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Schmelztiegel im Archäologischen Museum Frankfurt

Verfasst: 15.12.2008 08:25
von Trebron
Hallo Gemeinde,

ich war am Samstag mit einem Verein in Frankfurt auf dem Weihnachtsmarkt. Der ist schön, aber bei Weitem nicht so interessant wie das Archäologische Museum unweit davon :D
Ich habe mich also "abgeseilt" und bin ins Museum.
In der römischen Abteilung gab es eine Vitrine mit 3 Schmelztiegeln, wie ich sie noch nie gesehen habe. Es lag eine Greifzange aus Eisen dabei, was mich annehmen läßt, dass das gezeigte der römischen Eisenzeit entstammt.
Da ich weder in den ausliegenden Broschüren / Büchern das abgebildete fand, beschreibe ich sie mal hier:
Rund, nach oben enger werdend, ca 12 cm hoch, 8cm Durchmesser im Mittel. Das besondere daran ist, dass sich ca 2 cm unter dem oberen Rand ein Loch von etwa 1 cm befand, an dem seitlich nach oben eine "Lippe" angeformt war. Meiner Meinung nach zum besseren Ausgießen ! Das erfordert jedoch, dass der Tiegel mit der Zange horizontal gehalten und die obere Öffnung zugehalten wird. Schlacke und Holzkohle sollten auch verindern, dass Schmelze oben abfließt. Die Schmelze soll wohl ausschließlich aus dem Loch über die Lippe in die Form.
Da es sich anscheinen um Originale handelt, sollten die wohl in "Fachkreisen" bekannt sein.
Auf der Aktuellen Seite des Museums ist natürlich auch nichts zu finden, und das "Aufsichtspersonal" hatte leider KEINE AHNUNG !

Kennt jemand diese Tiegel und kann Bilder liefern ???

Aus der "Archäologischen Reihe, Buch 21-"Steinzeit" hab ich dort erstanden.

In der orientalischen Abteilung waren übrigens schööööne Keulen und Prunkäxte aus Bronze vom Iran
http://www.archaeologisches-museum.fran ... orient.htm
In der Vitrine hinten links ( Im Bild sieht man natürlich nix ! )
Trebron

fettabscheider

Verfasst: 15.12.2008 20:40
von sebastian
die funktion der tigel ist im wesentlichen einem fettabscheider
(sossenkännchen für figurbewusste) ähnlich.
bei manchen legierungen,insbesondere, wenn sie im offenen feuer
geschmolzen werden, bildet sich oben eine schicht aus oxidiertem
metall, und die kann einem schön den guss versauen. kohle drauflegen
ist ein versuch, den sauerstoff da rauszreduzieren, was aber auch nicht
immer klappt. mit schutzmiteln wie borax, quarzsand oder ähnlichem
zu arbeiten, ist eine alternative, oder wenns denn "un-A" sein darf,
mit einer reduzierenden flamme arbeiten (hydrozon, z.b.).
der tigel stellt eine "mechanische" lösung dar. hab selber noch keinen
geseen, aber ist wief und schlüssich !

sebastian

Verfasst: 15.12.2008 22:39
von Trebron
Exakt das waren meine Gedanken, als ich die Dinger gesehen habe. Ich habe ja auch schon ein paar Gießversuche gemacht und mich auch eingehend "theoretisch" damit beschäftigt, aber diese an sich geniale Lösung habe ich vorher noch nicht gesehen.

Vieleicht ist es einem der Frankfurter Forumsmitglieder möglich Bilder zu besorgen, denn das ist sicher für alle "Gießer" interessant.

Im Keller habe ich ein paar vorbereitete "verlorene" Formen für Hammer und Ambos, sowie Sandstein- und Specksteinformen. Die will ich im Frühjahr, wenn die Außenthemperaturen wieder angenehm sind, mal ausgießen.

Trebron

Verfasst: 16.12.2008 00:31
von Fridolin
Hi,

von den nahezu geschlossenen römischen Gusstiegeln habe ich auch keine Bilder auftreiben können. Über solche Gusstiegel vom Auerberg hat Herr Drescher mal einen Beitrag geschrieben, der mir leider nicht vorliegt.
Diese "Dreckzurückhalteeinrichtung" gab es auch bereits bei spätkeltischen Gusstiegeln. Einige Beispiele sind in dem Heftchen Rind: Geschichte ans Licht gebracht. Archäologie im Landkreis Kelheim, Band 3/2000 publiziert. Im Scan sehen sie nicht besonders beeindruckend aus, deshalb der link zu einem Fund aus England:
http://blogs.warwick.ac.uk/images/warwi ... 02_a20.jpg

Der Knochen steckt in der Ausgusstülle (Schnaupe), da hat sich jemand einen Spaß erlaubt, denn als Handhabe macht der Knochen wenig Sinn. Die Kelheimer Tiegel sind genauso aufgebaut, nur etwas größer (ca. 250 ml Inhalt). Durch diesen Bügel vor der Schnaupe wurde bei den keltischen Tiegeln die Mischung aus Holzkohle, Schlacke und Metalloxiden, die auf der Bronze schwammen, beim Gießen zurückgehalten.
Im Gegensatz den hier gezeigten keltischen Tiegeln wurden die römischen (nahezu geschlossenen) Tiegel von außen beheizt.

Viele Grüße

Fridolin

Verfasst: 16.12.2008 14:29
von Blaubär
Ahoi,

also ähnliche Tigel nur ohne Nase am Ausguss hat man auch in Vindonissa zusammen mit diesem schnuckeligen Giesserofen gefunden. Wenn ich den Bericht im "Exp. Archäologie in Deutschland" noch richtig im Kopf habe, waren diese Ausgüsse dann doch nicht so der Bringer, da sie leicht mit Kohle verstopften. Aber an sich keine selten vorkommende Tiegelform.

Grüße
Blaubär

Verfasst: 16.12.2008 14:41
von Mela
Blaubär - kannst Du auch unter www.experimentarch.ch nachlesen.

"Unsere" hatten aber - wenn ich Norbert richtig verstanden habe - nur einfache Löcher, keine "Ausgusslippen".
Aber ich gebe noch zu bedenken, dass so kleine Tiegelchen sehr schnell mal zu heiss bekommen und dann verschlacken - wir hatten da schon die lustigsten "Befunde".

Liebe Grüsse

Mela