewässert). Man kann ihn wunderbar mit Pigmenten versetzt zu Farbe verarbeiten, muss nur aufpassen das es da beim Vermengen keine sandkorngroßen Klumpen gibt. Ah ja und er deckt nicht besonders langfristig, also übermalen von anderen Kaseinleimfarbflächen ist nicht, die Stelle gehört vorher abgekratzt, ergiebt eine lackartige sehr schöne Oberfläche. Ob man damit auf Textilien malen kann weis ich leider nicht aber ich denke mal das ganze würde anschließend sehr steif werden. Muss man mal probieren.

Und das best ist dass er unglaublich gut bei Holzverbindungen hält. Nicht umsonst werden heute noch Sperrholzplatten mit Kaseinleim verleimt.

lg Stephan

Verfasst: 27.12.2007 17:16
von Nils B.
Gut zu wissen! Dann werde ich die Holzscheide meiner Skalme wohl eher mit Kasein-, statt mit Hautleim zusammenpinnen. Gut, daß Du gefragt hast, Hans :D

Verfasst: 27.12.2007 19:32
von Hans T.
Stefan, wie machst du dir den Leim? Selbst? Kasein gibts einfach, entweder im Kühlregal oder beim Künstlerbedarf in Pulverform. Aber den Kalk..? Und tust du da ausser Leinöl noch was anderes rein?

H

Verfasst: 27.12.2007 19:58
von Dain II.
:moose: Zu meiner Schande muss ich gestehen dass ich das Zeug bei uns im Künstlerbedarf in Plastikflaschen kaufe, fertig abgemischt und einsatzfähig. Nennt sich Kaseinbindemittel (zum Anreiben von Pigmenten) von der Firma Schmincke

Aber kuckst du mal da http://www.reparabilis-gens.de/caseinfarbe.htm :D

lg Stephan

Verfasst: 27.12.2007 20:32
von Hans T.
Wieso Schande? Meinst du etwa, dass ich für Ockerfarbe selbst Ocker brenne..? :D

Das 'Rezept', da du da verlinkt hast, ist eigentlich Kaseinfarbe. Sowas hat Thomas grad in Vorbereitung, er will das schon länger ausprobieren und hat nun alle 'Zutaten' zusammen.

Bei den Rezepten zu Kasein-Leim, die ich genannt bekam bzw auch selber ergoogelt habe, besteht der Leim aus Kasein und Kalk. Da bin ich noch am Ermitteln, wo ich den herbekomme. Früher hat jeder Platzwart sowas verwendet und jeder Malerbetrieb, aber heute...grrr.

H

Verfasst: 27.12.2007 20:37
von Nils B.
Also, ich bekomme Kalk hier in der Apotheke

Verfasst: 27.12.2007 20:41
von Hans T.
Edit: Der Borax ersetzt den Kalk. Ist der selbe Effekt.

http://www.kremer-pigmente.de/63200r.htm

H.

Verfasst: 27.12.2007 20:48
von Hans T.
Bathanatos, es muss eingesumpfter Kalk sein.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkfarbe

Ich versuch das mal zu checken. Erstens im Baustoffhandel und zweitens dann mit meinem Museumschemiker. Ich vermute fast, wir haben das Zeug im Restaurierungsschrank und ich muss es ggf. nur einsumpfen.

H.

Verfasst: 27.12.2007 23:10
von Dain II.
Im Baumarkt gibts auch gelöschten Kalk in großen Paketen in Plastiksäcke eingeschweisst noch mit der Kalkmilch.

lg Stephan

Verfasst: 27.12.2007 23:16
von Hans T.
Danke. Ich halt' euch auf dem Laufenden.

H

Verfasst: 30.12.2007 23:01
von Claudia
Zum vorrömischen Nachweis von gelöschtem Kalk: In der Berliner Gegend (heutiges südliches Berlin und runter bis zur Lausitz) wurden ganze Batterien Kalköfen aus der Eisenzeit gefunden. Wenn ich mich recht erinnere, auch schon deutlich vorrömische Eisenzeit. Wenn Interesse besteht, suche ich noch mal nach dem Artikel.

In dem Artikel stand auch was davon, daß die hergestellten Mengen deutlich über einen örtlichen oder regionalen Bedarf herausgegangen sein dürften.

Verfasst: 30.12.2007 23:16
von Fridolin
Schuster, Jan (2000): Rundbauten und Kalkhäuser. Sonderformen des Hausbaus bei den Germanen in der römischen Kaiserzeit. Prähist. Zeitschrift. Bd. 75., H.1 S. 93-123

Rosemarie Leineweber und K-U. Uschmann (2000): Experimentelle Branntkalkerzeugung in einem germanischen Grubenofen als Pilotversuch. Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte 83, 125-140

Kay-Uwe Uschmann (2006): Kalkbrennöfen der Eisen- und römischen Kaiserzeit zwischen Weser und Weichsel. Befunde - Analysen - Experimente. Berliner archäologische Forschungen 3

Dis ältesten Öfen stammen wohl aus der Jastorf-Kultur (ungefähr zeitgleich mit der Mittel-Latenezeit)

Verfasst: 31.12.2007 16:24
von Hans T.
Alles ein bisschen zu preussisch und ein bisschen zu spät - wie auch immer. Ich muss mich im süddeutschen erst mal umtun.

H.