Tagung am 3.7.2009 im RGM Köln: Die Erfindung der Deutschen
Verfasst: 15.04.2009 21:56
Die Erfindung der Deutschen
Rezeption der Varusschlacht und die Mystifizierung der Germanen
3. Juli 2009
Römisch-Germanisches Museum Köln
Im Jahr 2009 jährt sich die Varusschlacht zum 2000. Mal. Das Jubiläum dieses Ereignisses, bei der die Legionen des Quinctilius Varus durch einen vom Cheruskerfürsten Arminus angeführten Aufstand vernichtend geschlagen wurden, wird durch eine Vielzahl an Publikationen, einigen Ausstellungen und vielen weiteren Veranstaltungen begleitet. Das öffentliche Interesse ist groß. Dazu trägt nicht zuletzt eine Interpretation von Arminus als ?erster Deutscher? und die Überhöhung der Schlacht als ?Geburtsstunde des deutschen Volkes? bei.
Solcherlei Deutungen sind beeinflusst von Bildern und Denkfiguren, mit denen Arminius seit dem 17. Jahrhundert zum ?nationalen? Helden erkoren wurde. Unter dem Namen Hermann wurde er zum Symbol der Verteidigung des als ?deutsch? Ausgemachten gegen jedwede Bedrohung von außen. Galt Hermann den Nationalsozialisten als früher Vertreter einer überlegenen arischen Rasse, so dienen ?die? Germanen auch der heutigen extremen Rechten zur Sinnstiftung und Identitätskonstruktion. Dies ist nicht allein ein Missbrauch oder Instrumentalisierung eines historischen Stoffes, sondern gleichermaßen übersteigerter Ausdruck einer weit verbreiteten ethnisierenden Interpretation von Geschichte.
Im Mittelpunkt der Tagung steht weniger die Auseinandersetzung um archäologische Funde und die Verortung der Schlacht. Vielmehr soll am Beispiel der Rezeption und der Rezeptionsgeschichte von Arminius und der Varusschlacht die Frage nach der Relevanz nationalistischer Denkmuster in der Vermittlung geschichtlicher Ereignisse gefragt und die Bedeutung des heidnisch-germanischen Mythos für die extreme Rechte herausgestellt werden. Der medial-populärwissenschaftliche Umgang mit dem Thema wird ebenso in den Blick genommen.
Veranstalter:
Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln in
Kooperation mit dem Römisch-Germanischen Museum Köln
Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus
NS-Dokumentationszentrum
Appellhofplatz 23 - 25
50667 Köln
Telefon: 0221/221-26332
Telefax: 0221/221-25512
http://www.nsdok.de/ibs
Veranstaltungsort:
Römisch-Germanisches Museum
Roncalliplatz 4
50667 Köln
Station Hauptbahnhof für ÖPNV und Bundesbahn
Aus organisatorischen Gründen wird um Anmeldung gebeten unter:
ibs@stadt-koeln.de
Reise- und Verpflegungskosten können nicht vom Veranstalter übernommen werden. Getränke stehen zur Verfügung.
Die Veranstalter behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu
verwehren oder von dieser auszuschließen.
TAGUNGSPROGRAMM
11 Uhr: Begrüßung
Dr. Friederike Naumann-Steckner, Römisch-Germanisches Museum
Einführung in das Thema
Hans-Peter Killguss, Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus
Einleitungsvortrag
?Ohne Zweifel der Befreier Germaniens"
Der Cherusker Arminius und die sogenannte Schlacht im Teutoburger Wald
Prof. Dr. Reinhard Wolters, Universität Tübingen
Angesichts einer mehrhundertjährigen Rezeption, die dem Ereignis kontinuierlich Bedeutung zuschrieb und es immer wieder für tagesaktuelle Zwecke instrumentalisierte, erweist sich eine sachliche Annäherung an das vergangene Geschehen als schwierig. Wissenschaftliche Literatur, politische Pamphlete, Romane, Dramen, Opern, Gedichte, Gemälde oder auch Standbilder wie das Hermannsdenkmal in Detmold haben eine kaum mehr überschaubare Fülle unterschiedlicher Bilder zur Varuskatastrophe entstehen lassen - und dabei das historische Ereignis geradezu unter sich begraben.
