Seite 1 von 1

Militärdiplome, Schilde

Verfasst: 17.02.2009 18:13
von ulfr
Moin zusammen,

ich habe zwei Fragen an die Spezialisten:
1) Wurden römische Militärdiplome als Beigaben in Gräbern gefunden? Oder in welchem Kontext wurden sie sonst entdeckt?

2) Bei Vegetius, 2, 18, 2 steht:

"Zudem war auf der Vorderseite des Schildes des jeweiligen Soldaten Name aufgeschrieben mit zusätzlicher Angabe, aus welcher Kohorte oder Centurie er war."

Das habe ich bei heutigen nachgebauten Schilden bisher noch nicht gesehen. War das damals eine zeitlich begrenzte "Mode", oder wird es nur heute in der Living History nicht praktiziert?

ULFR

Verfasst: 17.02.2009 18:51
von Joze
Hallo! Aufgrund Artikel in Kat. zu Carnuntum weiss ich, was diese Diplomen waren, warum und wie genau geschrieben, aber nichts über Fundkontext. Dat: 2 J.n.chr.

Verfasst: 17.02.2009 19:56
von Hans T.
Die Diplome wurden nicht in Gräbern gefunden, mir ist keine regelhafte Beigabe als solche bekannt. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich nur bei zweien die Fundumstände kenne: Eines wurde in Neckarburken im Bereich des Vicus gefunden. Das andere, eines der wohl bekanntesten, das Diplom von Weissenburg, während der Eisenbahnarbeiten (Eisenbahnarbeiten waren ja einer der ergiebigsten Fundquellen überhaupt....). Die genaue Beschreibung des letzten Fundes in der primärsten Primär-Primärquelle:

http://books.google.com/books?id=KQcWAA ... lt#PPP3,M1

(Bay. Akademie der Wissenschaften, 1868)

Aufgrund der Beifunde ist von einer abgebrannten Siedlung oder Gehöft auszugehen.

Ums kurz machen: Militärdiplome waren keine regelhaften Grabbeigaben, sondern eher eine Art Ausweis, eine Urkunde.


Zur Beschriftung: Mir scheint Vegetius ist hier die einzige Quelle, die diese Praktik beschreibt. Es wäre ja auch nicht überraschend. Wer Geschützbolzen und Zelthäringe beschriftet, beschriftet auch Schilde. An alles und jedem war irgendwas punziert und per Patrize eingestempelt.

Nur: Anderswo ist dies für die Schilde nirgends beschrieben. Vegetius schrieb Ende des 4. Jahrhunderts. Der von dir zitierte Text ist bei Vegetius in der Vergangenheit geschrieben, er schreibt dies als frühere Praxis. .."zudem WAR.." weiter vorne im Text beschreibt er auch, dass Zeichen aufgemalt wurden "ganz wie heute noch üblich". Auch die Erwähnung von Hastati und Triariern deuten ganz deutlich in die Vergangenheit, in die republikanische Armee, nicht die kaiserzeitliche.
Ob dies Vegetius nun vom Hörensagen her kennt oder welcher Quellen er sich bedient hat...keine Ahnung. Ich würde jedenfalls diese eine Textstelle nicht als Grundlage für eine allgemein gültige Praxis heranziehen. Was ich mir allenfalls vorstellen könnte, jedoch nicht belegen, wäre eine kleine Besitzerinschrift auf der Innenseite des Schildes, so wie halt auch heute noch sehr identische Ausrüstungsgegenstände gekennzeichnet werden und wie man es aus römischen Quellen von Helmen etc kennt. Aber nicht vorne und auch nicht auffällig.

H

Verfasst: 17.02.2009 21:17
von Joze
Ich werd morgen noch mehr dazu schreiben und zitieren, habe noch was gefunden in Buch aus Deutschland.
Gruss, Joze

Verfasst: 18.02.2009 08:11
von Martin
Kann Hans nur zustimmen, mit der Ergänzung, dass es eine Reihe von Schildbuckeln mit Inschriften gibt (Einheit, Name, Aufgabe (capsarius) und so was). Einige sind in

THOMAS, B. Helme-Schilde-Dolche. Studien über Römisch-Pannonische Waffenfunde Budapest, 1971. 4to. 150 pp. incl. 4 colorplts. and numerous ills. on 80 plts. in b/w.

zu sehen. Sag mir Bescheid, falls du Kopien brauchst ...

