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Die Inuit - Meisterschnitzer

Verfasst: 01.10.2008 19:31
von Blattspitze
http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.d ... fu12_7.pdf
Hier ein Artikel von Hansjürgen Müller-Beck mit einfach fantastischen Schnitzereien prähistorischer Inuit (Abb. 6. - 11). Ich wünschte, von Däniken würde z.B. Abb. 10 neu interpretieren.
Zum in der Literaturliste erwähnte Ausstellungskatalog "Arktische Waljäger vor 3000 Jahren": Wer ihn nicht hat und im Antiquariat sieht, sofort kaufen, lohnt sich!
Marquardt

Verfasst: 01.10.2008 20:00
von ulfr
ich haahabs, ich haahabs ... Ist wirklich ein tolles Buch!!

Auch sehr schön:
Fitzhugh, W., Crowell, A. (1988) Crossroads of Continents. Cultures of Siberia and Alaska. Smithsonian Institution Press
ISBN: 0-87474-442-3 oder am Ende 435-0.
Wunderschöne Abbildungen.

In diesem Zusammenhang (vielleicht poste ich morgen was dazu) Wie wärs mit einer Bücherliste, quasi eine virtuelle Archäoforumsbibliothek ... :idea:

ULFR

Verfasst: 02.10.2008 08:02
von Thomas Trauner
Die Bücherliste wäre sehr gut.
Auch eine "Fotoliste", Abbildungsthreat quasi. Nach Themen gegliedert. Wäre etwas Arbeit, aber würde viel helfen.

Die Innuit-Relikte sind fantastisch. Dieses Leitwerk (offenbar aus einem Wirbel geschnitzt ist unglaublich.

Thomas

Verfasst: 02.10.2008 09:16
von Nils B.
Großartige Formensprache :shock:

Verfasst: 02.10.2008 11:41
von Trebron
Thomas Trauner hat geschrieben:Die Bücherliste wäre sehr gut.
Auch eine "Fotoliste", Abbildungsthreat quasi. Nach Themen gegliedert. Wäre etwas Arbeit, aber würde viel helfen.

Die Innuit-Relikte sind fantastisch. Dieses Leitwerk (offenbar aus einem Wirbel geschnitzt ist unglaublich.Thomas


Ich glaube nicht, dass das ein Wirbelknochen war, ein Wirbel hat nur EIN Loch für das Rückenmark, DAS aber hat ZWEI !!!
Beim ersten Ansehen dachte ich das auch, aber dann habe ich mir einen Wirbelknochen angesehen :shock:

Die Jungs hatten schon Fantasie :idea: oder haben die das aus irgend einer "Erinnerung" nachgeschnitzt ? :neandi:

Trebron

Verfasst: 02.10.2008 12:32
von ulfr
Leider steht im Katalog (zumindest beim schnellen Überflug) nichts zur Herstellung außer: "Walroßelfenbein; geschnitzt, graviert, durchbohrt;" Ich glaube aber auch nicht, dass es Wirbel waren, und wenn, dann von Darth Vader :D

ULFR

Verfasst: 02.10.2008 14:41
von Nils B.
Könnte mir vorstellen, daß es sich bei dem 'klingonischen Shuttle' :wink: um den bearbeiteten vorderen Oberkiefer eines jungen Walroß handelt.

Bild

Die Anmutung ist wirklich Akte X-verdächtige. Nichtsdestotrotz wäre ich erst mal für eine 'irdischere' Interpretation.
Ich persönlich habe leider keine Ahnung, daher meine Frage an die Queequegs des Forums:
Funktioniert dieses Leitwerk als Stabilisator am Ende des Harpunenschafts, wie die Federn beim Pfeil? Wurde durch die Öffnungen irgend etwas geführt (z.B. ein Seil)? Wurde hier eine Speerschleuder eingehakt? Was genau war die Funktion?

Verfasst: 02.10.2008 15:19
von Mela
Da kommt die Osteologieverrücktheit durch: nein, für einen Oberkiefer ist es zu klein, Nils.
Ich tippe ebenfalls auf Wirbel - wobei die zwei Löcher in den festen Wirbelkörper gebohrt sind und die zwei Flügelchen sind die Wirbelfortsätze - Wirbelbogen und das "Loch" für das Rückenmark fehlen.
(Das müsste von der Grösse des Stücks und meiner - ziemlich rudimentären - Kenntnis von Walrossknochen :wink: hinkommen)

Liebe Grüsse

Mela

Verfasst: 02.10.2008 15:41
von ulfr
Mein braver Nilsmael,

das müsste aber schon ein sehr kleines Walross gewesen sein, denn die Dinger sind nur etwa 12 cm breit. Man vermutet, dass sie tatsächlich wie eine "Befiederung" am Ende von Harpunen gewirkt haben, denn Federn sehen nach Wasserkontakt bekanntlich aus wie schon mal gegessen. Zitat Müller-Beck aus dem Katalog:

"Die Harpunen der Alten Beringmeer-Kultur hatten seitliche Fortsätze, "geflügelte Objekte", die am hinteren Teil des Harpunenschaftes befestigt wurden. Sie verliehen der Harpune Stabilität in der Flugbahn, verstärkten die Durchschlagskraft und waren möglicherweise sogar als Speerschleuder zu verwenden, wodurch sich die Reichweite der Harpune vergrößerte."

und weiter:

"Die Löcher und die Nuten im mittleren Teil der "geflügelten Objekte" waren vermutlich für zusätzliche Befestigungen bestimmt, die die Flosse mit dem Schaft verband."

