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Braunbärenaufzucht im Mittelpaläolithikum?
Verfasst: 16.01.2006 10:57
von Steve Lenz
In "Menschenwechsel - Jungpaläolithikum und Mesolithikum" (Begleitheft zur Dauerausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle) steht geschrieben, dass in Frankreich archäologische Befunde über die Aufzucht eines jungen Braunbären innerhalb einer mittelpaläolithischen Wildbeutergruppe bestehen.
Weiß hier jemand mehr darüber?
Verfasst: 16.01.2006 11:09
von Hans T.
Homo sapiens steifiensis. Irgendwo muss der Teddybärentick ja herkommen.
H.
Verfasst: 16.01.2006 17:17
von Mela
Aaaalso... Wenn ich mich recht erinnere (Jahre ist's her), handelt es sich um einen Braunbärenunterkiefer im Museum Grenoble. Der hat zwischen den Molaren (oder den Prä- und den Molaren?) eine Lücke, die aussieht, wie wenn sie von einem Strick im Maul des Bären käme - Interessante Sache, aber noch nicht wirklich "sicher" (es gibt auch andere Möglichkeiten, die zu solchen Fehlstellungen führen könnten...). Einige Forscher gehen jetzt davon aus, dass dieses Tier bereits als Jungtier in Gefangenschaft gehalten worden ist.
Von einem Bär allerdings gleich auf eine Zucht zu schliessen halte ich doch für ziemlich gefährlich - es gibt ansonsten (soweit mir bekannt) keine Nachweise für Bärendomestikation im Mittelpaläolithikum.
Liebe Grüsse
Mela
Verfasst: 16.01.2006 17:52
von Steve Lenz
Von einem Bär allerdings gleich auf eine Zucht zu schliessen halte ich doch für ziemlich gefährlich - ...
Deswegen lautet der Titel ja auch "Bärenaufzucht...." und nicht "Bärenzucht..."
Danke aber für die Info!!!
Nachtrag: Tippfehler beseitigt.
Verfasst: 17.01.2006 07:28
von Turms Kreutzfeldt
Bärenaufzucht? Das muß ich überlesen haben.
Verfasst: 17.01.2006 09:29
von Mela
Naja, ich bin auch bei "Aufzucht" noch etwas skeptisch - ich habe das Ding gesehen und eben, es könnten auch andere Fehlbildungen sein... Auf jeden Fall scheint es ziemlich singulär zu sein.
Liebe Grüsse
Mela
Verfasst: 17.01.2006 10:04
von Thomas Trauner
Bleiben wir bei dem Kiefer von Grenoble.
Seit wann verhindert ein Strick den Wuchs von Zähnen ? Selbst wenn er über Jahre "Bombenfest" gebunden wäre, käme es wohl bestenfalls zu einer Fehlstellung, aber sicher nicht zu einem "Verschwinden".
Oder geht man davon aus, dass dem Bärenbaby zwei Zähne gezogen wurden, damit der Strick besser hält ?
Der Bär wäre ja blöd, immer die Schnauze geschlossen und den Kopf gerade zu halten, damit es hält...
Ausserdem hätte der Bär echte Problem mit Atmung, Schlucken des Speichels etc, weil er ja seine Zunge auch nicht bewegen konnte. Irgendwie schräg....
Wishful thinking, I fear.
Man/frau sollte nicht vergessen, dass die Annahme eines "Höhlenbarenkultes" bis in die 50er des vergangenen Jahrhunderts fast ein Fakt war und (fast) jeder Fund entsprechend gedeutet wurde.
Möglicherweise wurden ein paar Jungtiere (Wolf, Ren, Vögel, Bären) vom HSN aufgenommen, daß sie einen Status als Haustier oder sowas erreichten ist unklar, dafür fehlen eigentlich die Hinweise.
Th.