So ähnelt eine Annäherung an die politischen, gesellschaftlichen und militärischen Voraussetzungen des Geschehens, an die Protagonisten Varus und Arminius, der Versuch einer Lokalisierung des Kampfereignisses oder auch eine Bewertung seiner tatsächlichen Folgen aus zeitgenössischer Perspektive in vielem einer Ausgrabung. Schicht um Schicht gilt es, die über das Ereignis berichtenden Quellen von den verschiedenen Ebenen der Deutung freizulegen. Dies verheißt nicht nur eine spannende Entdeckungsgeschichte: Am Ende lässt sich ein Kernbestand gesicherten Wissens und oft unspektakulärer Erklärungen, aber auch immer noch offener Fragen isolieren - sicherlich nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um den verschiedenen Aktivitäten des Bimillenniums 2009 zu begegnen.
12-13 Uhr: Mittagspause
13 Uhr: Parallel stattfindende Arbeitsgruppen
AG 1: Die Varusrezeption im Verlauf der Geschichte
?Wir kämpfen unter Hermanns Zeichen, bis alle unsere Feinde bleichen??
Die politische Symbolik des Hermannsdenkmals vom 19. Jahrhundert bis heute
Dirk Mellies, Universität Greifswald
Ausgehend von den ersten Plänen zur Errichtung eines Hermannsdenkmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden die Veränderungen des politischen Symbolgehalts des zentralen Gründungsmythos des Deutschen Reichs bis heute aufgezeigt. Dieses geschieht über die Analyse einer Auswahl der politischen Feiern, die am Denkmal stattgefunden haben und der Verwendung des Denkmals in der politischen Propaganda und Karikatur. Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage, wie die im Denkmal ursprünglich angelegte Symbolik der Einheit und Freiheit nach 1870/71 immer stärker von einer Symbolik überlagert wurde, die das Hermannsdenkmal als Sinnbild der Ausgrenzung vermeintlicher äußerer und innerer (Reichs-)Feinde verstand. Diesen vor allem im völkischen, nationalistischen und antisemitischen Milieu angesiedelten Deutungen sollen auch heute weniger bekannte
zeitgenössische Sinngebungen entgegengesetzt werden.
Germanenrezeption der Nationalsozialisten und ihrer geistigen Wegbereitern
Michael Fehrenschild, Journalist, Köln
Rechtsextreme Denker und Nationalsozialisten halluzinierten immer schon gerne den arischen Kulturträger und die deutsche oder germanische Herrenrasse herbei. So suchten Nazis mythische Ursprungs-Orte der Arier wie Thule in Island und Atlantis in Tibet. Manche Schreiber erklärten sogar Griechen, Römer und Jesus Christus zu Ariern, während andere versuchten, die frühen Germanen zur überragenden Hochkultur zu stilisieren. Waren Arier und Germanen identisch im rechten Denken? Welchen Platz hatte Arminius/Hermann zwischen dem SS Verein ?Ahnenerbe?, Houston Stewart Chamberlain und Alfred Rosenberg? Und hatten diese Theorien Einfluss auf das ?Dritte Reich? und seinen Führer?
AG 2: Rezeptionsgeschichte, Geschichtspolitik und Geschichtsvermittlung
?In meiner Erinnerung trug Arminius eine rote Fahne?
Was den Deutschen über ?Hermann den Cherusker? so alles erzählt wurde
Dr. Tillmann Bendikowski, Medienagentur Geschichte, Hamburg
Im Zentrum steht die Betrachtung des Zugriff auf die historische Gestalt ?Arminius": Zu welchem Zeitpunkt wurde diese aus welchem Grund mit aktuellen Fragestellungen ausgefüllt? Die Betrachtung zielt darauf, das Prinzip dieses deutschen Helden freizulegen: ?Hermann? lebte immer dann auf, wenn die jeweilige Gegenwart einen ?Varus? identifiziert hatte. Nur in einer Welt voller ?Varusse" entfaltete er seine politische Kraft. Neben der geschichtspolitischen Analyse wird ein kurzer Blick auf die Medien der Geschichtsvermittlung am Beispiel von Theaterinszenierungen und Schulbüchern geworfen.
?Unterm Häkelkreuz"
Eine kurze Geschichte der ideologiegesteuerten germanischen Living History
Karl Banghard, Freilichtmuseum Oerlinghausen
Germanendarsteller spielen in Medien und Museen eine immer zentralere Rolle; auch im Jubiläumsjahr der Varusschlacht werden sie Vorstellungen des historischen Ereignisses mitprägen. Sie vermitteln Geschichte besonders anschaulich, intensiv und nachhaltig. Aber auch ideologische Inhalte können durch Living History eindrücklich vermittelt werden.
Ausgehend von einem Abriss der Geschichte der ideologiegesteuerten Germanendarstellung der letzten hundert Jahre beleuchtet der Vortrag die subtile Überzeugungskraft dieser Darstellungsform.