Dazu Abb. 8 imText

Was mir nicht klar ist: ob MB meint, die Harpunen seien MIT der Speerschleuder zu verwenden - oder - die Objekte seien ALS Speerschleuder zu verwenden. Denn wie diese "Heckflossen" als Speerschleuder funktionieren sollen, erschließt sich mir nicht. Ich hab im Dänischen Nationalmuseum Kopenhagen Inuit-Speere gesehen, die im hinteren Drittel einen kleinen Zapfen hatten, der in die Speerschleuder eingesteckt wurde, also noch mal anders als Haken- oder Muldenschleudern, aber diese Dinger.... ich weiß, dass wir damals in Tübingen auf der Ausstellungseröffnung über die Funktion der "Heckflossen" angeregt diskutiert haben, erinnere mich aber nicht mehr an das Ergebnis oder obs überhaupt eins gab, der Vernissage-Sekt (hups!), und es ist soo lange her...

Wegen Wirbel oder nicht frag ich mal einen, der auf der Grabung mit dabei war

ULFR

Verfasst: 02.10.2008 16:08
von Nils B.
Nilsmael... Hier werden in letzter Zeit Namen kreiert.
Na ja, war eh von einem jungen Walroß ausgegangen, weiß schließlich, wie propper die Biester ausgewachsen daher kommen.
Wollte halt lieber selbst erst mal Vermutungen anstellen, bevor ich mir hier ohne Zutun Euer Wissen absauge :wink:
Hochinteressant ist das alles. Instinktive High-Tech, vererbt und entwickelt über Generationen. Würde so eine Harpune gerne mal im Einsatz sehen.

Verfasst: 02.10.2008 16:32
von ulfr
Wer Queequegs sät, wird Nilsmaels ernten :D :D :D

Harpune in action wär schön, ja, das Problem ist die Beschaffung der Rohstoffe :cry:

"Call me Ishmael"

Verfasst: 02.10.2008 21:36
von Blattspitze
?? Es ergab sich so, dass man beinah beim ersten Spatenstich zum Abspecken die gesamte Länge einer verrosteten Harpune in sein Fleisch eingebettet fand, ? doch da die Stümpfe von Harpunen häufig in den toten Körpern gefangener Wale vorgefunden werden, mit dem ganz und gar verheilten Fleische drum herum und ohne irgendwelche Wölbung, welche die Stelle anzeigt; ? . Doch noch weit kurioser war die Tatsache, dass man einen Lanzenkopf aus Stein in ihm fand ?, das Fleisch drum herum vollkommen fest. Wer hatte jene Steinlanze geschleudert? Sie mochte von irgendeinem Nordwestindianer geschleudert worden sein, lange bevor Amerika entdeckt war.?
(Herman Melville: Moby-Dick; oder: Der Wal S.507 Marebuchverlag 2007 in der wunderbar wilden Übersetzung von Friedhelm Rathjen)

Verfasst: 02.10.2008 22:11
von Steve Lenz
Besagtes "Leitwerk" ist in der Tat bemerkenswert. Macht auf mich einen ziemlich hydrodynamischen Eindruck. Von der Kontur her würde ich es aber eher aus dem Schädel eines (jungen) Tümmlers denn am Skelett eines Wahlrosses vermuten.

Verfasst: 02.10.2008 23:54
von Blattspitze
Mein Eindruck auch nach Betrachtung weiterer Exemplare im besagten Katalog ist, das diese Heckflossen zumindest aerodynamisch keinen Vorteil bieten. Eher wird durch das zusätzliche Gewicht am hinteren (ungünstigsten) Bereich zur proportional doch geringen Oberfläche eine Verschlechterung bewirkt? Die Gewichtsverteilung und Aerodynamik mag jedoch angesichts der vergleichsweise geringen zu erwartenden Wurfweite unerheblich sein. Auf kurze Entfernungen lassen sich ja auch Lanzen mit ungünstigerem Schwerpunkt zielgenau und mit der Spitze voran werfen. Oder? Andere Meinungen?
Marquardt

Verfasst: 03.10.2008 08:46
von Steve Lenz
Habe ich tatsächlich Walross mit "h" geschrieben??? :roll:

Marquardt, deswegen schrieb ich ja hydro- und nicht aerodynamisch. Die Harpune ist nur einen kurzen Weg in der Luft, im Tier dann aber u.U. einen längeren Weg im Wasser unterwegs. Die Tuben im Leitwerk sorgen für Verwirbelungen und erhöhen den Zug auf die Wunde, was in einem stark erhöhten Schmerz resultiert. Das Tier ermüdet schneller und dürfte instinktiv den Schmerz minimieren wollen - und dem Aufwärtszug folgen.

Ich vermute, dass die Inuit-Harpune dem Fluchtverhalten der Walrosse Rechnung trägt. Die stürmen zunächst mal ins Wasser, um von dort die Lage zu peilen.