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Leinen färben

Verfasst: 26.06.2008 12:33
von Nils B.
An anderer Stelle kam dieses Thema ja bereits auf.
Leinen zeigt sich, umindest in antiken Verfahren, offenbar recht farbresistent, zumindest was kräftige Farben angeht.
Da mich dies weiterführend interessiert, möchte ich mich mal hilfesuchend an die Erfahrenen im Forum wenden.
Mit welchen Stoffen ist Leinen eigentlich färbbar und welche Farbtöne können dabei erzielt werden?
Danke!

Verfasst: 26.06.2008 14:12
von Claudia
Blau geht als einzige Farbe prima, da Indigotin ein Küpenfarbstoff ist. Quelle für das Indigotin wäre hierzulande Waid.

Bei den Römern wurde in der späteren Kaiserzeit m.W. teilweise Indigo aus Indien eingeführt, aber nur zum Malen verwendet und nicht zum Färben.

Theoretisch käme als weitere Farbe, die gut auf Leinen hält, noch Schneckenpurpur hinzu, da das auch ein Küpenfarbstoff ist und chemisch mit dem Indigotin verwandt (irgendein Dibromindigo). Ist aber für unsere Breiten wohl arg illusorisch...

Verfasst: 26.06.2008 14:27
von Turms Kreutzfeldt
Es sei den, hein gewinnt es chemisch.... das würde mich nicht verwundern...

Verfasst: 26.06.2008 14:29
von Claudia
??? Ich verstehe nicht, worauf Du hinauswillst.
Meinem Verständnis nach ging es um die historische Verwendung von Farbstoffen hierzulande. Was wir heute chemisch gewinnen können, steht doch auf einem ganz anderen Blatt.

Verfasst: 26.06.2008 14:32
von Nils B.
Genau das meinte ich auch, Claudia.
Außer blau war bei Leinen demnach gar nix drin in der Antike?

Verfasst: 26.06.2008 14:49
von S. Crumbach
Es sollte mit Kermes vermillo gehen. Aber der einzige Nachweis, den ich kenne, stammt aus dem 7. Jahrh. nach Chr.

Verfasst: 26.06.2008 15:16
von Thomas Trauner
Aaaaah --- mir geht?s wie im Computerladen. :shock: :D :shock:

Was ist ein Küpenfarbstoff ?

Also gut, Prof.Dr. W.Ikipedia:

Küpenfarbstoffe. Küpenfarbstoffe sind wasserunlösliche Farbstoffe, die durch Reduktion in ihre lösliche Leukoform gebracht (verküpt) werden. So kann der Küpenfarbstoff auf die Faser aufziehen, dort wird er durch anschließende Oxidation wieder in den unlöslichen Zustand überführt und so fixiert, man könnte sagen ?er wird in der Faser ausgefällt?. Die wohl bekanntesten Küpenfarbstoffe sind Indigo, Purpur (indigoide Farbstoffe) und Indanthrenblau RS (Indanthron/Indanthren-Farbstoffe). Indanthren ist eingetragenes Warenzeichen der DyStar Textilfarben GmbH & Co. KG.

Das ist logisch. Die Oxydation findet "in der Faser statt". Bingo :!:
Die Farbpigmente hängen mechanisch in der Faser fest.

Endlich. Jetzt hab ich es endlich mal kapiert.

Vielen Dank an die Stofffraktion.
:!: :!:

Thomas

Verfasst: 26.06.2008 15:40
von Nils B.
Jau, Danke auf jeden Fall.
Dorri noch eins, jetzt kann ich meine Leinetunika mit den eingewebten roten Streifen direkt wieder einwecken :?

Verfasst: 26.06.2008 16:15
von Claudia
Thomas, der Clou ist, daß diese Farbstoffe in der chemischen Form, in der sie farbig sind, nicht auf die Fasern aufziehen können, weil sie so nicht wasserlöslich sind.

Wenn man sie chemisch reduziert (Reduktionsreaktion), ändern sie die Farbe (Indigo wird z.B. hell gelblichgrün) und werden wasserlöslich. Die Reduzierung wurde früher häufig mit ausgefaultem Urin gemacht, weil der viel Ammoniak enthält (und andere Reduktionsmittel nicht verfügbar waren). Diese Lösung heißt Küpe.
In diesem Zustand kann der Farbstoff dann auf die Faser aufziehen. Zum "Fixieren" muß man das Garn/den Stoff dann nur schön luftig aufhängen, dann kann man zugucken, wie er blau wird, weil der Farbstoff wieder mit dem Luftsauerstoff reagiert und in seine blaue Form zurückoxidiert. Angewandte Chemie - macht Spaß :-)

Indigo ist auch ein ausgesprochen lichtbeständiger Farbstoff, da hat man lange Freude an den gefärbten Sachen. Und da die Färbung kalt erfolgt, braucht man auch für große Garn- oder Stoffmengen keine großen Kessel, in denen man was erhitzen kann, sondern kann mit Holzbottichen arbeiten. Für die meisten vorgeschichtlichen Epochen ein nicht unerheblicher Faktor. Und man braucht kein Beizmittel, das ist auch wichtig.

Verfasst: 26.06.2008 19:29
von Chris
Bathanatos hat geschrieben:Dorri noch eins, jetzt kann ich meine Leinetunika mit den eingewebten roten Streifen direkt wieder einwecken :?


sehe ich nicht so - Nachweise für Kermes Vermillio (Rotfärbung!!) sind auch antik vorhanden, Hochdorf ist nur ein Bsp. - und damit funktioniert die Leinenfärbung auch

einen Nachweis von Leinen mit K. V. gibt es zwar erst später, das könnte aber auch an der sagenhaft schlechten Chance des Leinens liegen, farbanalysierbar erhalten zu bleiben...


Nachtrag: Was Claudia sagte über die kalte Färbung etc. gilt hier auch!

Verfasst: 27.06.2008 07:01
von XorX
@ Sylvia: Was ist das für ein Hinweis für Kermes im 7. Jh.?
Ich meine nämlich schon länger, da mal irgendwo drübergelesen zu haben und hab es wieder verschlampt... :?
Waren das vielleicht Reste der Läuse in einem Becher aus einem süddeutschen Mädchengrab?

XorX

Verfasst: 27.06.2008 08:08
von S. Crumbach
Es ist ein Fund aus Frankreich, publiziert durch A. Rast-Eicher. Ich finde das leider on-line nicht wieder :oops:

Verfasst: 27.06.2008 08:49
von Dago
Könnte eine Erklärung für die von Notger erwähnte rote Leinenhose sein, der Fund wäre ja nur ca 100 - 150 Jahre von dem erwähnten Zeitraum weg.

Verfasst: 27.06.2008 18:36
von Chris
es ist ein sog. "Zwirngefäß" mit mehreren Tüllen, in dem ein Knäuel Wolle und einige Kermesläuse lagen... Fundort und Lit. schaue ich noch nach

Verfasst: 27.06.2008 20:19
von Indy
Ein Zwirngefäß steht als Reko "zum Bespielen" im Bajuwarenmuseum Waging in der Ausstellung. Sehr nett. Ob's allerdings dasjenige welche ist...