AG 3: Die Rezeption der extremen Rechten
?2000 Jahre Kampf gegen Überfremdung "
Der Mythos national-völkischer Identität in der extremen Rechten und dessen Rezeption im politischen Mainstream
Alexander Häusler, FH Düsseldorf
Welche Rolle spielt der Hermannmythos zur völkischen Konstruktion nationaler Identität im Diskurs der extremen Rechten? Inwieweit überschneiden sich diese Konstruktionen mit gesellschaftlich etablierten nationalen Identitätsvorstellungen? Die Fiktion völkisch-nationaler
Identität wird anhand ausgewählter Medien der extremen Rechten analysiert und mit populären Beispielen aus der Mainstream-Presse verglichen.
Hermann statt Hitler
?Germanentum? und Hermannmythos in der extrem rechten Jugendkultur
Jan Raabe, Argumente & Kultur gegen Rechts, Bielefeld
Das vermeintliche Germanentum, beziehungsweise der Mythos der nordisch, arischen ?Rasse? sind unverzichtbare Bausteine der Identitätskonstruktion in der extremen Rechten.
Sie dienen sowohl zur Begründung eines angeblich ererbten ?Charakter? als auch zur Rechtfertigung von Gebietsansprüchen der vermeintlich ?ewig eigenen Scholle?. Nicht zuletzt auch der Abgrenzung gegen ein als jüdisch-christlich ausgemachtes Feindbild. Dabei nimmt ?Hermann der Cherusker? eine besondere Stellung ein. Er dient der heutigen extremen Rechten als Vorbild und Führer, als Legitimation für rassistischen Terror und hierarchisches Denken. Im Vortrag werden an Hand von aktuellen Beispielen aus dem jugendkulturellen Bereich der extremen Rechten diese Konstruktionen und die daraus resultierenden Lebenswelten dargestellt und die Gründe für deren Anziehungskraft gerade auf Jugendliche diskutiert.
16.00 Uhr Diskussion
?Imperium - Mythos - Konflikt?
Das Ausstellungsprojekt zu 2000 Jahren Varusschlacht
Dr. Michael Zelle, Lippisches Landesmuseum (angefragt)
Gibt es eine aufklärerische Darstellung des Hermannmythos oder gerät jedwede Thematisierung in die Gefahr des völkisch Konnotierten??
Rezeption der Varusschlacht und die Mystifizierung der Germanen
3. Juli 2009
Römisch-Germanisches Museum Köln
Im Jahr 2009 jährt sich die Varusschlacht zum 2000. Mal. Das Jubiläum dieses Ereignisses, bei der die Legionen des Quinctilius Varus durch einen vom Cheruskerfürsten Arminus angeführten Aufstand vernichtend geschlagen wurden, wird durch eine Vielzahl an Publikationen, einigen Ausstellungen und vielen weiteren Veranstaltungen begleitet. Das öffentliche Interesse ist groß. Dazu trägt nicht zuletzt eine Interpretation von Arminus als ?erster Deutscher? und die Überhöhung der Schlacht als ?Geburtsstunde des deutschen Volkes? bei.
Solcherlei Deutungen sind beeinflusst von Bildern und Denkfiguren, mit denen Arminius seit dem 17. Jahrhundert zum ?nationalen? Helden erkoren wurde. Unter dem Namen Hermann wurde er zum Symbol der Verteidigung des als ?deutsch? Ausgemachten gegen jedwede Bedrohung von außen. Galt Hermann den Nationalsozialisten als früher Vertreter einer überlegenen arischen Rasse, so dienen ?die? Germanen auch der heutigen extremen Rechten zur Sinnstiftung und Identitätskonstruktion. Dies ist nicht allein ein Missbrauch oder Instrumentalisierung eines historischen Stoffes, sondern gleichermaßen übersteigerter Ausdruck einer weit verbreiteten ethnisierenden Interpretation von Geschichte.
Im Mittelpunkt der Tagung steht weniger die Auseinandersetzung um archäologische Funde und die Verortung der Schlacht. Vielmehr soll am Beispiel der Rezeption und der Rezeptionsgeschichte von Arminius und der Varusschlacht die Frage nach der Relevanz nationalistischer Denkmuster in der Vermittlung geschichtlicher Ereignisse gefragt und die Bedeutung des heidnisch-germanischen Mythos für die extreme Rechte herausgestellt werden. Der medial-populärwissenschaftliche Umgang mit dem Thema wird ebenso in den Blick genommen.