Verfasst: 18.02.2009 13:28
von Joze
Hallo!

Eigentlich bin ich auch kein Experte für Römer, nun einige Quelle zum Thema Militärdiplome habe ich doch.
Als erstes was Web dazu bietet und deswegen werde ich auch nicht breit und weit aus Büchern zitieren, hier:
http://www.mavors.org/PDFs/MilDiplBericht.pdf


Von diese Diplom habe ich Foto (aus Museum in München) und ist ganz gut erhalten:
http://lexikon.meyers.de/wissen/R%C3%B6 ... Kaiserzeit

Habe auch Foto von die da (Carnuntum):
http://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4rdiplom

Auf Wünsch übersetze ich auch folgendes Text (aus Chroatien, Ort: Slavonski brod):
http://www.sbonline.net/diploma/ Summary auf englisch: http://www.sbonline.net/diploma/diplomae.htm und Bild (gibt's mehrere, sehe Link):
http://www.sbonline.net/diploma/diploma1.htm

http://www.sbonline.net/diploma/diplome.htm und so wie in dem Text hier steht, sind einige noch aus Umag (Istrien, Chroatien) bekannt und sind in Museum in Trieste zu sehen und weitere in Wien und in Archäologischem Museum in Zagreb (Chroatien) und eine in Museum in Novi Sad (Serbien).
Weitere Literatur dazu: http://www.sbonline.net/diploma/lit.htm

Nun, in Katalog zu Carnuntum sind insgesamt 5 Diplome mit Übersetzungen dargestelt (Abb.479 - 483). Die Diplom Kat. Nr. 479 ist völlig erhalten, andere sind beschädigt oder fragmentiert. Zu keine steht fest, dass die als eine Grabbeigabe gefunden wurden. Oft ist es FO unbekannt, oder nur Ort aufgeschrieben, nie ein Grab.

Aber mehr interessant ist Text in Buch: Römer zwischen Alpen und Nordmeer, Katalog-Handbuch zur Landesausstellung, Hrsg. Ludwig Wamser, Rosenheim 2000. Hier ist wieder die Diplom aus Weissenburg abgebildet (S. 293), dat. 30. Juni 107, die habe in Museum in München fotografiert. Und zitat aus Buch (S. 291): "die Auxiliar - und Flottensoldaten erhielten nach der Vollendung der Pflichtdienstzeit von 25 oder 26 Jahren das römische Bürgerrecht und das Eherecht (conubium) mit einer nichtrömischen Frau, was auf Bronzetafeln auf dem Kapitol in Rom veröffentlicht wurde, von denen die Soldaten auszugsweise Abschriften auf bronzenen Doppelurkunden bekamen. Solche Militärdiplome (Kat. 41; 249), von denen die Ausstellung das annähernd vollständige Exemplar von Weissenburg zeigt (Abb. 257), das von einer am 30. Juni 107 n. Chr. erlassenen Konstitution herstammt, sind uns meistens nur fragmentarisch erhalten. Das liegt daran, dass solche Dokumente nach einer oder zwei Generationen überflüssig waren und nur mehr Metallwert besassen. Bevor man die Tafeln nun einschmolz, wurden sie zerbrochen. In diesem Zustand sind uns einige Militärdiplome überliefert." Es ist daraus also klar, dass die nicht als Grabbeigaben dienten.

Gruss!

Joze

Verfasst: 24.02.2009 11:34
von ulfr
Vielen Dank, vor allem an Hans, für die Antworten, jetzt bin ich im Bilde.

ULFR

Verfasst: 14.09.2009 13:35
von Joze
Hier ist Link zur römischen Militärdiplomen:
http://images.google.si/imgres?imgurl=h ... start%3D18

Joze