Allllllso,
ich habe das gestern auch gesehen und kann mich noch bestens an meine Reaktion auf die ersten Meldungen der These vor ein paar Jahren erinnern.
Damals hielt ich alles für Humbug und eine "typische Heimathirsche-wir-haben-eine-Sensation-entdeckt-Geschichte" (wie man sie so kennt
).
Ich wurde gestern ein wenig nachdenklich, da wohl auch wissenschaftliche Geologen der Sache nachgehen und habe mal rumgesurft.
Die Seite zum "Chiemgau Impact" fand ich gar nicht soooo schlecht. (Obwohl mir bewußt ist, dass das natürlich die Pro-Seite ist. Das habe ich aber sonst schon schlechter und einseitiger gesehen.)
Ruhig mal anschauen:
http://www.chiemgau-impakt.de/
Ich sehe das jetzt ein wenig differenzierter und möchte die einzelnen Aspekte des Ganzen, die ich so entdecke auch mal trennen.
1) Gab es einen Kometeneinschlag im Chiemgau oder nicht?
Das ist die alles entscheidende Frage, an der alle anderen sinnvollen und unsinnigen Interpretationen hängen und die müssen Geologen klären.
Ich kann dazu gar nichts sagen.
Die Tatsache, dass einige Geologen von anerkannten Universitäten sich der Sache angenommen haben und es auf deren Seite jetzt Befürworter gibt, heißt für mich, dass man die These nicht einfach als Blödsinn abtun kann.
Soweit ich das mit meinem geologischen Laienverständnis beurteilen kann, wird die These wohl seriös untersucht und es werden sich hoffentlich noch mehr Fachleute aus den unterschiedlichsten geologischen Instituten damit beschäftigen. (Ein heftiger Streit der "Schulen" und "Ansichten" wird da wohl nicht ausbleiben - das kennt man ja so aus der Wissenschaft).
Ich persönlich halte einige Hinweise FÜR die These, die bisher genannt wurden, für nicht unplausibel.
2) Sollte sich die These vom Kometeneinschlag durchsetzen (siehe 1)) ist der Zeitpunkt dieses Ereignisses erst mal naturwissenschaftlich einzugrenzen
- durch eine möglichst viele Proben mutmaßlicher geologischer Relikte umfassende Untersuchung und verschiedenen Quellen, die auch von unabhängigen Instituten repliziert und bestätigt werden können. Bei geologischen Gesteins- und Bodenproben, Stratigraphien usw. müßte das durchaus machbar sein (anders als oft in der Archäologie).
Erst wenn sich durch viele Proben aus unterschiedlichen mutmaßlichen "Kratern" und so, die auch eine Zweitanlayse durch ein anderes Institut bestehen, eine chronologische Einordnung des mutmaßlichen Ereignisses bestätigt hat, kann eine historische Analyse erfolgen.
Sprich: Durch eine Thermoluminiszenz- Analyse von Gesteinsproben (soweit ich das, nur von einem Ort) wurde wohl ein Alter von 300 v. Chr. +/- 200 Jahre ermittelt. Da hätte ich gerne mehr Analysen (falls es dieses angebliche "Krater-Geröll" wirklich gibt s.o.) von mehr Orten und vom mehreren unabhängigen Laboren parallel.
Falls diese Untersuchungen tatsächlich (auch unabhängig (!) voneinander zur Kontrolle) gemacht werden und diese Daten tatsächlich replizierbar sein sollten - und erst dann
und immer unter der Prämisse, dass mein Punkt 1) sich als wahrscheinlich rausstellt
- wäre überhaupt Plutarch heranzuziehen - als These - nicht als "Beweis" (wer weiß schon, was der Gute da beschrieben hat!)
Im TV-Bericht wurde das Pferd aber quasi "von hinten aufgesattelt" à la : "Da war (als Fakt dargestellt) ein Kometeneinschlag, Plutarch hat ein solches Phänomen für 465 v. Chr. beschrieben - wir versuchen jetzt mal eine Analyse um das zu bestätigen."
Anders herum wird ein Schuh 'draus. - Wenn überhaupt.
3) Die historische Interpretation
Da herrscht für meinen Geschmack im TV-Bericht (und auch sonst bei den Pro-Leuten) der "heilige Spekulatius" - reine Effekthascherei und haarstreubende Theorien, die da über den Bildschirm flimmerten.
Schon allein zu behaupten, dass eine Naturkatastrophe, die ein gewisses Areal in Bayern getroffen haben könnte (wenn Punkte 1) und 2) sich irgendwann mal als sehr wahrscheinlich ergeben sollten), hätte sowohl den Kulturwandel von Hallstatt zu Latène und darüber hinaus die Keltischen Wanderungen ausgelöst, ist meiner Meinung nach völliger Schwachsinn (oder zumindest einem grob fahrlässigen Tunnelblick zu verdanken). Da werden eine Reihe Thesen und Erkenntnisse zu diesen Phänomenen, die sich durch jahrelange europaweiter Forschungsarbeit und Diskussion langsam herausbilden, völlig ignoriert.
Wenn es diesen Kometeneinschlag tatsächlich gegeben haben sollte und sich ausserdem eine Datierung ins 5. Jh. wahrscheinlich werden sollte, könnte die Katastrophe, die wohl höchstens ein paar tausend Menschen direkt betraf (wenn sie denn das überlebt haben sollten) doch höchsten ein Aspekt (von vielen) gewesen sein, der eine bereits im Gang befindliche Kulturentwicklung mit beeinflusst hat (vielleicht eher auf der geistig-religöser Ebenen als Trauma, das vermittelt und verarbeitet wurde als wirklich materiell). Das ist das Äußerste, was ich einem solchen zwar traumatischen aber singulären Ereignis der Bewohner einer begrenzten Region zum jetzigen Zeitpunkt zugestehen würde.
Den Rest der Interpretation bis hin zum "Norischen Stahl" aus Kometeneisen halte ich für Humbug. - Völlig unwissenschaftlich!!!!
So, das ist meine Meinung, in Kurzfassung:
- Kometeneinschlag - vielleicht (vielleicht sogar nicht ausgeschlossen)- ist aber Sache der Geologen
- Datierung - mmmhhh - nun ja, nur wenn sich der Kometeneinschlag bestätigen sollte, müßte besser abgesichert werden
- Historische Interpretation - an den Haaren herbeigezogen
So, das sind meine 50 Cent zum Thema
Grüße
Bärbel
P.S.: Zur "Darstellung" im Film - nun ja, das waren die Leute von "Ulfhednar" - die sind so teils-teils. Ich habe schon persönlich ganz hervorragende Rekos der Gruppe gesehen, aber meist nur "Protz"-Metallausrüstung (wirklich gute!). Sie machen aber eher Wiki, Rus oder FM und wenn es in die Darstellungen "einfacher Leute" geht, fallen sie schon von der Klasse ab. - Eine ein wenig "klischeehafte" Darstellung ist auch nicht von der Hand zu weisen.