Veranstalter:
Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln in
Kooperation mit dem Römisch-Germanischen Museum Köln
Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus
NS-Dokumentationszentrum
Appellhofplatz 23 - 25
50667 Köln
Telefon: 0221/221-26332
Telefax: 0221/221-25512
http://www.nsdok.de/ibs
Veranstaltungsort:
Römisch-Germanisches Museum
Roncalliplatz 4
50667 Köln
Station Hauptbahnhof für ÖPNV und Bundesbahn
Aus organisatorischen Gründen wird um Anmeldung gebeten unter:
ibs@stadt-koeln.de
Reise- und Verpflegungskosten können nicht vom Veranstalter übernommen werden. Getränke stehen zur Verfügung.
Die Veranstalter behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu
verwehren oder von dieser auszuschließen.
TAGUNGSPROGRAMM
11 Uhr: Begrüßung
Dr. Friederike Naumann-Steckner, Römisch-Germanisches Museum
Einführung in das Thema
Hans-Peter Killguss, Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus
Einleitungsvortrag
?Ohne Zweifel der Befreier Germaniens"
Der Cherusker Arminius und die sogenannte Schlacht im Teutoburger Wald
Prof. Dr. Reinhard Wolters, Universität Tübingen
Angesichts einer mehrhundertjährigen Rezeption, die dem Ereignis kontinuierlich Bedeutung zuschrieb und es immer wieder für tagesaktuelle Zwecke instrumentalisierte, erweist sich eine sachliche Annäherung an das vergangene Geschehen als schwierig. Wissenschaftliche Literatur, politische Pamphlete, Romane, Dramen, Opern, Gedichte, Gemälde oder auch Standbilder wie das Hermannsdenkmal in Detmold haben eine kaum mehr überschaubare Fülle unterschiedlicher Bilder zur Varuskatastrophe entstehen lassen - und dabei das historische Ereignis geradezu unter sich begraben.
So ähnelt eine Annäherung an die politischen, gesellschaftlichen und militärischen Voraussetzungen des Geschehens, an die Protagonisten Varus und Arminius, der Versuch einer Lokalisierung des Kampfereignisses oder auch eine Bewertung seiner tatsächlichen Folgen aus zeitgenössischer Perspektive in vielem einer Ausgrabung. Schicht um Schicht gilt es, die über das Ereignis berichtenden Quellen von den verschiedenen Ebenen der Deutung freizulegen. Dies verheißt nicht nur eine spannende Entdeckungsgeschichte: Am Ende lässt sich ein Kernbestand gesicherten Wissens und oft unspektakulärer Erklärungen, aber auch immer noch offener Fragen isolieren - sicherlich nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um den verschiedenen Aktivitäten des Bimillenniums 2009 zu begegnen.
12-13 Uhr: Mittagspause
13 Uhr: Parallel stattfindende Arbeitsgruppen
AG 1: Die Varusrezeption im Verlauf der Geschichte
?Wir kämpfen unter Hermanns Zeichen, bis alle unsere Feinde bleichen??
Die politische Symbolik des Hermannsdenkmals vom 19. Jahrhundert bis heute
Dirk Mellies, Universität Greifswald
Ausgehend von den ersten Plänen zur Errichtung eines Hermannsdenkmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden die Veränderungen des politischen Symbolgehalts des zentralen Gründungsmythos des Deutschen Reichs bis heute aufgezeigt. Dieses geschieht über die Analyse einer Auswahl der politischen Feiern, die am Denkmal stattgefunden haben und der Verwendung des Denkmals in der politischen Propaganda und Karikatur. Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage, wie die im Denkmal ursprünglich angelegte Symbolik der Einheit und Freiheit nach 1870/71 immer stärker von einer Symbolik überlagert wurde, die das Hermannsdenkmal als Sinnbild der Ausgrenzung vermeintlicher äußerer und innerer (Reichs-)Feinde verstand. Diesen vor allem im völkischen, nationalistischen und antisemitischen Milieu angesiedelten Deutungen sollen auch heute weniger bekannte
zeitgenössische Sinngebungen entgegengesetzt werden.
Germanenrezeption der Nationalsozialisten und ihrer geistigen Wegbereitern
Michael Fehrenschild, Journalist, Köln
Rechtsextreme Denker und Nationalsozialisten halluzinierten immer schon gerne den arischen Kulturträger und die deutsche oder germanische Herrenrasse herbei. So suchten Nazis mythische Ursprungs-Orte der Arier wie Thule in Island und Atlantis in Tibet. Manche Schreiber erklärten sogar Griechen, Römer und Jesus Christus zu Ariern, während andere versuchten, die frühen Germanen zur überragenden Hochkultur zu stilisieren. Waren Arier und Germanen identisch im rechten Denken? Welchen Platz hatte Arminius/Hermann zwischen dem SS Verein ?Ahnenerbe?, Houston Stewart Chamberlain und Alfred Rosenberg? Und hatten diese Theorien Einfluss auf das ?Dritte Reich? und seinen Führer?