Verfasst: 17.01.2006 10:16
von Mela
Da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt - es fehlt kein Zahn, es ist nur eine Lücke da, die grösser ist als in einem "Normbärenunterkiefer". Geht man nun davon aus, dass der Strick bereits einem Jungtier angezogen wurde, würde beim Zahnwechsel evt. so eine Lücke entstehen können - ich bin, wie einige Paläontologen da eher skeptisch, weiss aber nicht, was Bärenfachleute da zu sagen.
Den Strick darf man sich so ähnlich gebunden vorstellen wie noch heute von Tanzbären auf dem Balkan - denen werden aber meines Wissens die Zähne gezogen.
Der Unterkiefer weist sonst keinerlei Pathologien auf, was für mein Gefühl eben gegen eine solche "Aufzuchthaltung" spricht... Ich kenn mich mit Bären nicht aus, Wölfe zeigen aber bei Haltung in Gefangenschaft ganz spezifische Anomalien (Kulissenstellung der Zähne...).
Also, in der Paläo-Fachwelt ist die Diagnose noch ziemlich umstritten - nicht wie der Bärenkult im Wildkirchli (daran hat damals wohl jeder geglaubt...).
Liebe Grüsse
Mela
Verfasst: 17.01.2006 12:39
von Steve Lenz
Es ging mir auch nicht um den Beleg eines Bärenkultes (alle "diesbezüglichen" Funde waren von ursus spelaeus und nicht von ursus arctos).
Ich fand?s schlicht bemerkenswert.
Gibt?s Abbildungen von besagtem Unterkiefer? Ich kann mich bezüglich der Fehlstellung dann mal schlau machen.
Verfasst: 17.01.2006 13:09
von Mela
Äh, irgendwo bei mir zuhause müsste ein Foto rumlungern... Ich werde mich mal auf die Suche machen... Falls ich's vergesse, ruhig insistieren - sonst ist er nämlich meines Wissens nicht abgebildet.
LG
Mela
Verfasst: 20.01.2006 10:17
von Mela
Juhu, ich habe die Bilder gefunden! Allerdings müsste ich eine E-mail-Adresse haben, damit ich sie schicken kann - hier hochladen geht ja nix...
Liebe Grüsse
Mela
Verfasst: 20.01.2006 10:51
von Steve Lenz
Nimm?entweder meine oder Ferro?s!
(siehe Mitgliederliste)
Wir ladens dann hoch und stellen?s ein.
Dan-ke!!!
Verfasst: 20.01.2006 13:58
von Thomas Trauner
Wenn es sich um eine natürliche Fehlstellung der Zähne handelt, ist die Annahme eines "aufgezogenen Jungbären" wohl erst recht , äh, seltsam.
Der HSN findet nach vielen, meist böse geendeten Versuchen, endlich ein Jungtier, dessen Zahnfehlstellung es ermöglicht, das Tier besser anzubinden ?
Von einer solch zufälligen Fehlstellung auf bewußtes menschliches Handeln zu schließen, halte ich schon für etwas gewagt.
Das wäre so als wenn ich behaupte, die HSN hatten so kurze Finger, weil die Bären in der Aufzucht dann so schlecht danach schnappen konnten.
Geht mir irgendwie nicht ein.....
Thomas
Verfasst: 20.01.2006 16:06
von Steve Lenz
Moooment - ich habe nirgendwo "HSN!" gerufen! 8)
Verfasst: 22.01.2006 15:17
von Thomas Trauner
Sorry, Steve. Mißverständnis. Du schreibst: " mittelpaläolithischen Wildbeutergruppe ". Das wäre HSN-
jetzt wundere ich mich auch nicht mehr, warum ich im ersten Teil der Hallenser Museumsführer nichts finde.
Aber trotzdem: Der Beleg wäre mir auch für Jetztmenschen einfach zu dünn. Eine natürliche Fehlstellung halte ich nicht für einen Hinweis auf menschliches Handeln.
Th.