AG 2: Rezeptionsgeschichte, Geschichtspolitik und Geschichtsvermittlung
?In meiner Erinnerung trug Arminius eine rote Fahne?
Was den Deutschen über ?Hermann den Cherusker? so alles erzählt wurde
Dr. Tillmann Bendikowski, Medienagentur Geschichte, Hamburg
Im Zentrum steht die Betrachtung des Zugriff auf die historische Gestalt ?Arminius": Zu welchem Zeitpunkt wurde diese aus welchem Grund mit aktuellen Fragestellungen ausgefüllt? Die Betrachtung zielt darauf, das Prinzip dieses deutschen Helden freizulegen: ?Hermann? lebte immer dann auf, wenn die jeweilige Gegenwart einen ?Varus? identifiziert hatte. Nur in einer Welt voller ?Varusse" entfaltete er seine politische Kraft. Neben der geschichtspolitischen Analyse wird ein kurzer Blick auf die Medien der Geschichtsvermittlung am Beispiel von Theaterinszenierungen und Schulbüchern geworfen.
?Unterm Häkelkreuz"
Eine kurze Geschichte der ideologiegesteuerten germanischen Living History
Karl Banghard, Freilichtmuseum Oerlinghausen
Germanendarsteller spielen in Medien und Museen eine immer zentralere Rolle; auch im Jubiläumsjahr der Varusschlacht werden sie Vorstellungen des historischen Ereignisses mitprägen. Sie vermitteln Geschichte besonders anschaulich, intensiv und nachhaltig. Aber auch ideologische Inhalte können durch Living History eindrücklich vermittelt werden.
Ausgehend von einem Abriss der Geschichte der ideologiegesteuerten Germanendarstellung der letzten hundert Jahre beleuchtet der Vortrag die subtile Überzeugungskraft dieser Darstellungsform.
AG 3: Die Rezeption der extremen Rechten
?2000 Jahre Kampf gegen Überfremdung "
Der Mythos national-völkischer Identität in der extremen Rechten und dessen Rezeption im politischen Mainstream
Alexander Häusler, FH Düsseldorf
Welche Rolle spielt der Hermannmythos zur völkischen Konstruktion nationaler Identität im Diskurs der extremen Rechten? Inwieweit überschneiden sich diese Konstruktionen mit gesellschaftlich etablierten nationalen Identitätsvorstellungen? Die Fiktion völkisch-nationaler
Identität wird anhand ausgewählter Medien der extremen Rechten analysiert und mit populären Beispielen aus der Mainstream-Presse verglichen.
Hermann statt Hitler
?Germanentum? und Hermannmythos in der extrem rechten Jugendkultur
Jan Raabe, Argumente & Kultur gegen Rechts, Bielefeld
Das vermeintliche Germanentum, beziehungsweise der Mythos der nordisch, arischen ?Rasse? sind unverzichtbare Bausteine der Identitätskonstruktion in der extremen Rechten.
Sie dienen sowohl zur Begründung eines angeblich ererbten ?Charakter? als auch zur Rechtfertigung von Gebietsansprüchen der vermeintlich ?ewig eigenen Scholle?. Nicht zuletzt auch der Abgrenzung gegen ein als jüdisch-christlich ausgemachtes Feindbild. Dabei nimmt ?Hermann der Cherusker? eine besondere Stellung ein. Er dient der heutigen extremen Rechten als Vorbild und Führer, als Legitimation für rassistischen Terror und hierarchisches Denken. Im Vortrag werden an Hand von aktuellen Beispielen aus dem jugendkulturellen Bereich der extremen Rechten diese Konstruktionen und die daraus resultierenden Lebenswelten dargestellt und die Gründe für deren Anziehungskraft gerade auf Jugendliche diskutiert.
16.00 Uhr Diskussion
?Imperium - Mythos - Konflikt?
Das Ausstellungsprojekt zu 2000 Jahren Varusschlacht
Dr. Michael Zelle, Lippisches Landesmuseum (angefragt)
Gibt es eine aufklärerische Darstellung des Hermannmythos oder gerät jedwede Thematisierung in die Gefahr des völkisch Konnotierten??